Protocol of the Session on January 26, 2017

Dann erfragen Sie unter Bezugnahme auf diesen Aspekt die Anzahl von Anzeigenerstattungen, von Festnahmen, von polizeilichen Beobachtungs- und Feststellungsberichten, von Sicherstellungen. Dann frage ich mich wiederum: Was genau wollen Sie von diesen Aufgaben wegkürzen? Was davon fällt Ihrer Meinung nach nicht unter den absoluten Aufgabenkernbereich der Polizei? Darunter fällt doch alles; davon können Sie gar nichts wegkürzen.

Dann ist auch noch die Art und Weise des Fragens völlig systemlos und sinnfrei. Nehmen wir zum Beispiel direkt die ersten beiden Fragen. Sie fragen sinngemäß: Wie viele Bürger haben in den Jahren 2014/2015 beim Bezirksdienst der einzelnen Polizeibehörden eine Strafanzeige aufgegeben? Wie viele Anzeigen entfallen im Durchschnitt auf jeden einzelnen Bezirksdienstbeamten der jeweiligen Behörden? – Welche Erkenntnisse wollen Sie daraus gewinnen?

Nehmen wir einmal das Präsidium Essen. Dort hat jeder Bezirksdienstbeamte im Jahr 2015 im Durchschnitt neun Strafanzeigen aufgenommen. Was haben Sie von diesem Wissen? – Wenn man die Polizei in Verlegenheit bringen möchte und zudem keine Ahnung von Polizeiarbeit hat, sind diese Zahlen allenfalls dafür geeignet, den Bezirksdienst in Misskredit zu bringen, weil man sagen könnte: Jeder Beamte hat nur neun Strafanzeigen aufgenommen oder bearbeitet, ansonsten faulenzen die nur.

Das Aufnehmen von Strafanzeigen, Herr Kruse, ist eben nicht die Hauptaufgabe des Bezirksdienstes, so wie Sie es gerade dargestellt haben. Das ist gar nicht die Hauptaufgabe; das machen die nebenbei. Also, wo ist der Sinn dieser Frage?

Ich habe, ehrlich gesagt, den Eindruck – und Ihre Rede bestätigt das –, dass Sie eventuell vorhaben oder es vielleicht gut fänden, den Einsatz des Personals in den einzelnen Behörden landesweit einheitlich steuern zu wollen, zuzuteilen – wie auch immer. Das jedoch wäre eine schlechte Idee, alleine schon aufgrund der unterschiedlichen Bedarfe, die es in den Behörden gibt. Die Behörden bekommen das Personal nach der BKV zugeordnet, und dann bestimmen sie im eigenen Beritt, wofür sie was einsetzen, und das ist auch richtig so.

Ich lese aus dieser Anfrage und aus Ihren Redebeiträgen implizit ein wenig den Vorwurf, dass die Behörden vor Ort nicht in der Lage seien, ihr Personal den Aufgaben entsprechend einzusetzen. Es gibt nun wirklich viele gute Ansatzpunkte, mit denen man diese Landesregierung und vor allem den Innenminister angreifen bzw. wegen derer man sie kritisieren kann. Und da muss ich mich leider der Kritik anschließen: Sie verschwenden hier Zeit und Ressourcen mit einem solchen Müll und diskreditieren sich damit im Prinzip selber, weil diese Anfrage insgesamt – die Art und Weise der Fragestellungen sowie der Inhalt der Fragen – eigentlich nur ein Zeugnis völliger Unkenntnis von Polizeiarbeit abgibt. Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen.

Alles in allem bleibt aus meiner Sicht festzuhalten, dass die Große Anfrage in der Sache nicht weitergeholfen hat und die Beratung hier in Bezug auf diese Anfrage eigentlich völlig obsolet ist. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Schatz. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Jäger das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will direkt auf den einen oder anderen Punkt erwidern.

Herr Lürbke, es ist faszinierend, wie Sie es schaffen, diese sehr umfangreiche – insofern gebe ich Ihnen recht – Datenerhebung umzuinterpretieren, misszuinterpretieren und fehlzudeuten. Nehmen wir beispielsweise den Punkt „Begleitung von Schwertransporten“. Dieser Sachverhalt ist für mich übrigens ein Ärgernis, dass polizeiliche Kräfte oftmals nachts solche Schwertransporte begleiten müssen.

(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])

Herr Hegemann, genau. Dann gehen wir das jetzt mal an. Da nehme ich Sie auch mit in die Pflicht.

Dass diese Schwertransportzahlen trotz unseres Pilotprojekts, das wir im Rahmen unserer Landeskompetenzen haben durchführen dürfen, nicht deutlich gesunken sind, zeugt davon, dass wir eine prosperierende Maschinenbauindustrie in Nordrhein-Westfalen haben, die weltweit so aktiv ist, sodass die exportorientierten Unternehmen ständig solche

Schwerlastbegleitung abfordern.

Es hat mehrere Beschlüsse seitens der Innenministerkonferenzen gegeben. Ich selbst habe das Gespräch mit Herrn Dobrindt dahin gehend gesucht, dass die polizeiliche Arbeit von dieser polizeilichen Funktion, einer hoheitlichen Funktion, die ohne größeren Aufwand aber auch von Privatunternehmen abgeleistet werden kann, entbunden werden möge.

Herr Hegemann, jetzt nehme ich Sie in die Pflicht. Ihre Parteikollegen in Berlin regieren gemeinsam mit der CSU.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie aber auch noch!)

