„Durch den völligen Verzicht auf derartige Vorgaben droht eine Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Rechtslage.“
„Zudem stellt die Erhebung von Stellplatzablösebeträgen eine zweckgebundene Sonderabgabe dar, deren Grenzen vom Bundesverfassungsgericht eng gesteckt wurden. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit von Stellplatzablösebeträgen, falls die bisherigen Voraussetzungen für eine gruppennützige Verwendung entfallen.“
Es ist den kommunalen Behörden weder als Satzungsgeber noch als Bauaufsicht zumutbar, das hiermit verbundene Risiko zu tragen.
Meine Damen und Herren, es kommt zwar nicht oft vor, aber ich stimme hier den kommunalen Spitzenverbänden absolut zu. Wo sie recht haben, haben sie recht. Das muss man ganz klar sagen.
Das Aktionsbündnis „Impulse für den Wohnungsbau“ macht deutlich, dass bei einem Mehrfamilienhaus rund 100.000 Seiten Formulare zu lesen und zu bearbeiten sind. Es fordert, die Normenflut deutlich zu begrenzen. Dieses leistet diese Bauordnung nicht.
Das Aktionsbündnis für Bauen fordert deshalb: Orientiert euch mehr an der Musterbauordnung! Herr Minister Groschek, warum haben Sie das nicht gemacht? Das wäre doch wirklich ein richtiger Schritt gewesen. Sonst machen Sie doch zumindest im Ansatz vernünftige Sachen. Hätten Sie hier doch auch machen können!
Das, was Sie nach draußen geben, ist das Motto dieser Landesregierung: Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung durch mehr Detailregulierung. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir wollen. Deswegen lehnen wir diese Landesbauordnung so, wie sie ist, hier ab.
Lassen Sie mich noch deutlich machen – zu unseren Entschließungsanträgen ist der Kollege Hausmann schon darauf eingegangen –: Wichtig ist für uns die Qualifikation von Bauleiter und Tragwerksplaner. Das ist auf alle Fälle eine wichtige Sache, die wir drin haben müssen.
Wenn keine Vorgaben gemacht werden, denken Sie bitte daran: Wenn die Stellplatzabgabe in den allgemeinen Haushalt einfließen könnte, dann würden sich pfiffige Kämmerer vielleicht überlegen, eine möglichst hohe Stellplatzabgabe zu fordern, damit diese einen Teilbeitrag zur Sanierung des Haushalts leisten kann.
Oder ist das so völlig weltfremd? Nein, die Praxis belegt: Es ist so. Also vorsichtig! Wer eine Stellplatzabgabe fordert – die Kommunen sollen das machen –, der sollte eine gruppennützige Verwendung festschreiben, sonst führt das zu riesigen Schwierigkeiten.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche denjenigen, die ich morgen nicht mehr sehe, schöne Weihnachten, eine ruhige Zeit zwischen den Jahren
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. Ich gehe aber davon aus, dass wir alle uns morgen hier noch sehen werden. – Das nur am Rande.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Wir Piraten haben schon im Jahr 2012 auf eine Bauordnungsnovelle gedrängt. Wir Youngster sollten die Füße doch bitte noch etwas stillhalten; denn der Referentenentwurf würde bald kommen, lautete die Antwort. Das war 2012. Dann kamen 2013, 2014, 2015, und – heureka! – 2016 ist sie endlich da. Gut Ding will Weile haben, könnte man denken. Aber stimmt das immer? Nein. Die Bauordnungsnovelle bleibt weit hinter den erhofften und selbst hinter den nur erwarteten Annahmen zurück.
Es gibt gravierende inhaltliche Lücken und Kurzhüpferei, sogar üble handwerkliche Fehler. Respekt, das muss man erst einmal schaffen, vier Jahre über einer Bauordnung zu brüten und dann noch Fehler zu machen, die erst im Nachhinein mit großem Aufwand und mithilfe von Gerichten, bis hin zum EUGerichtshof, behoben werden können.
