Protocol of the Session on January 25, 2017

Ich bin der Auffassung, dass wir in Nordrhein-Westfalen so große Aufgaben haben – ob es die innere Sicherheit, die Haushalts- und Finanzpolitik oder die Struktur- und Wirtschaftspolitik ist –, dass wir nicht solche Debatten führen sollten und die Zeit an der Stelle …

(Stefan Zimkeit [SPD]: Steuergerechtigkeit ist also nicht wichtig!)

Das Thema sollten wir in Berlin miteinander diskutieren. Wir können auch gerne im Wahlkampf darüber sprechen. Es ist im Grunde Ihre Flucht in andere Themen, weil Sie hier nichts zu bieten haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Kollege Dr. Optendrenk. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Witzel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Obersätze und Leitlinien in diesem Antrag, die alle Fraktionen – wir auch – unterschreiben werden. Selbstverständlich ist es Aufgabe aller Abgeordneten und aller Fraktionen,

gegen Steuerbetrug und illegitime Steuervermeidungsstrategien einzutreten.

Wir haben auch von uns aus häufig das Thema „Gewinnverschiebungen und -verlagerungen“, was Lizenzboxmodelle angeht, angesprochen. Es ist nicht in Ordnung, wenn Konzerne, die Millionen und Milliarden verdienen, dieses Geld in einem Niedrigststeuerland versteuern und dann über Lizenzzahlungen alle Gewinne international absaugen. Das muss bekämpft werden, weil gerade das kein fairer Wettbewerb dem mittelständischen Unternehmer oder dem Handwerker um die Ecke gegenüber ist, der diese Möglichkeiten eben nicht hat.

(Beifall von der FDP)

Die Gemeinsamkeiten in Bezug auf den Antrag hören allerdings schnell auf, wenn man sieht, dass Sie hier Wahlkampfrhetorik betreiben. Dazu passt auch die Adressierung des Kollegen Zimkeit an die Genossen hier; das war wahrscheinlich noch sein letzter Textbaustein vom Parteitag.

Sie legen einen Showantrag vor, mit dem Sie dazu stehen, dass Sie selber Steuererhöhungen wollen. Zu Recht erwähnen Sie, dass wir umgekehrt eine Debatte über Steuerentlastungen in diesem Land wollen. Das ist vollkommen zutreffend. Denn wann soll man über Steuerentlastungen reden, wenn nicht in Zeiten, in denen es über mehrere Jahre nacheinander hinweg Rekordsteuereinnahmen gab?

Die Rekordsteuereinnahmen, die Bund und Länder in den letzten Jahren erzielt haben, beinhalten das Geld, das Bürgern und Unternehmen weggenommen worden ist. Das ist das Ergebnis von Steuersatzerhöhungen. Gerade in Nordrhein-Westfalen ist die Belastung bei der Grunderwerbsteuer seit Amtsantritt von Rot-Grün um 250 % gestiegen. Sie haben die Landeskasse ja nicht durch Sparpolitik gefüllt.

Im Bund haben Sie immer dagegen gekämpft, die volle Beseitigung der kalten Progression in Angriff zu nehmen. Deshalb werben wir für den „Tarif auf Rädern“, damit eine automatische Anpassung stattfindet bzw. damit die Produktivität von Menschen nicht letztlich nur als Mehreinnahme in der Steuerkasse landet. Deshalb ist die Debatte über Entlastungen in unserem Land wichtig.

(Beifall von der FDP)

Wir setzen in der Tat andere Prioritäten als Sie. Wir sagen: Eine Facette im Umgang mit Steuergeld ist die Vermeidung von Steuergeldverschwendungen. Auch das muss auf die Agenda. Darüber schreiben Sie kein einziges Wort. Zur Akzeptanz, dass die Menschen Steuern bezahlen, ist es wichtig, dass das Richtige mit den Steuergeldern geschieht. In diesem Zusammenhang können wir uns über Projekte des Landes unterhalten.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Landesarchiv Duis- burg!)

Wir sind ja kurz vor Ende der Legislaturperiode dabei, auch Bilanz bei der WestLB zu ziehen. Fast 20 Milliarden € öffentliche Gelder sind dort verbrannt worden.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist die Unwahrheit, Herr Witzel! Das wissen Sie!)

Dafür brauchen wir die nächsten Steuererhöhungen nicht.

All das, Herr Kollege, was Sie in Ihrem Antrag fordern – Handeln gegen Cum-Ex-Geschäfte, gegen Offshore-Destinationen und Briefkastenfirmen –, hat doch die WestLB gemacht. Da hat Ihr Finanzminister im Aufsichtsrat gesessen. Erst als wir gesagt haben, er solle sich einmal erkundigen, was da in der Karibik läuft, hat er nachgeschaut. Mit all den Dingen haben Sie kein Problem!

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist komplett un- wahr!)

Das, was Sie kritisieren, machen Sie in Ihrer tagtäglichen Regierungspolitik. Sie verkaufen reihenweise Gebäude als Share-Deal.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist gelogen, Herr Wit- zel!)

Das haben Sie gemacht bei den WestFonds Immobilien; Portigon AG, EAA – alle machen Share Deals. Sie machen das vor, die Wirtschaft macht es Ihnen nach, und für die einfachen Leute verdoppeln Sie die Grunderwerbsteuer. Das ist Ihre praktische Politik. Sie steht im genauen Widerspruch zu dem, was Sie hier vorlegen.

