Protocol of the Session on June 8, 2016

weil es eben genau nicht angekündigt worden ist. Es gab überhaupt keinen Anlass dazu.

Dann sind auf dem Huckarder Marktplatz einzelne Polizisten herumgegangen. So aufgeheizt war die Stimmung da, dass Polizei da tatsächlich einzeln herumgehen konnte. Es war eine absolut friedliche Stimmung, bis die Polizei dann angefangen hat, einzelne Demonstranten herauszuziehen. Denn die hatten einen Schal mit. Hut ab. Den hatten sie noch nicht einmal vor dem Gesicht. Es ging noch nicht einmal um Vermummung. Vermummt waren die Menschen erst, als sie eine behandschuhte Polizeihand im Gesicht hatten und herausgezogen worden sind.

(Daniel Sieveke [CDU]: Nicht wahr!)

Doch. Die Bilder zeigen das sehr deutlich. Was die Bilder übrigens auch sehr deutlich zeigen, ist, dass auf der anderen Seite den Nazis trotz massiver Vermummung der rote Teppich ausgerollt worden ist.

(Beifall von den PIRATEN – Daniel Sieveke [CDU]: Unglaublich!)

Sie waren übrigens alle nicht da, noch nicht einmal auf der Gegendemo, auch kein Dortmunder Kollege. Ihr Dortmunder Bundestagskollege, der getwittert

hat, war auch nicht da. Der hat von einer Veranstaltung getwittert, auf der er nicht mal anwesend war. Hut ab! Leistungsklasse!

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von Nadja Lüders [SPD])

Also, bitte nicht beschweren, erst informieren, da drüben.

Kommen wir zurück zur Polizei.

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

Warum ist nicht geschehen, was hätte geschehen müssen? Bei der rechtsradikalen Demonstration, bei massiven Verstößen gegen die Auflagen sind Lieder gesungen worden, die vorab als Demonstrationsauflage verboten worden sind. Es sind Flaggen gezeigt worden, die vorab als Demonstrationsauflage verboten worden sind. Es sind Redner aufgetreten, die vorab als Demonstrationsauflage verboten worden sind.

(Zuruf von Michele Marsching [PIRATEN])

Warum ist diese Demonstration nicht aufgelöst worden? Das kann kein polizeiliches Konzept sein.

(Beifall von den PIRATEN)

Hier mangelt es anscheinend an Weiterbildung. Damit wir demnächst nicht nur einen roten Teppich ausrollen müssen, damit es nicht ein rot-weiß-schwarzer Teppich wird, ist es dringend notwendig, dass Polizei weitergebildet wird. Dazu wäre es notwendig, das extern zu machen, außerhalb von Polizei.

(Zuruf von Minister Ralf Jäger)

Eine sinnvolle Angelegenheit, um mal konkret zu werden im Gegensatz zu Ihrem Handlungskonzept, wäre, die Landeszentrale für politische Bildung hier am Landtag aufzuhängen und dann jährlich Weiterbildung von Polizeihundertschaften durch die Landeszentrale für politische Bildung stattfinden zu lassen. Das wäre einmal eine ganz konkrete Sache. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Zuruf: Wir haben noch die Ministerin!)

Ist mir nicht gemeldet worden. – Frau Ministerin, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Stamp, es ist toll, dass Sie ein

so wunderbares Verhältnis zur Bertelsmann Stiftung haben und sich die FDP als freigewählte Abgeordnete offensichtlich nicht mehr zutrauen, ihre politische Arbeit eigenständig zu machen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Oh! – Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Wir trauen es uns durchaus zu, und wir sind überzeugt davon, dass wir mit diesem Handlungskonzept gute Arbeit abgeliefert haben.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das ist eine schwierige Aussage, Frau Ministerin!)

Es wundert mich nicht, dass Sie für sich in Anspruch nehmen, sich so gut mit dem Thema „Rechtsextremismus“ auszukennen. Denn vieles von dem, was Sie eben als so selbstverständlich bezeichnet haben, ist es eben längst nicht mehr. Oder hätten Sie geglaubt, dass wir im Jahr 2016 in dieser Breite tatsächlich wieder die Herkunft und die Hautfarbe unserer Nationalmannschaft diskutieren? Ich hätte es ehrlich gesagt nicht gedacht. Ich finde es beschämend. Das zeigt, dass vieles von dem, was wir lange glaubten, es sei selbstverständlich, eben nicht mehr selbstverständlich ist.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das ist eine Unter- stellung!)

