Protocol of the Session on September 14, 2016

„Förderung des Unternehmertums“: Dazu gibt es einen rot-grünen Antrag, der demnächst endabgestimmt wird.

„Ein umfassendes Konzept zur Wertevermittlung an Flüchtlinge“: Dies ist schon längst auf dem Weg. Es ist ja trivial, so etwas zu fordern. Natürlich ist das auch mit Geld hinterlegt.

„Einen … festen Ansprechpartner für ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit“: Den werden Sie auch im Integrationsplan finden.

Alles in allem war die Arbeit an diesem Plan, glaube ich, für jede Abgeordnete und jeden Abgeordneten eine Bereicherung. Wir haben einander an vielen Stellen vielleicht besser kennengelernt. Wir haben Bruchstellen entdeckt und aufgedeckt. Das hätten

wir als Chance für die weitere Zusammenarbeit nutzen können. Das sollte nicht sein. Vielleicht sind wir zu nah am Wahlkampf.

In vielen Jahren haben wir aber viel gelernt. Wir unterstützen vor allem die Stellen, an denen Integration stattfindet. Das ist kein Supermarkt, Herr Kuper, sondern das ist ein Markt der Möglichkeiten. Denn als kommunalpolitischer Sprecher – ich weiß gar nicht, ob er noch da ist – werden Sie mir recht geben, dass wir nicht von der Kommune sprechen – da sind Sie ja –, sondern wir sprechen von sehr unterschiedlichen kommunalen Aufstellungen mit verschiedenen Angeboten und Herausforderungen. Gerade deshalb ist es nötig, Maßnahmen und Projekte zu entwickeln, die zueinander gehören.

Damit möchte ich schließen, um meinem Kollegen Arif Ünal, dem Vorsitzenden des Integrationsausschusses, auch noch Zeit übrig zu lassen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, und ich hoffe, dass wir im Sinne der Integration, der Vielfalt und Toleranz in diesem Land weiter eng zusammenarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Velte. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Dr. Stamp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Velte, Sie hatten gerade bemerkt, dass diese Runde auch dazu geführt hat, sich besser kennenzulernen. Herr Yetim hat vorhin ein bisschen berichtet. Ich kann berichten, dass ich die Art und Weise der Verhandlung mit Frau Beer kennengelernt habe. Bei allen strittigen Punkten wurde gesagt: Das kommt jetzt ins Körbchen, und darüber entscheiden nachher die Parlamentarischen Geschäftsführer.

Wenn das konsensuale Integrationspolitik in diesem Hause ist, dann stelle ich fest: Das ist nicht mein Niveau.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Ich sage auch ganz ehrlich: In dieser Debatte wird doch gar nicht auf die Sachthemen eingegangen. Sie beschwören hier immer einen historischen Konsens. Ich meine, da sollten wir uns auch ein Stück zurücknehmen, weil außerhalb dieses Hauses gar nicht sonderlich bekannt ist, welche Resolutionen hier einmal beschlossen worden sind.

Vorhin habe ich erklärt: Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns zu bestimmten Grundwerten bekennen, und das ist völlig außerhalb jeglicher

Diskussion. Was die Menschen aber wirklich interessiert, ist doch, wie die konkrete Integrationspolitik geschieht.

Ich bin der Meinung, dass das, was Sie, Herr Minister, an zusätzlichen Stellen – Herr Schmeltzer hat das vorhin angesprochen – bei den Kommunalen Integrationszentren bisher auf den Weg gebracht haben, für das, was Sie in Ihrem Plan an Aufgaben dort abladen, hinten und vorne nicht ausreicht.

Deswegen haben wir gesagt: Es gibt die Notwendigkeit für zusätzliche Landesstellen in dem Bereich Koordination des Ehrenamts und Integration in den Arbeitsmarkt vor Ort. Deswegen ist das für uns ein ganz entscheidender Punkt.

