Protocol of the Session on November 10, 2016

Die Landesregierung wird sehr wohl im Sinne der Antragsteller weiter prüfen, inwieweit gesetzliche Regelungslücken bestehen, und gegebenenfalls auch Reformbedarfe identifizieren. Insbesondere wird geprüft werden, inwieweit die bestehenden Straftatbestände in § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes zum Schutz gegen Behinderung oder Störung der betrieblichen Mitbestimmung strukturelle Defizite aufweisen und wie diese gegebenenfalls behoben werden können.

Herr Kollege Preuß, weil Sie ja immer sagen, es gäbe keine Vorschläge: Da braucht es gar nicht viel Gehirnschmalz, um darüber nachzudenken, was man ändern könnte. Ich denke da zum Beispiel daran, ob eine Versuchsstrafbarkeit gemäß § 119 infrage kommt, dass also schon der Versuch der Behinderung strafbewährt wird. All dies sollte tatsächlich dabei bedacht werden.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Wort „betriebsratsverseucht“ …

Ihre Redezeit, Herr Minister.

Ja, habe ich gesehen.

Ja, ich darf Sie darauf hinweisen.

Das Wort „betriebsratsverseucht“ wurde im Jahr 2009 zum Unwort des Jahres gewählt, nachdem Journalisten seinen üblichen Gebrauch in der Personalabteilung einer großen Baumarktkette aufgedeckt hatten.

Wir dürfen nicht zulassen, dass die wertvolle Arbeit, die die vielen Betriebsräte in Nordrhein-Westfalen jeden Tag für Ihre Kolleginnen und Kollegen sowie für ihr Unternehmen leisten, verhindert, behindert oder auch abgewertet wird.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Lassen Sie uns deshalb gemeinsam alles daran setzen, dass die gesetzlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten für Betriebsräte als wesentlicher Grundpfeiler einer funktionierenden Sozialpartnerschaft und erwiesenermaßen auch als produktivitätssteigernder Wettbewerbsfaktor angemessen gewürdigt und unterstützt werden.

Ich danke dem Parlament mit der Verabschiedung dieses Antrages für eben diese Unterstützung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Danke, Herr Minister Schmeltzer. – Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die ihr zur Verfügung stehende Redezeit um eine Minute und neun Sekunden überzogen. Sie kennen das Verfahren, dass diese Redezeit im Prinzip den Fraktionen zur Verfügung steht. Wird noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt. So verfahren wir dann auch. Wir stimmen ab über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/13317. Wer möchte dem Antrag zustimmen? – Das sind die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piratenfraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Enthält sich ein Kollege der Stimme? – Das kann ich nicht erkennen. Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 16/13317 mit dem festgestellten Abstimmungsverhalten der Fraktionen angenommen ist.

Ich rufe auf:

14 Zehntes Gesetz zur Änderung des Flüchtlings

aufnahmegesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/13261

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Landesregierung Herrn Minister Jäger das Wort. Bitte.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ende letzten Jahres haben sich die regierungstragenden Fraktionen mit den kommunalen Spitzenverbänden auf eine Systemumstellung im Flüchtlingsaufnahmegesetz geeinigt. Wir haben den ersten Teil dieser Einigung bereits Anfang dieses Jahres umgesetzt.

Ich will nur erinnern: Wir haben die jährliche Pauschale für die Kommunen auf 10.000 € pro Flüchtling angehoben, erstmals die Geduldeten in die Erstattungsleistungen mit einbezogen, und wir haben die Schwelle für außergewöhnliche Krankheitskosten von seinerzeit 70.000 € auf 35.000 € abgesenkt.

Mit diesem Gesetzentwurf setzen wir nun den zweiten Teil der Vereinbarung um. Das Herzstück ist dabei die Umstellung auf eine personen- und monatsscharfe Abrechnung im Flüchtlingsaufnahmegesetz. Das bedeutet ganz konkret, dass die Auszahlung an die tatsächliche Zuweisung der Flüchtlinge in die Gemeinden gekoppelt wird. Um es auf den Punkt zu bringen: Das Geld, also die Pauschale, folgt den Köpfen.

