Ich glaube, da ist ein großes Missverhältnis gerade zu der langläufigen Meinung, dass ein Stromausfall kein Problem ist, solange der eigene Kühlschrank nicht abtaut. Das reicht nicht, meine Damen und Herren! Wenn man industrielle Wertschöpfung in unserem Lande betrachtet und unsere Wertschöpfungspotenziale richtig sieht, dann weiß man, es gibt ganz viele Prozesse – ich erinnere an die Firma dralon, die Kunstfasern herstellt –, wo schon bei einer 100stel Sekunde Stromausfall – das ist so schnell, dass wir nicht mal ein Flackern des Lichtes sehen würden – Produktionsprozesse abgebrochen, Anlagen mühsam erneuert werden müssen und Ähnliches. Es kommt also auf eine gesicherte Versorgung an.
Industrie darf keine Angst haben, dass künftig ihre Produktion einem Energieregime untergeordnet werden muss, sondern umgekehrt: Es gibt eine Chance, durch neue attraktive Produktionsbedingungen und durch Sektorkopplungen neue Wertschöpfung aufzubauen. Dafür gibt es ganz verschiedene Aufgaben. Ich erinnere an Momentanreserve, Primärregelleistung, Sekundärregelleistung, Minutenreserve, aber auch Schwarzstartfähigkeit und mehr.
Es gibt unterschiedlichste Speichertechnologien, die darauf eine Antwort bieten. Als Beispiel nenne ich die Firma STORNETIC aus der Aachener Region – ich sehe Reiner Priggen hier sitzen –, die Schwungradspeicher herstellt. Die sind mit Sicherheit teurer als Lithium-Ionen- und Batterietechnologien, aber die haben einen Riesenvorteil: Da gibt es keinen Kapazitätsverlust, wenn man die einsetzt – im Gegensatz zu den landläufigen Batterien, die wir noch haben. Auch die werden immer besser und immer günstiger – Gott sei Dank. Aber diese Speicher sind eine Technologie, die gerade für die Netzregulierung eine Riesenchance bedeutet.
Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, sind Wandlungskosten. Auch da greifen wir in unserem Antrag wichtige Punkte auf. Wir stellen heraus, dass Strom-zu-Wärme-Umwandlungen häufig billiger sein können als reine Stromspeicher. Und wir greifen das Zukunftsthema „Power-to-Gas“, wie ich glaube, richtig auf, ein Thema, das wir ja auch in der Enquetekommission zur Zukunft der chemischen Industrie intensiv bearbeitet haben.
Weiter geht es mit dem Thema „Sektorkopplung“. Meine Damen und Herren, es ist eine Riesenchance, hier im industriellen Rahmen zu wirken und Wert
schöpfungsprozesse auszulösen. Wenn uns das gelingt, diese Flexibilitätsoptionen zu nutzen, glaube ich, gehen wir einen großen Schritt voran.
Der fünfte Punkt ist die Energiedichte. Auch das müssen wir beachten. Reiner Priggen ist ein Fan des Streetscooters. Ich selber halte die HyCologneBusse hoch, die mit Wasserstoff schon seit vielen Jahren durch die Gegend fahren. Aber wir wissen, es gibt Bereiche – Luftfahrt, Schifffahrt, Lkw-Schwertransport –, bei denen man mit realistisch sehen muss, dass wir es sicherlich schwer haben werden, die Dinge zu elektrifizieren, und wo wir noch lange gucken müssen, wie wir da vernünftige Prozesse hinkriegen.
Meine Damen und Herren, die Energiewende hat das Potenzial, zu einem großen wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes zu werden. Sie hat aber auch das Potenzial, unser Land zu deindustrialisieren. Deswegen müssen wir mit Augenmaß an die Dinge herangehen.
Wir müssen ökologischen, sozialen Fortschritt nach vorne bringen. Das setzt volkswirtschaftlichen, ökonomischen Fortschritt voraus. Nur wenn wir es schaffen, diese Energiewende unter den Bedingungen eines Industrielandes zu verwirklichen, …
… wenn wir es schaffen, meine Damen und Herren, Herr Präsident, am Ende die Energiewende hinzukriegen und die Wertschöpfung ist die gleiche, dann wird es gelingen. Wenn uns das nicht gelingt, wird kein Land der Erde uns folgen. Dann ist auch für die Energiewende nichts geschafft. – Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! NordrheinWestfalen hat nicht nur zu lange an falschen Industrien festgehalten, sondern auch zu lange an falscher Energieversorgung. Zum Glück haben wir in den letzten Jahren umgesteuert. NRW ist auf dem besten Weg vom Land der Kohle zum Klimaschutzland.
