Protocol of the Session on December 14, 2016

Seit der ersten Lesung des Haushalts ist Ihre Bilanz nicht besser geworden – im Gegenteil! Zahlreiche Analysen und Studien haben unsere Sorgen und Bedenken, dass Nordrhein-Westfalen unter rot-grüner Verantwortung abgehängt ist, bestätigt. In einer Vergleichsstudie des „FOCUS“ liegen die nordrheinwestfälischen Städte ganz hinten; denn das Insolvenzrisiko ist insbesondere hier an Rhein und Ruhr am höchsten.

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Bitte, was sagen Sie, Frau Ministerpräsidentin?

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Ja, wir haben hier eine lebendige Debatte. Sie können sich ja auch an mich wenden, statt an Ihre Beamten. Ich kann im Unterschied zu Ihren Beamten auch widersprechen. Ihre Beamten dürfen das ja nicht.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Auch das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat Defizite offengelegt.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie haben ein tolles Be- amtenverständnis!)

Dann spricht die Landesregierung in Gestalt von Herrn Duin davon, dass sei alles ein Zerrbild. Während die Menschen hier im Land Anschluss verlieren und den Menschen Chancen genommen werden, sprechen Sie von einem Zerrbild. Ganz konkret sagen die Zahlen etwas anderes. Die Kaufkraft der Menschen in Nordrhein-Westfalen liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Und das ist das Ergebnis der Wachstumsschwäche des Landes Nordrhein-Westfalen.

Sie versuchen seit geraumer Zeit, Frau Kraft, Herr Duin, eine Charmeoffensive gegenüber der Wirtschaft. Fakt ist aber: Im Regierungshandeln hat diese Regierung seit 2010 wirklich alles getan, um Unternehmer und Unternehmen abzuschrecken – alles.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ob Tariftreue- und Vergabegesetz – Herr Römer, das ist doch ein Symbol, übrigens ein Symbol, unter dem auch selbst die kommunale Verwaltung leidet – oder Landeswassergesetz oder

(Stefan Zimkeit [SPD]: Tariftreue ist ein Sym- bol!)

Landesentwicklungsplan: Dieses Land hat sich in den grünen Lianen eines Paragrafendschungels verfangen. Und daraus muss dieses Land wieder befreit werden. Das ist die Aufgabe.

(Beifall von der FDP)

Wir verkennen nicht, dass wesentliche Stellschrauben für die wirtschaftliche Entwicklung NordrheinWestfalens in Berlin gedreht werden. Wesentliche Stellschrauben für die Entwicklung dieses Landes werden in Berlin gedreht, etwa für die Energiepolitik, die das Energieland Nordrhein-Westfalen offensichtlich geschwächt hat.

Diese Landesregierung, Ihre Landesregierung, Frau Ministerpräsidentin, hat zu Anfang der Legislaturperiode angekündigt, dass sie einen Masterplan Energiewende vorlegen wollte. Darauf warten wir bis heute. Dem ist nichts gefolgt – im Gegenteil. Jetzt will der Bundesminister für Wirtschaft bundesweit die Netzentgelte vereinheitlichen. Das bedeutet wieder

500 Millionen € Belastung für Mittelstand und Industrie in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von Armin Laschet [CDU])

Wo ist die Stimme dieses Landes in Berlin, um das zu verhindern? Wo ist die?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Steuer- und Abgabenpolitik des Bundes nimmt den Menschen Raum für Vorsorge und Investitionen, Herr Römer. Wenn Sie etwas für die Klein- und Geringverdiener tun wollen: Es ist nicht der Kitabeitrag. Der ist sozial gestaffelt. Da zahlt keine Krankenschwester 4.000 €. Wenn Sie für die etwas tun wollen, dann sorgen Sie dafür, dass die Pläne von Frau Nahles, dass die Rentenversicherung bald 25 % Beitrag erfordert, aus dem Verkehr gezogen werden. Da können Sie etwas tun für die Menschen mit kleinem Einkommen.

(Beifall von der FDP)

Nichts und keine Initiative aus Düsseldorf – im Gegenteil! Diese Landesregierung hat die Lage noch verschärft, zum Beispiel durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer.

Frau Ministerpräsidentin, Sie beklagen die Zuwanderungspolitik des Bundes jüngst wieder hinsichtlich der Möglichkeiten der Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern. Ihre Landesregierung ist aber offensichtlich gegenüber dem Bundesminister des Inneren so einflusslos, dass es immer noch keine tragfähigen Rückführungsabkommen in den MaghrebRaum gibt. Das ist doch auch Ihre Bundesregierung.

(Beifall von der FDP)

Wenn Sie die kritisieren, dann ist das auch die von Ihnen mitgetragene Regierung. Also tun Sie da etwas!

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Es gibt da Zuständigkeiten!)

