Protocol of the Session on July 8, 2016

(Zurufe von der CDU)

Insofern ist das, was Sie hier gesagt haben, so nicht richtig.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir waren wesentlich weiter. Wir waren uns bei der individuellen Verfassungsbeschwerde fast einig. Wir waren uns bei der Neutarierung im Verhältnis repräsentativer und direkter Demokratie einig. Wir waren ganz nah dran. Und dann ist es leider gescheitert.

Das, was in der kleinen Lösung übrig geblieben ist, ist natürlich gut für uns. Wir haben die Parlamentsrechte gestärkt. Ich begrüße das auch für meine Fraktion außerordentlich. Ja, es ist richtig; wir haben diverse Verbesserungen eingeführt. Auch die parlamentslose Zeit wird es hoffentlich nie wieder geben.

Ein Punkt, der gerade doch noch einmal große Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist die Änderung der Eidesformel. Warum gibt es jetzt diese Änderung der Eidesformel? Wir haben das bei der Vereidigung immer wieder moniert. Wir haben es auch immer wieder in diesem Parlament thematisiert; denn wir sind neben Schleswig-Holstein das einzige Bundesland, das noch auf das deutsche Volk schwört. Da hatten wir immer zwei Punkte.

Der erste Punkt ist, dass es zwar nicht anmaßend – das will ich jetzt nicht sagen –, aber doch irgendwie schräg ist, auf das ganze deutsche Volk zu schwören. Wenn man schon auf das Volk schwören will, dann sollte man das auf das Volk in den Landesgrenzen tun. So geben es die anderen Landesverfassungen auch her; so ist das überall in den Eidesformeln enthalten.

Der zweite Punkt ist, dass wir gesagt haben: Nein, wir machen hier Politik für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen und nicht nur für die mit dem deutschen Pass – und das muss sich abbilden.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Alle Menschen, die hier leben, müssen sich an die Gesetze halten, und alle sind von unseren Entscheidungen der Legislative betroffen. Wir haben alle Menschen im Blick. Sie waren aber nicht alle in unserer Eidesformel enthalten. Das war diskriminierend.

Diese gesellschaftspolitische Notwendigkeit und Realität haben wir jetzt endlich angepasst. Ich bin sehr froh und sehr dankbar, dass CDU, SPD und FDP mit uns zusammen diesen Weg gehen. Vielen Dank dafür! Dann wird die Eidesformel jetzt geändert

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Abschließend von meiner Seite – meine Kollegin Dagmar Hanses wird auch noch sprechen –: Ganz herzlichen Dank – ich werde sie nicht alle aufzählen – an den Vorsitzenden, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die Sachverständigen, die Referenten sowie die vielen Bürgerinnen und Bürger, die uns mit Zuschriften gute Impulse gegeben haben!

Es war ein vernünftiges Arbeiten – bis zum Schluss. Schade für uns: ein ernüchterndes Ergebnis. Strich drunter! Wir werden uns im Gesetzgebungsprozess ja noch öfters sprechen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Engstfeld. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Dr. Wolf.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst bedauere ich, dass die Debatte über die Änderung der Landesverfassung, das Grundgesetz von Nordrhein-Westfalen, einen wenig prominenten Platz bekommen hat – Freitagnachmittag um 14 Uhr.

(Beifall von der FDP und den PIRATEN – Hans-Willi Körfges [SPD]: Ausdrücklich meine Zustimmung!)

Es ist der Sache sicherlich nicht angemessen, dass wir dieses heute hier unter Ausschluss der medialen Öffentlichkeit debattieren. Nun habe ich gehört, das sei nicht so schlimm, weil heute nur die Einbringung erfolge und die großen Reden am Ende kämen. Ich glaube aber schon, dass eine Verfassung etwas Wichtiges ist, das an den Anfang gehört – Mittwochmorgen um 10 Uhr oder wann auch immer. Wir werden natürlich auch jetzt darüber sprechen. Allerdings hätte ich es anders lieber gesehen.

Der Dank an diejenigen, die hier mitgewirkt haben, soll bei mir am Anfang stehen, Herr Körfges. Natürlich ist es ausgesprochen angenehm gewesen, in diesem Fall eine Kommission zu haben, in der man miteinander sprechen und ringen konnte; das will ich ausdrücklich hervorheben. Wir haben eine respektable Unterstützung erhalten. Alles das war prima. Natürlich – das wurde bereits deutlich geschildert – gibt es auch ein respektables Ergebnis. Aber wir hätten uns mehr gewünscht.

Natürlich ist es auch so, dass man am Ende über die Dinge spricht, die nicht umgesetzt worden sind, die nicht geklappt haben. Der Knackpunkt dabei war am Ende die Weigerung, die Streichung des Wahlalters aus der Verfassung erst mit Wirkung in der nächsten Wahlperiode zu akzeptieren. Das muss man einfach festhalten.

Herr Körfges, ich habe noch auf den letzten Metern gesagt: Wenn das ein Problem ist, dann setzen wir alles, also auch die Wirkungen der anderen Punkte, die wir ändern wollen, erst in der nächsten Wahlperiode um. – Das geht auch. Aber offensichtlich besteht in der Tat die Sorge, dass Sie dann die Mehrheiten nicht mehr zustande bringen; denn sonst müsste man das auch ohne Weiteres nach der Landtagswahl 2017 umsetzen können.

