Protocol of the Session on November 30, 2016

Was haben wir gemacht? Wir stellen den Antrag, den Fachhochschulstandort Gütersloh aufzubauen, weil wir den Digitalisierungsstandort Gütersloh stärken und die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Fachhochschule Bielefeld ausbauen wollen, um den Cluster OWL zu stärken.

Was machen Sie? Sie schwören auf einheitliche Matrikelnummern. Das ist die Kraft der CDU im hochschulpolitischen Diskurs.

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Das, was Sie hier abliefern, ist wirklich erbärmlich, Herr. Dr. Berger.

Deswegen sage ich, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen: Dieser Haushalt ist ein Zeichen der Stärke für Innovation und Leistungsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen. Wir können auf das, was wir in den letzten Jahren erreicht haben, stolz sein.

Der Haushalt schreibt die gute Tendenz in NordrheinWestfalen fort. Ich bedanke mich bei der Ministerin für ihr Engagement und bei meinen Kolleginnen und Kollegen für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Und so werden wir die Auseinandersetzung im Landtag führen: Platz eins, Herr Dr. Berger! Letzter Platz für die CDU im Bereich der Hochschulpolitik Nordrhein-Westfalens! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall und Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Bell. – Und nun spricht für die FDP-Fraktion Frau Freimuth.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bell, in einem Punkt bin ich bei Ihnen: Die Debatte zu diesem wichtigen Einzelplan wäre es sicherlich wert gewesen, nicht abends um halb neun, sondern zu einer Zeit geführt zu werden, wo die Wahrnehmbarkeit etwas größer ist.

Wir beraten den Einzelplan 06. Es liegt natürlich in der Natur einer Haushaltsdebatte, dass man sich dabei auch ein bisschen über Zahlen unterhält. Wir ha

ben gerade wieder einmal eine wunderbare Kostprobe davon bekommen, wie alles hier in diesem Land schöngeredet wird. Alles sei in bester Ordnung.

(Zuruf von der SPD: Das ist alles Fakt!)

Ich will einige Punkte aufgreifen, zu denen Sie so manche abenteuerliche These aufgestellt haben. Die erste These lautet: Seit 2010 sei der Wissenschaftsetat um 45 % gestiegen, und das sei allein auf die rot-grüne Landespolitik zurückzuführen. – 2017 beträgt allein der Zuschuss des Bundes zum Einzelplan 06 1,45 Milliarden €. Das sind 17,3 % des Gesamtetats. 2010 lag der Anteil der Bundesfinanzierung gerade einmal bei 8 %. Das ist eine Zunahme um 216 %. Es ist erschreckend, wie schamlos Sie sich hier einfach mit fremden Federn schmücken. These widerlegt!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Von diesem Bundeszuschuss können Sie übrigens auch noch zusätzlich über die BAföG-Mittel verfügen.

Wir kommen also zu der zweiten These, NRW würde sich an die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern halten und die Mittel zusätzlich einsetzen. – Von wegen! Die BAföG-Millionen – insgesamt 279 Millionen € jährlich – benutzen Sie unter anderem zur Kofinanzierung der Hochschulpaktmittel. Dabei geht es um den Landesanteil, eine Pflichtaufgabe. Bundesministerin Wanka hat nicht ohne Grund mit Blick auf Nordrhein-Westfalen angekündigt, nie wieder BundLänder-Abkommen ohne schriftliche Vereinbarung zu treffen, wie das Geld denn dann tatsächlich eingesetzt wird. These widerlegt!

(Beifall von der FDP und der CDU)

These Nummer drei: Die Kompensationsmittel für die Abschaffung der Studienbeiträge würden diese Einnahmeausfälle kompensieren. – Nein, 249 Millionen € sind unter „Studienbeiträge“ statisch im Haushalt eingestellt. Bei der Möglichkeit für die Hochschulen, Studienbeiträge von den Studierenden einzunehmen, wären die Einnahmen aber entsprechend dem Aufwuchs der Studierendenzahl weiter gestiegen. Allein 2016 betragen die Einnahmeausfälle 60 Millionen €, Tendenz weiter steigend. Also ist auch These drei widerlegt.