Der spektakulärste Mangel betrifft die Barrierefreiheit, also Menschen wie mich, in ein paar Jahren auch Sie alle. Dennoch wird der Bedarf allen Statistiken zuwider einfach um ein Drittel zurechtgestutzt.
In den Fachdebatten wird seit Jahren betont, wie wichtig eine praktikable Legaldefinition von Barrierefreiheit ist. Aber nein, wir reden über Krümmungsgrade von Gurken und Bananen. Was ist zum Beispiel mit der technischen Umsetzung der DIN-Norm 18040? Fehlanzeige! Es bleibt bei Gummibegriffen, die auszuhebeln ein Kinderspiel ist.
Seit Jahren erklären uns die Fachleute, dass es, vornehm ausgedrückt, nicht zielführend sei, zwischen echter Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer und Barrierefreiheit „light“ zu unterscheiden. Wo leben die Autoren dieses Bauordnungsentwurfs? Lesen sie Zeitung? Wir haben einen lebendigen Diskurs über barrierefreie Quartiere und inklusive Gesellschaft – offensichtlich Fremdwörter für die Herrschaften. Nein, das ist nicht gut.
Gut ist auch nicht, dass die Fraktionen von SPD und Grünen es in trauter Gemeinsamkeit für normal halten, Anträge anderer Fraktionen ohne ein einziges Wort der sachlichen Begründung grundsätzlich aus Prinzip abzulehnen. Zur Erinnerung: Wir reden hier
über die Landesbauordnung, nicht über die Zukunft des Abendlandes, über zukunftsweisende Politik, mit der man kaum Wahlkampfdampf machen kann. Es ist das Ultimum an Sachlichkeit, das ich mir in diesem Hause vorstellen kann.
Wir Piraten haben bescheidene vier Antragsänderungen eingebracht, die von der Regierungskoalition, ohne sie auch nur mit einer sachlichen Begründung zu würdigen, abgebügelt wurden.
Im Bügeln sind Sie wirklich gut. Aber man kann das auch anders sehen: als Arroganz der Macht. Wir sehen es immer wieder: Oppositionsparteien stellen einen Antrag, der wird diskussionsunlustig abgeblockt und kurze Zeit später von der Koalition fast wortgleich eingebracht und durchgewunken. Haben Sie jemals die Folgen dieses Handelns für unsere Demokratie bedacht?
Bei jeder Gelegenheit kehren Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, hervor, dass es nur um die Sache ginge, auf keinen Fall um Fraktions- oder Parteiinteressen. Dreimal kurz gelacht! Nur, mit solchen Methoden werden Sie Ihr verloren gegangenes Profil auf Kosten anderer demokratischer Parteien auch nicht schärfen können. Wen wundert da noch die Entwicklung unseres Parteienspektrums? – Na dann: Fröhliche Weihnachten und gute Nacht!
Danke, Herr Kollege Fricke. – Für die Landesregierung erteile ich sodann Minister Groschek das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst bedanke ich mich bei allen Beteiligten, selbst bei den Oppositionsfraktionen, auch wenn deren Beitrag zum guten Schluss nur etwas von Schmetterlingsjägern hatte.
Sie kennen das Bild, wenn diese mit dem Netz fischen und fischen. So war Herr Hausmann in den letzten beiden Wochen damit beschäftigt, noch irgendwelche Scheinargumente zu finden, die gegen die Landesbauordnung sprechen könnten. Aber es ist so wie mit den Schmetterlingen: Auf den ersten Blick wirken sie faszinierend, und dann sind sie schon verschwunden. – So wird es auch mit Ihren Änderungsanträgen passieren, Herr Hausmann.
Herr Klocke und Frau Philipp haben nämlich recht: Es gab selten eine so intensive Anhörung wie im Zusammenhang mit der Landesbauordnung. Es gab selten so wenig Basta und so viel Partizipation wie beim Erstellen des Entwurfs und bei den weiteren
Diskussionen. Deshalb gelingt es Ihnen ja auch nicht, Frau Nörgel und Herrn Motzki gegen die Landesbauordnung zu mobilisieren. Die gibt es nämlich nicht, sondern es gibt mehr oder weniger lauten Beifall dafür. Den hätten Sie sich mitverdienen können, wenn Sie sich nicht so querulant aufgestellt hätten.
