Aber Sie müssen sich wirklich nicht hier hinstellen – das gilt auch für Herrn Schmeltzer – und in diesem Haus Werbung für den islamischen Religionsunterricht machen. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, wie wichtig dieser Unterricht ist.
Das bedeutet aber auch, dass sich die Landesregierung jetzt, heute – nicht morgen –, Gedanken darüber machen muss, wie es mit dem Beiratsmodell weitergehen wird. Denn uns allen muss klar sein, dass wir 2019 keine Religionsgemeinde anerkannt haben werden in Nordrhein-Westfalen. Was ist der Plan B dieser Landesregierung? Der muss heute eigentlich vorliegen, damit eben der Religionsunterricht fortgesetzt werden kann. Den können Sie nicht liefern, Frau Löhrmann.
Ich sagte es vorhin: Für die Bedeutung, wie wichtig dieser Religionsunterricht ist, müssen Sie bei niemandem hier werben. Das ist uns allen mehr als deutlich und klar. Ich erzähle gerne einen Schwank aus meiner Kindheit. Ich bin mit Ammenmärchen groß geworden. Meine Eltern erzählten mir: Hör auf, nachts zu pfeifen, das weckt die Schlangen in der
Hölle! – Ich hatte keinen Religionslehrer, den ich danach fragen konnte, ob das richtig ist oder nicht.
Das mag ja noch ein niedliches und harmloses Geschichtchen sein. Aber was heute alles andere als harmlos ist, das ist die Ansprache der Salafisten an unsere Jugendlichen. Genau davor müssen wir diese Jugendlichen schützen. Auch dafür ist der islamische Religionsunterricht bedeutend und wichtig in unserem Land.
Meine Sorge ist, dass dieses Vorgehen, dass diese Spitzelaffäre der DİTİB die Integration der Muslime in Nordrhein-Westfalen insgesamt gefährden könnte. Das darf nicht passieren. Weder dürfen wir wegen der DİTİB dazu beitragen, dass alle Muslime in diese Ecke gestellt werden, noch dazu, dass sich die Mehrzahl der Muslime von uns nicht mehr angesprochen fühlt. Das ist die Aufgabe von uns allen in diesem Haus.
Herr Mostofizadeh, dann passt es nicht, wenn Sie hier den Kollegen von der FDP oder dem Kollegen Stamp Spaltung vorwerfen. Das gehört sich nicht. Das ist nicht anständig. Wenn wir hier über eine aktuelle Situation diskutieren, dann hat die Opposition auch das Recht, kritische Fragen an die Landesregierung zu stellen, ohne dass sie sich den Vorwurf der Spaltung anhören muss.
Das ist nicht fair. Das ist an dieser Stelle in dieser Debatte auch nicht angebracht. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen komme ich mir in dieser Diskussion schon komisch vor. Seit 17 Jahren führe ich diese Diskussion mit.
Ich denke, ich gehöre zu denjenigen, die immer vorsichtig darauf hingewiesen haben, dass die Abhängigkeit der DİTİB von Diyanet in den letzten Jahren eher gewachsen ist, als dass sie deutlich zurückgegangen wäre und dass deshalb alle Fragen hinsichtlich der Anerkennung als Religionsgemeinschaft mit sehr vorsichtigen Schritten angegangen werden sollten.
Gerade heute erlebe ich die Kolleginnen und Kollegen, die mir und uns Sozialdemokraten vorwerfen, obwohl wir in dieser Diskussion wirklich immer zur Vorsicht gemahnt haben, auf die Bremse zu treten und zu versuchen, die Dinge, die doch auf einem guten Weg sind, zu verhindern.
Herr Dr. Stamp, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie geschildert haben, man könne mit DİTİB leichten Herzens Veranstaltungen machen. Aber das konnte doch nie darüber hinwegtäuschen, dass man sich gerade seit der Zeit von Ministerpräsident Erdogan darüber im Klaren sein musste, dass es ein klares Durchregieren aus der Türkei über die Diyanet, über die Religionsattachés bis hin zu den Imamen und Hodschas in Deutschland gegeben hat. Insofern muss ich ganz deutlich sagen: Das Kind, das da unterwegs war, ist jetzt in den Brunnen gefallen. Dies scheint bei einigen zu einer 180-Grad-Wende zu führen, was – das wissen Sie doch alle – in der Integrationspolitik das Falscheste ist, was man tun kann.
Denn tatsächlich stellt hier niemand – davon gehe ich aus – die Muslime insgesamt – bei dem, was bei DİTİB offensichtlich passiert ist – unter Generalverdacht.
Aber eines ist doch auch klar: Sie haben uns noch vor wenigen Wochen kritisiert, als wir beim „Forum Statusfragen“ den Blick auf DİTİB gerichtet und gemeinsam mit der Landesregierung erklärt haben: Ja, es muss noch ein neues Gutachten her, weil die Verfasstheit, in der DİTİB im Augenblick ist, nicht zu dem Verfahren passt, das wir haben, um Religionsgemeinschaften anzuerkennen.
Warum, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, DİTİB als Religionsgemeinschaft anerkennen zu können? Weil daran auch die Frage hängt, ob es wirklich eine nachhaltige, inhaltliche Beteiligung von DİTİB gibt. DİTİB vertritt eben die größte Gruppe der Muslime, nämlich die türkischstämmigen; jedenfalls nehmen sie das für sich in Anspruch.
Das Angebot von konfessionellem Religionsunterricht in einer ordentlichen religiösen Verfasstheit muss unter Beteiligung von Religionsgemeinschaften laufen. Ich gehöre zu denjenigen, die immer gesagt haben: DİTİB ist nicht eine Religionsgemeinschaft im klassischen Sinne, sondern es ist auch eine politische Organisation
Das gilt umso mehr, als die Diyanet seit der Amtsübernahme von Tayyip Erdogan direkt beim Ministerpräsidenten angesiedelt ist. Insofern bin ich, ehrlich gesagt, schon ein wenig überrascht.