These Nummer vier: Das Land investiere 200 Millionen € zusätzlich in die Digitalisierung an den Hochschulen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, schön wäre es. Tatsächlich gibt es aber schon alle dafür vorgesehenen Haushaltstitel, und kein einziger weist einen Anstieg auf. Sie konnten die entsprechenden Haushaltstitel bei Nachfrage ja auch nicht benennen. Sie präsentieren dann Titel, für die 2017 noch nicht einmal ein Ansatz ausgewiesen ist. Hier bin ich ausnahmsweise einmal bei den Piraten: Allein schon aufgrund dieser Intransparenz dürfte man dem Haushalt nicht zustimmen.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Digitalisierung ist eine zentrale Herausforderung auch für unsere Hochschulen, für Rot-Grün aber leider nur etwas PR-Arbeit wert. These ebenfalls widerlegt!

These Nummer fünf: Durch die Hochschulvereinbarung 2021 würden die Hochschulen mehr Geld bekommen. – Was die Grundmittel angeht, haben wir uns dazu ja schon ausgetauscht. Das ist in der Tat eine positive Tendenz. Aber die Mittel fließen doch nicht zusätzlich, sondern bereits als Hochschulpaktmittel. Es gibt nicht einen einzigen Cent mehr. Die Hochschulen können etwas besser planen. Es wird sicherlich auch Umschichtungen geben. Mehr Personal und bessere Studienbedingungen wird es durch diese Vereinbarung allein aber nicht geben. These ebenfalls widerlegt!

These Nummer sechs: Der Aufwuchs im Einzelplan 06 seit 2010 würde die zusätzlichen Studierenden auffangen. Ihr Haushalt ist leider statistisches Blendwerk. Sie verschweigen nicht nur, dass 2010 ja auch noch Studienbeiträge in die Etats der Hochschulen geflossen sind. Sie verschweigen auch, dass in NRW seit 2010 die Zahl der Studierenden um 54 % gestiegen ist.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ist doch schön!)

Sie preisen die Inflation von 7,6 % seit 2010 nicht ein. Und Sie ignorieren anscheinend völlig, dass sich der Hauptkostenfaktor für die Hochschulen – die Lohnkosten – seit 2010 viel dramatischer als die Inflation entwickelt hat. Beim wissenschaftlichen Personal gab es eine Steigerung um 15 %. Bei W3-Professuren waren es 19 %, 30 % bei W2-Professuren.

Hören Sie auf, die Augen vor der Realität zu verschließen. Selbst mit den Hochschulpaktmitteln hat der Etat für die Hochschulen aufgrund des Studierendenandranges und der Lohnsteigerung beim Personal nicht mithalten können. Auch hier: These widerlegt!

Das erkennt man auch bei einem der zentralen wissenschaftlichen Indikatoren für den Vergleich zwischen den Bundesländern: „Laufende Grundmittel für Lehre und Forschung je Studierende“. In den offiziellen Statistiken belegt Nordrhein-Westfalen hier insgesamt den letzten Platz. Die Landeregierung hat deshalb die Vergleichbarkeit des Wertes in Frage gestellt, weil ja die Fernuniversität Hagen ihren Sitz – Gott sei Dank – in Nordrhein-Westfalen hat. Diese würde ja das Ergebnis verzerren.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Ja, das ist die größte Uni in Deutschland!)

Kommen wir nun zur These Nummer sieben, die Ministerin Schulze so auch im Wissenschaftsausschuss aufgestellt hat: Ohne die Fernuniversität Hagen läge man bei der Finanzierung bei einem bundesweiten Vergleich im Mittelfeld. – Also haben wir – das ist schon gerade angesprochen worden – nachgefragt. Die Antwort der Landesregierung ist eine gute Nachricht, jedenfalls für alle HSV-Fans: Das Mittelfeld beginnt ab sofort auf dem vorletzten Platz. So gut wie gerettet also. – Frau Ministerin, die desolate Entwicklung fällt in Ihre Verantwortung. Deswegen ist auch diese These widerlegt.