Bekanntermaßen ist Herr Dobrindt CSU-Mitglied. Versuchen Sie doch mal auf Ihre Art und Weise, auf dessen Haltung einzuwirken, damit dieser Unsinn endlich beendet wird.

(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich würde gerne noch auf Weiteres eingehen und Sie ansprechen, Herr Kruse, weil Herr Jostmeier gerade nicht mehr da ist. Hat es Sie nicht auch irritiert, dass Herr Jostmeier überrascht nachgefragt hat, nachdem Herr Marquardt die Situation der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik dargestellt hatte?

(Thomas Stotko [SPD]: Ja!)

Er hat nämlich dargestellt, dass in Nordrhein-Westfalen – und in ähnlichen Tendenzen auch in anderen Bundesländern – die Zahl der Straftaten gegen das Leben, also Mord und Totschlag, zurückgegangen ist, ebenso bei der Gewaltkriminalität und bei der Straßenkriminalität.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Konnten Sie gar nicht glauben!)

Die Zahl der Sexualstrafdelikte ist um 20 % zurückgegangen. Die Jugendkriminalität ist um fast 30 % gesunken, dank solch innovativer Projekte wie „Kurve kriegen“.

Deshalb bitte ich Sie, dem geschätzten Herrn Jostmeier, der nicht mehr im Saal ist, auszurichten, dass das wirklich zutrifft. Herr Kruse, tun Sie das bitte; sagen es ihm. Sagen Sie Herrn Jostmeier, er dürfe nicht den Menschen in diesem Land auf den Leim gehen, die ein Zerrbild zeichnen und mit der Verunsicherung sowie den Ängsten der Menschen spielen.

(Beifall von der SPD)

Weil Sie unverdächtig sind, in diese Falle zu tappen, habe ich großes Vertrauen in Sie, dass Sie diesen Gruß an Herrn Jostmeier ausrichten.

(Heiterkeit von Theo Kruse [CDU])

Sie haben die Große Anfrage 19 mit einer Vorbemerkung begonnen, die vor allem eines übt: nämlich Kritik an der Polizei. Was ist der Hintergrund? Sie werfen der Polizei bzw. uns vor, auf mehrere Kleine Anfragen Ihrer Fraktion nicht so geantwortet zu haben, wie Sie es sich gewünscht hätten.

Ich zitiere konkret zwei Fragen, die Sie gestellt haben. Sie stellten erstens die Frage:

„Wie viele Bürger haben in den Jahren 2014 und 2015

das ist gerade schon genannt worden –

den Bezirksdienst einer Kreispolizeibehörde des Landes Nordrhein-Westfalen persönlich zur Anzeigenerstattung aufgesucht bzw. eine in einem polizeilichen IT-Verfahren erfasste Strafanzeige oder Ordnungswidrigkeiten-Anzeige persönlich beim Bezirksdienstbeamten aufgegeben? (Bitte für jede Kreispolizeibehörde nach Jahren … ge- trennt … aufschlüsseln.)“

Ich zitiere eine andere Frage:

„Wie viele Personen, die zur Polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben waren, haben schutzpolizeiliche Organisationseinheiten bzw.

die oben genannten –

Einsatztrupps der Kreispolizeibehörden NRW in den Jahren 2014 und 2015 festgestellt? (Bitte je- weils nach Jahren … getrennt einzeln aufschlüs- seln.)“

(Dirk Schatz [PIRATEN]: Völliger Mumpitz!)

Das sind nur zwei von bis zu fünf Fragen, die Sie pro Kleiner Anfrage gestellt haben. Für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage, die mitunter fünf Fragen umfasst, hat die Landesregierung nur vier Wochen Zeit. Da könnte man sagen: Was soll’s. Da drückt man auf einen Knopf, und schon hat man alle Daten. – Diese

Betrachtungsweise ist leider falsch. Darauf komme ich gleich noch zu sprechen.

Aber selbst wenn man es sich einfach machen würde und wir alle Kleinen Anfragen mit vorhandenen Daten beantworten könnten, so wäre eine fristgerechte Beantwortung bei derart weitgefassten Fragen trotzdem kaum möglich. Ich sage Ihnen auch, warum: Als wir diese Große Anfrage im Sommer letzten Jahres beantwortet haben, waren wir bereits bei 224 Kleinen Anfragen angekommen, Herr Kruse, die sich ausschließlich mit Polizeithemen beschäftigten.

(Theo Kruse [CDU]: Ja!)

224 Kleine Anfragen in einem halben Jahr entsprechen etwa 8,6 Kleinen Anfragen pro Woche. Das sind bei fünf Einzelfragen pro Kleiner Anfrage in einem Halbjahr 1.120 Fragen.

Der Großteil...

Herr Minister, entschuldigen Sie. – Der von Ihnen angesprochene Kollege Kruse würde Ihnen gern eine Frage stellen. Lassen Sie sie zu?

Gerne.

Bitte.

Herr Minister Jäger, teilen Sie die Einschätzung, dass man, wenn man Regierungsverantwortung übernehmen möchte, gut beraten ist, dies auf einer vernünftigen Datenbasis zu tun?

(Lachen von Dirk Schatz [PIRATEN])

Unter anderem deswegen haben wir seit 2012 zwei Große Anfragen gestellt, um am Ende dieser und am Beginn einer neuen Wahlperiode zur Ausrichtung der Innenpolitik solide Daten zu haben.