Protocol of the Session on December 1, 2016

Ich möchte in den folgenden Minuten über einige Eckpunkte unserer Haushaltspolitik, sprich: die Punkte, wie wir Piraten uns Familien-, Kinder- und Jugendpolitik vorstellen, berichten.

(Karlheinz Busen [FDP]: Das sagt der Rich- tige!)

Herr Busen, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein? Ich vermute, nicht.

Zur Kinder- und Jugendhilfe: Die Piratenfraktion möchte – das ist eine beispielhafte Forderung –, dass die Ombudschaften endlich über den Haushaltsplan des Familienministeriums regelfinanziert werden. Dazu werden wir einen Antrag stellen.

Im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung haben wir ein sehr breites, fraktionsübergreifendes Verfahren angestrengt, bzw. das war der Kollege Hafke von der FDP-Fraktion. Mittlerweile sind wir fraktionsübergreifend zu gewissen Konsenspunkten gekommen, die wir weiter fördern wollen. Das Thema „Jugendbeteiligung“ hört natürlich nicht im Land auf, sondern wir möchten, dass auch die Jugendbeteiligung in den Städten und Kommunen vom Land forciert und entsprechend gefördert wird. Zur dritten Lesung werden wir einen entsprechenden Haushaltsantrag stellen.

Zum Kinder- und Jugendförderplan: Lieber Wolfgang Jörg, du hattest gerade schon angekündigt, den Kinder- und Jugendförderplan um 9 Millionen € erhöhen zu wollen. Selbstverständlich begrüßen wir das. Auch die Beteiligten, die Betroffenen, diejenigen, die davon profitieren, werden das ebenfalls begrüßen. Das steht, glaube ich, völlig außer Frage.

Die Piratenfraktion hat in den letzten vier Jahren diesbezüglich immer wieder Anträge eingebracht – über 5, über 10 Millionen € Erhöhungen. Wir haben immer wieder erläutert, warum diese Erhöhungen erforderlich sind. Am Ende kommen jetzt 9 Millionen € dabei heraus. Das ist gut. Es reicht aber nicht einmal aus, um die Lücken zu schließen, die in den vergangenen fünf bzw. sieben Jahren an der Stelle entstanden sind.

(Beifall von den PIRATEN und Bernhard Ten- humberg [CDU])

Die Piratenfraktion – da bleiben wir der Tradition selbstverständlich treu – wird auch in dem Bereich wieder einen Antrag stellen. Ich kann hier schon einmal ankündigen, dass es ein Haushaltsvolumen von 25 Millionen € sein wird. Das entspricht den Mindestforderungen, die von den Jugendverbänden und von den Organisationen gestellt werden, und gleicht dann auch die vorhandene Lücke, die in den letzten Jahren entstanden ist, aus.

Vorhin haben wir schon über kostenfreie Bildung gesprochen. Hier, liebe rot-grüne Landesregierung, liebe Koalitionsfraktionen, müssen Sie sich einfach entscheiden. Sie erklären ganz oft, wie wichtig beitragsfreie Bildung ist. Da bin ich ja bei Ihnen. Da ziehen wir letzten Endes an einem Strang. Aber nur zu sagen: „Wir wollen das, wir schreiben das ins Wahlprogramm, wir schreiben das in den Koalitionsvertrag“, das reicht am Ende nicht aus.

Sie sind nun seit 2010 in der Regierungsverantwortung. Herausgekommen ist das letzte beitragsfreie Kitajahr.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Immerhin!)

Das ist zu wenig. Hier möchten wir tatsächlich mehr Taten und Handlungen von Ihnen sehen. Kollege Hafke hat eben von mehr als einer halben Milliarde Euro gesprochen. Wir haben das hochgerechnet und kommen auf ungefähr 600 Million €, die das Land dafür investieren müsste. Wir fordern, auch diesen Punkt in den Haushalt einzustellen.

Dann geht es insgesamt um das Thema „KiBiz“. Das KiBiz ist schlecht gemacht, liebe schwarz-gelbe Fraktion, liebe CDU, liebe FDP. Wir wissen das. Ihr wisst selber, dass das KiBiz viele Baustellen aufgemacht hat, die so nicht erforderlich waren.

Aber kommen wir zur Realität. Seit 2010 haben wir eine rot-grüne Landesregierung. Es gab Detailverbesserungen im KiBiz, aber die versprochene, ausgesagte und dargestellte wirkliche Änderung des KiBiz – ein neues Kitagesetz, eine relevante Änderung – hat unter dem Strich nicht stattgefunden.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Mutlos!)

Was passiert? Vor einem Dreivierteljahr erklärt die Landesregierung: Wir schreiben ein neues Kitagesetz. Das machen wir irgendwann mal. – Wann machen wir das? – In der nächsten Legislaturperiode. Fast anderthalb Jahre vor Ende der Wahlperiode wird ein Thema aufgegriffen und in die nächste Legislaturperiode geschoben. Das ist nicht zufriedenstellend.

