Vielen Dank, Herr Minister. Bleiben Sie bitte gleich am Redepult. Wir hatten Ihnen das Zeichen „Kurzintervention“ eingeschaltet. Die Kurzintervention wird Frau Kollegin Brand halten. – Bitte schön.
dann bin ich beruhigt. – Weite Teile ihrer Argumentation gerade verteidigten das Bundesgesetz bezüglich der Wohnsitzauflage. Sie berichteten von 1.650 Personen, die aus anderen Bundesländern nach Essen gekommen sind. Ebenso nannten Sie ein Zahlenbeispiel aus Duisburg. Das ist eine Argumentation für das Bundesgesetz, was wir ja nun leider schon haben, aber keine Argumentation bezüglich des Landesgesetzes.
Wenn Sie jetzt sagen, die Städte werden das begrüßen – Sie haben dreimal das Wort „Planungssicherheit“ genannt –, dann habe ich das Gefühl, die Städte wissen überhaupt noch nicht, was da wirklich auf sie zukommt. Eine Planungssicherheit ist dann nämlich nur zum Teil gegeben. Zum anderen schaffen Sie mit der Wohnsitzauflage ein Bürokratiemonster. Es gibt vielfältige Entscheidungen, die zu treffen wären. Wenn jemand einen Arbeitsplatz hat, muss die
Wohnsitzauflage aufgehoben werden. Wenn jemand Familie hat, ebenso. Wenn jemand woanders eine Wohnung findet, muss sie aufgehoben werden. Wir werden letztendlich …
Wenn jemand irgendwo anders eine Wohnung findet, muss die Auflage aufgehoben werden. Das heißt, am Ende werden wir wahrscheinlich ungefähr 10.000 Menschen haben, die in ihrer Freiheit massiv eingeschränkt sind, und für diese wenigen Menschen müssen die Kommunen einen massiven Personalaufwand betreiben. Da wäre es doch viel, viel besser, wenn dieser Personalaufwand genutzt würde, um Empowerment zu ermöglichen und Integration voranzutreiben.
Ich freue mich, dass Sie dem ersten Teil meiner Rede so intensiv zugehört haben, dass Sie sich damit so intensiv beschäftigt haben, dass Sie dem zweiten Teil nicht mehr zugehört haben, wo es ausschließlich um die nordrhein-westfälische Wohnsitzzuweisung ging.
Ich freue mich nicht, dass Sie die Intention bezüglich dieser Wohnsitzzuweisung noch nicht verstanden haben. Deswegen haben Sie ja eine Kurzintervention gehalten, auf die ich Ihnen antworten kann. Wir reden bei der Wohnsitzzuweisung mit Wirkung ab 1. Dezember von den Menschen, die neu zu uns kommen, und nicht von denen, die schon hier sind, die irgendwo einen Arbeitsplatz haben, die irgendwo eine Wohnung haben oder sonstige. Es geht um die, die neu zu uns kommen, die sich im Asylverfahren befunden haben, einen Bescheid bekommen, und zwar unmittelbar, die nach Anerkennung gar nicht in irgendeiner Stadt vorher gewesen sind, sondern dann einer Kommune zugewiesen sind. Die können überhaupt noch gar keine Wohnung haben.
Im Übrigen wird bei der Zuweisung genau berücksichtigt – auch das geht aus den umfangreichen Unterlagen der Verordnung und der beiliegenden Kommentierung dazu hervor –, ob es in irgendeiner anderen Stadt in Nordrhein-Westfalen bereits familiäre Bindungen gibt, ob es aus irgendwelchen Gründen Bindungen gibt oder sogenannte Härtefälle, die von vornherein zu berücksichtigen sind.
Dies alles findet Berücksichtigung. Von daher sind meines Erachtens Ihre Bedenken an dieser Stelle schon ausgeräumt, bevor sie überhaupt zu Ende formuliert wurden.
Vielen Dank, Herr Minister. Vielen Dank auch für den zuvor getätigten Redebeitrag. – Der nächste Redner ist für die SPDFraktion Herr Kollege Dahm.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Parlament ist sich weitestgehend einig, Frau Brand. Ich will einige Punkte noch ansprechen. Ich finde es bedauerlich, dass Sie uns allen vorwerfen, wir würden hier Märchen erzählen und Angst schüren. Auch Ihr Argument kann ich nicht nachvollziehen, das Sie aufgezeigt haben von der Person, die in Bielefeld wohnt und in Osnabrück studieren will.
Ich denke, das müsste man sich im Einzelfall anschauen. Das hier zunächst zu behaupten – das sage ich Ihnen an dieser Stelle –, halte ich für absolut unangemessen.
Die Bedenken Ihres Kollegen Sommer kennen wir. Die haben wir auch bei uns im Kommunalausschuss erörtert. Herr Sommer, Sie stellen ja im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofes, aber auch des OLG-Urteils, was Sie eben angesprochen haben, die Wohnortzuweisung infrage. Ich finde, dass die Verordnung, die der Minister eben angesprochen hatte, die derzeit in der Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden ist, durchaus im Lichte dieses Urteils erfolgt ist. Ich bin zutiefst davon überzeugt – nicht nur ich, sondern, ich denke, auch meine Fraktion –, dass diese Verordnung natürlich rechtskonform ist.
