Protocol of the Session on December 1, 2016

Herr Kollege Ellerbrock, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Eigentlich wollte Ihnen Herr Klocke eine Zwischenfrage stellen. Aber er hat jetzt …

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Trinken wir Kaffee. In Ordnung, gut.

Okay. Dann Entschuldigung.

Meine Damen und Herren, Sie wollen hier nichts anderes, als die Mieten zu manipulieren,

(Beifall von der FDP)

und zwar dadurch, dass Sie den Bezugszeitraum von vier Jahren im Mietspiegel auf acht Jahre vergrößern. Damit wollen Sie die Mieten letztendlich einfrieren. Das bedeutet nach Aussagen der Steinbeis-Stiftung in Berlin, dass Sie die Vergleichsmiete um 10 bis 20 Cent pro Quadratmeter jährlich heruntermanipulieren. Sie wollen manipulieren, indem Sie sagen: Die Modernisierungsumlage von 11 % auf 9 % …

(Zurufe von Jochen Ott [SPD])

Kollege Ott, gehen Sie doch mal zu Hause ins Badezimmer und stellen sich vor einen Spiegel. Dann hört Ihnen jemand zu. – Schönen Dank.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sagen ganz klar Nein zu den Manipulationen, die Sie hier vornehmen wollen. Das gibt es mit uns nicht. Wir wollen ganz vernünftig erklären, was passiert, wenn wir an die Regierung kommen. Wir sagen mit Ihrem Bauminister: bauen, bauen, bauen. Das Einzige, was hilft, sind mehr Wohnungen.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Wie können wir das machen? Das betrifft nicht nur die Flächenproblematik. Wir müssen steuerliche Anreize bieten. – Kollege Schemmer und Kollege Hausmann, es tut mir leid: Die sozialdemokratische Bundesregierung mit der Bundeskanzlerin Merkel hat diese steuerlichen Möglichkeiten im Sommer letzten Jahres vergeigt. Da hat sich die SPD/CDU-Koalition in Berlin nicht einigen können, und man hat gar nichts gemacht. Das ist eine wirklich schlimme Sache.

Vergessen wir nicht: 75 % unserer Wohnungen sind im Besitz von privaten Kleinvermietern. Wir sagen: Wir wollen Wohnungen bauen. Wir wollen ein Angebot schaffen und nicht die derzeitigen Mietverhältnisse kriminalisieren. Wir wollen die staatlichen Vorgaben reduzieren.

Frau Philipp, ich weiß ja nicht, welche Zeitungen Sie lesen. Die Fachzeitschriften des Bau- und Immobiliengewerbes haben in allen Bereichen deutlich hervorgehoben, dass diese Mietpreisbremse kontraproduktiv ist, sogar zu jährlichen Mietsteigerungen führen wird.

Ich will es noch einmal zitieren. Sie mögen es mir ja nicht glauben, aber Lutz Freitag, der Vorsitzende des Arbeitskreises Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung des „Braintrust“ der SPD, der Vorsitzende des Arbeitskreises der Friedrich-Ebert-Stiftung, führt in Bezug auf die neue Wohnungsgenossenschaft ganz klar aus: Das hilft überhaupt nicht. Die neue Wohnungsgenossenschaft hat ein wesentliches Merkmal mit der Mietpreisbremse gemein: Sie würde keine einzige Wohnung neu schaffen. – Das gilt auch für die Mietpreisbremse.

(Jochen Ott [SPD]: Niemand von uns hat be- hauptet, dass das neue Wohnungen schafft! So ein Unfug!)

Sie macht Probleme, nichts anderes.

(Beifall von der FDP)

Das macht Probleme und schafft keine Wohnungen. Deswegen muss dieses überregulierte System, das Sie hier vorschlagen, nicht fortentwickelt werden. Weg damit! – Danke schön.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Fraktion der Piraten spricht nun der Kollege Bayer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Streamgäste in den Wohnzimmern und Mitarbeiter in den Büros! Ich habe heute keine Geschichte für Sie und auch kein Foto. Direkt zur Sache:

(Jochen Ott [SPD]: Gott sei Dank!)

