Protocol of the Session on July 7, 2016

Solange ihr da nicht eine klare Positionen vertretet, auch vor Ort in den Kommunen, und sagt: „Wir sind für mehr Wohnraum“, könnt ihr euch nicht hierhinstellen und den Minister angreifen.

(Beifall von der SPD)

Fünfter Punkt: Freistellung von der Landesbauordnung. Vielleicht schaut ihr nicht so oft Fernsehen, aber es gibt in vielen Sendern immer wieder schöne Berichte über Familien, die daran kaputtgegangen sind, dass die Statik bei ihren Bauten im Nachhinein nicht in Ordnung war. Ob das mit der Freistellung wirklich so sinnvoll ist, wie das hier gerade beschrieben worden ist, oder ob es nicht mittelfristig viel höhere Kosten auslöst, das sei einmal dahingestellt. Ich bin da sehr bei der Ingenieurkammer, die davor gewarnt hat und gesagt hat: Passt da bitte auf.

Letzter Punkt. Ich glaube, ihr habt bei eurer Fokussierung auf eine ideologische Eigenheimförderung einen Fehler gemacht. Dabei habt ihr in eurer Regierungszeit noch nicht mal die Bedingungen der CSU in Bayern umgesetzt. Die Bayern hatten bei der Eigenheimförderung nämlich gewisse Spielregeln. Ihr jedoch habt im ländlichen Raum Geld nach dem Gießkannenprinzip verschenkt und habt euch dann gewundert, dass bereits an dem Tag, an dem der Schlüssel im Haus umgedreht worden ist, das Haus schon nichts mehr wert war, weil nämlich in bestimmten Regionen des Landes das einmal fertiggebaute Haus nichts mehr wert ist. Ihr habt noch nicht mal bestimmte Bedingungen eingepreist, beispielsweise was den ÖPNV und die Quadratmetergröße anbelangt. Das haben die Konservativen in Bayern besser gemacht.

Es war eine Unverschämtheit, dass ihr das Ganze auch noch „soziale Wohnraumförderung“ genannt habt. Wir als Sozialdemokraten und als Grüne, mit diesem Minister und auch dem davor, haben die Wohnraumförderung wieder zu dem gemacht, was sie ist. Wir sind jetzt wieder bei den 1,1 Milliarden € angelangt. Wir haben hier richtig Gas gegeben. Das schreiben die Zeitungen überall. Das war der richtige Weg.

Deshalb: Wenn ihr uns schon in Form von Anträgen motivieren wollt, dann lasst euch wenigstens etwas Neues einfallen, aber versucht nicht, Propagandaschriften zu verfassen, die sich bei näherem Hinsehen im Grunde genommen in Luft auflösen! – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Ott. – Für die Piratenfraktion spricht nun Herr Bayer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Stream-Zuschauer in Mietwohnungen und Eigenheimen! Apropos Studiengebühren oder Urheberrecht: Ich zitiere einmal den Anfang des Antrags:

„In den letzten Jahren“ …

sagt der Antrag –

„sind die Kosten für Wohnungen in den urbanen Räumen Nordrhein-Westfalens stark angestiegen. Dies hängt nicht zuletzt mit einem zunehmenden Bevölkerungsdruck auf diese Räume und einer damit verbundenen Verknappung des Wohnraumes zusammen.“

Das ist erst mal richtig. Es ist nun einmal so, dass Bevölkerungsgruppen – egal welche – an bestimmte Orte ziehen, an bestimmten Orten wohnen möchten.

Hinzu kommt, dass die Politik solche Entwicklungen regelmäßig verschläft oder nicht beachtet. Das betrifft den Bund, der 1990 unter Schwarz-Gelb unter anderem die Wohnungsgemeinnützigkeit abschaffte, was kaum etwas einsparte, aber die Gesellschaft bis heute Milliarden kostet. Das betrifft das Land, das sich selbst der Möglichkeiten der Einflussnahme beraubt hat, unter anderem mit dem Verkauf der LEG unter der schwarz-gelben Landesregierung und einer viel zu späten Reaktion auf die regulär auslaufende Mietpreisbindung im sozialen Wohnungsbau.

Und es betrifft – das wurde schon erwähnt – natürlich auch die Städte, die manchmal gar nicht das Ziel verfolgen, günstigen Wohnraum für Mehrkindfamilien bereitzustellen. Da gab es Oberbürgermeister, die alle armen Leute dorthin schicken wollten, wo sie selbst nicht mal tot über dem Zaun hängen wollten. Für all die Mehrkindfamilien, die sich das Wohnen in den angesagten Städten nicht leisten können, sollte Wohnraum gar nicht erst geschaffen werden.