Der zweite ganz entscheidende Punkt – das habe ich vorhin hier angedeutet – ist die Erweiterung der Schulpflicht.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Das ist eben auch eine Haltungsfrage: Setze ich da nur auf Freiwilligkeit, oder setze ich da auf Pflicht? Wir sind der festen Überzeugung, dass es notwendig ist, hier an dieser Stelle auch mehr Staat tatsächlich zu wagen – an dieser Stelle! –, damit später die Flüchtlinge zu selbstbestimmten Mitbürgerinnen und Mitbürger in diesem Land werden. Denn das ist doch der Punkt: Sie kommen teilweise aus Ländern, die davon geprägt sind, dass es eine starke Oberschicht gibt und dass es eine sehr starke Unterschicht mit sehr vielen Hilfsarbeiterstellen gibt. In den Ländern, aus denen die Flüchtlinge überwiegend kommen, fehlt weitgehend eine Mittelschicht.

Jetzt sind wir in der Situation, dass hier junge Flüchtlinge ankommen, die die finanziellen Wünsche ihrer möglicherweise auch von Fassbomben bedrohten Familie zu Hause haben, die möglicherweise auch noch Schlepperkosten zu bezahlen haben. Sie sind dann im Konflikt, weil sie möglichst schnell etwas Geld verdienen möchte. Das sind dann diejenigen, die sich als Allererstes möglichst schnell einen Hilfsjob suchen. Dann ist nämlich die Verlockung, zweiter Mann am Kiosk zu werden, statt einen Schulabschluss zu machen, sehr groß.

Das kann aber nicht unser Interesse sein. Wenn wir gerade alle jugendlichen Flüchtlinge vernünftig ausbilden wollen, müssen wir eben sehen, dass sie vorher einen Schulabschluss machen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das sagen Ihnen die Experten. Es ist hier in der Anhörung so deutlich geworden quer durch die Verbände, dass das eine Notwendigkeit ist. Ich habe von Ihnen heute hier noch nicht ein einziges Argument gehört, warum Sie der temporären Erweiterung der Schulpflicht für Flüchtlinge nicht zustimmen, warum Sie diesen Wunsch, diesen wirklich dringenden

Wunsch von uns, nicht aufgenommen, sondern ignoriert haben.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Es sind eben die Integration Points angesprochen worden. Das ist eine Leistung der Bundesagentur. Wenn Sie mit denen sprechen, hören Sie aber auch, dass die Sprachkurse fehlen. Hier muss das Land mitwirken.

(Zuruf von den GRÜNEN: Der Bund!)

Wir wissen auch von der Bundesagentur, dass es vor allem an spezifischer Kinderbetreuung fehlt, damit wir die weiblichen Flüchtlinge, die vielen Frauen, auch an den Arbeitsmarkt heranführen können. Es ist eine der Schlüsselfragen dieser Integration, ob wir tradierte Frauenbilder aus Ländern, die patriarchalisch geprägt sind, verändern können, indem wir spezifische Programme anbieten und die Frauen entsprechend qualifizieren. Ansonsten tradieren wir diese patriarchalen Bilder und sorgen zudem dafür, dass Hartz-IV-Karrieren an dieser Stelle programmiert sind.

Beides können wir nicht verantworten. Das ist auch einer der Punkte, den wir eingefordert haben und warum wir gesagt haben: Die Haltung, die Rot-Grün hier hat, ist uns nicht ausreichend. Es ist einfach nicht erkennbar, dass Sie verstanden haben, welche Dimension dieses Thema hat und vor welcher Herausforderung wir stehen.

Immer wenn es konkret wird, wenn es hier darum geht, dass Geld in die Hand genommen werden muss und man verbindlich wird, immer dann haben Sie sich weggeduckt. Um mit Frau Beer zu sprechen: Dann kam es ins Körbchen. Als dann irgendwann der Erlass gekommen ist, war bei uns nichts mehr mit „Körbchen“, sondern dann haben wir gesagt: Wir haben einen richtigen Korb mit guten Ideen. Den wollen wir durchsetzen, und den stellen wir auch zur Abstimmung. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die Fraktion der Piraten spricht Frau Kollegin Brand.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Ich will ganz kurz auf das eingehen, was Jutta Velte gesagt hat. Frau Velte, liebe Jutta, ich habe mitnichten gesagt, dass wir die Kommunalen Integrationszentren erfunden hätten oder dass es sie erst gibt, seitdem wir hier im Parlament sind, nein.

