Noch weniger lässt sich prognostizieren, in welchem Umfang die Kommunen auch bei Kindern ab zwölf Jahren dadurch, dass sie aus dem SGB-II-Bezug herauskommen, entlastet werden. Im Rahmen der Verhandlungen wurde eine Erhöhung des Finanzierungsanteils des Bundes erreicht. Eine Aussage zur künftigen Beteiligung, die Sie in Ihren Anträgen fordern, können wir aufgrund wegen der fehlenden Datengrundlage jetzt nicht verlässlich treffen.
Das, was wir in den letzten sieben Jahren, seit 2010, auf den Weg gebracht haben, zeigt, dass wir ein verlässlicher Partner für unsere Kommunen sind. Das wird auch in Zukunft so bleiben, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Saal und im Stream! Kollege Abel hob gerade auf eine fehlende Datengrundlage ab. Dann eine solch umfangreiche Gesetzesänderung in den Bundesrat einzubringen, ist schon ein bisschen erschreckend. Wir wissen nicht, was wen wie viel Geld kostet, aber wir ändern schon mal. Na ja, Prinzip Hoffnung!
Das Ziel ist klar. An zwei Stellen bin ich auch völlig Ihrer Meinung. Die Erweiterung bis zum 18. Lebensjahr ist gut, ebenso dass die Befristungen wegfallen. Ich würde mir trotzdem eine vernünftige Berechnungsgrundlage wünschen. Das gehört für mich zu einer sachdienlichen, faktenorientierten Politik. Dass es anders ist, finde ich ein bisschen erschreckend.
Insgesamt haben diejenigen Vorteile, die nicht im SGB-II-Bezug sind, und diejenigen – zumindest, wenn sie im SGB-II-Bezug sind –, die aufstocken. Dabei geht es – das ist eben schon genannt worden – um mindestens 600 € brutto. Ich finde es ein Unding, dass das Aufstockertum durch diese Gesetzesänderung auch noch hofiert wird; es gehört eigentlich abgeschafft. Es müssen solche Löhne gezahlt werden, dass man, wenn man eine Vollzeitstelle hat, auch davon leben kann. Das jetzt noch so zu protegieren, finde ich wirklich schlimm. Das ist nicht richtig, es gehört eigentlich weg.
Wer wird davon betroffen sein? Wir haben die sehr übersichtliche Datenlage im Hinterkopf. Schätzungen zufolge werden von den neuen Regelungen etwa 20 % der Alleinerziehenden – meist Frauen – betroffen sein. Wahrscheinlich haben 80 % davon insgesamt keinen Vorteil, weil sie eben im SGB-IIBezug sind oder weniger als 600 € brutto dazuverdienen. Sie gehören zwar nicht zu den Vergessenen dieses Gesetzes – das möchte ich nicht sagen –, aber doch zu den Ignorierten dieses Gesetzes. Das kann nicht richtig sein.
In der Enquetekommission zur Kinder- und Jugendpolitik ist viel darüber gesprochen worden, dass es gerade für Kinder eine Grundsicherung geben muss. Solche Gesetze und Entschlüsse konterkarieren aber solch eine Grundsicherung. Das darf eigentlich nicht sein, das finde ich auch hier falsch. Ich bin sehr gespannt, wie wir das im Ausschuss noch einmal auseinanderdividieren.
Eben ist viel – gerade Kollege Nettelstroth hat da sehr schön differenziert – über die Kostenverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen geredet worden. Dabei geht es um Prozentzahlen, weil uns die Echtzahlen vielfach fehlen. Wenn ich das einem Bürger auf der Straße erklären muss, kann ich ihm selbstverständlich all diese Zahlen nennen. Aber wenn dann die Rückfrage kommt, warum das so ist, muss ich jedes Mal sagen: Es ist eben ein gewachsenes System. – Von kompletter Konnexität – über die man 2005/2006 einmal gesprochen hat, als es um das Konnexitätsausführungsgesetz ging – ist hier wenig zu spüren. Tatsächlich wird an Symptomen herumgedoktert.
Eigentlich müsste man das einmal – das würde in unserem Föderalismus natürlich nur funktionieren, wenn man es komplett über alle Länder hinweg macht – auseinandernehmen und feststellen, welche Kosten der Bund verursacht, welche Kosten die
Kommunen zu tragen haben und was das Land als Mittler dazwischen macht. Das wäre eine sehr sinnvolle Geschichte.