Ich weiß, Sie würden heute nicht so handeln. Dennoch ist in diesem Antrag über weite Strecken nur von der Förderung der bürgerlichen Mehrkindfamilie die Rede. Außerdem geht es viel zu viel um Eigentumsförderung – auch in den Reden hier –, obwohl die Mehrkindfamilien doch gerade in den angesprochenen urbanen Räumen auf entsprechende Mietwohnungen angewiesen sind. Die meisten dieser Familien sind auch weit davon entfernt, sich in diesen oder in anderen Städten Wohneigentum leisten zu können.

Für die Durchmischung wäre es jedoch durchaus angebracht, die bürgerlichen Mehrkindfamilien in die großen Städte zurückzuholen, wo im Durchschnitt insgesamt weniger als 1,8 Menschen pro Haushalt wohnen. Leider ist hierzu maximal ein Punkt aus dem Forderungsteil Ihres Antrags geeignet, nämlich der erste. Herr Kern hat in seiner Rede vom Wohnungszuschnitt und von neuen Wohnformen gesprochen –

von dem geforderten Paradigmenwechsel, den er erwähnt hat, ist der Antrag aber weit entfernt.

Geeignet wären gerade neue Konzepte für das städtische Wohnen, eine Politik, die das genossenschaftliche Wohnen fördert – wie es Herr Hausmann während seiner Rede in einem Nebensatz ganz kurz angerissen hat –, und eine neue Gemeinnützigkeit. Das sind Konzepte für das 21. Jahrhundert, die das kostengünstige Wohnen fördern und vielleicht auch dabei helfen, den alten Konflikt zwischen Eigentum und Miete zu überwinden, aber eben nicht die Zersiedlungskonzepte – Herr Ott hat das eben ausführlich behandelt – aus dem letzten Jahrtausend. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Bayer. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Damit sind wir am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12348 an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr – federführend – sowie an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen; wie wir es immer halten, wenn es so entschieden wird. Wer ist also dafür, dass wir es so machen? – Gibt es jemanden, der dagegen ist? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag einstimmig überwiesen.

Ich rufe auf:

7 Einrichtungen der Wohlfahrtspflege stärken!

Anwendungserlass zur Abgabenordnung muss klargestellt werden

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/12343

Ich darf die Aussprache eröffnen und für die CDUFraktion Herrn Kollegen Krückel ans Mikrofon bitten.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, zu der die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie und die jüdischen Gemeinden gehören, arbeitet werteorientiert und spiegelt die Pluralität in unserer Gesellschaft wider. Sie sichert soziale Infrastrukturen, beteiligt die Betroffenen und leistet eine innovative soziale Arbeit, die bedarfsorientiert, fachlich qualifiziert und unverzichtbar ist.

Anfang Januar 2016 hat das Bundesministerium für Finanzen im Einvernehmen mit den Länderfinanzministerien eine Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung bekannt gegeben. Die Änderung war notwendig aufgrund einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Monat November 2013, der wesentliche Grundsätze zu der Frage entwickelt hat, unter welchen Voraussetzungen ein Zweckbetrieb im Sinne der Abgabenordnung Gewinne erzielen darf.

Dies hat in der Folge viele Wohlfahrtsverbände sehr verunsichert. Das sollten wir alle sehr ernst nehmen und nicht leichtfertig vom Tisch wischen. Uns kommt in Nordrhein-Westfalen als dem größten Bundesland dabei eine besondere Verantwortung zu.

Den Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege geht es nicht darum, die Wohlfahrtspflege als Vorwand für Vermögensmehrungen zu benutzen. Vielmehr geht es ihnen darum, dass Einrichtungen auch zukünftig finanziell solide aufgestellt werden können – insbesondere, dass eine konjunkturelle Schwankung nicht gleich existenzgefährdend wird und dass der nachhaltige Fortbestand einer Einrichtung gesichert werden kann. Diese Zielsetzung sollte von uns allen uneingeschränkt unterstützt werden. Nur wirtschaftlich gesunde und solide Einrichtungen können dauerhaft gute und nachhaltige Arbeit leisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Erlass stammt aus dem Bundesfinanzministerium. Er wurde im Vorfeld eingehend erörtert und mit allen Ländern abgestimmt. Hierbei wurde das übersehen bzw. nicht konkret genug formuliert, was wir nun korrigieren wollen: Die Regelung im Erlass zielt darauf ab, dass Einrichtungen der Wohlfahrtspflege auch in Zukunft Gewinne erzielen können, um eventuelle Risiken abzudecken. Dieser Punkt sollte jedoch nicht verklausuliert im Erlass untergehen, sondern vielmehr deutlich darin benannt werden.

Genau darum geht es uns mit dem vorliegenden Antrag: Der Erlass muss klargestellt werden. Sozialen Einrichtungen im Allgemeinen und insbesondere gemeinnützigen Einrichtungen dürfen keine Steine in den Weg gelegt werden; es darf keine Sphäre der Verunsicherung übrig bleiben, denn diese schwächt das große Engagement der Organisationen. Wir müssen die Tätigkeit der Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege, die in der Arbeit mit und für Menschen besteht, würdigen.

