Protocol of the Session on May 11, 2016

Ich darf in meiner Rede fortfahren. Es geht in der Tat um die Frage der tatsächlichen Zahlen. Man muss wirklich schauen: Wie sehen die aus?

Wir haben im FlüAG übrigens eine Regelung, die vorsieht, dass wir diese Zahlen quartalsmäßig erfassen. Das heißt, wir müssten eigentlich wissen, wie viele Flüchtlinge an welcher Stelle sind und welche Kosten sie verursachen.

Damit komme ich zu unserem Änderungsantrag, der sich unter anderem darauf bezieht. Wir sagen: Es wäre doch im Sinne einer möglichst tatsächlichen Kostenübernahme sinnhaft, diese Zahlen quartalsmäßig aufzugreifen und die Pauschale quartalsmäßig mit den jeweiligen Kommunen abzurechnen, wobei insbesondere der Aufteilungsschlüssel natürlich entsprechend gestaltet werden müsste.

Denn wir haben nach wie vor die Situation, dass auch Landeseinrichtungen eingerechnet werden, was im Einzelfall zu zahlenmäßigen Verwerfungen führen kann.

Herr Kollege Nettelstroth, Entschuldigung, ich muss Sie ein zweites Mal unterbrechen. Herr Kollege Hübner will Ihnen jetzt gerne eine Zwischenfrage stellen.

Auch Herr Hübner darf das.

Das ist sehr freundlich, Herr Kollege Nettelstroth, dass Sie mir das gestatten. – Herr Nettelstroth, können Sie bestätigen, dass in den weit über 1,9 Milliarden €, die wir den Kommunen zur Verfügung stellen, lediglich ein Bundesanteil von 626 Millionen € enthalten ist, was ja nicht mit Ihrer Aussage korrespondiert, dass der weit größte Teil der 10.000 €, die Sie gerade benannt haben, durch den Bund übernommen wird, weil dem die Annahme zugrunde liegt, dass der Bund nur bereit ist, für maximal sechseinhalb Monate die Unterstützung zu übernehmen?

Da kommt es auf die Fragen an, wie lange die entsprechende Unterstützungsleistung gewährt werden muss und wie lange diese Verfahren dauern. Insofern müsste man die Zahlen genauer betrachten.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Kollegen, wenn, dann muss man sehr genau rechnen. Vielleicht kann ich jetzt weitermachen, wenn die Kollegen das gestatten.

Ich komme zu den Krankenkosten. Sie wissen, dass diese – ich sage: Gott sei Dank – von 70.000 auf 35.000 € herabgesetzt worden sind. Wir sind der Auffassung, dass wir noch weiter heruntergehen müssen, weil diese Kosten für die Kommunen natürlich erheblich sind und diese auf eine möglichst schnelle und kurzfristige Refinanzierung angewiesen sind. In dem Zusammenhang haben wir auch angeregt, dass man die entsprechenden Abrechnungszeiten um ein Jahr verlängert, um ihnen die Möglichkeit zu geben, zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung zu kommen.

Diese Anliegen sollte man aufgreifen. Deshalb werbe ich nochmals dafür, unserem Antrag hier heute zuzustimmen, der nachher zur Abstimmung steht.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Im Ergebnis kommen wir daher zu dem Schluss: Dieses FlüAG geht zwar in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Deshalb werden wir nicht zustimmen können. Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Er enthält Änderungsaspekte, die den tatsächlichen Verhältnissen näherkommen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Nettelstroth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Düker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nettelstroth, ich bin nicht nur fassungslos, ich bin hinreichend erschüttert.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der FDP)

Ich bin wirklich erschüttert. Dazu gehört schon einiges.

Ihr Vortrag hatte die Überschrift „Fakten stören nur“. Wie können Sie in dieser schwierigen Situation, in der wir hier gerade sind, nämlich die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen fair und sachgerecht zu unterstützen, so einen Haufen dummes Zeug erzählen? Ich belege das auch.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Erster Vorwurf: Wir zahlen aufgrund einer Prognose. – Was sollen wir denn sonst machen? Wir beschließen den Haushalt im Dezember 2015. Das Bundesamt gibt uns eine Prognose im Dezember des Jahres. Wie viele Flüchtlinge im nächsten Jahr

kommen, können wir zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Haushalt nur prognostizieren. Wir haben exakt die Zahl genommen, die uns der Bundesinnenminister vorgegeben hat. Was sollen wir denn sonst nehmen?

Zweiter Vorwurf: Es fehlt eine Anpassung. – Falsch! In der Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden steht – das wird auch genauso gemacht –: Am 1. Januar wird gezählt, und zwar das, was die Kommunen melden, und dann wird über einen Nachtragshaushalt – genau das läuft gerade – nachgesteuert. Selbstverständlich nehmen wir eine Anpassung vor. Diese ist strukturell vereinbart.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Darüber hinaus gibt es eine dritte Stufe der Anpassung – auch das ist in der Vereinbarung enthalten –, nämlich eine Anpassung, falls es im Laufe des Jahres zu Verwerfungen kommt, eine Revisionsklausel, dass man sich noch einmal zusammensetzt.

