Protocol of the Session on June 8, 2016

Ich freue mich jedenfalls darüber, dass die FDP hier einen meiner Meinung nach tatsächlich relevanten Punkt aufgreift, den wir dann zu beraten haben. Diese starre Altersgrenze gilt. Mit Vollendung des 68. Lebensjahres erlischt in NRW die staatliche Anerkennung pauschal, sodass man die Dienstleistung dann gar nicht mehr anbieten kann. Insofern ist eine zeitgemäße Lösung entsprechend der gesteigerten Leistungsfähigkeit älterer Menschen wichtig. Mindestens sollte eine höhere Altersgrenze gefunden werden, vielleicht auch eine flexiblere Lösung.

Der Antrag setzt sich insgesamt in profunder Form mit den rechtlichen Grundlagen und auch mit der Position der Landesregierung auseinander. Ich denke, dass die Beantwortung der Kleinen Anfrage durchaus auch ein Grund für diesen Antrag ist. Insofern handelt es sich um einen guten Antrag, der ein relevantes Thema in einer angemessenen Form aufgreift. Ich habe also viel Sympathie für die Intention.

Die Frage ist natürlich, warum es überhaupt eine Altersgrenze geben muss. Da habe ich vielleicht eine etwas andere Ansicht, als sie hier vorgetragen wurde. Wenn man mit dem Sicherheitsaspekt argumentiert, muss für den Papst, den Bundespräsidenten und für Politiker ja auch gelten, dass man ihnen ab einem bestimmten Alter vielleicht nicht mehr zutrauen sollte, eine ganze Religion oder ein ganzes Land zu führen. Darum geht es, glaube ich, nicht.

Weiterbildung ist natürlich wichtig, auch wenn man bereits 20 Jahre im Beruf steht und nicht mehr im Studium oder in der Ausbildung ist. Das kann es also auch nicht sein.

Die Altersgrenze dient vor allem dem Schutz der Beschäftigten. Bausachverständige sind allerdings üblicherweise auf eigene Rechnung tätig. Insofern ist die Gefahr eines ungewollten Präzedenzfalls für abhängig Beschäftigte nicht allzu groß. Das finde ich in dieser Debatte besonders wichtig.

Ob die Aussage der FDP stimmt, dass bereits ein nennenswerter Exodus von in die Jahre gekommenen nordrhein-westfälischen Bausachverständigen ins benachbarte Hessen stattfindet, weil die Altersgrenze dort bei 70 Jahren liegt, bezweifle ich jetzt.

Es besteht aber auch ohne diesen Umstand Grund genug, diesen Gegenstand auf die politische Agenda zu setzen. Getreu dem Motto, dass Aufgaben, die jetzt gelöst werden können, auch jetzt gelöst werden sollen, spricht also nichts dagegen.

Generell ist klar, dass hier nicht grundsätzlich über die Altersgrenze zu sprechen ist, dass also an generellen gesetzlichen Altersgrenzen nicht zu rütteln ist, und dass natürlich eine generelle Flexibilisierung auch nicht wünschenswert ist. – Dies aber nur fürs Protokoll.

Der individualisierten Eignungs- und Gesundheitsprüfung, die noch erwähnt wird, stehen wir offen gegenüber, teilen aber die in der Antwort auf die Kleine Anfrage kommunizierte Sorge, dass es damit natürlich zu Mehraufwänden kommen kann. Nutzen und Kosten sollte man hier gegeneinander abwägen.

Der Beschlussteil findet also Zustimmung, sodass ich in diesem Fall tatsächlich einmal nicht nur als Worthülse sagen kann: Wir freuen uns auf die weitere Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Groschek das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Zeit ist in der Tat reif für eine Anpassung der Verordnung. Herr Klocke hat ja bereits aus der Antwort zitiert, die ich vor wenigen Wochen schon geben konnte.

Wir haben die Landesbauordnung jetzt in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Deshalb werden wir uns jetzt um das Baukammergesetz und um die Sachverständigenverordnung kümmern. Das geht sinnvollerweise am besten parallel, auch im Gespräch mit den zuständigen Kammern.

Ich persönlich hielte eine Individualisierung dann für sinnvoll, wenn wir gemeinsam einen praktikablen Weg finden würden, ohne großen Prüfungsaufwand diesen Qualitäts- und Qualifikationsnachweis jeweils einzuräumen. Deshalb glaube ich, es wird eher eine allgemeine Verlängerung der Altersgrenze geben – eben wegen des bislang nicht praktikablen individualisierten Prüfverfahrens.