Relevant in diesem Antrag sind vor allem die Aufzählungspunkte unter „Der Landtag stellt fest“. Hier stehen lauter sinnvolle Korrekturen, die wir übrigens längst in verschiedenen Anträgen gefordert haben: eine ernst zu nehmende Mietpreisbremse, einen ernst zu nehmenden Mieterschutz, ein ernst zu nehmendes Wohnungsaufsichtsgesetz. Diese Anträge wurden aber stets, auch mit Stimmen der antragstellenden Fraktionen, abgelehnt.

Eines muss ich natürlich sagen, vor allem an Frau Philipp: Als Opposition sind wir generell nicht gegen eine Mietpreisbremse. Wir sind für eine wirksame Mietpreisbremse, kritisieren allerdings die bestehende, die tatsächlich kontraproduktiv ist und mehr schadet, als sie nutzt. Das ist dann Nebenwirkung ohne Wirkung. Aber hier ist das Kind ja bereits in den Brunnen gefallen. Zurück ist jetzt auch nicht sinnvoll, weil die negativen Wirkungen bleiben. Man muss allerdings die nächsten Schritte richtig machen.

Ihr Feststellungsteil offenbart berechtigte Kritik an diesem Instrument, die wir teilen. Den Aussagen, die eigentlich Forderungen sind, können wir uns anschließen. Warum, so frage ich mich, gibt es die nicht im Beschlussteil? Warum werden Sie nicht konkreter?

Klar ist darüber hinaus, dass hinreichende Vorgaben für die Erstellung von einfachen und qualifizierten Mietspiegeln geschaffen werden sollen; das steht im Feststellungsteil. Das reicht aber nicht. Wir brauchen qualitativ hochwertige Mietspiegel, die aufwendig zu erstellen sind und auch Geld kosten. Und das sparen sich die meisten Kommunen.

Wenn das Land NRW eine gut umgesetzte Mietpreisbremse auf Basis eines Mietspiegels will, dann muss die Landesregierung das Geld für eine solche Grundlage bereitstellen. Ansonsten kann eine Mietpreisbremse nicht funktionieren, jedenfalls dann nicht, wenn sie auf einem Mietspiegel basiert.

Wir fordern für alle Kommunen die verpflichtende Einführung eines qualifizierten Mietspiegels. Das Land NRW soll mit entsprechenden Gesetzen und mit Haushaltsrelevanz – das ist wichtig – dazu beitragen, dass die Mietpreisbremse ihre Wirkung überhaupt entfalten kann. Denn ohne vergleichbaren und anerkannten Mietspiegel gibt es keine Kenntnis über Mietpreise, also auch keine Mietpreisbremse.

Der Beschlussteil – ohne den Feststellungsteil – ist leider so dünn, dass man den Antrag wohl gar nicht allzu ernst nehmen soll. Er enthält die herzliche Bitte an die Landesregierung, sich doch weiterhin ganz fest dafür einzusetzen. Das ist fast ein bisschen süß.

Inhaltlich spricht gegen den vorliegenden Antrag die geschönte Darstellung der Mietpreisbremse, wie sie sich aktuell auswirkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, was loben Sie denn da, wo Sie doch im Feststellungsteil deutlich eingestehen, dass

Ihr Instrument und Ihre Umsetzung in NRW eigentlich nicht ganz so erfolgreich sind?

Auf CDU und FDP müssen wir an der Stelle nicht warten. Von dort kommt seit längerer Zeit kein konstruktiver Beitrag in dem Bereich; man ist einfach dagegen. Eigene Vorschläge zur Problemlösung sehe ich da nicht.

Letztlich müssen wir unsere Bemühungen – an der Stelle hat Herr Ellerbrock auch ein bisschen recht – wieder auf die Wohnungsbautätigkeit, also auf „Bauen, Bauen, Bauen“, und damit auf eine langfristige Mietentwicklung fokussieren, allerdings auch über den Markt hinaus denken. Ich frage: Wo sind denn die Konzepte für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit, für „Bauen, Bauen, Bauen“? In der Republik wird längst darüber diskutiert, nur die FDP bekommt Falten.