(Heike Gebhard [SPD]: Das ist unglaublich!)

Die Cum-Ex-Geschäfte gibt es natürlich auch, die von der Steuerfahndung bei der WestLB aufgefunden worden sind. Da haben wir vom Finanzminister jahrelang erzählt bekommen, diese Geschäfte seien doch kein Thema der WestLB. Wir haben immer wieder nachgefragt und gesagt: Doch, aus Marktkreisen wird aber behauptet, die hätten das auch gemacht. – Nein, dafür gebe es ja keine Anzeichen.

Dann ist ein Gutachten erwähnt worden, das die WestLB an dieser Stelle exkulpieren soll. Wir haben dann gesagt: Das hätten wir gerne mal vorgelegt bekommen. – Das ist bis zum heutigen Tage nicht passiert. Jetzt ermittelt dort die Steuerfahndung – alles ausgesprochen bemerkenswert. Sie fordern in Ihrem Antrag so einiges, was Staatsunternehmen, die unter Ihrer Verantwortung stehen, auf diese Weise nicht angehen, und was auch das Handeln dieser Regierung so nicht wiedergibt.

Die Krönung dieses Antrags ist der Beschlussteil. Da fordern Sie nämlich den Landtag auf, gegen mögliche Lücken im Strafrecht vorzugehen. Ich würde Sie

doch bitten, konkret gesetzlichen Regelungsbedarf zu benennen; dann kann man sachlich-fachlich darüber reden. Einem Parlament jedoch prophylaktisch einen Beschluss vorzulegen, mit dem dazu aufgefordert wird, gegen mögliche Lücken im Gesetz vorzugehen, das ist auch unter Ihrem Niveau. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Bleiben Sie noch bitte einen Moment vorne, weil Herr Kollege Zimkeit sich zu einer Kurzintervention gemeldet hat. Er bekommt jetzt, wie gewohnt, für 90 Sekunden das Wort. Jetzt ist Herr Kollege Zimkeit dran.

Ihr Redebeitrag hat so viele Falschbehauptungen enthalten, dass an einigen Stellen etwas richtiggestellt werden muss.

Die angeblich verbrannten Gelder aus der WestLB in Höhe von 20 Milliarden € sind Ihrerseits frei erfunden. Der Finanzminister hat gerade in der letzten HFASitzung in Ihrem Beisein noch einmal deutlich gemacht, dass diese Zahl so nicht richtig ist. Sie haben da auch nicht widersprochen. Insofern finde ich es sehr merkwürdig, dass Sie diese Zahl jetzt wieder aufrufen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das hat Methode!)

Der nächste Punkt: Sie haben gerade die Cum-ExGeschäfte angesprochen, die getätigt wurden, als der Finanzminister im Aufsichtsrat saß. Der Finanzminister, der im Aufsichtsrat saß, als diese Cum-ExGeschäfte laut der bisherigen Darstellung im Jahre 2007 getätigt wurden, war derjenige, den Sie ins Amt gebracht haben. Das war nämlich der Kollege Linssen von der CDU, den Sie in der Regierung mit unterstützt haben. Also ist auch diese Behauptung falsch.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Witzel, ich finde es bei aller Auseinandersetzung nicht in Ordnung, dass Sie hier schlicht und einfach an der Wahrheit vorbei versuchen, von dem abzulenken, was Sie an Fehlern gemacht haben. Das ist ein Umgang, den wir hier nicht pflegen sollten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Jetzt hat Kollege Witzel das Wort zur Replik. – Bitte schön.

Herr Kollege Zimkeit, ich weise in aller Entschiedenheit zurück, was Sie hier vorgetragen haben. Das ist nämlich Ihre typische Methode, irgendetwas aufzuschnappen, zu verdrehen und

dann zu behaupten, jemand anders hätte etwas Falsches gesagt. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich meine Ausführungen anhand des Wortprotokolls dieser Plenarsitzung noch einmal ansehen. Sie werden nicht einen einzigen Punkt finden, an dem die Fakten, die ich hier vorgetragen habe, unzutreffend sind.

(Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Das muss ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich ausführen, weil Sie es auch so manipulativ dargestellt haben.

Der Finanzminister hat in seiner Projektion eine Rechnung vorgelegt – darauf haben wir in der letzten Woche im Haushalts- und Finanzausschuss nochmals Bezug genommen, worauf Sie auch hingewiesen haben –, die insgesamt knapp 20 Milliarden € an öffentlichen Belastungen vorsieht.

Ich habe den Finanzminister letzte Woche nach dem aktuellen Stand gefragt. Da hat er gesagt, das könne er nicht berichten, das mache er beim nächsten Mal. Er hoffe jedoch, dass wir unter dieser Summe blieben; dafür gebe es auch Anzeichen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist auch wieder nicht wahr!)

Auch das können wir irgendwann im Protokoll nachlesen.

Zum Thema „Cum-Ex“: Ich habe mit keiner Silbe gesagt – weil ich nämlich wahrheitsgemäß argumentiere –, dass der Finanzminister irgendwelche CumEx-Geschäfte in Auftrag gegeben hätte oder dafür die Verantwortung tragen würde.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie haben gesagt, er hätte im Aufsichtsrat gesessen!)

Ich habe gesagt: Der Finanzminister dieser Landesregierung sitzt im Aufsichtsrat und hat den Dingen nachzugehen.

(Zurufe von der SPD)