Wo sind Ihre innovativen Vorschläge, etwa, dafür zu sorgen, dass Nordrhein-Westfalen flächendeckend eine vernünftige Breitbandinfrastruktur bekommt, und zwar nicht erst 2026, in zehn Jahren? Vor zehn Jahren gab es noch kein iPhone, und Sie sagen: In zehn Jahren wollen wir europäischer Durchschnitt sein.
Schon heute haben 40 % der Bevölkerung Schwedens Zugang zum Glasfasernetz. Wo bleibt ein innovativer Vorschlag von Ihnen?
Ich mache einen für Sie: Soll doch der Bund die Beteiligung an der Deutschen Post AG verkaufen und das Geld exklusiv für einen Innovationsfonds im Bereich Glasfaserausbau im ländlichen Raum zur Verfügung stellen.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das ist ja eine super Idee! Tolle Idee! – Michele Marsching [PIRATEN]: Gut zugehört, Herr Lindner! Im- merhin einer!)
Zu den wenigen, wirklich an einer Hand abzuzählenden innovativen Vorschlägen aus Nordrhein-Westfalen gehören die Hygieneampel von Herrn Minister Remmel und das Unternehmensstrafrecht von Herrn Minister Kutschaty. Das ist doch symptomatisch. Wenn aus NRW neue Ideen kommen, dann taucht darin die Wirtschaft nur in Form von Kriminellen, Halsabschneidern und Betrügern auf. Da muss man
gehört allerdings, auch positive Entwicklungen zu würdigen. Deshalb möchte ich hier auch durchaus positive Entwicklungen benennen.
Der Wirtschaftsminister hat industriepolitische Leitlinien vorgestellt, die in ihrer strategischen Richtung unsere Zustimmung gefunden haben. Es gab einen großen Bahnhof, auch mit Gerhard Schröder, allerdings offenbar keinen Kabinettsbeschluss. Etwas irritierend ist auch, dass die Ministerpräsidentin im Rahmen der 125-Jahr-Feier des Chemiewerks am Rhein gesagt hat, dass die Leitlinien nur Fortschreibung des Leitsatzes der Landesregierung seit 2010 seien.
Wie muss man das dann werten? Hat sich die Landesregierung sechs Jahre nicht an ihre eigenen Leitlinien gehalten, oder ist das, was Herr Duin vorgestellt hat, alter Wein in neuen Schläuchen, also ein PR-Gag, oder versucht die Ministerpräsidentin einen Konflikt in ihrer Regierung zu überdecken?
Ein zweites großes Manöver ist natürlich das Bündnis für den Infrastrukturausbau, um die Durchgrünung in diesem Feld zu überwinden. – Aha! Das begrüßen wir natürlich auch sehr, Herr Minister Groschek.
Vielleicht hat man jetzt auch ein Gefühl dafür, warum es bei den industriepolitischen Leitlinien keinen Kabinettsbeschluss gegeben hat;
denn die Grünen sprechen beim Bündnis für den Infrastrukturausbau öffentlich davon, das sei Verschwendung von Steuermitteln.
Das zeigt: Diese Initiativen sind kein Regierungshandeln, sondern nur SPD-Wahlkampf gegen die Grünen, und zwar dieserlei: Die Fliehkräfte nehmen zu. Während die grüne Spitzenkandidatin und Schulministerin ein Konzept für G8 und G9 vorlegt, lästert man in der SPD über das – Zitat – „schulpolitische Phantasialand“ und eine „Wünsch-Dir-was-Pädagogik“.
Herr Römer, Sie haben hier gerade ebenfalls eine Reform des Gymnasiums angekündigt. Es ist bemerkenswert, dass Ihnen nach fast sieben Jahren Regierungsverantwortung auffällt, dass dort irgendetwas im Argen liegt.
Das Hauptproblem dafür sitzt übrigens auf der Regierungsbank, und das, was im Argen liegt, ist die massive Vernachlässigung der Schulform Gymnasium.
(Beifall von der FDP und der CDU – Hans-Willi Körfges [SPD]: Das haben wir von Anfang an gesagt, Herr Lindner! – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])
Ihre Reform des Gymnasiums sollte ihren Ausgangspunkt mit der Reform der Regierungsbank nehmen. Damit wäre das wesentliche Problem in diesem Feld möglicherweise schneller gelöst als gedacht.
Aber ich warne Sie beide, Sozialdemokraten und Grüne, vor den Modellen, die Sie vorgelegt haben; denn in Nordrhein-Westfalen gibt es Schulen, die aus unterschiedlichen Gründen mit G8 ein Problem haben. Es gibt regionale Unterschiede, ein schlechtes Management, schlechte Rahmenbedingungen.
