Protocol of the Session on May 11, 2016

Die Ministerpräsidentin muss daher den Streit zwischen den Koalitionsfraktionen und den Regierungsmitgliedern beenden. Art. 55 Abs. 1 der Landesverfassung, Frau Ministerpräsidentin, gibt Ihnen das Recht dazu und legt es Ihnen zugleich als Pflicht auf. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Voussem. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Klocke.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja viel der Ehre, extra eine Aktuelle Stunde zu beantragen, wenn die grüne Landtagsfraktion mal ein Positionspapier beschließt. Auch von Herrn Kollegen Voussem wird uns diese zuteil, der intensiv unsere Parteitagsbeschlüsse gelesen hat. Das ist nur zu begrüßen.

Ich denke – abseits der Ironie –, es macht Sinn und es ist gut, wenn der Landtag über Luftverkehrspolitik und über die Flughäfen im Land diskutiert. Das ist nämlich lange nicht passiert.

(Christof Rasche [FDP]: Die SPD meint das Gegenteil!)

Jetzt aber einmal zur Genese in der Luftverkehrspolitik. Lieber Kollege Rasche, es ist so, dass Gustav

Heinemann einmal gesagt hat: Wenn man mit dem Finger auf andere zeigt, dann zeigen die anderen Finger an der Hand auf einen selbst zurück.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung von 2009 bis 2013 hatte im Koalitionsvertrag und hätte zur Aufgabe gehabt, ein neues Bundesluftverkehrskonzept vorzulegen. Im Jahr 2008 ist nämlich das letzte ausgelaufen. Wir haben im Jahr 2010 in unserem Koalitionsvertrag aus guten Gründen festgelegt – ich unterstütze da sehr die Argumentation unseres Ministers –: Bevor wir ein neues Konzept für NordrheinWestfalen auflegen, warten wir auf die Rahmensetzungen des Bundes und werden uns daran orientieren. – Das ist sehr sinnvoll.

(Beifall von den GRÜNEN und Jochen Ott [SPD])

Die ehemalige schwarz-gelbe Regierung, die jetzt diese Aktuelle Stunde beantragt hat, hat doch in der Zeit, zu der Sie im Bund regiert haben, es nicht geschafft. Und die aktuelle Bundesregierung mit einem CDU/CSU-Verkehrsminister – aus meiner Sicht der schlechteste, den Deutschland je hatte –, hat es bisher auch nicht geschafft, ein Bundeskonzept vorzulegen. Von daher ist es doch das gute Recht jeglicher Parteien und Fraktionen, konzeptionell zu arbeiten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch von der SPD habe ich letzte Woche am gleichen Tag, an dem die Luftverkehrsdebatte bei den Grünen in der Presse wiedergegeben wurde, wahrgenommen, dass die SPD-Fraktion grundsätzliche Beitragsfreiheit in Kindertagesstätten fordert.

(Armin Laschet [CDU]: Unsinn ist das! – Jo- chen Ott [SPD]: Das ist wichtig!)

Das haben wir so nicht im Koalitionsvertrag, das ist auch keine grüne Position. Es ist absolut legitim, dass unser Koalitionspartner bei einem Strategiekongress öffentlich darüber nachdenkt, wie das finanziert werden kann und wie die Konzeption aussieht. Und mit dem gleichen guten Recht nehmen wir Grüne für uns in Anspruch, dass wir über das Thema Luftverkehr und über das Thema Flughäfen bei uns intern diskutieren und darüber auch entsprechende Positionen festlegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben es uns nicht leicht gemacht, indem wir nur einfach ein Konzept aufgeschrieben haben, sondern wir haben ein Gutachten an einen bekannten Bonner Ökonomen, Herrn Prof. Thießen, der jetzt an der Uni Chemnitz lehrt, vergeben. Er ist ein Gutachter, der auch schon für die CDU und für das Verkehrsministerium gearbeitet hat und ebenso für die SPD Expertisen erstellt hat. Er ist weit davon entfernt, ein Umweltgutachten oder ein BUND-Gutachten zu schreiben.

Dieser Ökonom hat uns ein 250-seitiges Gutachten zum Luftverkehr vorgelegt. Das Gutachten ist weit davon entfernt, als Grundsatz zu propagieren: Fliegen ist böse; wir müssen die Leute in der Region Urlaub machen lassen etc. – Dieses Gutachten gibt aber sehr gut wieder, was im Bereich der Ökonomie an Verbindungen von Luftverkehrsstandorten zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung festzustellen ist oder nicht.

Prof. Thießen trifft folgende Aussage und belegt sie mit zahlreichen Statistiken und Studien, beispielsweise der OECD, oder auch mit den Gutachten, die die Bundesregierung für die Aufstellung des Luftverkehrskonzeptes vom DLW heranzieht: Es existiert keine einzige Statistik, die belegt, dass es ein signifikantes Wirtschaftswachstum kohärent zu einem Ausbau oder zur Ansiedlung eines Flughafens gibt. Das gibt es nicht.

Das ganze Gerede, auch jetzt vom Düsseldorfer Flughafenchef, zu sagen, wenn wir einen prosperierenden Flughafen haben, dem wir immer mehr Kapazitäten geben, von dem immer mehr Flüge starten, wirkt sich das eins zu eins auf die nahe liegende, umliegende Wirtschaft aus, lässt sich statistisch nicht belegen, und das europaweit nicht.

Deswegen haben wir ein paar Fragen, was die Entwicklung der NRW-Flughäfen angeht. Kollege Rasche, Sie haben eben jegliche Sachinformation, Sachdebatte vermissen lassen.

Was ist denn mit den defizitären Regionalflughäfen in Nordrhein-Westfalen?

(Beifall von den GRÜNEN)

Es gibt keinen einzigen Regionalairport in NordrheinWestfalen, der wirtschaftlich arbeitet. Wir haben zwei Großflughäfen, Düsseldorf und Köln/Bonn, mit soliden Geschäftsberichten und wachsenden Fluggastzahlen. Aber weder Paderborn/Lippstadt, Münster/Osnabrück noch Weeze oder Dortmund geht es wirtschaftlich gut. In Dortmund werden jedes Jahr 20 Millionen € von den Stadtwerken quersubventioniert, um diesen Flughafen aufrechtzuerhalten.

(Beifall von den GRÜNEN – Christof Rasche [FDP]: Das ist die SPD!)

Beim Flughafen Münster/Osnabrück haben wir mittlerweile zwar die rechtliche Möglichkeit, die Start- und Landebahn auszubauen. Der Flughafen hat aber in den letzten drei Jahren die gesamten Rücklagen, die für den Ausbau der Start- und Landebahn gebildet worden waren, verfrühstückt, um die Defizite auszugleichen.

Wir stellen folgende Fragen – diese Fragen sind ja wohl berechtigt; darauf würde ich von der Opposition gerne einmal eine Antwort haben –:

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Fragen Sie erst einmal Ihren Koalitionspartner!)

Welche wirtschaftlichen Perspektiven haben denn unsere Regionalflughäfen in Nordrhein-Westfalen?

(Daniel Sieveke [CDU]: Der LEP!)

Der LEP ist doch noch lange nicht in Kraft. Was wir jetzt haben, ist doch der Status quo. Das hat doch mit grüner Politik nichts zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist die fehlgeleitete Luftverkehrspolitik der letzten 20 Jahre hier in Nordrhein-Westfalen.

Kollege Rasche, Sie haben in Ihrem Antrag beschrieben, die Grünen wollten die kleinen Flughäfen zumachen. Nichts davon ist der Fall.

(Christof Rasche [FDP]: Antrag 2009!)

Ach, 2009. Das ist drei Legislaturperioden her.

(Christof Rasche [FDP]: Da haben Sie das in der Opposition gefordert!)

Kollege Rasche, ganz ruhig. Ich versuche es doch auch sachlich. Das tun Sie und alle anderen hoffentlich auch – auch der Kollege aus Paderborn. Der Paderborner Flughafen steht doch gar nicht so schlecht da. Sie müssen sich doch gar nicht so aufregen.

(Daniel Sieveke [CDU]: Dann sagen Sie das doch einmal! – Christof Rasche [FDP]: Warum reden Sie ihn dann schlecht?)

Weil er auch im Defizit ist. – Aber im Gegensatz zu Dortmund oder Münster/Osnabrück ist das nicht so extrem, wie das bei anderen Flughäfen der Fall ist.

Herr Kollege Rasche, Sie beziehen sich in Ihrem Antrag für diese Aktuelle Stunde, in der wir dieses Thema heute debattieren, auf unser Positionspapier und auf das Gutachten. In diesem Gutachten und auch in unserem Papier ist doch das Gegenteil beschrieben. Deswegen bekommen wir von den Leuten aus Weeze oder Münster auch entsprechende Briefe, Protestmails und Anrufe im Büro; denn diese lärmgeschädigten Anwohner hätten es lieber, wenn der Flughafen dichtmachen würde.

Wir sagen ganz klar: Die Regionalflughäfen in Nordrhein-Westfalen brauchen wirtschaftliche Perspektiven. Eine Möglichkeit ist, dass man den Charterurlaubsflug, der insbesondere in Düsseldorf eine wichtige Einnahmequelle ist, teilweise an die Regionalflughäfen verlegt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen ist es völlig falsch, dass Sie unterstellen, wir wollten diese Flughäfen schließen.

Genauso falsch ist die vom Kollegen Voussem eben vorgetragene Behauptung, wir wollten vor dem Jahre 2030 in Köln/Bonn eingreifen und dort den Frachtflug verbieten. Auch das ist nicht richtig.

Die Redezeit.

Es gibt gültige Verträge. Diese werden eingehalten. Auch wir tragen Frachtflug am Flughafen Köln/Bonn bis zum Jahre 2030 mit. Das steht völlig außer Frage. Sie werfen das zwar hier in die Runde. Es hat aber entsprechend auch keinen Nachhall.

Sie wollten mich auf das Ende der Redezeit hinweisen.

Genau.

Ich werde einige Argumente noch in der zweiten Runde bringen. – Erst einmal danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Keiner von der SPD hat geklatscht! – Gegenruf von Michael Hübner [SPD]: Ihr habt doch bei eurem eigenen Redner nicht ge- klatscht! Was soll das denn jetzt?)