Es ist also komplett falsch, dass Sie uns erstens unterstellen, wir hätten keine validen Zahlen – das sind die, die die Kommunen melden oder die, die der Bundesinnenminister uns nennt –, und zweitens, wir machten keine Anpassung.

Dritter Vorwurf: Bezüglich der Geduldeten würden wir nicht die richtigen Zahlen nehmen. – Erstens. Wir nehmen erstmals in diesem Jahr die Geduldeten mit hinein. Das wäre ja mal eine Feststellung wert gewesen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Zweitens. Es sind auch hier die Zahlen, die die Kommunen uns melden, nämlich die Menschen, die hier keinen Aufenthaltsstatus haben, geduldet und im Bezug von Asylbewerberleistungsgesetz sind. Welche anderen Parameter sollen wir denn sonst nehmen? Das sind ja auch die Geduldeten, die – in Anführungszeichen – in den Kommunen Kosten verursachen. Für die, die Arbeit haben, brauchen wir ja kein Geld zur Verfügung zu stellen. Es sind also genau diese Zahlen. Auch dieser Vorwurf ist völlig aus der Luft gegriffen.

Dann Ihr ominöser Vorwurf, wir würden die Bundesmittel nicht weiterleiten, diese würden in irgendwelchen dunklen Kanälen beim Finanzminister versinken.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist der Höhe- punkt!)

Schauen Sie bitte einmal in den Haushalt. Der Anteil der Mittel, die wir vom Bund bekommen, beträgt im Verhältnis zum Landesanteil exakt 20/80. Ich finde das einen Skandal.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir verlangen nicht weniger als fifty-fifty. Das wäre doch auch nur fair. Die 20 %, die der Bund zur Verfügung stellt, bekommen selbstverständlich die Kommunen, und zwar eins zu eins.

Ich könnte das, was Sie hier an bösartigen Unterstellungen und Falschbehauptungen in den Raum gestellt haben, noch fortsetzen. Dazu reicht die Zeit leider nicht. Das Schlimme, Herr Nettelstroth, ist aber nicht, dass Sie das hier verbreiten, sondern das Schlimme ist, dass Sie und Ihre Kollegen durch das Land ziehen und das den Kommunen erzählen, die das dann in kommunale Resolutionen übernehmen. Wider besseres Wissen hetzen Sie mit Falschbehauptungen die kommunale Familie auf.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ralf Nettelstroth [CDU]: Sie wissen ganz genau, wie das aussieht!)

Sie verlangen jetzt, die Lösung der Probleme sei nicht das, was die kommunalen Spitzenverbände mit dem Land vereinbart hätten: Monatspauschale ab 2017, die dann personenscharf ausgezahlt wird, ein Übergangsjahr 2016, in dem wir versuchen, diese Verwerfungen, die zugegebenermaßen aufgrund der Vervierfachung der Zahlen im letzten Jahr entstanden sind, aufzufangen.

Nein, Sie sagen, pactas sind eben nicht servanda – da fehlen mir die Lateinkenntnisse. Der Kollege Stotko sagt: Pacta sunt servanda. Sie wollen die bestehenden Verträge aufkündigen – das steht genauso in Ihrem Antrag – und sagen: Wir möchten sofort eine Eins-zu-eins-Spitzabrechnung, und zwar für das laufende Jahr, sowie die Pauschalierung und die Quotenberechnung komplett in die Tonne hauen.

Ich finde, das ist nicht im Interesse der Kommunen, Herr Nettelstroth, was Sie hier machen. Die Kommunen haben auch ihre Haushaltspläne aufgestellt. Sie haben ihre Haushaltspläne auf diese Vereinbarung gegründet, die wir getroffen haben, im Vertrauen darauf, dass wir diese Vereinbarung auch einhalten.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

Nein, wir werden diese Vereinbarung nicht einseitig kündigen, obwohl Sie das in Ihrem Antrag fordern.

Die Redezeit.

Wir sind vertragstreu und werden genau das den Kommunen geben, was vereinbart ist. Ich glaube nicht, dass Sie mit Ihren Vorschlägen den Kommunen wirklich weiterhelfen.

Ich fordere Sie zum Schluss auf: Unterlassen Sie es, der kommunalen Familie so viel Blödsinn zu erzählen und sie mit Falschaussagen auf die Bäume zu brin

gen, von denen wir sie vor Ort jedes Mal wieder runterholen müssen. Das ist nicht im Sinne der Kommunen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es! – Ralf Nettelstroth [CDU]: Totaler Un- sinn!)

Vielen Dank, Frau Düker. – Für die FDP-Fraktion erhält Dr. Stamp jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Düker, dass Sie sich jetzt dafür abfeiern lassen, dass Sie erstmals die Geduldeten mit aufnehmen, finde ich schon ein bisschen grotesk, wo Sie hier seit sechs Jahren regieren. Das wäre doch längst überfällig gewesen. Das ist schon stark.

(Beifall von der FDP – Monika Düker [GRÜNE]: Das wird man doch einmal sagen dürfen, oder!)

Ich möchte zwei Punkte benennen, warum wir dem FlüAG hier nicht zustimmen werden.