Aber es kann ja eine sehr interessante Ausschussberatung werden, die uns dann hilft. Denn im Gegensatz zur FDP-Annahme ist das keine Gesetzesangelegenheit, die wir hier miteinander verhandeln, sondern eine Verordnung. Die Verordnung werde ich Ihnen selbstverständlich zur Beratung zur Kenntnis geben und, wie ich hoffe, dann im Einvernehmen mit Ihnen umsetzen.

Gleichwohl ist das Verordnungswesen ja ein sehr administrativ konzentriertes Verfahren. Aber glauben Sie mir: Sie werden gebührend berücksichtigt, ohne gebührenpflichtig zu werden.

(Karlheinz Busen [FDP]: Gut! – Vereinzelt Bei- fall von der SPD)

Danke, Herr Minister Groschek. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zu Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12113 an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr – federführend – sowie an den Ausschuss für Europa und Eine Welt. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss wie üblich in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist für diese Überweisungsempfehlung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

11 Masterplan Salzreduzierung konsequent und

umgehend umsetzen

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/12115 – Neudruck

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende SPD-Fraktion Herrn Kollegen Berghahn das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Tribünen! Die K+S Kali GmbH im hessischen Kassel gewinnt aus sechs Bergwerken in Deutschland Rohsalze, die unter anderem für die Düngemittelproduktion verwendet werden. Das Unternehmen ist weltweit einer der führenden Anbieter für Magnesium- und Kaliprodukte und verfügt über eine mehr als hundertjährige Firmenerfahrung.

Bei dem Abbau und der Weiterverarbeitung der Salze fallen Abfallstoffe an, die auf Halden verbracht oder auch unterirdisch verpresst werden. Diese Abfallprodukte und deren Entsorgungsart sind im Laufe der Jahrzehnte zu einem Umweltproblem geworden, da sich durch Auswaschung und Ausspülung die Salze lösen und diese Salzlauge wiederum das Grundwasser und die Flüsse wie die Werra und die Weser belasten.

2006 hat die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, weil wir die Ziele zur Einhaltung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, nämlich einen guten chemischen

und ökologischen Zustand der Wasserqualität, deutlich verfehlen. In der Weserministerkonferenz im März 2016, also in diesem Jahr, wurde von den Ministern der Anrainerländer ein detaillierter Bewirtschaftungsplan für die Flussgebietsgemeinschaft Weser beschlossen, der auch der EU vorgelegt werden muss.

In einem hierzu gehörenden Maßnahmenprogramm wurden Maßnahmen für die Reduzierung der Salzabwässer beschlossen, um einen guten ökologischen Zustand von Werra und Weser zu erreichen, so zum Beispiel die Anwendung von technischen Verfahren zur Reduzierung der Abwassermengen, das Einstapeln eines Teils der verfestigten Abwässer unter Tage sowie das Abdecken der bis zu 200 m hohen Hallen, um ein Auswaschen durch Regen zu verhindern.

Kolleginnen und Kollegen, seit Jahren befassen wir uns nun schon mit der Problematik der Salzwasserbelastung in der Weser durch die K+S Kali GmbH. Mit dem Bewirtschaftungsplan der Flussgebietsgemeinschaft haben wir einen nachhaltigen Plan zur Reduzierung der Salzeinträge in die Weser vorliegen. Allerdings ist es hierzu nötig, den „Masterplan Salzreduzierung“ zügig und stringent umzusetzen. Nur so kann der gute ökologische Zustand der Weser bis zum Ende des Jahres 2027 erreicht werden.

Aber genau hier scheint das Unternehmen K+S einen anderen Weg einschlagen zu wollen. Denn noch vor Abschluss des Bewirtschaftungsplans im März hat das Unternehmen die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens zum Bau einer Pipeline zur Oberweser beim zuständigen Regierungspräsidium in Kassel beantragt. Andere Teile des Masterplans werden von dem Unternehmen schlichtweg abgelehnt, oder es wird sogar mit einer Klage dagegen gedroht. Das scheint eine Art Rosinenpickerei zu sein. Jedes Unternehmen, auch jede Bürgerin und jeder Bürger in unserem Land, ist verpflichtet, seinen Müll ordnungsgemäß zu entsorgen.