Die Landesregierung soll daher gegenüber dem Bund und den anderen Bundesländern für eine Klarstellung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung eintreten. In der Änderung muss besonders herausgestellt werden, dass auch weiterhin Gewinne zulässig sind. Diese sind erforderlich, um beispielsweise notwendige Kapazitätsanpassungen vornehmen

bzw. finanzieren zu können. Gleiches gilt für Gewinne, die mögliche konjunkturelle Schwankungen

abdecken sollen und das Ziel haben, den nachhaltigen Fortbestand der Einrichtungen zu sichern. Insbesondere muss geprüft werden, ob es Lösungsmöglichkeiten gibt, wonach Gewinne der Einrichtungen andere Zweckbetriebe bzw. die übrigen ideellen Tätigkeiten finanzieren können.

Mit einem Signal aus Nordrhein-Westfalen können wir die Einrichtungen der Wohlfahrtspflege stärken und Sicherheit schaffen. Ich werbe daher in der Sache um Ihre Unterstützung für unseren Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Krückel. – Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Kollegin Gebhard das Wort.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Verehrte Gäste auf den Zuschauerrängen! Herr Kollege Krückel, was die Bedeutung der Wohlfahrtsverbände anbetrifft, gibt es zwischen uns keinen Dissens. Sie sind, was ihre Arbeit anbetrifft, für uns unverzichtbar – egal ob diese in Senioreneinrichtungen, Kleiderkammern oder sonstigen Einrichtungen geleistet wird, die sie noch im Portfolio haben. Das ist völlig klar

Auch Ihre Darstellungen – lassen Sie mich das noch einschieben – zur Erstellung des Anwendungserlasses sowie zum Zustandekommen – sprich: das Urteil des Bundesfinanzhofs – sind ebenfalls völlig unstrittig und völlig korrekt. Trotzdem sind wir etwas verwundert darüber, dass Sie hier in unserem Landtag einen Vorstoß unternehmen, diesen Erlass, der auf Bundesebene erstellt worden ist, verändern zu wollen.

Es mag ja gerade im Vorfeld von Wahlen interessant sein, Nordrhein-Westfalen als das wichtigste Bundesland in Deutschland zum Nabel der Bundesrepublik zu machen und zu sagen: Nordrhein-Westfalen muss alle bundesweiten Probleme lösen. Nachdem ich mir aber angeschaut habe, welche Vorgänge dazu gelaufen sind, habe ich einen anderen Eindruck: Im Grunde ist das ein Eingeständnis der nordrhein-westfälischen CDU, dass die BundesCDU in Berlin so unbedeutend ist, dass sie auf unseren nordrhein-westfälischen Finanzminister zurückgreifen muss, dem sie offenbar eher zutraut, einen Bundeserlass zu ändern, als ihrem eigenen Bundesfinanzminister.

(Beifall von der SPD – Bernd Krückel [CDU]: Das sagt eine Vertreterin der SPD!)

Herr Kollege Krückel, Sie hätten sich vielleicht einmal anschauen sollen, was bislang passiert ist, seit es diesen Erlass gibt. Dann hätten Sie nämlich gemerkt, dass sich die Betroffene – das heißt die Bun

desarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege – nicht etwa an den nordrhein-westfälischen Landtag, an irgendeinen Abgeordneten oder an unseren Landesfinanzminister gewandt hat. Nein, sie hat mit Datum vom 4. April dieses Jahres an den Bundesfinanzminister geschrieben.

Und das Bundesfinanzministerium hat auch geantwortet. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Herr Meister hat den Brief am 28. April 1016 beantwortet. Ihren Parteikollegen sollten Sie ja vielleicht kennen.

(Bernd Krückel [CDU]: Guter Mann!)

Ja, wenn er so gut ist, dann können Sie doch mit ihm die Probleme lösen! – Diese Antwort hat die Bundesarbeitsgemeinschaft jedoch nicht zufriedengestellt. Das hat dazu geführt, dass sie alle finanzpolitischen Sprecher der im Bundestrag vertretenen Parteien angeschrieben hat, um ihnen den Sachverhalt noch einmal klarzumachen. Warum setzen Sie sich nicht mit Ihrer Kollegin Frau Tillmann in Verbindung, um das Ganze entsprechend zu beraten?

Parallel dazu haben sich natürlich auch andere an den Finanzminister gewandt, zum Beispiel der Bundesverband Deutscher Stiftungen. Der wiederum hat auch eine Antwort bekommen, und zwar vom Leiter der Abteilung Steuern im Bundesfinanzministerium, Herrn Sell. Ich möchte – wenn der Herr Vizepräsident das erlaubt – aus dem Brief zitieren:

„Ihre Befürchtung, dass zukünftig keine Gewinne mehr erzielt werden dürften, um notwendige Kapazitätsanpassungen vornehmen zu können...“

das ist Ihre Forderung –