Es gibt aber auch Schulen, die kein Problem mit G8 haben, bei denen G8 funktioniert. Die wollen nicht zurück zu G9. Bei allem, was Sozialdemokraten und Grüne gleichermaßen – so widersprüchlich es auch sein mag, was SPD und Grüne wollen – vorgelegt haben, in einem Punkt sind sie sich einig: Sie bringen in jedes Gymnasium wieder Chaos und Unruhe. Wir hingegen wollen die Wahlfreiheit an den Schulen haben.
Aber die Fliehkräfte wirken weiter. Während die SPD den Bundesverkehrswegeplan aus Berlin bejubelt und diesen in Berlin mit verabschiedet hat, halten die Grünen ihn für – Zitat – „nicht zukunftsfähig“ und wollen ihn in der nächsten Legislaturperiode im Bund wieder aufschnüren.
Während die SPD auf Industriepartei macht und die Leitentscheidung für Garzweiler heute in Form des Wortes „Geleitschutz“ durch Herrn Römer hervorhebt – Herr Römer, das war Ihr Wort; Sie haben die Leitentscheidung für Garzweiler als Geleitschutz für die Energiewende bezeichnet –, untergraben die Grünen das mit ihren Wahlprogrammen, nämlich im Bund mit dem Kohleausstieg schon im Jahr 2025 und hier im Land in 2037. Das heißt, die Verabredung, die Sie hier loben, wird in Wahlprogrammen längst wieder infrage gestellt.
Während die SPD eine zu Recht härtere Gangart im Umgang mit nordafrikanischen Staaten fordert, sprechen die Grünen von Populismus. Während die Grünen ihre ideologische Genderpolitik bis über die Grenze der Verfassungswidrigkeit hinaus beim neuen Dienstrechtsgesetz durchsetzen, winken die Minister Jäger und Walter-Borjans noch schnell massenhaft Beförderungen vor dem Inkrafttreten durch und zeigen damit eindrucksvoll, was sie von ihrer eigenen Regierungspolitik halten.
Während sich die SPD-Vorsitzende Kraft bei jeder sich bietenden Gelegenheit von der Linkspartei und rot-rot-grünen Phantasien abgrenzen will, zeigen sich die Grünen bei jeder Gelegenheit explizit offen für Gespräche nach der Landtagswahl. Das zeigt eines: Die SPD kann das als richtig Erkannte nicht mehr durchsetzen. Im siebten Jahr ihrer Regierung haben sich die Gemeinsamkeiten erschöpft. Deshalb muss diese Regierung im Interesse des Landes abgelöst werden.
(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD] – Gegenruf von Michele Marsching [PIRATEN]: Herr Zim- keit, es reicht! Ich kann es nicht mehr hören!)
Sie sagten, man wüsste das gar nicht so genau, und Bürokratieabbau sei nur so ein Wort usw. Schauen Sie, es ist auch eine Art des Denkens und eine Art der Herangehensweise an Probleme, die sich ändern muss, eine Frage der Prioritätensetzung.
Das will ich Ihnen an einem ganz kleinen Vorgang verdeutlichen. Was sich konkret ändern muss, zeigt eine Begebenheit, über die der „Sauerländer Volksfreund“ am 1. Dezember berichtet hat, und zwar unter der Überschrift: „Umweltministerium greift in Genehmigungsverfahren ein!“
Dem Märkischen Kreis reichten Unterlagen zur Artenschutzprüfung für eine Baugenehmigung für ein Windrad nicht aus. Da forderte der Märkische Kreis eine Neukartierung. Bei einem Gespräch zwischen dem Investor und der Kreisverwaltung erschien dann plötzlich auch ein Mitarbeiter aus dem Ministerium Remmel,
und zwar aus einer Taskforce für genau solche Gespräche. Deren Aufgabe sei es – so teilte das Ministerium dann wörtlich mit –, Probleme bei der Planung und Genehmigung von Anlagen der erneuerbaren Energien abzubauen.
Im Ergebnis prüft also nun das LANUV, ob eine Neukartierung nötig ist. Das Ergebnis ahnt man. Wo war eigentlich diese Taskforce, als es um newPark oder um Datteln 4 ging? Wo war da diese Taskforce?
Genau das ist doch die Wahrheit, und genau das ist doch das Problem. Was ideologisch gewünscht ist, wird ermöglicht. Was nicht in den Kram passt, wird gebremst.