Sie alle hier hätten die Zeit gehabt, das mit uns zu diskutieren. Dann werden hier Anträge abgelehnt. Dann werden Aktuelle Stunden abgelehnt. Dann will man hier nicht darüber diskutieren. Dann kann man sich aber nicht heute hierhin stellen und sagen: Ihr kommt hier auf den letzten Drücker und wollt kurz auf knapp. Das geht nicht bis 2017. – Das kann ich dann nicht nachvollziehen.
Liebe Kollegin Pieper, als Schulexpertin sollten Sie nicht von Flexi-irgendwas erzählen, sondern Sie sollten die Reformschulen in Nordrhein-Westfalen kennen. Das Dalton-Gymnasium hat den Deutschen Schulpreis erhalten. Die anderen Gymnasien und Berufskollegs, die sich auf den Weg gemacht haben, sollten Sie noch viel besser kennen. Sie sollten das Netz „Zukunftsschulen NRW“ kennen, die an den Konzepten individueller Förderung arbeiten.
Von daher finde ich, es ist unter dem Niveau einer Schulexpertin, wenn sie „Flexi-irgendwas“ sagt. Das sind die Schulen, die konsequent an individueller Förderung arbeiten.
(Beifall von den GRÜNEN – Monika Pieper [PIRATEN]: Eine tolle Reaktion! – Michele Marsching [PIRATEN]: Das war die Ministerin, die von „Flexi-irgendwas“ gesprochen hat! – Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])
Der andere Punkt ist doch, wir haben in der Tat miteinander am runden Tisch geredet. Die Verbände haben im April die Ergebnisse der Befragung vorgelegt. Seitdem hat es eine neue Virulenz und auch eine neue Dynamik in der Debatte gegeben. Wir haben sofort mit den Eltern darüber gesprochen. Wir sind jetzt an dem Punkt, dass wir miteinander nach vorne entwickeln müssen.
Aber bitte: Das hat nichts mit Chaos, das hat nichts mit Beliebigkeit zu tun, sondern mit konsequenter Schulentwicklung der Schulen, die in NordrheinWestfalen schon so arbeiten und die wir uns zum Beispiel nehmen können, weil sie alle aus dieser lähmenden Strukturdebatte herauswollen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange einmal ganz anders an, nämlich mit der CDU. Wir haben der Presse entnehmen dürfen, dass sich die CDU offenbar in die Richtung unserer Vorstellungen bewegt.
Das freut uns. Doch liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den Kapriolen, die in der Vergangenheit hier vollzogen worden sind – und nicht nur bei der CDU –, heißt es auch sicherheitshalber, zuerst einmal abwarten, in welche Richtung sich das tatsächlich am Ende entscheidet.
Apropos abwarten: Liebe Frau Ministerin Löhrmann, ich bin davon überzeugt, Ihnen hätte ein bisschen Abwarten bei dem neuen Aufschlag zu G8 und G9 ganz gutgetan,
Ihr Vorschlag, den wir der Presse entnehmen dürfen, zeigt leider wieder einmal, wie ideologisch die Grünen in der Schulpolitik auch bei der Frage G8 und G9 unterwegs sind.
Ihre Vorstellungen zielen, wenn man das Ganze einmal bis zum Ende durchdenkt, nämlich letztlich auf eine Zerschlagung des bisherigen Schulsystems ab,
sprich, auf das, was ich immer sage, nämlich auf eine Einheitsschule. Es ist am Ende des Tages dann auch kein Wunder, dass die Vorschläge aus allen Richtungen weitgehend zerrissen wurden.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das stimmt doch einfach nicht! – Gegenruf Dr. Joachim Stamp [FDP]: Natürlich stimmt das!)
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt von der CDU über die Grünen zur SPD. Wenn man sich das SPD-Modell einmal anschaut, dann kann man zunächst einmal denken: Ja, es ist eigentlich ein ganz charmantes Modell. – Aber auch bei diesem Modell ist klar, dass den Gymnasien von oben ein Umstellungsprozess übergestülpt wird, ob sie ihn jetzt wollen oder nicht.
Es gibt in diesem Zusammenhang auch vielfältige Fragen, die die SPD ehrlich beantworten muss, so zum Beispiel: Steigt nicht die Schüler-Lehrer-Relation in der Klasse 10 massiv an, wenn die Klasse der Sekundarstufe I zugeschlagen wird? Wie wird es pädagogisch ausgestaltet, wenn in Klasse 10 zur schriftlichen Prüfung für den mittleren Schulabschluss hingeführt und gleichzeitig die Einführungsphase durchlaufen wird? Was machen Sie bei Ihrem Konzept, wenn es an einer Schule zu wenige Schüler für Ihr zusätzliches Orientierungsjahr oder aber auch zu wenige Schülerinnen und Schüler für die G8-Variante gibt?
Vielen Dank, Frau Gebauer, dass Sie mir die Zwischenfrage erlauben. Sie ist, glaube ich, ein bisschen früh. Ich habe nicht damit gerechnet, dass der Präsident mich so schnell dran nimmt. Nichtsdestotrotz möchte ich die Frage stellen.
Natürlich wissen wir, dass Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Darüber werden wir in einem Diskussionsprozess reden müssen. Deshalb diskutieren wir.
Die FDP hat ihre Kehrtwende sehr frühzeitig angekündigt. Insofern stellt sich für mich die Frage: Wer, wenn ich jeder Schule freistelle, ob sie G8 oder G9 macht, entscheidet wann und wo darüber, welche Form die Schule einnimmt? Welche Elternschaft? – Dazu habe ich noch eine Menge Fragen an die FDPFraktion. Ich bin gespannt darauf, welche Antworten Sie haben.
Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und der FDP. Wir arbeiten erst einmal an diesem Konzept und gehen dann mit einem geschlossenen Konzept nach draußen. Sie werfen jetzt alle möglichen Varianten in die Waagschale, und jeder darf sich dann aussuchen, ob er das Abitur demnächst in acht, neun, zehn, elf oder zwölf Jahren machen möchte.
Das ist etwas, mit dem wir nicht arbeiten können und was letztendlich auch zur Verunsicherung der Elternschaft führt.
Wir können das gerne nachher noch bilateral klären. Ich würde jetzt gerne zu dem zurückkommen, was bei Ihnen letztendlich nicht funktionieren kann. Das ist eine strukturell anders gestaltete und unsichere Oberstufe, und Sie wird dann bei Ihrem Modell letztendlich von den anderen Oberstufen abgekoppelt. Frau Ministerin Löhrmann hat sich ja dazu ge
äußert und hat von der Zersplitterung der einheitlichen dreijährigen Oberstufe gesprochen. Das sehen wir bei Ihrem Modell genauso kritisch.
Letztendlich führt diese wackelige Ausgestaltung auch zu Umsteuerungsprozessen hin zu Gesamtschulen. Ich denke mal, das ist auch vornehmlich das Ziel dieses SPD-Konzeptes; denn, Frau Voigt-Küppers, Sie haben ja hier im Plenum dargebracht, dass das Gymnasium nicht gerade die Lieblingsschulform der SPD ist.
Also, letztendlich ist das sicherlich eine Schleifung möglichst vieler Gymnasien hier in Nordrhein-Westfalen. Deswegen warne ich die Gymnasien und natürlich auch die Eltern, sich davor zu hüten, hier auf nett verpackte Konzepte hereinzufallen, wenn hinter ihrem Rücken letztendlich Stück für Stück an der Abwicklung dieser Schulform gearbeitet wird.