Jetzt wird es natürlich zementiert und kann am Ende auch nur mit Zweitdrittelmehrheit irgendwann einmal geändert werden. Das kann man so wollen. Ich sehe das allerdings eher als ein Eigentor – wenn man an das gestrige Fußballspiel denkt, ähnlich einer solchen Handballeinlage unseres Nationalspielers. Insofern kann man sagen: Das ist ärgerlich.

(Zuruf von Dagmar Hanses [GRÜNE])

Da Sie über die Frage von Wahlprogrammen gesprochen haben,

(Zurufe von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE], Stefan Zimkeit [SPD] und der FDP)

darf ich nur ganz am Rande erwähnen, dass bei der FDP das imperative Mandat nicht gilt, sodass die Entscheidungen in der Landtagsfraktion getroffen werden. Hier muss die Mehrheit gefunden werden. Da ist am Ende das Angebot ja auch gemacht worden.

Lieber Herr Engstfeld, Spiritus Rector dieser Herausnahme – das ist nach dem Motto: Jeder hat es schon einmal irgendwann gesagt.

(Stefan Engstfeld [GRÜNE]: Ha, ha!)

Die Urheberschaft gewisser Dinge wird man wahrscheinlich nicht bis ins Letzte verfolgen können. Ich möchte an dieser Stelle einfach nur raten, diesen Weg zu gehen, egal, wer ihn wann und wie wo vorgeschlagen hat.

(Beifall von der FDP)

Unser Angebot ist jedenfalls, das zu machen. Sollten alle Sachen aus dem politischen Korb erst in der nächsten Legislaturperiode wirksam werden, hat auch keiner einen entsprechenden Vorteil.

(Zurufe von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Stefan Zimkeit [SPD])

Meine Damen und Herren, wir werden das alles im Gesetzgebungsverfahren noch diskutieren.

(Zuruf von Torsten Sommer [PIRATEN])

Der politische Korb ist nicht umgesetzt worden. Das ist ärgerlich.

Wir bedauern natürlich insbesondere, dass die Individualverfassungsbeschwerde nicht verankert werden konnte. Herr Körfges hat hier ja einen gewissen

Sinneswandel der SPD eingeräumt und von einer anfänglichen Sperrigkeit gesprochen. Wenn Sie die Erkenntnis gewonnen haben, dass das ein gutes Instrument ist, könnte man natürlich – ähnlich wie Sie es bei der Schuldenbremse vorschlagen – auf die Idee kommen, so etwas auch einfachgesetzlich einzuführen.

(Beifall von der FDP)

Dann haben wir Sie doch sicherlich an unserer Seite.

Wenn man die Dinge wichtet und wertet, kommt man sicherlich zu dem Ergebnis, dass eine solche Verfassungsbeschwerde natürlich für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes relevant ist und eine erhebliche Bedeutung hat. Daher bedaure ich, dass dieses bürgerrechtsstärkende Element nicht zum Tragen gekommen ist.

Zu nennen ist auch die Generationengerechtigkeit. Die Schuldenbremse ist ja nichts, was wir L’art pour l’art machen. Vielmehr führen wir sie ein, damit nicht die zukünftigen Generationen das tragen müssen, was wir heute an Kosten verursachen. Das ist doch der Sinn, der dahintersteht. Insofern sollte NordrheinWestfalen an dieser Stelle genauso wie beim Institut der Individualverfassungsbeschwerde vorangehen.

(Beifall von der FDP)

Ein Letztes noch zum Thema „Kommunen“: Herr Körfges, wenn wir den substanziellen Punkt der Verbesserung bei der Konnexitätsrückwirkung nicht haben, dann sind doch die anderen beiden Punkte nun wirklich weiße Salbe.

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Insofern muss man doch verstehen, dass immer im Paket darüber gesprochen worden ist. Weil sich die Konstellation, wer Regierung und wer Opposition ist, im Laufe der Zeiten auch schon einmal ändern kann, haben wir immer akzeptiert, dass man keine unvernünftig lange zurückliegenden Zeiträume berücksichtigt. Es müsste aber möglich sein, sich zugunsten unserer Kommunen auf einen Zeitraum von ein, zwei oder drei Jahren zu einigen.

Auch an dieser Stelle geht es ja nicht nur darum, den Kommunen irgendetwas zu geben. Vielmehr ist es eine Frage der Gerechtigkeit. Wenn den Kommunen Kosten aufgebürdet werden und sich im Nachhinein herausstellt, dass der Ausgleich durch das Land nicht ordentlich war, muss man das reparieren. Das halte ich einfach nur für fair. Insofern bitte ich, im weiteren Verfahren noch einmal darüber nachzudenken. Vielleicht lässt sich das am Ende doch noch reparieren.

(Beifall von der FDP)

Wir standen 1 mm vor der Einigung. So hat es Herr Körfges einmal formuliert. An dieser Stelle appellieren wir immer wieder: Dann lassen Sie uns doch den

1 mm noch gehen; springen Sie einfach. – Ich habe im Namen der FDP ja ein Angebot gemacht, über das man sicherlich noch einmal nachdenken kann. Wir könnten am Ende tatsächlich noch den großen Korb in diesem Hause verabschieden.

Für uns ist jedenfalls wichtig, dass Regelungen zur Generationengerechtigkeit und zur Stärkung der Bürgerrechte hier Eingang finden.