Vielen Dank, Herr Höne. Sie haben es vielleicht gemerkt: Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention, und zwar von Herrn Dr. Paul.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrter Herr Kollege Höne, der Kern unseres Antrags zielte eigentlich auf den Vertrauensverlust und die Verhandlungsführung durch die EU ab. Dankenswerterweise hat der Kollege Töns von Leitplanken für Freihandelsabkommen gesprochen, und Herr Kollege Engstfeld hat noch mal deutlich auf die Differenz zwischen Risiko- und Vorsorgeprinzip hingewiesen.
Sie haben selber den alten Ricardo erwähnt. Bei den Freihandelstheorien ist die generelle Kritik ja die, dass man eigentlich anfängt – ich bin nicht dagegen; das sage ich ausdrücklich – Nationalökonomien als Betriebswirtschaften zu behandeln, um Angleiche voranzuführen.
Ich sage mal: Um dafür zu sorgen, dass eine amerikanische Mutter auf eine deutsche Schraube passt, brauche ich kein Freihandelsabkommen. Was ist die Position, was ist Ihre Sichtweise auf den Vorwurf, Nationalökonomien würden wie Betriebswirtschaften behandelt? Wo bleibt da für die FDP, für die Freie Demokratische Partei Deutschlands, das demokratische Selbstbestimmungsprinzip?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Also, Herr Kollege Dr. Paul, Sie vermischen ja jetzt wieder den altbekannten Vorwurf, Demokratie würde mit solchen Freihandelsabkommen ausgehebelt, alles ginge den Bach herunter, es gäbe demnächst keinen Umweltschutz und keinen Verbraucherschutz mehr in Europa, und die ganzen Errungenschaften gingen verloren.
Dem stelle ich mich erst mal komplett entgegen. Das geben übrigens auch die Zwischenergebnisse so nicht her. Es gibt viele, viele kleine Beispiele, über die zu verhandeln sich lohnt.
Ich habe im letzten Jahr – das ist ein Praxisbeispiel – ein Unternehmen bei mir im Kreis Coesfeld besucht, die Firma Joest, die Rüttelmaschinen zum Weitertransport von Schüttgütern produziert. Die haben eine Standardmaschine, Kostenpunkt ca. 5.000 €. Die Zulassungsgebühren für einen Einzelexport in die USA liegen ähnlich hoch, nämlich bei 5.000 bis 7.000 €. Verkaufte Maschinen, trotz Interesses, in die USA: Null.
Es ist ein kleiner mittelständischer Betrieb mitten in Westfalen, mitten im Kreis Coesfeld, dem gemeinsame Standards, die Anerkennung eines Zulassungsverfahrens für eine solche Maschine, helfen könnte, Arbeitsplätze zu sichern oder sogar auszubauen. Das hat in dem Moment überhaupt nichts mit der Aushebelung von Demokratie und ähnlichen Dingen zu tun.
Jetzt sage ich Ihnen noch etwas. Aktuell, Herr Kollege Dr. Paul, werden ja verschiedenste Freihandelsabkommen noch ausgehandelt, oder es laufen schon welche. Mehrere Hundert solcher Abkommen hat Deutschland abgeschlossen. Gegen keines von denen haben Sie Kampagnen geführt. Das ist entlarvend: Es geht Ihnen gar nicht um TTIP, es geht Ihnen auch gar nicht um Freihandel. Es geht um Antiamerikanismus,
Damit – das hat der Kollege Hovenjürgen eben schon angesprochen; Herr Kollege Schmalenbach, hören Sie gut zu! – sind Sie zusammen, Hand in Hand: Piratenpartei mit Linkspartei, mit AfD und mit Donald Trump. Für diese unheilige Allianz sind wir nicht zu haben.
Frau Präsdentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, dass wir über dieses Thema auch in ähnlicher Aufgeregtheit diskutieren. Über ähnliche Anträge der Fraktion der Piraten und anderer Fraktionen haben wir hier im Landtag schon diskutiert und die Positionen ausführlich ausgetauscht. Auch die Position der Landesregierung dazu ist Ihnen bekannt. Diese deckt sich mit der Auffassung der Bundesregierung.
Handelsabkommen wie TTIP sind grundsätzlich eine sinnvolle Sache. Sie fördern den Außenhandel, sie fördern ausländische Direktinvestitionen nicht nur hier, sondern – wir haben gerade ein Beispiel gehört – auch hiesiger Unternehmen in den jeweiligen Partnerländern. Damit tragen sie bei zum Wirtschaftswachstum und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Auch und gerade für die NRW-Wirtschaft können Handelsabkommen sehr nützlich sein. NRW ist, wie wir an anderer Stelle schon intensiv diskutiert haben, ein sehr exportstarkes Land. Wir profitieren von der Globalisierung, die große Chancen für Handel und Investitionen bietet, und das gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen. Ohne die Rechtssicherheit, die internationale Handelsabkommen schaffen, gäbe es weniger Außenhandel. Handelsabkommen sind also eine unabdingbare Voraussetzung für den Welthandel.