Hinzu kommt eine Dynamisierung dieser Pauschale um 4 %, sodass wir pro Monat 866 € je Flüchtling zur Verfügung stellen. Auf das ganze Jahr hochgerechnet bedeutet dies eine Pauschale von 10.400 €. Für den Personenkreis der Geduldeten leisten wir diese Pauschale auch drei Monate über den Zeitpunkt eines rechtskräftigen Bescheides hinaus.

Darüber hinaus haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden für 2017 vereinbart, die Angemessenheit der Höhe dieser Pauschale durch eine landesweite Erhebung der tatsächlichen Unterbringungskosten zu überprüfen.

Meine Damen und Herren, wir begleiten die Systemumstellung mit einem neuen elektronischen Meldesystem. Auf diese Weise wollen wir die Kommunen bei der monatlichen Meldung unterstützen und so dafür sorgen, dass die Pauschale auch schnell dort ankommt, wo sie gebraucht wird.

Des Weiteren führen wir eine Regelung zur vorübergehenden Aufschiebung der Zuweisungen von Flüchtlingen an Kommunen ein. Auf Antrag einer Kommune können Flüchtlinge für die Dauer von bis zu acht Wochen noch in einer Landeseinrichtung bleiben, wenn wegen unvorhersehbarer Ereignisse die kommunale Aufnahmekapazität erschöpft ist.

Zum anderen verändern wir die Anrechnungsregeln für Plätze in Einrichtungen des Landes. Wir senken die Werte schrittweise ab, und zwar zum 1. Juli 2017 und zum 1. Januar 2018. Dies erfolgt im Einvernehmen – das ist mir wichtig – mit den kommunalen Spitzenverbänden.

Wir wissen, dass die Aufnahme der vielen Geflüchteten im letzten Jahr eine große Herausforderung für die Kommunen war, für viele Tausend Menschen, die ehrenamtlich geholfen haben, für die Betreuungsverbände, für die Kommunalverwalter, aber auch für die Bezirksregierung und letztendlich auch für mein Ministerium.

Ich will allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die da Großartiges geleistet haben, an dieser Stelle noch mal meinen herzlichen Dank ausdrücken.

(Beifall von der SPD)

Auch in Zukunft werden wir die Kommunen bei dieser Aufgabe unterstützen, und deshalb können wir heute mit Fug und Recht sagen, dass wir ein Flüchtlingsaufnahmegesetz vorgelegt haben, das das kommunalfreundlichste Aufnahmegesetz ist, das wir je hatten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Dahm das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der vor Ihnen liegende Gesetzentwurf ist im Wesentlichen das Ergebnis der Gespräche, die mit den Kommunen bzw. mit den kommunalen Spitzenverbänden bereits vor gut einem Jahr, noch kurz vor Weihnachten 2015, geführt worden sind.

Wir, die Landesregierung, halten hier unsere Zusagen ein und zeigen einmal mehr, dass wir ein verlässlicher Partner unserer Städte und Gemeinden sind. Die Umsetzung der getroffenen Vereinbarung ist konsequent und greift die zentralen Erfordernisse auf. In erster Linie geht es darum, die Städte und Gemeinden bei der Aufnahme von zugewiesenen Flüchtlingen finanziell zu entlasten und sie zu befähigen, ihren Aufgaben vollumfänglich nachkommen zu können.

Hier sind wir bereits Anfang 2016 mit ersten Schritten vorangegangen. Erwähnen will ich die Berücksichtigung der Erstattungsleistung, die Absenkung der Schwelle für außergewöhnliche Krankheitskosten von 70.000 € auf 35.000 € und die Erhöhung der Pauschale – der Minister hat es eben kurz angerissen. Die Systemumstellung – auch das hat er erwähnt – auf ein elektronisches Meldesystem eröffnet uns nun die Möglichkeit, die Zuweisungspauschale an den Istzahlen zu orientieren.