Dieser Weg zur Stromversorgung aus erneuerbaren Energien erfordert nicht nur technische Lösungen, über die wir hier schon viel miteinander diskutiert haben, sondern vor allen Dingen und als Allererstes ein
Umdenken statt eines Festhaltens an alten Strukturen, alten Strukturen mit Kohlekraftwerken, mit Atomkraftwerken, die dann ergänzt wurden, wenn es nötig war, durch Gaskraftwerke und ein paar Pumpspeicherkraftwerke, von großen Einheiten hin bis zur letzten Versorgung. – Das war das alte System.
Im neuen System haben wir es mit dezentralen, erneuerbaren Energien zu tun, die, ja, etwas mehr fluktuieren und nicht immer zur Verfügung stehen. Diese müssen ergänzt werden durch Lastmanagement und eben auch Speicher.
Viele Energiewendebremser sagen immer gerne, dass wir so viel Platz, wie wir für Pumpspeicher bräuchten, in Deutschland gar nicht haben. Nein, das ist ein Irrglaube. Mit diesem Argument wollen viele die Energiewende torpedieren.
Wir brauchen vielmehr einen Speichermix; denn wir haben ganz unterschiedliche Anforderungen: von der Kurzzeitspeicherung bis zur Langzeitspeicherung. Genau dafür brauchen wir unterschiedliche Speicher mit ihren unterschiedlichen Vorteilen. Mein Vorredner ist schon darauf eingegangen.
Wir brauchen also neben Pumpspeichern Power-toHeat, Power-to-Gas. Wir brauchen Batteriespeicher. Wir brauchen ein Lastmanagement, wie es beispielsweise Trimet mit der virtuellen Batterie bezeichnet. Wir brauchen aber eben auch nicht so bekannte Speicherarten wie Druckluftspeicher oder Schwungradspeicher.
An dieser Stelle möchte ich noch mit einem weiteren Irrtum aufräumen: Wir müssen mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht auf den Netzausbau und erst recht nicht auf den Speicherausbau warten. Es gibt Studien, die das technisch betrachtet haben und ganz klar sagen: Erst ab einem Anteil erneuerbarer Energien von 60 bis 80 % bräuchten wir wirklich Speicher in einem breiten Umfang.
Das heißt aber jetzt nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen sollten. Das, was wir jetzt brauchen, sind eine intensivierte Entwicklung und ein Zubau, damit die Speicher im Energiemarkt wettbewerbsfähig werden.
Für alle Speicherarten, die wir im Mix in der Zukunft brauchen, hat Nordrhein-Westfalen die besten Voraussetzungen. Forschung und Industrie im traditionsreichen Energie- und Wissenschaftsland Nordrhein-Westfalen haben das Potenzial und das Knowhow, um Speichertechnologien entscheidend voranzubringen. Für alle Speichertechnologien haben wir Beispiele aus ganz Nordrhein-Westfalen gefunden und sie auch im Antrag dargestellt.
Wir haben es hier also mit einem aufstrebenden Forschungs- und Wirtschaftssektor zu tun. Ich empfehle gerade den Wirtschaftspolitikern von FDP und CDU, die unser Land ja immer gerne schlechtreden und sagen, wir hätten eine so schlechte Ausgangslage, mal
Leider sind Ihre Kollegen in Berlin ja ebenso blind auf dem Auge der neuen Technologien. Deswegen bin ich froh, dass wir in diesem Antrag auch dringend die Unterstützung vom Bund fordern. Entwicklung und Ausbau von Speichern, die wir technisch brauchen – da sind wir alle einer Meinung –, müssen sich auch wirtschaftlich lohnen.
Firmen, Investoren, Forschungsinstitute brauchen alle gemeinsam Planungssicherheit. Daher werbe ich ganz herzlich um Unterstützung, für ein starkes Signal für Speicher nach Berlin, aber eben auch für ein starkes Signal für diese aufstrebende Wirtschaftsbranche in Nordrhein-Westfalen und werbe um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das waren schöne Worte, Herr van den Berg. Ich würde mal sagen, Sie haben die Situation treffend beschrieben. Über den Antragstext bis zu den Forderungen besteht hier, glaube ich, absoluter Konsens. Natürlich brauchen wir konventionelle Erzeugung und erneuerbare Energien. Natürlich brauchen wir Netze und Speicher. Natürlich brauchen wir zentrale Einrichtungen und dezentrale. In der Frage gibt es überhaupt keinen Dissens.