Ihre Behauptung, Herr Ellerbrock, ist an dieser Stelle auch unbewiesen. Apropos Falten: Vielleicht ist es ja auch an der Zeit, wieder über eine eigene Wohnungsbautätigkeit nachzudenken, wenn es anders nicht funktioniert. Nun haben wir aber erst einmal diesen Antrag, und dann sehen wir weiter.

Sie haben es sicherlich bereits erraten: Ich empfehle an dieser Stelle die pädagogisch begründete Enthaltung. – Vielen Dank. Die restlichen 30 Sekunden bekommt Herr Schulz von mir.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Der Kollege Schulz hat einen eigenen Anspruch auf Redezeit. Die ist zwar nicht so lang, aber er wird das jetzt umsetzen. – Bitte schön, Sie haben drei Minuten. Viel Erfolg!

Vielen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag von Rot-Grün dreht völlig frei. Er ist nicht faktenbasiert. Da das Wort „postfaktisch“ heute schon so oft gefallen ist: Dieser Antrag ist präfaktisch. Er hat überhaupt gar keine Grundlage.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Mieten von unsanierten Bestandswohnungen – und diese sollte das Gesetz zur Mietpreisbremse in erster Linie regulieren – sind in den betroffenen Städten der Ballungszentren nicht nennenswert zurückgegangen. Im Gegenteil, sie sind, wenn auch leicht, gestiegen. Das sagt eine Studie des Forschungsinstituts empirica vom Mai des Jahres. Ausgenommen sind ohnehin Wohnungen mit Erstbezug nach Sanierung und Neubauwohnungen.

Was den Wucher angeht, Frau Kollegin Philipp – das hat hier, glaube ich, auch schon jemand erwähnt –,

haben wir § 291 des Strafgesetzbuches. Das ist ausreichend geregelt und darüber hinaus auch im bisherigen Mietrecht.

(Bernhard von Grünberg [SPD]: Das ist ge- rade nicht ausreichend geregelt!)

Ein Grund für das wenn auch leichte Ansteigen der Mieten, wie gerade erwähnt, in Essen, Köln, Düsseldorf und anderen Großstädten in Nordrhein-Westfalen ist nicht zuletzt die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Denn die wird selbstverständlich auf die Mieten umgelegt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ein weiterer Grund für das Ansteigen der Mieten ist sicher auch in der Niedrigzinspolitik der EZB zu finden. Investoren flüchten sich in Immobilienbesitz. Die wollen natürlich auch eine Rendite erwirtschaften; das ist doch völlig klar. Aber gehen Sie doch nicht grundsätzlich davon aus, dass Investoren schlecht sind und die Menschen strangulieren wollen.

Hier sollen allerdings Investoren, Vermieter, Bauinteressenten, Bauwillige mit einer derartigen Verschärfung stranguliert werden, wie es dieser Antrag impliziert.

Die Große Koalition in Berlin hat sich jetzt aufgeschwungen, ein neues Baurecht Platz greifen zu lassen, das zu einer Wiederbelebung der „urbanen Gebiete“ führen soll. Die Städte werden enger. Die Städte werden vielleicht lauter, weil auch die Lärmschutzstandards abgesenkt werden sollen. Die Gebäude sollen höher werden und, und, und. All das sind Fördermaßnahmen, die hier in der Diskussion sind, die zu mehr Wohnraum führen sollen, insbesondere in den Städten, eine Entwicklung – betrachtet man zum Beispiel die Altstädte in Düsseldorf oder in Köln –, die ich persönlich durchaus begrüße.

Erfolg einer Entwicklung setzt aber auch die Attraktivität für Investoren voraus. Werden diese Entwicklungen auf der anderen Seite, nämlich die Bauerleichterungen, durch immer stärkere Regulierungen des Immobilienmarktes durch den Gesetzgeber gebremst, wirkt sich eine Verschärfung der Mietpreisbremse im Endeffekt als Wohnraumbremse aus, und das hätten Sie zu verantworten.