Dann könnten wir auch Zahlen vergleichen. Aktuell können wir die Zahlen aus Bayern und NRW nicht vergleichen, weil die Kommunen andere Finanzierungssysteme haben. Unser Gemeindefinanzierungsgesetz ist ganz anders ausgestattet als das in Bayern. Jetzt also nur den Einzelfall herauszugreifen und dann diese Zahlen zu vergleichen, wird dem Ganzen nicht gerecht. Das macht keinen Sinn. All diese Effekte gesondert auszurechnen, wird auch niemand hinkriegen; damit könnten wir, glaube ich, eine ganze Uni mehrere Semester lang beschäftigen. Ich bin sehr gespannt, wie wir das – gerade in den Ausschüssen – auflösen wollen.
Ich komme zum nächsten Punkt: Steigerung der Rückgriffsquote. Das ist eine gute Idee, schließlich handelt es sich ja quasi nur um im Voraus gezahltes Geld. Eigentlich müssten fast ausschließlich die Väter, die nicht zahlen, viel mehr in Rückgriff genommen werden. Hier ist es aber auch wieder schwierig, die einzelnen Bundesländer – ich möchte eigentlich nicht „Bundesländer“, sondern „Sozialräume“ sagen – zu vergleichen. Denn wir haben Sozialräume, wo auch die Väter vielfach im SGB-II-Bezug sind. Von denen werden wir das Geld nie wiederkriegen. Egal, wie gut wir das organisieren, wie gut das jetzt gemacht ist, wir werden da keine Steigerung hinbekommen.
Daraus folgt, dass wir dieses Gesetz eigentlich ganz anders aufhängen müssten. Viel sinnvoller wäre es, die Grundsicherung für Kinder im Hinterkopf zu haben. Nicht das Aufstockertum sollte gefördert werden, sondern das ganz normale Einkommen. Das wäre sehr sinnvoll.
Ich bin sehr gespannt, wie wir das in den Ausschüssen hinbekommen. Ich freue mich darauf, dies in beiden Ausschüssen – im AGS und im Kommunalausschuss – besprechen zu dürfen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst einmal freue ich mich, dass wir das gemeinsam als wichtigen familienpolitischen Fortschritt begreifen. Besonders freue ich mich, dass dieser Fortschritt gerade den Menschen in unserem Land hilft, die ihn
am dringendsten brauchen, weil sie es an vielen Stellen – das hat auch unser Familienbericht gezeigt – schwerer als andere haben. Damit schaffen wir eine wichtige Unterstützungsmaßnahme zur Reduzierung von Kinderarmut. Das betrifft also das, was auch die Opposition immer von uns fordert.
Sie können aber nicht auf der einen Seite sagen: „Toll, dass wir mit der Reform des Unterhaltsvorschusses so eine gute, wichtige familienpolitische Maßnahme haben, mit der wir dazu beitragen können, Kinderarmut zu reduzieren“, während Sie auf der anderen Seite feststellen, dass es kein Geld kosten darf. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, funktioniert nicht. Das sollte auch nicht der Anspruch sein, den Sie in Bezug auf Ihre eigene politische Arbeit haben.
Herr Höne und Herr Sommer, Sie haben gerade noch einmal betont, dass das ein Fortschritt sei, von dem nicht alle profitieren würden. Ich sage Ihnen aber: Auch ein Fortschritt, von dem nur ein Teil profitiert, bleibt ein Fortschritt.
Herr Kollege Kämmerling hat die Zahlen gerade noch einmal genannt. Von der Aufhebung der Höchstbezugsdauer für Kinder bis zwölf Jahre profitieren bundesweit 46.000 Kinder. Das ist eine ganze Menge. Von den Maßnahmen für die Kinder zwischen zwölf und 18 Jahren profitieren 75.000 Kinder bundesweit. Das sind sehr beeindruckende Zahlen.
Wenn man in Ihrer Logik fortfahren würde, dann könnte man ja sagen: Es gibt quasi einen Automatismus, dass man, weil jemand alleinerziehend ist und der andere Teil keinen Unterhalt zahlt, quasi im SGBII-Bezug ist.
