Deswegen sagen wir Ihnen heute: Sie wollen es gar nicht wissen. Sie wollen gar nicht wissen, wo die Defizite sind.
Die zweite große Baustelle in unserem Schulsystem ist der gesamte Bereich Inklusion. Ich sage es noch einmal vorab: Die CDU-Fraktion hat sich immer für ein inklusives Schulsystem ausgesprochen; denn unser christliches Menschenbild hält ganz viel davon, die Teilhabe aller an der Gesellschaft zu gewährleisten.
Die Frage ist allerdings: Wie ist das Ganze organisiert? Es ist so organisiert, dass es in NordrheinWestfalen schlicht und ergreifend nicht funktioniert. Da helfen auch all Ihre Beteuerungen nichts. Es sei eine Bergwanderung; es ein Prozess; wir wollen einmal schauen, dass es irgendwann funktioniert. Es funktioniert aber nicht.
Damit Sie nicht immer sagen, es sei nur die Opposition, die alles schlechtrede, möchte ich Ihnen mit Erlaubnis der Präsidentin gerne einige Beispiele aus der Anhörung, die wir im Schulausschuss vor wenigen Wochen, und zwar am 7. September 2016, durchgeführt haben, vortragen.
„Dass der Verband Bildung und Erziehung gemeinsam mit anderen Lehrerorganisationen in der Mülheimer Erklärung erneut die Unzufriedenheit über den schulischen Inklusionsprozess dokumentiert, sollte die Politik endlich nachdenklich machen.
Wir hoffen, dass die gemeinsame Erklärung der Interessenvertreter die Landesregierung endlich bewegt, ihre ignorante Haltung gegenüber den immer wieder benannten Defiziten aufzugeben.“
Frau Balbach von lehrer nrw hat das in der gleichen Anhörung wie folgt kommentiert – Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich erneut –:
Frau Ministerin, jetzt bin ich sehr gespannt, was Sie dazu sagen; denn das ist nicht der übliche Reflex der Opposition, etwas zu kritisieren, sondern das ist das, was diejenigen berichten, die tagtäglich in unserem Schulsystem arbeiten.
Heute kann ich daher nur an Sie appellieren: Nehmen Sie endlich ernst, was Ihnen die Praktiker aus dem Schulleben sagen.
Hinzu kommt noch – und das verschärft das Ganze; wir haben uns bereits darüber ausgetauscht – Ihr Erlass, nach dem geflüchtete Kinder und Jugendliche nun von vornherein in die Regelklassen gehen sollen.
Ein kleines Beispiel: Sie wissen, dass an vielen Schulen der Sonderpädagoge höchstens stundenweise oder teilweise auch gar nicht anwesend ist. Das bedeutet, dass wir folgende Situation haben: Vor einer Klasse mit 26 Kindern steht ein Regelschullehrer, der noch über keine sonderpädagogische Erfahrung verfügt. Er hat in der Klasse mehrere Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen – und jetzt auch noch fünf geflüchtete Kinder, die kein Wort Deutsch verstehen.
Sagen Sie mir bitte, wie unter solchen Rahmenbedingungen ein vernünftiger, qualitätsorientierter Unterricht stattfinden soll. Das ist schlicht und ergreifend nicht möglich. Da können Sie mit allen Zahlen und allen Ausgaben im Haushalt argumentieren. Wer Schulpolitik so anlegt, muss sich nicht wundern, wenn er bei allen Lernstandserhebungen auf den letzten Plätzen landet.
Nun haben Sie nach bald sieben Jahren Regierungszeit aber immerhin entdeckt, dass es Defizite bei der Schulinfrastruktur gibt. Ihr Ziel ist eine Gute Schule im Jahre 2020 in Nordrhein-Westfalen. Ihr Traum kann ja Wirklichkeit werden, wenn Sie dann nicht mehr die Landesregierung stellen.
Erst fahren Sie die Schulinfrastruktur jahrelang auf Verschleiß und erhöhen die Schulpauschale in all Ihren Regierungsjahren nicht. Kurz vor der Wahl stellen Sie dann Schecks bis ins Jahr 2041 aus. Das ist keine nachhaltige Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Richtig wäre es gewesen, die Schulpauschale zur Förderung und Modernisierung der kommunalen Schulinfrastruktur bereits in der Vergangenheit deutlich aufzustocken.
Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, dass das ein Schattenhaushalt von 2 Milliarden € ist; denn Sie lagern die Landesschulden in die NRW.BANK aus.
Frau Kollegin Vogt, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Dahm von der SPD-Fraktion würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Vielen Dank, Frau Vogt, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Weil Sie die Schulpauschale ansprechen, hätte ich gerne zweierlei von Ihnen gewusst. Erstens. Wo sind Ihre Haushaltsanträge dazu? Zweitens. Wie hätten Sie das denn finanziert?
Ich freue mich über die Frage; denn ich glaube, dass wir nicht nur in diesem Fall viele Anträge gestellt haben, sondern auch in der Vergangenheit, gerade was den Schulbereich angeht, deutliche Umstrukturierungsanträge gestellt und Einsparvorschläge unterbreitet haben.
Frau Vogt, Entschuldigung, dass ich Sie schon wieder unterbreche. Jetzt gibt es bei Frau Beer den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Es gibt sogar noch einen dritten Wunsch, den ich aber nicht mehr zulassen werde.
Herzlichen Dank, Frau Vogt, dass Sie die Frage zulassen. – Bleiben wir doch noch einmal bei der Frage der Bildungspauschale. Ist Ihnen klar, dass eine Ausweitung der Bildungspauschale nicht mehr Geld für die Kommunen bedeutet hätte, sondern dass das eine reine Taschenspielertrick-Nummer ist? Es ist nur eine Verschiebung von der einen Tasche in die andere Tasche. Dadurch wäre nicht ein Cent mehr zu den Kommunen gekommen.
Frau Beer, ehrlich gesagt, ist ein Schattenhaushalt von 2 Milliarden € bei der NRW.BANK für mich ein Taschenspielertrick.
Die Rückzahlung dauert zudem bis zum Jahr 2041 – einem Zeitpunkt, zu dem spätestens die modernisierte Schulinfrastruktur bereits wieder erneuert und saniert werden muss.
Abschließend möchte ich noch meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass dieses Programm in keiner Weise mit dem für 2017 geplanten Bundeskommunalinvestitionsprogramm von 3,5 Milliarden € zur Sanierung der Schulen in finanzschwachen Kommunen abgestimmt ist, obwohl – zumindest nach meinem Kenntnisstand – an beiden Regierungen die SPD beteiligt ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Sinne werden wir diesen Schulhaushalt ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Vogt, zunächst einmal finde ich es sehr lobenswert, dass Sie anerkennen, dass im Haushalt von Nordrhein-Westfalen dieses Jahr ca. 18 Milliarden € für Schule stehen. Das ist mehr, als es jemals in allen Haushalten vorher in Nordrhein-Westfalen gegeben hat.