Protocol of the Session on May 12, 2016

Ich möchte noch einmal auf Ihren Antrag zurückkommen. Vielleicht wäre es gut gewesen, Sie hätten sich im Vorfeld zunächst bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern kundig gemacht. Dann wüssten Sie nämlich, dass bundesweit bislang kaum Projekte unterzeichnet wurden und dass sich

die Begeisterung der anderen Landesregierungen in Grenzen hält. Das gilt auch für das gelobte Land Bayern, das wir so häufig als leuchtendes Beispiel von Ihnen vorgeführt bekommen: Auch dort hält sich das Interesse am Europäischen Investitionsfonds in Grenzen.

Über einige Fakten ist bereits berichtet worden; aber lassen Sie mich noch ein paar vertiefende Gedanken ausführen. – Bei der Vorstellung des Investitionsfonds Ende 2014 und in den Debatten darüber Anfang 2015 hatte auch ich gedacht: Ja, jetzt ist die EU auf dem richtigen Weg; sie denkt in die richtige Richtung – weg von der reinen Sparpolitik, hin zu einem Fokus auf Investitionen.

Bei der näheren Analyse entpuppte sich das Ganze jedoch nicht als reiner Investitionszuschuss, sondern es ist ein ziemlich komplexes Gebilde mit einer Garantiesumme – Frau Müller-Witt hat es ja auch schon gesagt – von 21 Milliarden €, und die sind zudem nur zur Hälfte mit Haushaltsmitteln hinterlegt. Vor allem werden sie zur Risikoübernahme verwendet.

Also – ich hoffe, meine Zahl stimmt – sind es reale 13 Milliarden €, und am Ende sollen daraus 315 Milliarden € an Investitionen generiert werden. Das wurde und wird angezweifelt. Ich will zwar nicht so weit gehen, aber gelegentlich war schon die Rede von einem „Voodoo-Plan“ des Herrn Juncker. Schließlich muss man sehen: Da ist ein Hebel mit einem Faktor von 25 zugrunde gelegt. Man muss abwarten, ob das tatsächlich so umsetzbar sein wird.

Komplizierter wird das Gebilde auch dadurch, dass die Förderprogramme wie „Horizon“ zugunsten des Juncker-Plans gekürzt wurden, aber letzten Endes damit auch verwoben werden sollten. Zurzeit gibt es deutschlandweit vier unterzeichnete Projekte, darunter keines aus dem Bereich „Breitbandausbau“.

Das ist eine Zahl, die darauf hindeutet, dass die Finanzierungsstrukturen vielleicht doch nicht so attraktiv sind. Denn vor dem Hintergrund der akuten Geldschwemme auf dem Kreditmarkt spricht hinsichtlich der Finanzierung denkbarer Projekte einiges dafür, dass die Inanspruchnahme zinsgünstiger Kreditangebote vielleicht die bessere Alternative ist.

Ein weiterer Grund könnte darin bestehen, dass die Risikoabsicherung sich nicht auf alle Investorenanteile bezieht. Daher ist bei allen förderfähigen Projekten immer zu prüfen, ob nicht anderweitige Unterstützungsmöglichkeiten vorhanden sind. Genau dafür gibt es die Fachleute der NRW.BANK. Ich bin mir sicher, dass das bei den angemeldeten Projekten bereits getan wird und dass man am Ende auch Projekte aus Nordrhein-Westfalen identifizieren wird, für die dieser europäische Fonds die optimale Finanzierung darstellt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen. Ich bin zwar erst seit 2012 in diesem Landtag, aber eines weiß ich schon. Das adressiere ich direkt in Richtung von Herrn Optendrenk, der ja im Haushalts- und Finanzausschuss diese Fragestellung aufgeworfen hat. Sie haben einige Fragen zu diesem Thema gestellt, aber Sie haben wahrscheinlich die Antworten nicht richtig verstanden.

Das nächste Mal könnten Sie ja noch etwas aktiver fragen, wenn Sie ein Investitionsfondsgebilde nicht verstehen. Darüber hinaus gibt es auch das Mittel der Kleinen Anfrage. So viel als Rat fürs nächste Mal. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Beisheim. – Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die Wirtschaft in NordrheinWestfalen geschwächt ist, wissen wir nicht erst seit den Meldungen zur Stagnation aus den vergangenen Wochen. Dass Nordrhein-Westfalen allerdings mit großem Abstand Tabellenletzter ist, war dann doch im negativen Sinne eine deutliche Überraschung.

Dennoch haben wir auch in der Debatte über das Nullwachstum, so wie jetzt gerade auch wieder, von Rot-Grün wieder nur Ausflüchte, Beschwichtigungen und Entschuldigungen vernommen und gehört, was alles nicht geht in diesem Land. – Die historisch gewachsenen Strukturen des Landes sind schuld. Die Weltwirtschaft ist schuld. Die Sanktionen gegen Russland sind schuld. Die Energiepolitik des Bundes ist schuld. Das Programm ist nicht attraktiv genug gestaltet.

(Zuruf von der SPD: Meine Fresse!)

Das sind alles nur externe Gründe, warum es nicht geht.

Dann hörten wir zu unserer Überraschung aus der SPD-Fraktion auch noch die steile These, die Stagnation sei eine großartige Leistung der rot-grünen Koalition gewesen.