Wir müssen uns vor Augen halten, dass die Änderungen eines neuen Kitagesetzes vermutlich frühestens im Kitajahr 2019/2020 greifen können. Das findet niemand wirklich gut.

Dann kommen wir zu einem wirklichen Knackpunkt, zur Finanzierung der Kitas. Wir alle haben die Studie zur Kenntnis genommen, nach der die Kitas unterfinanziert sind. Das wissen wir seit Langem. Wir waren in einer Situation, in der es nicht fünf vor zwölf, sondern mindestens fünf nach zwölf war. Mit ihrer letzten Revisionsstufe haben Sie das etwas ausgebessert. Um im Bild zu bleiben: Sie haben die Uhr dann von fünf nach zwölf auf vielleicht eine Minute vor zwölf gestellt.

Aber die Uhr tickt weiter, und die bezifferte Lücke, die dort entstanden ist, liegt mittlerweile bei 1,5 bis 2 Milliarden € jährlich. Auch hier fordern wir Sie auf, diesen Betrag in den Haushalt einzustellen. Es hilft nicht, immer wieder auf Konnexitätsprobleme und Konnexitätsverhandlungen hinzuweisen. Das hilft weder den Eltern noch den Kindern im Land. „Die notwendige Qualität“ – ich zitiere Jürgen Otto von der AWO – „der Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder“ können wir so momentan in den meisten Kitas nicht erreichen.

Die Kinderarmut steigt – Sie haben gesagt: kein Kind zurücklassen –, und Sie tun nichts. Sie sprechen von Kinderarmut, von Kinderrechten – kein Kind soll zu

rückgelassen werden –, aber Sie greifen die tatsächlichen Probleme der Kinder und Familien in diesem Land nicht auf und schreiben dies in eine ungewisse Zukunft.

Diese desaströse Unterfinanzierung der Kitas tragen wir nicht mit. Wir möchten nicht dabei zusehen, wenn Sie die Kitas vor die Wand fahren. Wir schauen nicht dabei zu, wie Sie seit Jahren Beitragsfreiheit versprechen, das aber letztlich wieder und wieder von der Haushaltslage abhängig machen. In diesem Haus haben immer wieder konkrete Vorschläge gemacht und werden dies auch weiterhin tun. Greifen Sie die Anregungen auf, nicht bald, sondern jetzt.

Frau Ministerin Kampmann, lassen Sie Kinder nicht zurück! Schaffen Sie sinnvolle und auskömmlich finanzierte Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe für Kinder und Jugendliche.

Lassen Sie Kinder nicht zurück! Schaffen Sie mit uns eine verbindliche Jugendbeteiligung im Land und in den Kommunen.

Lassen Sie Kinder nicht zurück! Sorgen Sie dafür, dass frühkindliche Bildung nicht von der finanziellen Situation der Eltern abhängig ist.

Lassen Sie Kinder nicht zurück! Sorgen Sie sofort für eine Überbrückungsfinanzierung, bis das angekündigte neue Kitagesetz vorliegt.

Lassen Sie Kinder nicht zurück! Schauen wir noch einmal über den Tellerrand: Setzen Sie sich für eine Kindergrundsicherung im Bund ein. Als größtes Bundesland haben wir die Möglichkeit, dort einen Meilenstein zu setzen. Unterstützen Sie uns dabei! In den nächsten Wochen werden wir dazu noch eine Initiative starten. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Düngel. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Kampmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kinder-, Jugend-und Familienpolitik ist für die Landesregierung von zentraler Bedeutung, weil wir wissen, dass die Grundlagen für Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft in den Kinder- und Jugendjahren und damit auch in den Familien insgesamt gelegt werden.

Dies bedeutet auch, dass wir mit jedem einzelnen Cent, den wir in Kinder, Jugendliche und Familien investieren, gleichzeitig in die Zukunft unserer Gesellschaft investieren. Deshalb setzt die Landesregierung dort eine ganz klare Priorität.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das schlägt sich natürlich auch in den Zahlen nieder. 2010 wurden in den Kapiteln „Familie“, „Kinder“ und „Jugend“ rund 1,78 Milliarden € eingesetzt. 2017 sehen wir dafür im Haushaltsplanentwurf mehr als 3,8 Milliarden € vor. Wir haben die Mittel also mehr als verdoppelt und damit finanziell ganz klare Prioritäten für Kinder und Familien gesetzt.

Den Haushaltsplan haben wir schon im Ausschuss ausführlich beraten. Deshalb möchte ich hier nur auf einige Punkte eingehen:

Zunächst sage ich – und das wissen Sie –, dass keine Investition in Bildung so lohnend ist wie die Investition in die frühe Bildung. Frühe Bildung ist ein starker Motor – das zeigt sich gerade in unserer Regierungszeit – für Chancengerechtigkeit in unserem Land. Sie bleibt deshalb auch ein Schwerpunkt dieser Landesregierung.