Ich will noch einmal darauf hinweisen: Der Minister hat eben einige Zahlen angesprochen. Ja, 230.000 Flüchtlinge sind im letzten Jahr zu uns nach Nordrhein-Westfalen gekommen. Tatsächlich waren es über 300.000 Menschen, die kurzfristig Zuflucht hier in Nordrhein-Westfalen gesucht haben, Menschen, die angekommen sind, Menschen, die durchgefahren sind, Menschen, die auch aus anderen Bundesländern wieder zurückgekommen sind. Alleine diese Zahlen verdeutlichen meines Erachtens, dass es einer Steuerung bedarf.
Meine Damen und Herren, Integration – Frau Brand hat es nur auf den Arbeitsmarkt beschränkt – ist meines Erachtens mehr, als nur den Arbeitsmarkt zu be
trachten. Integration ist die Integration in unsere bürgerliche Gesellschaft, in die Zivilgesellschaft. Integration ist Bildung, Integration ist aber auch Wohnungsmarkt.
Ich will an dieser Stelle noch einmal ansprechen, dass wir vor wenigen Tagen den Integrationsplan für Nordrhein-Westfalen verabschiedet haben. In der gemeinsamen Anhörung, die wir hier durchgeführt haben, war ein wesentliches Argument der Sachverständigen die Wohnortzuweisung, damit Nordrhein-Westfalen hier endlich eine Steuerung erfährt. Ich denke, das ist ein Argument, das auch im parlamentarischen Raum aufgenommen worden ist, was wir berücksichtigt haben.
Ich will auch ansprechen, dass wir in diesem Haushalt 4,6 Milliarden € für die Integration zur Verfügung stellen. Die Hälfte davon kommt den Städten und Gemeinden unmittelbar zugute, der Rest ist für die Bereiche Bildung und Wohnungsbau, aber auch für kommunale Integrationszentren; das will ich an dieser Stelle deutlich sagen. Hier bedarf es einer Steuerung.
Gerade auch in der Anhörung, die ich hier explizit anführen möchte, ist sehr deutlich geworden, dass die Experten angerissen haben, dass es in NordrheinWestfalen völlig unterschiedlich läuft. Es gibt viele Städte, in denen es eine gute Integrationsleistung gibt; an anderen Stellen sind aber die Städte und Gemeinden hoffnungslos überfordert.
Der Minister hat auch eben Zahlen genannt, bei denen wir ein Steuerungserfordernis sehen, bei denen wir unsere Städte und Gemeinde meiner Meinung nach deutlich überfordern. Wir brauchen eine Wohnortzuweisung.
Ich hätte mir gewünscht, meine Damen und Herren von den Piraten, dass Sie mit Ihrer Pressemitteilung noch ein bisschen gewartet hätten, bis das Ende dieser Parlamentsdebatte zu diesem Tagesordnungspunkt erreicht ist, und nicht bereits nach Ihrem Redebeitrag die Pressemitteilung herausgegeben hätten.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Wir brauchen Planungssicherheit, wir brauchen Handlungssicherheit für unsere Städte und Gemeinden. Wir dürfen sie an dieser Stelle nicht überfordern. Wir halten die Wohnortzuweisung für richtig. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Stream natürlich!
Wir machen hier eine Diskussion über eine Wohnsitzauflage auf, ganz ausdrücklich für Menschen, die sich völlig rechtmäßig hier in Deutschland aufhalten – ganz wichtig an der Stelle.
Wir unterscheiden die Menschen in der Wohnsitzauflage trotzdem nach ihrer Herkunft. Den Menschen, die zu uns gewandert sind, sagen wir in den ersten drei Jahren, wo sie wohnen dürfen und wo nicht. Bei Menschen, die sich schon hier befinden, tun wir das nicht. Wir begründen das jetzt hier – das hat Kollegin Altenkamp ganz am Anfang getan – mit einer Ressourcenknappheit.
Doch, Wohnraum, passende Integrationsangebote. Kollege Dahm hat eben noch Geldströme genannt. Wir begründen das mit Ressourcenknappheit. Wenn wir diese Ressourcenknappheit jetzt ohne Nationalität begründen würden, wenn ich das weiter denke, dann schicken wir auch demnächst unsere SGB-II-Bezieher durchs Land. Dann schicken wir auch Leute, die jetzt in Dortmund-Nord wohnen, demnächst nach Siegen. Und genau das ist richtig falsch.
Wir können gerne Ressourcen anschaffen und Ressourcen durchs Land schicken, aber bitte keine Menschen, schon gar nicht mit einer Wohnsitzauflage. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. – Weitere Wortmeldungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegen nicht vor. Damit schließe ich an dieser Stelle die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 3.
Wir kommen zu Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der Piraten hat direkte Abstimmung beantragt, und zwar über den Inhalt des Antrages Drucksache 16/13029. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Piraten und der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und die FDP und der fraktionslose Abgeordnete Stüttgen. – Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag der Piraten Drucksache 16/13029 abgelehnt.
Ich weise darauf hin, dass der Antrag der Fraktion der Piraten gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Hauptausschuss überwiesen wurde mit der Maßgabe, dass eine Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt.