Protocol of the Session on September 15, 2016

Was wir nicht machen können, ist, auf Dauer den Soziallastenansatz abzusenken. In der Fragestunde gestern hat Minister Jäger dem Kollegen Schemmer noch einmal deutlich gemacht, nach welchen Kriterien das Gemeindefinanzierungsgesetz aufgebaut und ist weshalb so verfahren werden muss, wie verfahren wird. Das heißt, wir haben normierte Aufwendungen einerseits …

(Christian Dahm [SPD]: Das war aber nicht er- folgreich!)

Weiß ich. Es stellt sich im Alter eine gewisse Sturheit ein – ich merke das langsam auch selbst –, und dann ist man nicht bereit, auf irgendwelche Argumente einzugehen. Insofern sei ihm das zugestanden an dem Punkt.

Nur, wenn wir entsprechende Aufwandszuwächse im Bereich der Sozialleistungen bzw. Sozialaufwendungen haben, dann wird man das zukünftig im Soziallastenansatz auch entsprechend darstellen müssen. Diese Wechselwirkung zwischen Hauptansatzstaffel einerseits und Soziallasten andererseits führt dazu, dass wir die Vor- und Nachteile in den jeweiligen Gebietskörperschaften natürlich entsprechend vorfinden.

Hauptansatzstaffel bzw. Einwohnerveredelung. Herr Höne, ich empfehle Ihnen, sich einmal anzuschauen – auch diese Studie aus Mecklenburg-Vorpommern –, in welchem Umfang das Thema „Ein

wohnerveredelung“ oder Hauptansatzstaffel aufgegriffen wird. Fast alle Flächenbundesländer greifen darauf zurück. Auch die Gutachten haben in der Vergangenheit bestätigt, dass es ein guter Verteilmaßstab ist. Denn es gibt sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der Größe von Städten einerseits und den Aufwendungen andererseits.

(Henning Höne [FDP]: Ist der denn linear, Herr Krüger?)

Und daran werden wir auch festhalten. Das heißt, wenn wir Veränderungen vornehmen in Anlehnung an den …

(Henning Höne [FDP]: Die Frage ist, ob das li- near ist!)

Es geht einfach darum, inwieweit man das Ganze gerecht organisiert, nicht darum, ob man jemanden in diesem Zusammenhang bevorzugt oder benachteiligt. Es geht darum, inwieweit man auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Untersuchung einen Verteilmechanismus findet, der einer externen Prüfung standhält.

Die Verteilmechanismen, die wir in diesem Zusammenhang der Gemeindefinanzierung zugrunde gelegt haben, wurden bisher in allen Verfassungsklagen bestätigt, so auch in der zum GFG 2012. Nur, die Hinweise, die zum Thema „Soziallastenansatz im kreisangehörigen Raum“ gemacht wurden, werden entsprechende Konsequenzen haben. Das haben ich Ihnen heute entsprechend vortragen wollen, damit keiner im Nachgang aus allen Wolken fällt, wenn das ganze Verfahren nicht das Ergebnis findet, das man sich vorher gewünscht hat. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Krüger. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Schulz.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Wir als Piratenfraktion haben es in den Reden zur Einbringung des Haushalts 2017 bereits angesprochen:

Wir sehen Regionen in Nordrhein-Westfalen, speziell im Ruhrgebiet, die dringend unsere Hilfe benötigen.

Wir erleben eine immer stärker zunehmende Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung.

Wir müssen noch differenzierter die Lage bestimmter Teile von Städten, Gemeinden und Stadtteilen gerade in den großen Kommunen ins Auge fassen.

Wir brauchen Konzepte, die weit über die Pauschalen des Gemeindefinanzierungsgesetzes hinausgehen.

Natürlich fänden wir – der Kollege Höne hat es in einem Nebensatz angesprochen, und wir hatten es schon bei der Einbringung des zweiten Nachtragshaushalts gesagt – die Anhebung der Verbundquote wesentlich sinnvoller als zum Beispiel das ominöse, eher intransparente und in einem Schattenhaushalt befindliche Konzept einer Schulpauschale. Es kann nicht sein, dass kein Politiker der hier im Hause vertretenen Fraktionen bereit ist, anzuerkennen, dass zum Beispiel die Schuldenbremse und der Stärkungspakt die Ruhrgebietskommunen letztendlich auch dann, wenn wir die Verschuldungssituationen im Land und in den Kommunen zusammenrechnen, ins Abseits stellen.

Anders, als es Frau Ministerpräsidentin Kraft vorhin in ihrer Replik auf die Reden zum Haushalt ausführte, ist es ganz im Gegenteil falsch, dass die Piratenfraktion oder auch die Piratenpartei die Schuldenbremse ablehnt. Das muss an dieser Stelle noch klargestellt werden.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Ich glaube, da sind Sie sich untereinander nicht einig, Herr Kol- lege!)