Ich glaube, wir sind uns sicher einig, dass hier das Verursacherprinzip gilt und somit auch K+S als Produzent der Mineralsalze verpflichtet ist, alles zu tun, um seine Produktionsrückstände und die Salzlaugen ordnungsgemäß zu entsorgen.

(Beifall von der SPD)

Natürlich ist jedes technische Verfahren, das geeignet ist, die Salzlaugenmenge zu reduzieren, zu begrüßen und vorrangig umzusetzen. Hierzu gehören zum Beispiel das Kainit-Kristallisations-FlotationsVerfahren oder das K-UTEC-Verfahren sowie weitere technische Verfahren. Diese Verfahren sorgen dafür, dass möglichst wenige Reststoffe anfallen und somit Grundwasser und Flüsse weniger belastet werden. Zudem können weitere wertvolle Rohstoffe daraus gewonnen werden.

Wer die Arbeitsplätze in dieser Branche erhalten will, muss in verfügbare neue Techniken und damit auch in die Zukunft investieren, auch wenn man dadurch das Jahresergebnis des Unternehmens und somit die Ausschüttung für die Gesellschafter vielleicht reduziert. So geht man verantwortungsvoll mit den Arbeitsplätzen und der Umwelt um.

Der vereinbarte Zielwert für den Pegel Boffzen von 300 mg Chlorid ist absolut einzuhalten. Somit ist auch jede andere Form einer Oberweserpipeline, die diesen Wert infrage stellt, abzulehnen.

(Beifall von der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen der Piraten, es freut mich, dass Sie unserem Antrag beigetreten sind und ihn unterstützen. Werte Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP, bitte machen auch Sie das.

(Lachen von Henning Höne [FDP] – Lukas Lamla [PIRATEN]: Heiterkeit von der FDP!)

Es wäre ein starkes Signal aus dem NRW-Landtag in Richtung Hessen und in Richtung von K+S für den Schutz der Wasserqualität der Weser und für die Grundwasserkörper. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Berghahn. – Für Bündnis 90/Die Grünen, die zweite antragstellende Fraktion, spricht Herr Kollege Markert.

Lieber Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorab: Auch ich freue mich, dass die Kolleginnen und Kollegen der Piraten dem Antrag beigetreten sind. Das ist ein starkes Signal in meine ostwestfälische Heimat, dass wir uns gemeinsam wie schon beim letzten Mal – damals mit anderen Partnern, der FDP – für die Weser einsetzen wollen.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Wir müssen bis spätestens 2027 den guten ökologischen Zustand unserer Oberflächengewässer und im Übrigen auch unseres Grundwassers gewährleisten. Das sieht die europäische Wasserrahmenrichtlinie vor. Wir hätten das im Übrigen schon bis 2015 schaffen müssen. Es ist für ein wohlhabendes Industrieland wie Deutschland eigentlich ein Armutszeugnis, dass wir das nicht geschafft haben. Aber, wie gesagt, bis 2027 müssen wir es allerspätestens geschafft haben. Es gibt noch die zweite Frist, 2021. Es wäre aller Mühen wert, das alles bereits zu diesem Datum zu erreichen.

Der gute ökologische Zustand bezogen auf die Weser bedeutet, dass wir sowohl die chemische Zusammensetzung des Wassers als auch den morphologi

schen Zustand der Weser, das heißt die geologischen Gegebenheiten dieses wunderbaren Flusses, wiederherstellen müssen.

Deswegen werden wir nicht zulassen, dass die Weser zu einem Salzgewässer wird. Vor allen Dingen werden wir nicht zulassen, dass die Weser zu einem Abwasserkanal für einen weltweit agierenden Düngemittelproduzenten wird!

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Hanns-Jörg Rohwedder [PIRATEN])

Meine Damen und Herren, wir haben – ich habe darauf hingewiesen – vor ungefähr einem Jahr beim, wenn ich mich richtig erinnere, letzten beschlossenen Antrag vor der Sommerpause fraktionsübergreifend ein Bekenntnis für die Weser abgelegt. Damals haben wir eine ganze Reihe von technischen Maßnahmen beim Produzenten vor Ort hier miteinander beschlossen und vorher natürlich auch diskutiert.