Protocol of the Session on December 14, 2016

(Dietmar Bell [SPD]: Dummes Gerede!)

Alles ist gut in Nordrhein-Westfalen. Überall gibt es boomende Familien. – So werden Sie die Probleme nicht lösen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Dietmar Bell [SPD]: Reden Sie nicht so ein dummes Zeug!)

Deshalb hören Sie sich einfach an, was wir Ihnen vorschlagen.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Wir brauchen weniger Vorschriften, und wir müssen das Ziel formulieren, dass Familien wieder Eigentum bilden können. Wir müssen kommunale Steuer …

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Dafür brauchen wir höhere Löhne! Sagen Sie das der Bundes- regierung!)

Ja, das ist alles die Bundesregierung schuld. Alle anderen sind schuld, nur nicht diejenigen, die hier im Parlament sitzen. Ich frage mich, warum Sie überhaupt noch hier sitzen, wenn Sie selbst nichts ändern wollen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Torsten Sommer [PIRATEN]: Wer hat die Lage denn verpfuscht? Das war nur die CDU!)

Wir sagen: Wir brauchen ein faires Niveau bei der Grunderwerbsteuer. Wir brauchen einen Freibetrag für Familien bei der Grunderwerbsteuer. Und wir brauchen eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzierung, was die Gewerbesteuer und die Grundsteuer betrifft.

(Beifall von der CDU)

Nordrhein-Westfalen ist in den letzten sieben Jahren zum Hochsteuerland der Republik geworden. Nordrhein-Westfalen hat die höchsten Gewerbe- und Grundsteuern unter allen deutschen Flächenländern.

Zudem wird bei uns deutschlandweit die höchste Grunderwerbsteuer fällig, für deren Festsetzung dieses Haus, dieser Landtag, Sie alle in diesen Fraktionen verantwortlich sind.

Wir liegen mit der Gewerbesteuer in Nordrhein-Westfalen 24 % höher als der Bundesschnitt, 31 % höher als beispielsweise Länder wie Bayern oder BadenWürttemberg, und die Steuerbelastung lag 2015 um 640 Millionen € höher als 2009. Das sind 25 % mehr, und diese 25 % fehlen den privaten Familien, wenn sie Eigentum erwerben wollen. Und diese 25 % belasten Unternehmen bei uns, die neue Arbeitsplätze schaffen wollen.

Nun nenne ich Ihnen ein Beispiel. Das hätten Sie aber alle hören können, wenn Sie mit hinausgegangen wären. Vor dem Landtag standen vor einigen Monaten Familien aus den Regionen, wo zwangsweise die Steuer für das Eigenheim, die Grundsteuer B, erhöht werden muss. Eine Familie aus Bergneustadt war da, hatte ihren Bescheid dabei, hat ihn mir gezeigt und gesagt: Schauen Sie mal hier, in Bergneustadt. Vor sechs Jahren habe ich 533 € bezahlt, jetzt, im letzten Jahr, musste ich 1.248 € Grundsteuer B bezahlen.

Jetzt kann man darüber hinweggehen und sagen: Mein Gott, das wird die Familie schon noch aufbringen können. – Für manche Familie ist das eine hoch relevante Frage. Deshalb muss Schluss damit sein, die Menschen dauernd mit solchen Steuern zu belasten, die ihr Eigenheim zur Altersversorgung angeschafft haben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Karl Schultheis [SPD]: Studiengebühren!)

Das andere ist: Wenn bei uns die Steuern mit am höchsten sind, überlegt sich ein Unternehmen, wo es sich niederlässt, wenn es an der Landesgrenze zu Hessen oder zu Niedersachsen liegt und man dazu noch weiß, dass Genehmigungsverfahren in Niedersachsen und Hessen beispielsweise schneller gehen und die Steuern dort niedriger sind. Das können Sie in Bünde, Herford, Ostwestfalen genauso besichtigen wie im Siegerland. Fahren Sie nach Hessen – auf der hessischen Seite gibt es neue Gewerbegebiete.

Deshalb sage ich: Wenn wir in diesen Wettbewerb eintreten wollen, wenn wir wieder wollen, dass sich Unternehmen bei uns ansiedeln, müssen wir bürokratische Belastungen entfernen, Genehmigungsverfahren schneller machen und nicht immer noch neue Dinge erfinden, warum es problematischer werden kann.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist das Thema Landesentwicklungsplan. Der Landesentwicklungsplan 2025 sollte sich als Ziel setzen – nicht Flächenverbrauch null oder irgend so etwas –: Kinderarmut wirksam bekämpfen, Arbeitslosigkeit unter den Bundesdurchschnitt bringen, Freiräume schaffen für Unternehmen, damit sie investieren können. Dann fängt man an, den Landesentwicklungsplan zu schreiben, und dann kommt man zu völlig anderen Ergebnissen als Ihre Regelungen, die Sie im Moment durchsetzen.