Die Piratenpartei wie auch die Piratenfraktion hat hierzu ganz eindeutige und im Übrigen auch von mir hervorgerufene und initiierte Beschlüsse gefasst, insofern als wir uns da ganz exakt ans Grundgesetz halten. Der Aspekt der Schuldenbremse, der eben von meinem Fraktionsvorsitzenden Marsching genannt wurde, war der im Hinblick auf die Anregung eines Ausnahmetatbestands im Hinblick auf Bildungsinvestitionen, so diese dann notwendigerweise auch durch Aufnahme von Kreditmitteln finanziert werden müssten.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Minister Jäger, Sie führten dazu aus, dass die Zunahme der Gesamtsummen, bezogen auf die Verteilungsmasse von 10,5 Milliarden € im Haushalt des vorgesehenen Gemeindefinanzierungsgesetzes 2017, positiv zu werten sei. Und nicht nur Sie, sondern auch der Kollege Dahm hatten zutreffend ausgeführt, dass dies nicht alleine ein Verdienst der Landesregierung sei, sondern konjunkturelle Situationen dies bedingen, auch die Situation auf den Zinsmärkten, und natürlich die erhöhten Steuereinnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen eine gute Rolle dafür spielen, dass die Verbundmasse insgesamt erhöht wird, sodass der Verteilungstopf etwas größer wird.

Unabhängig davon ist natürlich die Erhöhung der Verbundquote zu sehen. Und ja, ich meine, bis auf 8 % ist die Verbundquote in den letzten zehn oder 15 Jahren abgesenkt worden. Ich habe die Zahlen jetzt nicht mehr ganz präsent, aber wir hatten vor einem

Vierteljahr dafür geworben, die Verbundquote peu à peu, Jahr für Jahr anzuheben und dieses Ganze so flexibel zu gestalten, dass nämlich dann, wenn konjunkturell wiederum Einbußen zu verzeichnen sind, ein Regulativ besteht, dass man da wieder etwas nach unten ändern kann, ohne dass das Land Nordrhein-Westfalen daran gebunden wäre.

Die Herausforderungen, denen die Kommunen gegenüberstehen, denen sie sich ausgesetzt sehen, sind groß. Das wurde hier unisono ganz klar so bezeichnet. Es ist auch gestern im Rahmen der Debatte um den Integrationsplan überdeutlich geworden. Wenn wir uns den gestern vom Landtag verabschiedeten rot-grünen Integrationsplan näher an

schauen – wir müssen gar nicht genau hinsehen, da dieser Integrationsplan förmlich vor kommunalen Aufgaben nur so strotzt.

Die Kommunen, das steht da auch ganz explizit drin, sind diejenigen, die die Integration vor Ort zu leisten haben. Dafür haben die Kommunen bereits erheblich Mittel aufgewandt. Ja, das Land hat auch schon nicht unmaßgeblich Mittel den Kommunen zugewiesen, genauso wie der Bund, der seine Mittel bereits über das Land Nordrhein-Westfalen den Kommunen hat zukommen lassen.

Das alles reicht aber aus unserer Sicht nicht. Dies war unter anderem auch der Grund dafür, dass wir gestern vonseiten der Piratenfraktion dem Haushaltsänderungsgesetz zum zweiten Nachtragshaushalt nachgekommen sind, bzw. dem zugestimmt haben, dass Bundeszuweisungen an das Land für die Stärkung der Integrationsaufgaben überwiegend an die Kommunen weiterzuleiten seien.

Die strukturellen und vielleicht auch Steuerungsmechanismen, die auf Landesebene sicherlich auch einer auskömmlichen Finanzierung zugeführt werden müssen, bleiben davon unbenommen.

Selbstverständlich muss auch dafür Geld in die Hand genommen werden. Aber, um es noch einmal zu betonen, die Hauptaufgabe der Integration wird sowohl im schulischen Sektor als auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht den Kommunen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zufallen. Da gebührt den Kommunen eine immer klare auskömmliche Finanzierung, die wir heute unter Berücksichtigung der konjunkturellen Lage noch halbwegs als gegeben ansehen, aber kurz- und mittelfristig, wie auch besonders langfristig nicht als gewährleistet ansehen. Dafür müssten wir heute schon in den Haushaltsberatungen für das Jahr GFG 2017 entsprechende Grundlagen legen.

Ich denke, dass das sicherlich auch noch in den Ausschussberatungen zur Sprache kommen wird. Da wird es sicherlich von der einen oder anderen Fraktion entsprechende Änderungsanträge gegen, die das Polster der Kommunen über diesen Weg erhöhen wird.