Tun Sie dafür etwas. Offensichtlich hat Ihr Wort da kein Gewicht.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Ach so!)

Wie schlimm ist das? Sich integrierende Familien werden wir bald wieder abschieben, aber die Kriminellen werden wir nicht los, weil wir immer noch kein modernes Einwanderungsgesetz haben. Wo ist der NRW-Entwurf eines modernen Einwanderungsgesetzes, das diesen Irrsinn beendet?

(Beifall von der FDP – Zuruf von Stefan Zim- keit [SPD])

Da schüttelt die Ministerpräsidentin mal wieder so den Kopf: Diese Opposition, was fordert die denn? Nehmen Sie sich ein Beispiel an Bayern, aber mit umgekehrten Vorzeichen! Die Bayern sind in der Debatte voll präsent und treiben die Bundesregierung,

leider zu oft auch in die falsche Richtung. Machen Sie sich die zum Vorbild, aber beanspruchen Sie die Meinungsführerschaft in progressiver, in moderner Hinsicht und hören Sie auf zu lachen, sondern handeln Sie endlich in dieser Frage!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das erwarten die Menschen von Ihnen.

Im Ruhrgebiet gehen Ihnen doch Ihre eigenen Leute von der Fahne, weil sie das Gefühl haben, dass Sie genau diese Fragen von Einwanderung und Zuwanderung und Rechtstaatlichkeit nicht ernst nehmen. Sie lachen hier, Sie gehen in Fernsehsendungen, aber Sie ergreifen keine tragfähige Initiative, um die Probleme zu lösen. Mit Ihren Lichterketten kriegt man die Rechtspopulisten nicht klein. Die kriegt man nur klein mit Problemlösungen. Machen Sie das!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Es ist nicht nur Oppositionsgeblök, wie Sie gleich sagen werden. Selbst Wissenschaftler attestieren Ihnen doch, dass Nordrhein-Westfalen bundespolitisch an Gewicht verloren hat.

Seit Jahren – Zitat – lasse Nordrhein-Westfalen wichtige Impulse für die Bundespolitik vermissen, etwa in Form von innovativen Gesetzesvorlagen für den Bundesrat. – So Karl-Rudolf Korte und Ulrich von Alemann. Weil die rot-grüne Regierung nicht groß denkt, macht sie unser Land systematisch klein und kann die Interessen dieses größten Bundeslandes in Berlin nicht durchsetzen.

Und um das zu verdecken, kommt es dann zu Übersprungshandlungen wie neulich bei der Veranstaltung in Düsseldorf, als die Ministerpräsidentin sagte, dass sie in die Geheimnisse der Geschichte eingeweiht sei und wisse, wer der nächste SPDKanzlerkandidat wird. Das haben Sie ja getan. Das finde ich bemerkenswert.

Wenn Sie es wissen, sagen Sie es bitte! Wer wird es denn? Wenn Sie es nicht tun, dann täuschen Sie die Menschen und führen Sie an der Nase herum, ja. Ich verstehe das ja.

(Beifall von der FDP)

Da will man einmal zeigen, dass man in der SPD auch ganz vorne mit entscheidet, dann rutscht einem das so raus. Bedauerlicherweise ist das dann keine vertrauliche Veranstaltung, sondern eine öffentliche. Und so etwas wird dann aufgeschrieben. Da wird man mit konfrontiert.

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Das ist Ihnen nicht rausgerutscht? Das heißt, Sie haben sogar wissentlich gesagt, Sie wüssten, wer der Kanzlerkandidat ist, und teilen es der Öffentlichkeit nicht mit.

(Karlheinz Busen [FDP]: Das ist ja unglaub- lich!)

Was machen Sie da für eine Scharade? Was ist das für eine Scharade, Frau Kraft? Das wüsste ich schon gern.

(Beifall von der FDP und der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: Die Scharade ist, für den Land- tag und für den Bundestag gleichzeitig zu kan- didieren, Herr Lindner! Das ist Scharade!)

Sie konzentrieren Ihren Einfluss – Armin Laschet hat es vorhin bereits angesprochen – auf die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs, um aus der Position eines Nehmerlandes in die eines Geberlandes zu wechseln. Wie intensiv Sie dieses Thema vorantreiben, hat Armin Laschet hier bereits dargelegt. Inzwischen wissen wir aber, dass Sie Ihr Prestigevorhaben offensichtlich nicht umgesetzt haben; denn nach allen Prognoserechnungen wird NordrheinWestfalen ein Nehmerland bleiben.

Wo sind Ihre innovativen Vorschläge, etwa, dafür zu sorgen, dass Nordrhein-Westfalen flächendeckend eine vernünftige Breitbandinfrastruktur bekommt, und zwar nicht erst 2026, in zehn Jahren? Vor zehn Jahren gab es noch kein iPhone, und Sie sagen: In zehn Jahren wollen wir europäischer Durchschnitt sein.