Zur Kritik an den vielen Projekten, die Sie in Ihrem ersten Redebeitrag gebracht haben – jetzt sage ich etwas Gutes für Sie, deshalb hören Sie bitte einfach mal kurz zu –: Viele von den Projekten, die in diesem Handlungskonzept stehen, sind auch aus der schwarz-gelben Zeit, die haben sich bewährt. Das sind auch welche von denen, die Sie eben aufgeführt haben. Deshalb führen wir sie weiter.

Es sind auch häufig die Fragen zur Sprache gekommen: Warum hat das Ganze so lange gedauert? Reagieren wir eigentlich viel zu spät? – Aber gleichzeitig haben wir sehr ausführlich dargelegt, dass wir in über zehn Regionalkonferenzen Workshops veranstaltet haben, an denen insgesamt 1.000 Menschen teilgenommen haben – 1.000 Menschen, die sich tagtäglich mit dem Thema „Rechtsextremismus“ und „Rassismus“ beschäftigen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Und dann ha- ben Sie die Empfehlung nicht übernommen? Richtig gut!)

Und für diese Menschen, sehr geehrter Herr Dr. Stamp, ist es ein Schlag ins Gesicht, wenn Sie ihre Arbeit als „Laber-Broschüre“ bezeichnen,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

die Arbeit derer, die sich täglich gegen Rassisten einsetzen.

(Zurufe von der FDP)

Diese Menschen kommen aus der Jugendhilfe, aus der Kirche, aus Moscheen, aus der Kommunalverwaltung, aus der Kommunalpolitik, aus örtlichen Bündnissen. Sie haben Präventionsansätze in Schulen angeregt und Vorschläge für konkrete Maßnahmen gemacht. Die Ergebnisse werden jetzt im Landesnetzwerk gegen Rechtsextremismus erörtert und bewertet.

Wir haben sehr, sehr viele positive Rückmeldungen für diesen Prozess bekommen. Deshalb sagen wir auch, dass es völlig in Ordnung ist, dass dieser Prozess die Zeit gebraucht hat. Diese Zeit haben wir uns gerne genommen.

(Christof Rasche [FDP]: Vier Jahre für nichts!)

Und das Thema „Finanzierung“ ist auch noch angeklungen, sowohl von Herrn Sternberg als auch von den Piraten und von Ihnen. Ich hatte heute Morgen schon ein Interview, bei dem der Moderator gesagt hat: Frau Kampmann, die Mittel für dieses Handlungskonzept wurden verdreifacht. Das heißt, es ist nur eine Perspektive. Diese Verdreifachung ist auch gut so. – Wir sagen aber auch, dass die Institutionen, die sich engagieren, eine finanzielle Unterstützung brauchen.

Aber der Kampf gegen Rechtsextremismus lässt sich eben nicht auf diesen finanziellen Aspekt reduzieren. Da sind viele andere Aspekte genauso wichtig. Deshalb sind diese 3,15 Millionen €, die wir jetzt zusätzlich haben, auch absolut in Ordnung.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Ach so!)

Herr Düngel, Sie haben eben gesagt: Richtige Partizipation sieht anders aus. – Aber ich frage mich: Wie soll Partizipation denn Ihrer Meinung nach aussehen,

(Daniel Düngel [PIRATEN]: Wenn man die Er- gebnisse übernimmt!)

wenn nicht durch die Beteiligung von 1.000 Menschen in ganz Nordrhein-Westfalen?

Was viele von Ihnen auch angesprochen haben – das haben Sie auch getan –, ist die Frage: Was ist mit den Ergebnissen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss? – Im Handlungskonzept steht, dass wir die Ergebnisse des NSU-Untersuchungsausschusses hier im Landtag im nächsten Jahr in das Handlungskonzept einfließen lassen. Deshalb seien Sie wenigstens ehrlich, wenn Sie das anführen, und benennen Sie auch die Aspekte, die tatsächlich in diesem Handlungskonzept enthalten sind.

(Daniel Düngel [PIRATEN]: Das macht es doch nicht besser!)

Ich hätte mir gewünscht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass von dieser Debatte wirklich ein deutliches Signal gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen ausgeht. Wir

werden als Landesregierung unsere erfolgreiche Arbeit in jedem Fall fortsetzen, und zwar gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, die sich tagtäglich engagieren.

Ich freue mich jetzt auf die Umsetzung dieses Konzeptes, und ich hoffe dabei auf Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Mi- nister Ralf Jäger)