Aber jeder ist seines Glückes Schmied. Der Minister kann vieles, er kann sich aber nicht um das Glück der Opposition kümmern.
Deshalb noch einmal zu der Landesbauordnung selbst: In der Fachwelt ist viel Gemeinsamkeit gestiftet worden. Wir haben beim Bauen mit Holz riesige Fortschritte gemacht. Wir haben Barrierefreiheit nicht nach dem Prinzip „Basta“, sondern nach Partizipation angelegt. Wir haben darauf verzichtet, quotal festzulegen, was bevorzugt wird. Die DIN-Norm jedenfalls entspricht nicht einer Rollstuhlgerechtigkeit à la NRW. Deshalb sind die beteiligten Bauunternehmen auch sehr erfreut, an diesem Arbeitsprozess mitwirken zu dürfen, weil sie schon nach der ersten Sitzung den festen Eindruck haben, dass hier etwas Gutes unter ihrer eigenen Mitwirkung entsteht und eine sehr praxisorientierte Regelung getroffen wird.
Bei der Stellplatzverordnung will ich sehr deutlich werden: Ja, wir wollen in der nächsten Wahlperiode auch mit dem Baustein „Stellplatzverordnung“ kommunalisieren und eine Verkehrswende in den Städten einleiten, die überfällig ist. Wir brauchen eine andere urbane Mobilität. Die alte Stellplatzverordnung ist hinderlich bei dem Errichten neuer Mobilitätsperspektiven in unseren Städten. Deshalb ist gut, wenn die alte Stellplatzverordnung durch einen landesweiten Verzicht und kommunale Verpflichtungen, sich selbst Gedanken zu machen, ersetzt wird.
Das digitale Defizit der Bauwirtschaft ist hinlänglich diskutiert. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass das abgebaut wird. Im Bereich „BIM“ machen wir das sehr intensiv. Im Bereich „Digitalisierung der Bauverwaltung“ müssen wir den Kommunen helfen, schneller größere Fortschritte zu machen. Digitalisierte Bauverwaltungen nützen aber wenig, wenn die Antragsteller Analogantragsteller bleiben.
Wir werden auch beim ideellen und materiellen Umsetzen der Landesbauordnung helfen. Auch diesbezüglich wurde Hilfestellung in der Anhörung erbeten. Deshalb gibt es ja das Überleitungszeitfenster. Wir werden den Kommunen und den übrigen damit befassten Stellen helfen, die neue Landesbauordnung zu verinnerlichen und praxisgerecht anzuwenden.
Ende gut, alles gut! Deshalb möchte ich mich stellvertretend beim Staatssekretär von der Mühlen und Herrn Hindermann bedanken. Herr Hindermann wird oft als bärbeißig charakterisiert und von manchem, der ihn nicht näher kennenlernt, auch so empfunden.
Herr Hindermann ist aber im Grunde das lebendige Kompendium der nordrhein-westfälischen Bauordnung, und sein Wort hat in der Fachwelt Gewicht. Jeder weiß: Egal ob mürrisch oder nicht, man kann sich zu 99,9 % blind auf sein Urteil zu einem Sachverhalt verlassen.
Deshalb: ein klarer Dank an Herrn Hindermann und den Staatssekretär. Sie haben die ganze Mühe auf sich genommen, die ich jetzt hier stellvertretend in Form des Druckwerks vertreten kann. Den Fraktionen danke ich, soweit sie geholfen haben, den Dialog zu verbreitern. Daran sind nicht alle beteiligt, sondern vor allen Rot-Grün. Das zeigt, auf welch solidem Fundament diese politische Partnerschaft begründet ist. Die Landesbauordnung ist eben auch ein Teil der Erfolgsgeschichte von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen, und Erfolgsgeschichten sollte man fortschreiben und nicht beenden.