(Zurufe von der SPD)

Den Kollegen Hübner hat man deswegen, obwohl er dort drüben sitzt, heute wohl extra aus dem Spiel genommen.

Was wir jedoch nicht vernommen haben, waren Ideen und Konzepte für die Befreiung aus dieser Stagnation. Für den gestalterischen Anspruch einer Landesregierung ist eine solche Politik von null Bock und null Ideen ehrlich gesagt ein Armutszeugnis.

(Beifall von der FDP)

Herr Wirtschaftsminister Duin hatte mit einer seiner ersten Amtshandlungen 2012 den jährlichen Konjunkturbericht Nordrhein-Westfalen abgeschafft. Heute wissen wir, was die Intention dahinter gewesen sein wird; denn Konjunkturberichte sind bei rot-grünen Landesregierungen ebenso beliebt wie blaue Briefe bei den Schülerinnen und Schülern. Dass die Ministerpräsidentin nun als einzige Antwort auf die Stagnation einen solchen Bericht für den Herbst ankündigt, ist vor diesem Hintergrund wirklich ein Treppenwitz.

(Beifall von der FDP)

Nun aber hat der Wirtschaftsminister offenbar erkannt, dass vielleicht doch ein wenig mehr Engagement notwendig ist, um endlich Impulse für mehr Wachstum und mehr Wohlstand in Nordrhein-Westfalen zu schaffen. Seine industriepolitischen Leitlinien sind dafür zumindest schon einmal ein interessanter Wortbeitrag. Herr Minister, das erkennen wir auch ausdrücklich an.

Aber gegen die Stagnation helfen Worte alleine nicht und schon gar nicht, wenn es sich bei den Worten um eine unabgestimmte Einzelmeinung eines Ministers handelt und das nicht die Position der Landesregierung ist und diese Position auch noch am gleichen Tag von der grünen Verhinderungspartei konterkariert wird.

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen braucht endlich Taten. Erst vor wenigen Tagen haben wir von der FDP-Fraktion ein in Auftrag gegebenes Gutachten des RWI zum Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen erhalten. Dieses hat einmal mehr gezeigt, dass die ständigen Entschuldigungen und Beschwichtigungen von SPD und Grünen nicht überzeugen können.

(Beifall von der FDP)

Dass etwa die Investitionen der Industrieunternehmen in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren deutlich anstiegen, während sie in Nordrhein-Westfalen gefallen sind, lässt sich beim besten Willen nicht mehr mit der Weltwirtschaft oder Russland-Sanktionen erklären, meine Damen und Herren. Denn auch Baden-Württemberg ist von der globalen Konjunktur abhängig und auch für die Unternehmen aus Niedersachsen gelten die Russland-Sanktionen.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen deuten vielmehr auf eine bewusste Investitionsentscheidung gegen Nordrhein-Westfalen hin. Hier muss endlich gegengesteuert werden.

(Beifall von der FDP)

Das Gutachten hat gezeigt, dass das Investitionsklima in Nordrhein-Westfalen dringend verbessert werden muss und dass das Land mehr in die Zukunft

investieren muss, in Infrastruktur, in Bildung, in Forschung und Entwicklung.

Erst gestern haben wir hier einen konkreten Vorschlag vorgebracht, wie wir Investitionsmittel für Infrastruktur und Forschung generieren können.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Ja, stimmt, der Vorschlag ist von gestern! – Beifall von der SPD)

Nein, der Vorschlag ist gestern von Ihrer Fraktion wieder einmal abgelehnt worden. Leider hat unser Vorschlag nämlich keine Mehrheit gefunden, dass die Mittel des Bundes für Zukunftsinvestitionen verwendet werden, anstatt das Elektrozweitauto von Gutverdienern zu subventionieren.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege Abel, das war Ihre Fraktion, die diese Position hier mitgetragen hat. Während Sie das in Berlin mitkritisiert haben, haben Sie hier die Hand für Subventionen und gegen Investitionen in Forschung und Entwicklung gehoben.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: So ist das!)

Auch die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, hat im vorliegenden Antrag einen aus unserer Sicht sinnvollen Vorschlag gemacht, wie Anreize für Investitionen in Nordrhein-Westfalen geschaffen werden können. Aber was kam da auch wieder von der Opposition? – Nur: Das Programm ist überbewertet. Das ist alles viel zu schwierig. Die anderen, die schon viel weiter sind als wir, nutzen das nicht.

Ja, das ist dann doch gerade unsere Chance, meine Damen und Herren,

(Beifall von der FDP und der CDU)

dass wir dieses Programm hier nutzen und einsetzen, um Nordrhein-Westfalen endlich von diesem Abstiegsplatz wegzuführen. Denn die zum Teil falsche Prioritätensetzung beim EFRE-Programm, bei dem zum Beispiel der dringend notwendige Breitbandausbau als Förderachse hätte aufgenommen werden müssen, steht jetzt auch im sogenannten Juncker-Investitionspaket als Handlungsbedarf zur Verfügung.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Müller-Witt?

Ja, gerne doch.

Das ist nett von Ihnen.– Bitte, Frau Müller-Witt.

Herr Brockes, haben Sie sich einmal die Richtlinien und die Vorgaben des Programms durchgelesen?

(Heiterkeit)

(Beifall von der FDP – Heiterkeit)

Danke für die Zwischenfrage. Das war ja mal eine nette Zwischenfrage.