Ich komme zur letzten und Ihrer auch wichtigsten These: In Nordrhein-Westfalen gebe es gute Studienbedingungen. – Herr Kollege Bell, die Zahl der Studierenden ist zunächst einmal eine Angabe zur Quantität und noch nicht für die Qualität. Zentral für die Studienqualität ist ein vernünftiges Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden.

(Karl Schultheis [SPD]: Das ist doch eine frei- willige Entscheidung, hierher zu kommen!)

Auch da haben wir die Entwicklung nachgefragt; das ist auch schon erwähnt worden. Und damit Sie sich nicht wieder einen schlanken Fuß machen, haben wir die Fernuniversität Hagen direkt herausrechnen lassen. Das Fazit: Auf einen Professor an einer staatlichen Hochschule kommen 85 Studierende, also 15 Studierende mehr als noch 2010. Das ist ein Anstieg um 25 %.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: So ist das! – Mar- tin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Sagt auch nichts über die Qualität!)

Wie können Sie denn das mit gutem Gewissen rechtfertigen?

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ach, Herr Kollege Abel! – Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Ich hatte Seminare mit fünf Leuten, und die waren auch scheiße!)

Beim wissenschaftlichen Personal gab es übrigens eine ähnlich schlechte Entwicklung: 22 % mehr. Wie wollen Sie eigentlich unter diesen Bedingungen Studienabbrüche verhindern? Das ist schließlich doch ein gemeinsames Ziel von uns allen. Wie wollen Sie da Studienqualität steigern? Und warum fragen Sie sich nicht, warum es eben nur in Nordrhein-Westfalen diese Abwärtsspirale gibt?

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Eben!)

Da machen Sie doch den Vogel Strauß, geben den Schwarzen Peter dann ganz charmant lächelnd an die Hochschulen weiter und behaupten, an der Kapazitätsplanung könne man ablesen, dass das alles passe.

Frau Ministerin, das ist simple Mathematik: Entweder haben die Professoren weniger Zeit für die Studie

renden, oder sie haben weniger Zeit für die Forschung. Gremienarbeit und Ehrenamt – beides gleichzeitig geht nicht.

Besonders in den Naturwissenschaften gibt es traditionell günstigere Betreuungsrelationen. Ihre Argumentation mit Kapazitäten würde bedeuten, dass im Gegensatz zum Rest der Republik in NordrheinWestfalen der Anteil der so dringend benötigten MINT-Studierenden dramatisch abfällt.

Wie Sie es aber drehen und wenden – das Resultat ist und bleibt verheerend. Sie reden sich Ihre Politik dermaßen schön, dass es fast schon so aussieht, als ob Sie selber daran glauben. Durch Ihre Politik verschlechtern sich jedes Jahr die Studienqualität und die Studienbedingungen in Nordrhein-Westfalen ein Stückchen mehr. Das ist katastrophal,

(Karl Schultheis [SPD]: Wo ist der Beleg da- für?)

das ist verheerend. Wir sind den jungen Leuten

(Karl Schultheis [SPD]: Wo ist der Beleg?)

an der Stelle bessere Rahmenbedingungen schuldig. Wir Freien Demokraten wollen beste Bildung an den Hochschulen. Die FDP-Landtagsfraktion kann deshalb auch diesem Einzelplan nicht zustimmen.

(Karl Schultheis [SPD]: Wo ist der Beleg?)

Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Hans-Peter Müller [SPD]: Gott sei Dank!)

Vielen Dank, Frau Freimuth. – Nun spricht für die grüne Fraktion Frau Dr. Seidl.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Freimuth, auch ich möchte heute Abend noch einige Zahlen nennen; Sie haben schon einige angeführt.