Ich betone aber auch erneut, dass die hohen sozialen, Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzstandards, die wir in der EU erstritten haben und über
Auch – und das will ich besonders hervorheben – die Kommunen müssen weiterhin in der Lage sein, die kommunale Daseinsvorsorge nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Ebenso muss die Kultur- und Medienvielfalt bei uns gesichert bleiben
Das Verhandlungsmandat, auf dessen Basis die EUKommission mit den USA verhandelt, macht zu diesen Punkten auch sehr eindeutige und gute Vorgaben.
Ich begrüße auch, dass es beim Investitionsschutz eine erfreuliche Entwicklung gibt, wenn man sich die Debatten der Vergangenheit einmal vor Augen führt. Nicht zuletzt auf Initiative des Bundeswirtschaftsministers wurde ein modernisierter Investitionsschutz in das mit Kanada bereits ausgehandelte CETAAbkommen aufgenommen. Dieses schreibt das „right to regulate“ fest und schiebt damit Klagen von Unternehmen gegen Gesetzesänderungen, die ihnen nicht passen, einen Riegel vor. Außerdem führt es Berufsrichter, Berufungsinstanzen und mehr Transparenz und Öffentlichkeit ein.
Die Europäische Kommission hat die mit Kanada vereinbarten neuen Regelungen zu einem modernisierten Investitionsschutz fast wortgleich als die EUPosition offiziell in die TTIP-Verhandlungen eingebracht.
Nachdem lange Zeit berechtigter Unmut über die Intransparenz der Verhandlungen bestand, hat die Europäische Kommission jetzt all ihre Verhandlungspositionen ins Internet gestellt. Wenn es immer noch Anlass zu Klagen wegen fehlender Transparenz gibt, dann müssen diese sich gegen die US-Seite richten, die offenbar ein anderes Verständnis von Öffentlichkeitsbeteiligung hat, meine Damen und Herren.
Die jetzt durch die Leaks an die Öffentlichkeit gelangten amerikanischen Textentwürfe halte ich – wie auch der Kollege Töns zum Ausdruck gebracht hat, der vorher in dem Leseraum gewesen ist – für weit weniger spektakulär, als es mancherorts dargestellt wird. Sie geben nur die ohnehin bekannten amerikanischen Positionen und Interessen wieder.
Dass die Positionen der USA und der EU auf einigen Gebieten weit auseinanderliegen, war von Anfang an bekannt. Das ist nun einmal so bei Verhandlungen.
Die unterschiedlichen Positionen werden auf den Tisch gelegt; dann schaut man sich an, in welchen Bereichen man sich einigen kann.
Wenn das gelingt, wenn beide Seiten genügend Vorteile für sich erkennen, dann schließt man ein Abkommen ab. Wenn nicht, beschränkt man sich eben auf die Themen, in denen eine Einigung möglich ist.
Die jetzt an die Öffentlichkeit gelangten Verhandlungspositionen der USA sind kein Verhandlungsergebnis. Niemand kann der EU und ihren Mitgliedstaaten Verhandlungspositionen aufzwingen, die sie nicht mittragen können und nicht mittragen wollen, meine Damen und Herren.
Ziel ist es, wie wir wissen, die Verhandlungen bis zum Ende des Jahres zum Abschluss zu bringen. Die Bundeskanzlerin und der amerikanische Präsident haben das noch einmal anlässlich ihres Zusammentreffens hier in Deutschland zum Ausdruck gebracht. Das halte ich, gelinde gesagt, mittlerweile für ausgesprochen ambitioniert, aber es hängt insbesondere auch von der Verhandlungsführung der USA ab.
Die Landesregierung bleibt bei ihrer Linie. Sie ist beispielweise von Herrn Engstfeld noch einmal thematisiert worden. Wir bleiben bei unserer Linie. Es gibt aktuell keinen Grund, die Verhandlungen abzubrechen. Wir warten die konkreten Ergebnisse der Verhandlungen ab. Wir werden diese gründlich auswerten, und wir werden dann auf dieser soliden Grundlage eine gut begründete Position entwerfen.
Deswegen können wir uns dem Antrag der Piraten logischerweise nicht anschließen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, liebe Frau Präsidentin. – Ich möchte mich bei Markus Töns und Stefan Engstfeld für die sehr sachlichen Beiträge und die deutlichen Hinweise bedanken – trotz aller Kritik an unserem Antrag.
Aber, Herr Höne, mit Ihrem Antiamerikanismus haben Sie ein sehr eingeschränktes Amerikabild gezeichnet. Denn es gibt auch ein Amerika eines Jo
seph Stiglitz, der auch vor diesem Freihandelsabkommen warnt. Es gibt das Amerika eines Noam Chomsky, eines Philip Mirowski, eines Philip Pettit. Wenn Sie heute etwas über Marx lernen wollen, müssen Sie schon nach Havard gehen. In Deutschland ist das nicht mehr möglich. Also, ein Hoch auf Amerika! – Das ist die eine Seite.