Sie wissen: Das ist mitnichten der Fall. Das ist realitätsfern. Das stimmt schlicht nicht. Denn es gibt zum Glück auch einen großen Teil Alleinerziehender, der es schafft, die Arbeit und die Kinder unter einen Hut zu bringen. Genau dieser Teil soll auch von der Reform profitieren.
Vielen Dank, Frau Ministerin, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich glaube, weder Kollege Höne noch ich haben gesagt, dass die Entlastung der 46.000 bzw. 75.000 Kinder, die Sie gerade genannt haben, nicht geschehen soll. Uns ging es mehr darum, zu sagen, dass es add-on noch etwas geben müsste.
Mir wäre es ganz recht, wenn Sie uns vielleicht nicht in Echtzahlen, sondern in Prozentzahlen sagen könnten: Wie viel Prozent aller Kinder profitieren von dem neuen Gesetz und wie viel Prozent eben noch nicht? – Vielen Dank.
Ich habe mein Handy nicht dabei, so wie Sie wahrscheinlich, Herr Sommer. Sie können googeln, wie viele Kinder es insgesamt in Deutschland gibt, und den Prozentsatz berechnen. Ich bin mir sicher, Ihre mathematischen Fähigkeiten reichen dazu aus, sodass das kein Problem sein dürfte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie glauben, bei der Reform des Unterhaltsvorschusses hätten wir die Kommunen nicht im Blick, muss ich Ihnen sagen: Auch da liegen Sie falsch; denn genau aus diesem Blickwinkel heraus haben wir ja den Kompromissvorschlag gemeinsam erarbeitet. Dazu gehört der Abbau der Bürokratie bei Kindern zwischen dem zwölften und dem 18. Lebensjahr, die entweder im SGB-II-Bezug sind oder deren Eltern weniger als 600 € verdienen, die eben keinen Anspruch nach dem neuen Unterhaltsvorschussgesetz haben.
Wir fördern damit auch nicht die Aufstocker, lieber Herr Sommer. Sie erinnern sich vielleicht, dass die SPD in dieser Legislaturperiode den Mindestlohn durchgesetzt hat, sodass ein großer Teil derjenigen, die Vollzeit arbeiten – darauf haben Sie gerade angespielt –, gar nicht nur 600 € verdienen kann.
Dazu gehört zum Zweiten die Verschiebung auf den 1. Juli, weil wir natürlich wissen, dass die Reform auch in der Praxis funktionieren muss. Ich glaube, dass wir damit den berechtigten Forderungen der Kommunen entgegengekommen sind, weil wir genau wissen, dass wir eine so wichtige Reform nur gemeinsam stemmen können. Deshalb meine ich, dass wir an der Stelle auf dem richtigen Weg sind.
Ich möchte ganz kurz noch etwas zu den Rückgriffsquoten sagen; auch da sind wir nicht untätig. Wir lassen gerade ein Gutachten erstellen, weil wir natürlich darauf hinwirken wollen, die Rückgriffsquoten zu verbessern.
Sie haben eben die Situation in Bayern angesprochen, Herr Nettelstroth, wo es eine Zentralisierung gab. Mir liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Zentralisierung tatsächlich zu einer Verbesserung der Rückgriffsquoten geführt hat. Wenn wir uns Baden-Württemberg anschauen, wo es immer noch
eine dezentrale Struktur gibt, dann kann man sagen, dass wahrscheinlich eher die Sozialstruktur eines Landes entscheidend für die Rückgriffsquote ist und weniger die zentrale oder dezentrale Organisation. Aber das werden wir auch im Gutachten entsprechend prüfen lassen. Wir warten jetzt die Ergebnisse ab.
Insgesamt können Sie sehen: Die Reform ist bei uns in guten Händen. Wir haben die Kommunen an dieser Stelle fest im Blick. Für uns steht fest, dass wir Verbesserungen für die Familien in Nordrhein-Westfalen wollen, weil sie die Unterstützung am meisten brauchen. Die Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes ist dafür ein wichtiger und vor allem ein richtiger Schritt. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind damit am Schluss der Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung, erstens über den Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/14173. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 16/14173 an den Ausschuss für Kommunalpolitik. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.
Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/14176. Auch hier empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung des Antrages Drucksache 16/14176 an den Ausschuss für Kommunalpolitik – federführend –, an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – mitberatend – sowie ebenfalls mitberatend an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist auch diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.