Mich verwundert auch, wie leicht hier rechtsstaatliche Prinzipien, die wir in Deutschland haben, mal eben schnell beiseitegeschoben werden.
Wir können doch nur auf der Basis von Fakten vorgehen und sagen, was zu tun ist und was nicht, nachdem, wie der Minister gesagt hat, die Gespräche ausgesetzt worden sind. Wir sollten uns doch nicht selber in eine Situation bringen, in der wir faktenfrei
Es kann aber sein, dass wir hier einen leichten Vorgeschmack von Auseinandersetzungen in integrationspolitischen Fragen im Wahlkampf bekommen.
Man muss noch einmal fragen: Wie ist DİTİB überhaupt entstanden? Wir haben dazu schon einige Punkte gehört. Sicherlich zeigt sich an der Stelle, dass es ein großer Fehler war, sich keine Gedanken darüber zu machen, dass da nicht nur Arbeiter kommen, sondern eben Menschen, die eine andere Kultur und Religion haben. Der richtige Hype in Bezug auf DİTİB hat aber erst nach dem 11. September stattgefunden; denn erst da ist deutlich geworden, dass auch die Türken von der deutschen Mehrheitsgesellschaft als Muslime angesehen und als solche identifiziert wurden. Das hat zu einem hohen Grad an Selbstethnisierung geführt, bei der DİTİB für viele Muslime ein Teil, ein ganz wichtiger Baustein war.
Wenn wir die Probleme, die im Augenblick mit DİTİB bestehen, nüchtern betrachten, dann können wir doch nur der Landesregierung folgen und sagen: Ja, angesichts rechtsstaatlicher Prinzipien müssen jetzt sowohl die Zusammenarbeit auf allen Ebenen als auch die Ziele der Vereinbarung ruhen.
Wir dürfen aber die Kommunikation nicht einstellen; das ist uns doch allen klar. Wir müssen zusehen, dass es eine Kommunikation gibt, die wiederum, da gebe ich dem Minister absolut recht, nicht vor Kameras stattfinden darf und symbolhaft mit harten Forderungen aufgeladen wird. Ich meine vielmehr, dass man eine Kommunikation in geschlossenen Räumen führen muss, um deutlich zu machen, dass es so, wie sich DİTİB im Augenblick darstellt, nicht bleiben kann. Die Frage ist: Was ist passiert, und wie kann es weitergehen?
Ich teile die dringende Aufforderung der Landesregierung: DİTİB muss erkennbar unabhängig von der Türkei und den Institutionen der Türkei werden. Der Landesverband in Nordrhein-Westfalen hat es in der Hand, da entschlossen vorzugehen. Das wird nicht ohne Folgen für DİTİB insgesamt in Deutschland bleiben. Erst dann können wir doch darüber reden, wie eine Religionsgemeinschaft DİTİB anerkannt werden kann; denn unsere verfassungsrechtlichen Fragestellungen sind doch sehr streng. DİTİB passt da in der jetzigen Verfasstheit nicht hinein.
Das eine ist, das, was jetzt faktisch passiert, von dieser Frage zu trennen, zu warten, was die Ermittlungen bringen. Das andere ist, deutlich zu machen: Wenn sich DİTİB nicht erkennbar von der Türkei loslöst – das wird ein Prozess sein, das wird nicht sofort passieren –, dann können die Gespräche hinsichtlich
Statusfragen und anderer Dinge nicht mehr aufgenommen werden. Das wird in der Form nicht funktionieren.
Dass die Landesregierung die Kommunikation nicht einstellt, finden wir Sozialdemokraten absolut richtig. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Mostofizadeh, Sie haben gesagt, ich würde spalten. Ich habe vorhin ausdrücklich die DİTİBGemeinden vor Ort und deren Arbeit gewürdigt, wie es der Kollege Sommer und die Kollegin Güler gemacht haben. Ich glaube, dass das hier im Haus auch nicht strittig ist. Ich habe bewusst erklärt, dass man davon eine bestimmte Funktionärskaste unterscheiden muss, die aus Ankara gesteuert wird. Wenn diese Funktionärskaste, die bespitzelt, abgespalten werden kann, dann bin ich gerne ein Spalter, lieber Herr Mostofizadeh.
Dann haben Sie gesagt, ich hätte Porzellan zerschlagen. Ich habe Ihnen vielleicht die Möglichkeit zerschlagen, den Eindruck zu erwecken, Sie seien Herr der Lage. Die Debatte hat doch offenkundig gezeigt, dass SPD, Grüne und diese Landesregierung überhaupt kein Konzept haben, wie sie mit der Situation umgehen wollen.
Herr Yetim belehrt uns zuerst, wir dürften uns in die Strukturen von DİTİB nicht einmischen. Zwei Sätze weiter fordert er, wir sollten kritische DİTİBGemeinden aus dem Bundesverband herauslösen. Das ist doch ein Scherz. Wie passt denn das zusammen?
Frau Altenkamp erzählte hier eben mit großem Pathos, sie habe schon immer davor gewarnt, dass Herr Erdogan bei DİTİB durchregiere. Was ist denn in all den Jahren passiert? Welche Alternativen haben Sie denn auf den Weg gebracht? Nichts! Nada! So sieht es doch aus.
(Beifall von der FDP – Britta Altenkamp [SPD]: Wenn wir was gemacht haben, haben Sie uns doch dafür kritisiert!)
Sie bemühen den ehemaligen Justizminister JörgUwe Hahn, der in Hessen ein verfassungskonformes Modell mit dem Landesverband von DİTİB auf den