Aber wir haben seit Jahren gefordert, dass sie personell gestärkt werden. Ich hoffe, wenn das jetzt erfolgt, dass das auch mit speziellen Experten erfolgt, also

mit Fachleuten, die dort eingesetzt werden. Aber davon gehe ich jetzt einfach einmal aus.

Ja, die Hochschulen bekommen Geld. Aber dieses kleckerhafte Nachreagieren und dass es immer nicht ausreicht, um proaktiv zu agieren, das ist das, was ich angeprangert habe.

Meine Damen und Herren, wir haben hier ein 25-seitiges Integrationskonzept vorgelegt, das Integration als eine große Chance für NRW und Deutschland begreift. Bitte nehmen Sie sich einmal die Zeit und lesen Sie es. Es lohnt sich. Sie werden das eine oder andere Kapitel eventuell wiederfinden, weil in der Zusammenarbeit in den letzten Monaten einiges gereift ist, was wir gut und richtig fanden. Selbstverständlich haben wir an den Stellen das Rad nicht neu erfunden, sondern das in unseren Entschließungsantrag aufgenommen.

Im Gegensatz dazu setzen SPD und Grüne auf vage Maßnahmen, die die Landesregierung bereits vor Jahren hätte umsetzen müssen und können. Es fehlt einfach der Wille, die Flüchtlings- und Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen grundlegend zu reformieren.

Um diese Reform umzusetzen, müssen dringende Fragen gestellt werden. Ich werde Ihnen jetzt einige Fragen stellen. Ich möchte Sie bitten, sich Ihren eigenen Antrag vielleicht heute Nachmittag oder heute Abend noch einmal anzuschauen, ob durch Ihren Antrag diese Fragen, die ich jetzt stelle, gelöst werden. Ich denke, nein.

Erstens. Was ist mit dem integrationsfreundlichen Klima bzw. der politischen Bildung für alle? Warum wird kein Landesantidiskriminierungsgesetz auf den Weg gebracht? Warum wird die europäische Antirassismusrichtlinie nicht vollständig umgesetzt? Warum werden Behörden nicht für das Thema Menschenfeindlichkeit sensibilisiert?

Wann werden endlich die Empfehlungen des Abschlussberichts des zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses der 17. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages umgesetzt? Wann werden Sensibilisierungskampagnen für die Situation von Geflüchteten und gegen Menschenfeindlichkeit in die Wege geleitet?

Also: Wann schaffen Sie endlich ein Integrationsfreundliches Klima?

(Beifall von den PIRATEN)

Zweitens. Was ist mit der tatsächlichen und rechtlichen Gleichstellung? Warum werden Integrations- und Unterstützungsleistungen immer noch von der sogenannten Bleibeperspektive abhängig gemacht? Warum halten Sie sich in Bezug auf das Asylrecht nicht an die UN-Kinderrechtskonvention? Warum schaffen Sie nicht endlich das Asylbewerberleistungsgesetz ab? Warum wird nicht allen Menschen

eine adäquate Gesundheitsversorgung garantiert? Warum wird die anonyme Gesundheitskarte vehement abgelehnt?

Warum wollen Sie den Menschen erneut vorschreiben, wo sie leben und wohnen sollen? – Dazu wird übrigens das Bundesverfassungsgericht noch ein paar Sätze sagen; das warten wir einfach mal ab. – Warum setzen Sie sich nicht endlich gegen die Arbeitsverbote und die Vorrangprüfung ein? Warum wollen Sie EU-Ausländern immer noch verbieten, an der Kommunalwahl teilzunehmen?

Also: Wann kommen wir endlich zu einer rechtlichen Gleichstellung?

(Beifall von den PIRATEN)

Drittens. Was ist mit der Einrichtung eines eigenen Ministeriums für Flucht, Einwanderung und Integration? Ich hatte vorhin schon gesagt, dass das für uns eine der drei entscheidenden Säulen ist.

Meine Damen und Herren, neben der Möglichkeit, aus der vermeintlichen demografischen Falle zu entkommen und für einen Konjunkturaufschwung zu sorgen, werden sich vor Ort in den Quartieren zahlreiche neue Freundschaften ergeben. Es wird geredet, diskutiert, gemeinsam gelernt und gelacht werden. Mit einer glücklichen und wachsenden Bevölkerung ergeben sich auch neue Chancen für die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.