Jede Kommune erhält zukünftig für jeden einzelnen Flüchtling eine festgelegte Zuwendung. Der Vorteil gegenüber der bisherigen Verteilung liegt hierbei klar auf der Hand. Jeder Cent fließt genau dorthin, wo er gebraucht wird, sodass auch einer zukünftigen Ungleichbehandlung entgegengewirkt wird.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Der gesamte Prozess wird darüber hinaus durch das neue Meldesystem übersichtlicher gestaltet, und die Kommunen bekommen ein praktikables System an die Hand.

Mit der 4%igen Erhöhung der Pauschale wird der Handlungsspielraum für die Städte und Gemeinden noch mal vergrößert. 866 € pro Monat, 10.400 € im

Jahr, die dazu befähigen sollen, eine adäquate Unterbringung und eine auskömmliche Versorgung geflüchteter Menschen sicherzustellen, sind eine gute und notwendige Investition, wie ich finde.

Die gleichen Zuwendungen bekommen geduldete Personen, also Menschen, die nicht dauerhaft bei uns bleiben werden, für drei weitere Monate nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides. Diese Menschen sind bisher nicht berücksichtigt worden. Das zeigt einmal mehr, dass wir hier ein verlässlicher Partner der Kommunen sind und diese nicht im Stich lassen.

Um Handlungsspielraum geht es auch bei der neuen Regelung zum vorübergehenden Zuweisungsstopp. Unvorhergesehene Ereignisse etwa bei der Schaffung neuer Aufnahmekapazitäten können praktische Schwierigkeiten mit sich bringen. Um hier den Druck von den Akteuren vor Ort zu nehmen, besteht künftig die Möglichkeit zur vorübergehenden Aufschiebung der Zuweisung für die Dauer von maximal acht Wochen.

Ähnlich wie die Pro-Kopf-Zuweisung trägt auch die Absenkung der Anrechnungsregelung dem Gerechtigkeitsgedanken Rechnung. Nachdem in der Vergangenheit diejenigen belohnt wurden, auf deren Gebiet Landeseinrichtungen geschaffen wurden, als der Handlungsdruck groß war, geht es jetzt darum, Schritt für Schritt zu einer Gleichverteilung der Mittel zu kommen. Dies geschieht in zwei Stufen: ab dem 1. Januar 2017 und ab dem 1. Januar 2018.

Ich will an dieser Stelle erwähnen, auch das war eine Forderung aus den Kommunen und insbesondere eine Forderung der kommunalen Spitzenverbände. Das ist nach unserer Auffassung planbar. Das ist gerecht.

2017 – das ist mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart – kommen die Unterstützungsleistungen aus diesem Grund erneut auf den Prüfstand. Durch die Überprüfung der angefallenen Unterbringungskosten kann ein Vergleich zur Höhe der ProKopf-Pauschale gezogen und gegebenenfalls eine Anpassung vorgenommen werden.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung steht die Landesregierung zu ihren Zusagen. Die darin enthaltenen Ausführungen sind das Ergebnis eines engen Dialogs mit den Spitzenverbänden. Und genau hier zeigt sich ein roter Faden unserer Regierungskoalition.

Die Landespolitik steht hier als verlässlicher Partner an der Seite der Kommunen. Es wird nicht über die Köpfe der Beteiligten hinweg manövriert, sondern unter Einbeziehung der betroffenen Städte und Gemeinden. Das ist uns ganz besonders wichtig.

Die Kommunen bekommen ein gerechtes, ein übersichtliches Verteilungssystem an die Hand. Ihre Handlungsfähigkeit wird gestärkt und die Haushalte

weiter entlastet. Damit fügen sich die Maßnahmen stimmig in unsere kommunalfreundliche Politik der vergangenen sechs Jahre ein.

Gleichwohl wird deutlich, dass die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit ihren Aufgaben auch in Zukunft nicht alleingelassen werden. Schlussendlich kommt hier auch der Respekt gegenüber den enormen Leistungen zum Ausdruck, die im Zuge der großen Flüchtlingsbewegung landesweit erbracht wurden.