Herr Präsident! Glücklicherweise entscheiden nicht Sie bzw. das Präsidium, was stilvolle Kleidung ist. Was ich heute falsch gemacht habe, ist, dass ich einen lila Pullover angezogen habe. Wenn wir jetzt über Fußball reden, ist das wirklich ein Griff in die falsche Schublade gewesen; denn das ist die Farbe des VfL Osnabrück. Das will hier tatsächlich niemand.
Fußballfans sind keine Verbrecher, und Menschenrechte enden nicht am Stadiontor. Seit vielen Jahren kümmern wir Piraten uns um die Rechte von Fußballfans. Vieles davon – auch Feedback aus der Fanszene – können Sie in den sozialen Medien verfolgen. Ich empfehle Ihnen hier, zum Beispiel den #fanrechte zu verfolgen.
Wir laden regelmäßig zu Fan-Hearings ein und tauschen uns mit Betroffenen aus. Wir haben diverse Anträge eingebracht und einige erfolgreiche Initiativen starten können. Wir haben den Fanprojekten zu mehr Anerkennung verholfen. Wir haben dazu beigetragen, dass Vernetzungen rund um Fußballspiele im ZIS-Bericht für Nordrhein-Westfalen besser aufgeschlüsselt werden. Die Polizeipräsenz bei Spielen wurde zurückgefahren.
Apropos Polizeipräsenz: Im Jahr 2013 war ein großes Thema das Spiel Schalke gegen PAOK Saloniki. Damals wurde angekündigt, dass alles noch aufzuklären sei, und auch Herr Kollege Körfges hatte das in einer Pressemitteilung vehement gefordert. Jetzt sind drei Jahre vorbei – es wird langsam mal Zeit.
Ich wende mich heute aber bewusst nicht an die Innenpolitiker und Sicherheitsesoteriker dieses Hauses. Sie sind es, die keinen klugen Vorschlag annehmen, sondern lieber weiter Stimmung gegen Fans machen wollen. Repression ist im Innenausschuss dieses Hauses an der Tagesordnung. Ihre Ein- und Weitsicht – Herr Kollege Lürbke, das wird Sie begeistern – ist relativ begrenzt. Ihre Fortschritte sind klein, und im Bereich der Prävention dauert sowieso alles viel zu lange.
Bei den jungen Fans wurde schon viel Vertrauen verloren, auch und gerade wegen der bis letztes Jahr geheimen SKB-Dateien und der wahllosen Speicherungen in der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“.
Ja, wahllos, Herr Lürbke. – Oder gestern: Hier wurde eine gute Maßnahme wie die Kennzeichnungspflicht beschlossen, aber im gleichen Moment wurde das Vertrauen mit der Einführung von Bodycams wieder zunichte gemacht.
Die Behörden berufen sich bei den Maßnahmen gegen Fans eben auf die Eintragung in diesen Dateien. Da werden Stadionverbote, Meldeauflagen etc. erteilt. Niemand kontrolliert die Rechtmäßigkeit, den Wahrheitsgehalt oder die Sinnhaftigkeit dieser Einträge grundlegend. Wir alle wissen – wollen es aber vielleicht nicht zugeben –, dass immer wieder falsche Informationen in diesen Dateisammlungen abgelegt werden.
Sie, liebe Sportpolitikerinnen und Sportpolitiker, wissen, wie wichtig Prävention, Dialog und Vertrauen für die Arbeit mit den jungen Fans ist. Wir sollten darüber diskutieren, was an Positivem mit einer einfachen proaktiven Informationspflicht für Speicherungen erreicht werden kann.
Im Antrag führe ich auch aus, was mit den Dateien datenschutzrechtlich nicht stimmt. Eigentlich gehören beide Dateien in die Tonne.
Hier und jetzt geht es mir aber erst einmal um Folgendes: Wir brauchen jetzt ein großes Zeichen, um überhaupt wieder einen Dialog mit den jungen Fans zu ermöglichen. Sie sollten sich nichts vormachen: Die Fronten sind verhärtet. Viele junge Menschen trauen dem Rechtsstaat und den Polizeibehörden keinen Millimeter über den Weg.