Dank der gemeinsamen Kraftanstrengung aller Beteiligten setzen wir seit 2013 den Rechtsanspruch für die unter dreijährigen Kinder um. Das war und ist ein wirklicher Meilenstein. Liebe Opposition, Sie wissen natürlich, dass wir uns auf diesem großen Erfolg nicht ausruhen. Bedarf und Nachfrage der Eltern entwickeln sich weiter, und deshalb unterstützen wir die Kommunen und Träger noch weiter beim Ausbau. Wir wissen, dass wir in dieses Zukunftsfeld und gerade in den Ausbau weiter investieren müssen.

Unser Vorhaben war es immer, die Mittel für das Betreuungsgeld in den Kitas einzusetzen. Das setzen wir gerade konsequent um. Diese Mittel fließen bei uns vollständig in den Ausbau der frühkindlichen Bildung. Das sind im nächsten Haushaltsjahr rund 168 Millionen €. Bis 2018 sind es insgesamt über 430 Millionen €. Wir verwenden die Mittel vorrangig zur Kitafinanzierung und zur Unterstützung der Träger. Mit dem Gesetz zur überbrückenden Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kindertagesbetreuung haben wir so einen ganz wichtigen Beitrag zur Entlastung der Träger insgesamt geleistet.

Darüber hinaus setzen wir einen Teil, nämlich 100 Millionen €, für ein Investitionsprogramm im Ü3Bereich ein, das in diesem Jahr bereits angelaufen ist. Das haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart, und zu diesem Wort steht die Landesregierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir bleiben dabei, dass wir noch weitere Verbesserungen brauchen. Deshalb sind wir gerade mit den Beteiligten in Gesprächen zur Erarbeitung von Eckpunkten, die zu einem neuen Gesetz führen sollen; denn wir wissen, dass wir bessere Rahmenbedingungen für die individuelle Förderung brauchen. Wir wissen auch, dass das jetzige Kinderbildungsgesetz diese Rahmenbedingungen eben nicht bietet.

Wir brauchen ein auskömmliches, vor allem ein ehrliches und transparentes Finanzierungssystem. Daran arbeiten wir gerade. Wir möchten damit eine neue, bessere Qualität der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen gewährleisten.

Ich komme zur Jugendpolitik und damit zu einem Thema, das im Übrigen auch in der Haushaltsdebatte des Bundestages eine wichtige Rolle gespielt hat – und das zu Recht. Eines ist klar: Bei der Jugendarbeit und bei der Jugendpolitik dürfen wir nicht kürzen; wir wissen nämlich, wer in diese Lücke stoßen wird. Deshalb wollen wir auch hier zusätzlich investieren – Wolfgang Jörg hat es vorhin bereits erläutert –; das ist ein guter, ein wichtiger Schritt.

Es freut mich, Herr Tenhumberg, dass Sie in diesem Zusammenhang Die Falken zitiert haben. Wären Sie bei der Vollversammlung des Landesjugendrings persönlich dabei gewesen, dann hätten Sie sich auch selbst davon überzeugen können, wie gut die Zusammenarbeit mit den Jugendverbänden funktioniert. Sie ist wirklich überaus erfreulich. Vielleicht kommen Sie beim nächsten Mal einfach selbst vorbei.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Brückenprojekte für die Flüchtlingskinder sind weiterhin ein Erfolgsmodell; deshalb investieren wir an der Stelle auch weiter. Wir haben die Mittel auf rund 30 Millionen € aufgestockt. Wolfgang Jörg hat vorhin gesagt, dass die regierungstragenden Fraktionen da noch einmal etwas drauflegen werden, und das ist auch gut so. Inzwischen haben wir nämlich etwa 10.000 Kinder in den Brückenprojekten. Wir wissen genau: Wenn wir Integration von Anfang an gewährleisten wollen, dann kann es da keinen besseren Weg geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie merken: Diese Landesregierung tut etwas für die Familien, die Kinder und die Jugendlichen im Land. Das ist ganz konkret spürbar anhand klarer politischer Leitlinien und Ziele, die wir auch weiterhin Schritt für Schritt umsetzen werden. Dafür möchte ich mich bei allen Partnerinnen und Partnern in unserem Land bedanken. Ich bin mir sicher, dass wir auch im kommenden Jahr ganz hervorragend zusammenarbeiten werden. – Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Prof. Dr. Sternberg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das ist der letzte Haushalt, zu dessen Kulturanteil ich hier im Parlament Stellung nehmen darf. Schade, dass er nicht besser geworden ist.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der vorliegende Etat zeigt die Schlussbilanz einer Regierung, die offensichtlich in allen Feldern am Ende ist.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)