Die Kommunen rufen vor allem nach einer Verbesserung der auskömmlichen Finanzierung und auch – wie ich es gerade sagte – nach der Erhöhung der Verbundquote. Es ist also nicht so, dass das irgendeine Forderung ist, die hier im Raum, hier im Hohen Hause herumwabert, sondern das ist etwas, was die Kommunen seit vielen Jahren fordern.

Darüber hinaus möchte ich mich gar nicht im KleinKlein der Systematik des GFGs verlieren, es reicht einfach vorne und hinten nicht. Der Schuldenstand der Kommunen – das wurde auch schon angesprochen – steigt weiter. Da reicht auch der Stärkungspakt nicht aus, auch nicht die gute Bilanz, die Sie, Herr Minister Jäger, hier vorgetragen haben.

Fakt ist nämlich – Herr Höne hat es eben genannt –: Der Schuldenstand beträgt 60 Milliarden € aufseiten der Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen. Auch das ist kein Pappenstiel, auch nicht unter Berücksichtigung einer günstigen Zinssituation.

Abgesehen davon müssen wir noch einmal verschiedene Beteiligungen betrachten insbesondere größerer Kommunen an größeren Konzernen wie zum Beispiel RWE. Wir dürfen auch die Tatsache nicht verschweigen, dass Einnahmen aus diesen Beteiligungen eher sinken als dass sie steigen. Ich denke daran, dass die Dividende bei RWE gleich Null ist. Das war ein wesentlicher Finanzierungsfaktor für einige Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren und Jahrzehnten.

Vor Kurzem konnten wir lesen, dass Essen vermutlich eine schwarze Null vorlegen kann. Bravo! – Aber zu welchem Preis? Zu dem Beispiel Essen hat mein Fraktionsvorsitzender Marsching auch aus persönlicher Betroffenheit vorhin einige Ausführungen gemacht. Dazu kommen dann Fremdenfeindlichkeit und Kinderarmut. Die erreichen Rekordniveau und Dimensionen, die wir alle nicht wollen. Aber wir sind diejenigen, die dafür sorgen können, dass genau da an der Wurzel unserer gesellschaftlichen Entwicklung dazu beigetragen werden kann, dass das eingedämmt oder gar auch ausgemerzt wird.

Dazu muss finanziert werden, dazu muss Geld in die Hand genommen werden. Dafür reicht es nicht, was jetzt im GFG steht, bei aller Belastung des Gesamthaushalts, den man ohnehin betrachten muss.

Aber dann muss man eben auch darüber nachdenken, dass gerade im Bereich Kinder, im Bereich der Vorsorge und insbesondere im Bereich der Bildung, so viel Geld in die Hand genommen werden kann, dass es möglicherweise nur über Kredite zu finanzieren ist. Deswegen auch die Ausnahme von der Schuldenbremssituation, auch vor dem Hintergrund der integrativen Aufgaben, denen die Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren ausgesetzt sind.

Mehr dazu werden wir sicherlich im Ausschuss hören und beraten können. Der Ausschussüberweisung stimmen wir vonseiten der Piratenfraktion selbstverständlich zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Schulz. – Nun liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache zu diesem Teil der Haushaltseinbringungen, nämlich zum GFG.

Ich rufe auf:

2 Islamistische Terrorgefahr frühzeitig erken

nen, gezielt und nachhaltig bekämpfen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/12835

Entschließungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/12946

Die Aussprache ist eröffnet, sobald Herr Biesenbach für die CDU ans Pult tritt.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind wieder mit einem Antrag zu einem Thema unterwegs, das uns nach den Aussagen von Prof. Neumann wohl noch eine Generation lang beschäftigen wird. Das Thema wird bei uns deshalb etwas drängender, weil wir nun erkennen müssen, dass der islamistische Terror spätestens auch in diesem Jahr bei uns in NRW angekommen ist mit dem Sprengstoffanschlag auf das Gebetshaus einer Sikh-Gemeinde in Essen. Am Dienstag ist es dann ein Stück Realität geworden, was wir alle immer wussten und auch befürchtet haben, dass es Schläferzellen auch in Deutschland gibt, als die drei islamistischen Anhänger festgenommen wurden.

Prof. Neumann, der uns vor wenigen Tagen in der Fraktion seinen Kenntnisstand vermittelte, ließ auch klar erkennen, je mehr der IS in den arabischen Ländern unter Druck gerät, umso größer wird das Risiko auch für alle anderen Staaten, auch für Europa, auch für Deutschland. 30.000 ausländische Kämpfer sollen sich noch in den Ländern des Nahen Ostens befinden, und er geht davon aus, dass die Strategie des IS darauf abzielt, viele von denen zurückzuschicken in ihre Heimatländer, soweit sie aus diesen kommen, oder andere als Flüchtlinge einzuschleusen, um sie hier als Schläferzellen erst einmal unterzubringen, aber auch Terroranschläge hier begehen zu lassen.