Bevor sich aber alle aufregen – das ist ja teilweise schon zu spät, Herr Lürbke – und uns hier wieder unterstellen, wir würden Gewalttäter schützen, den Rechtsstaat verunglimpfen oder Polizisten unter Generalverdacht stellen, schauen wir doch mal, was in den anderen Bundesländern und im Bund in Ihren Parteien passiert. Eigentlich passiert bei allen etwas, außer bei der CDU – die kann, denke ich, hier auch weghören.
Die Grünen fordern im Bund die Informationspflicht für Eintragungen in die Datei „Gewalttäter Sport“. Sehr gut. – In Berlin will Rot-Rot-Grün einen Polizeibeauftragten und sich zudem für die Abschaffung der Datei „Gewalttäter Sport“ einsetzen. – Die SPDInnenminister, zum Beispiel in Schleswig-Holstein und Bremen, haben sich entschlossen, über Speicherungen zu informieren. – Nun zur FDP: Herr Lürbke, in Niedersachsen ist es die FDP, die sich hartnäckig und kritisch an den SKB-Dateien abarbeitet und Prüfungen der Dateien verlangt. Fußballfans sind keine Verbrecher – das haben sie jetzt sogar ins Programm aufgenommen. Sehr gut.
Ich komme zum Ende, Herr Präsident. – Ich frage mich dann nur, ob Sie Ihre teilweise merkwürdigen Hardliner-Anträge und Reden hier völlig vergessen haben. Vielleicht liegt es daran, dass Sie im Sportausschuss und im Innenausschuss sind, Herr Lürbke.
Wir wollen nicht, dass stinknormale Fußballfans kriminalisiert werden, nur weil sie ein Fußballspiel besuchen. Wir wollen, dass mit einer Informationspflicht Vertrauen aufgebaut wird. Wir wollen, dass ein Dialog …
… zwischen den Beteiligten stattfinden kann. Wir wollen, dass sich Fans gegen falsche oder unberechtigte Eintragungen wehren können. Gehen Sie diesen Weg mit uns! Sprechen Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ländern. Unterstützen Sie uns auf diesem richtigen Weg. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Daniel Düngel, mir ist schon klar, warum Sie heute im Plenum diesen Antrag stellen. Sie wollen den Eindruck erwecken, als wären Sie der große Retter und Bewahrer der Fanszene bei Fußballspielen. Darum geht es hier aber nicht, Herr Düngel, sondern es geht um Störer und Gewalttäter, die versuchen, die große Bühne vor allem bei Fußballspielen für ihre Aktionen zu missbrauchen.
Konkret sprechen Sie die Rechtmäßigkeit der Speicherung der personenbezogenen Daten von Störern und Gewalttätern in der Datei „Gewalttäter Sport“ des Bundeskriminalamtes und die Dateien der „Szenekundigen Beamten“, die sogenannten SKB-Dateien, an. Diese Daten tragen aber dazu bei, insbesondere die guten Fußballspiele – im Übrigen auch die schlechten Fußballspiele – so sicher wie möglich zu machen.
Ich kann deswegen nicht nachvollziehen, dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion, alle Betroffenen über einen Eintrag in diese Dateien informieren und darüber hinaus den Datenbestand der SKB-Dateien sowie deren Anwendung und Nutzen durch eine unabhängige Stelle überprüfen lassen wollen.
Ich möchte auch zu bedenken geben, dass der Betrieb auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erfolgt. Erstens. Die Rechtmäßigkeit der Datei „Gewalttäter Sport“ ist durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes bereits bestätigt worden. Zweitens. Auch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW hat das Verfahren der SKB-Dateien absolut nicht beanstandet.