Deshalb habe ich mich ja auch darüber gefreut, dass Sie hier gesprochen haben. Das ist ja auch schon ein Zeichen aus Ihrer Fraktion und aus der Regierungskoalition, dass Sie hier zu diesem Thema geredet haben.
Aber was haben Sie mit dem Antrag gemacht? Sie haben alles das, was hier Konsens ist, beschrieben. Wenn es aber darum geht, dass konkret etwas gemacht wird, dann verfallen Sie in das alte Muster, das wir leider seit sechs Jahren kennen. Dann heißt es: Der Bund muss aber … der Bund, der Bund, der Bund.
Wir sind aber das Land Nordrhein-Westfalen und sein Landtag. Die Frage ist doch: Was müssen wir denn machen? Was können wir machen?
Ein wesentlicher Punkt, den Sie mit den Forderungen Ihres Antrags angesprochen haben, ist, die Forschungsaufwendungen zu erhöhen. Da muss ich Ihnen sagen: Im Moment wenden Sie sich an den Falschen. Ausweislich des Zwischenberichts der
Bundesregierung sind die Aufwendungen für die nichtnukleare Energieforschung in den Bundesländern erheblich gestiegen. Im Jahr 2008 – das ist die Vergleichszahl – lag Nordrhein-Westfalen auf Platz 1. Im Jahr 2014, mit dem dieser Bericht endet, liegen wir auf Platz 4 aller Bundesländer. In NordrheinWestfalen sind 2 Millionen € weniger abgeflossen als in 2008.
Sie sagen: Wir müssen dringend etwas tun. – Dann tun Sie es bitte in Nordrhein-Westfalen mit Ihren Mitteln.
Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben gerade erklärt, dass Ihre Zahlen 2014 enden. Ist Ihnen geläufig, dass es zwischenzeitlich große Projekte wie „Kopernikus“ gibt, die das Thema in Aachen und Jülich gemeinsam aufgreifen? Ich nenne auch das Thema „Carbon to Chem“, das sowohl vom Bundesministerium als auch vom Landesministerium massiv gefördert wird, bei dem es um die Sektorkopplung geht. Vielleicht sollten Sie den Zeitrahmen bis in die Jetztzeit betrachten.
Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe die Zahlen für das letzte Jahr nicht vorliegen. Wenn Sie mich da mit konkreten Zahlen korrigieren können, würde ich das annehmen. Ich habe mich jetzt auf den Bericht der Bundesregierung bezogen, der im April 2016 vorgelegt wurde.
Da ging es aber um die Ausgaben der Bundesländer, nicht um die Ausgaben des Bundes. Da haben Sie vollkommen recht. Da ist auch das „Kopernikus“-Programm angesiedelt. Das ist ein Bundesprogramm, kein Landesprogramm. Die Bundesmittel, meine Damen und Herren, Herr van den Berg, haben sich ganz anders verändert. Das kann ich Ihnen vielleicht auch noch mal darstellen:
Im Jahr 2006 hat der Bund 399 Millionen € für die Energieforschung ausgegeben, im Jahr 2015 waren es 863 Millionen €. Das sind ganz andere Steigerungsraten als bei den Landesmitteln, die zumindest bis 2014 rückläufig waren. Ich glaube nicht, dass es 2015 groß anders war. Beim Thema „Energiespeicherforschung“ – das ist ja der Kern Ihres Antrags –
Sie laufen mit dem Antrag also Türen bei anderen ein, die längst offen sind – und hier im Land machen Sie nichts.
Das alles können Sie nachlesen. Ich fand Ihre Fleißarbeit sehr schön; da haben Sie sich bestimmt auch wieder ein Fleißkärtchen verdient. Die Landesregierung ist ja immer gut im Auflisten dessen, was alles in Nordrhein-Westfalen passiert. In dem Bericht von Frau Schulze steht alles drin: Cluster Energieforschung, Energiespeicher, innovative Technologien aus Nordrhein-Westfalen. Da kann man alles das nachlesen, was Sie in den Antrag geschrieben haben. Es gibt also wenige neue Erkenntnisse.
Die wichtigste Erkenntnis aus dem Antrag – da haben Sie uns vollkommen auf Ihrer Seite – findet sich in dem Forderungskatalog. Ich darf zitieren: „Der Landtag stellt fest.“ Dann heißt es im dritten Spiegelstrich:
„Denn mit der Abschaltung aller Atomkraftwerke ist klar, dass bis zur vollständigen Deckung des Strombedarfs durch die Erneuerbaren Energien noch fossile Kraftwerke benötigt werden. NRW kommt eine Schlüsselrolle zu, …“