(Beifall von der CDU)

Die Ministerpräsidentin hat gesagt, das Nullwachstum habe keinesfalls etwas mit Landesgesetzen zu tun. Es seien die BRICS-Staaten,

(Michael Hübner [SPD]: Es gibt keine Dritt- staaten!)

der Strukturwandel, die Energiepolitik der Bundesregierung, allerdings nur beschränkt auf 2009 bis 2013, also CDU/FDP, alles andere habe nie gewirkt. Eine etwas simple Geschichtssicht!

Dann hat die Ministerpräsidentin gesagt und versprochen: „Keine wichtige Industrieansiedlung in Nordrhein-Westfalen wird am Landesentwicklungsplan scheitern.“ – „Neue Westfälische“ vom 21. September 2016.

Dann gibt es Leute, die die „Neue Westfälische“ gelesen haben, weil sie da leben, die haben gesagt: Wenn das da steht, nehmen wir die Ministerpräsidentin mal beim Wort. Dann haben sie das bei ihren Betrieben geprüft, die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld, und die schreibt nun: Sehr geehrte Herren Kollegen, sehr geehrte Herren Abgeordnete – das haben Sie wahrscheinlich auch bekommen –,

(Jochen Ott [SPD]: Ja!)

bei uns nennen wir Ihnen einmal alle die Betriebe, die davon betroffen wären, wenn der Landesentwicklungsplan so kommt.

(Nadja Lüders [SPD]: Wären! – Werden Sie doch einmal konkret!)

Einmal konkret. Frau Lüders sagt: Einmal konkret. – Minden-Lübbecke: 20 Betriebe mit 1.000 Mitarbeitern, Herford: 16 Unternehmen mit 1.900 Mitarbeitern, Gütersloh: 20 Firmen mit etwa 2.400 Mitarbeitern, Lippe: drei Unternehmen mit über 300 Mitarbeitern, Höxter: zwei Betriebe mit ca. 50 Mitarbeitern.

(Zuruf von Nadja Lüders [SPD])

Alle die sind davon betroffen nach einer Abfrage der IHK. Hören Sie doch den Menschen im Lande zu!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die sind doch alle einzeln aufgelistet. Ich nenne Ihnen gleich noch Betriebe. Schon im vorauseilenden Gehorsam, ohne dass der Landesentwicklungsplan überhaupt beschlossen ist, sagt die Bezirksregierung bereits: Wir genehmigen keine neuen Flächen, weil irgendwann ein Landesentwicklungsplan kommt.

(Nadja Lüders [SPD]: Sie müssen die selber fragen!)

Liebe Kollegin, wenn Sie nicht mehr mit den Mitarbeitern, wenn Sie nicht mehr mit den Industrie- und Handelskammern reden,

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

mit wem im Land reden Sie denn noch über die Probleme, die es gibt?

(Beifall von der CDU und der FDP)

Konkreter geht es doch nicht. Das ist jetzt die boomende Region Ostwestfalen, aber auch Südwestfalen – die würden Ihnen das Gleiche schildern –, Münsterland: Da wächst die Wirtschaft noch, und deshalb muss man die stärken, damit sie weiter wachsen können.

Aber im Ruhrgebiet haben wir die Fälle auch. Auch in den letzten Tagen. Der „Westfälische Anzeiger“ berichtet: Neuausweisung ganzer Gewerbegebiete

scheitert am LEP. 17 Standorte konnten nicht ausgewählt werden wegen des neuen Landesentwicklungsplans.

Der frühere Bürgermeister von Datteln schreibt Leserbriefe

(Hans-Peter Müller [SPD]: Fahr runter!)

und sagt, wie die Story war, wie man den newPark verhindert hat. Ich weiß, dass Sie sich darüber genauso aufregen, weil Ihre Kollegen das alles Herrn Remmel ins Stammbuch geschrieben haben. Aber dann müssen Sie sich einfach einmal durchsetzen, wenn es um Arbeitsplätze in dieser Region geht!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es gehört mit dazu, wenn man eine Koalition macht, dass man an der Spitze einen Regierungschef hat, der sagt: Okay, jeder Fachminister hat seine Interessen, aber ich als Ministerpräsidentin/Ministerpräsident ab Mai sage Ihnen …

(Heiterkeit von der CDU und der FDP – Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist ja peinlich!)

Ja, man muss seine Sprache …

(Lachen und weitere Zurufe von der SPD)