Ja, Herr Herrmann, jetzt wollen wir mal sehen, worüber wir hier eigentlich sprechen. Wir sprechen nicht über irgendwelche Bagatelldelikte, sondern es geht hier um die Anwendung von Gewalt. Es geht um Leib und Leben, um Nötigung, um Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz, um Gefangenenbefreiung, um Raub- und Diebstahlsdelikte. Wir reden doch nicht darüber, ob jemand einen Lutscher in einem Geschäft geklaut hat. Deswegen kommt er doch nicht in eine SKB-Datei. Vielmehr geht es hier um wirklich große Verstöße. Eine solche Erfassung braucht man zur Ermittlung und um eine vernünftige Sicherung eines Fußballspiels hinzukriegen. Das braucht unsere Polizei.
Ich wünsche mir, dass Sie als Piraten diese Sache mit unterstützen. Auch wir unterhalten uns ständig mit der Fanszene. Ich gucke gerade zu meinem Kollegen Rainer Bischoff als sportpolitischem Sprecher. Wir haben jedes halbe Jahr mit diesen Fangruppen den Austausch gesucht und werden auch weiterhin den Austausch suchen. Die richtigen Fans können diese Sache auch verstehen; denn durch diese Gewaltstörer werden die Fußballspiele in den Hintergrund gerückt, und es geht nur noch um Gewalt. Deswegen möchte ich, dass diese Dateien auch weiterhin – natürlich entsprechend der Rechtmäßigkeit – ihre Funktion behalten.
Herr Kollege, entschuldigen Sie. Gleich zwei Kollegen der Piratenfraktion würden Ihnen gerne eine Frage stellen.
Zum einen ist das Herr Kollege Herrmann auf dem Platz von Herrn Lamla und danach Herr Kollege Düngel. Erst einmal Herr Kollege Herrmann.
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich wollte Sie fragen: Welche Stelle stellt denn den Straftatbestand von den Personen fest, die in die SKB-Dateien eingetragen werden?
Also, wenn es Gewalt gegen Leib und Leben, Nötigung oder Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz gab, dann ist diese Stelle ja schon da gewesen, weil man dann nämlich wahrscheinlich schon verurteilt worden ist. Sonst könnte man ja gar nicht in diese Datei hineinkommen. Man kommt bei einem Verstoß gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz ja nicht sofort da rein. Aber wir können uns darüber im Ausschuss unterhalten. Wir werden diese Sache ja überweisen. Ich freue mich, wenn wir uns im Ausschuss über diese Sache unterhalten.
Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung. Möglicherweise stehen in der Datei „Gewalttäter Sport“ sogar Terroristen oder irgendwie so etwas drin; man weiß es nicht.
Sie haben das jetzt zum Teil beantwortet. Aber ich will tatsächlich noch einmal sichergehen: Also, ich vermute, Sie glauben tatsächlich, dass da nur Verurteilte drinstehen. Würden Sie zur Kenntnis nehmen oder stimmen Sie mir zu, dass in diesen Dateien ausdrücklich auch Personen aufgeführt wurden, die eben nicht in irgendeiner Form nach einer Verhandlung zu irgendetwas verurteilt wurden, sondern bei
denen es einfach möglicherweise Verdachtsmomente gegeben hat oder die – ich sage einmal – einfach zur falschen Zeit an der falsche Stelle waren?
Nein, so kann man es nicht sagen. Es geht auch um polizeiliche Ermittlungsverfahren, die laufen. Bei polizeilichen Ermittlungsverfahren sind sie auch in dieser Datei drin, und das gehört sich auch so. Man kann ja nicht so lange warten, bis vielleicht irgendwann das Urteil gesprochen ist.
Nein. Ich möchte Ihnen ganz deutlich sagen: Es geht hier darum, dass Fußballspiele geschützt werden und dass man so viel Sicherheit wie möglich bekommt. Das, glaube ich, möchte jeder, der hier im Hohen Haus ist. Wir unterhalten uns hier über ein paar Störer, Gewalttäter. Das ist nicht die Fanszene in Nordrhein-Westfalen. Das sind nur ganz, ganz wenige,