Ihnen würde gesagt, dass eben nicht alle Bundesländer gleich sind. Ihnen würde gesagt, dass der Anteil der Grundstoffindustrie – und das sind vier von fünf Branchen, die von besonderer Härte gebeutelt werden – in Nordrhein-Westfalen sehr viel höher als im Rest der Bundesrepublik ist; in Nordrhein-Westfalen sind es 30 %, im Bund ohne NRW nur rund 18 %.
Natürlich unterliegen wir einer besonderen Belastung – das ist schon angesprochen worden – aufgrund der Energiewende. Der stark steigende Anteil erneuerbarer Energien, von allen immer im Mund geführt und gewollt, führt zu sinkenden Börsenstrompreisen, führt zu reduzierten Einsatzzeiten insbesondere von Steinkohle- und Gaskraftwerken.
Auf die Zahlen muss man in diesem Fall gar nicht genauer eingehen. Aber wir haben es mit vier großen Unternehmen zu tun. Eins ist ein schwedisches Staatsunternehmen, eins ist ein Staatsunternehmen im Süden der Republik, und dann gibt es zwei DAXKonzerne, und die sind nicht in einem der anderen 15 Länder, sondern hier in Nordrhein-Westfalen angesiedelt, und deshalb obliegt uns und keinem anderen Bundesland diese besondere Herausforderung. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.
All das sind Tatsachen, die auch die Opposition nicht umstoßen kann. Dann wird aber trotz dieser Analyse, die auch Sie nicht anders treffen können, leierhaft
wiederholt, es sei das Wassergesetz, es sei das Tariftreue- und Vergabegesetz oder – und das fand ich besonders spannend – die Bundesratsinitiative zum Unternehmensstrafrecht. Absurder geht es gar nicht, solche Vorwürfe hier ins Feld zu führen, wenn wir über solche ernsthaften Themen sprechen.
Denn die von Ihnen hier benannten Werkzeuge sind zu kleine Hämmerchen. Wir haben richtige Werkzeuge gewählt, und ich will Ihnen fünf beispielhaft nennen.
Wir wissen, in der Energiepolitik werden wir trotz des rasanten Ausbaus der Erneuerbaren, den wir unterstützen, noch über einen langen Zeitraum konventionelle Kraftwerke brauchen, und deswegen können sich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Braunkohle auf uns verlassen. Sie wissen, dass wir sie nicht im Stich lassen.
Und noch eines ist klar: Mit der Braunkohle wird kein Wachstum mehr geschaffen. Wir werden sie noch über Jahrzehnte brauchen, aber Wachstum ist in diesem Bereich nicht mehr zu erwarten. Das muss man doch einmal zur Kenntnis nehmen.
Und deswegen ist es richtig, dass wir mit der Leitentscheidung, mit dem Zeithorizont 2045 einen Pfad vorgegeben haben und dass wir gemeinsam mit der IG BCE, gemeinsam mit dem Unternehmen, gemeinsam mit allen Akteuren in der Region diesen Pfad weiter beschreiten bis 2045, und zwar volkswirtschaftlich vernünftig, aber auch sozial verträglich, meine Damen und Herren.
Das Zweite ist, dass wir die Investitionen in die Infrastruktur kräftig anheben. Der neue Bundesverkehrswegeplan, lieber Michael Groschek, ist ein grandioser Erfolg für Nordrhein-Westfalen. Nie gab es für Straßen und Brücken so viel Geld wie in den nächsten Jahren – nicht 21 %, wie sonst nach dem Königsteiner Schlüssel üblich, sondern 37 % für die Sofortmaßnahmen. Das ist ein Plus bei den anderen Maßnahmen von 25 %, ein großartiger Erfolg, der zeigt:
Wir in Nordrhein-Westfalen haben gemeinsam mit der Wirtschaft gekämpft. Wir haben Erfolg, und wir gehen diesen Weg konsequent weiter.
Dritter Punkt. Ein weiterer Aktivposten ist unsere Strategie zur Förderung der digitalen Wirtschaft. Da natürlich auch ein Wort zum Thema „Breitbandausbau“: Wir wollen eine Strategie zum Ausbau eines Glasfasernetzes ohne Wenn und Aber. Aber ich kann nicht in China, Schmallenberg oder sonst irgendwo, wo die Versorgungsquote mit 50 MBit/s 2 % beträgt, sagen: „Wartet mal bis zum Jahr 2023, bis irgendjemand Glasfaser bringt“,
Mir ist nicht bange um das Thema „Industrie 4.0“. Frank Stührenberg, der Chef des deutschen Familienunternehmens Phoenix Contact – viele von Ihnen sind schon bei ihm im Lipperland gewesen –, hat in dieser Woche beim Besuch der US-Fabrik in Harrisburg gesagt: Die Amerikaner haben das Internet, aber wir haben die Dinge.
Darum geht es. Kein Standort – auch in Deutschland nicht, nicht Berlin oder sonst wo – hat einen so starken industriellen und gewerblichen Kern, der die Voraussetzung für Industrie 4.0, für Wirtschaft und Arbeit 4.0 ist. Das wird hier passieren. Hier sind die Entwickler der nächsten Revolution von 5G.
5G – für diejenigen, die das noch nie gehört haben – ist der nächste Mobilfunkstandard. Gerade einmal sechs Jahre ist es her, dass wir mit 4G angefangen haben. Alle führenden Firmen, die diese Entwicklung ermöglichen, die dafür sorgen werden, dass wir die Smart-City-Pilotregion sind, sitzen in NordrheinWestfalen und haben unsere volle Unterstützung, meine Damen und Herren.
Einen vierten Punkt möchte ich gerne noch nennen, weil das zu einer differenzierten Betrachtung dazugehört – Herr Sundermann hat schon darauf hingewiesen –: Creditreform ist ja eine seriöse Quelle, die das Münsterland und ihre wirtschaftlichen Kriterien
auf das Höchste gelobt hat. Dasselbe gilt für Ostwestfalen, für Südwestfalen und natürlich auch für das Rheinland. Insofern ist völlig klar, dass wir eine gute Perspektive haben.
Vorausschauende Wirtschaftspolitik – das will ich gerne zum Abschluss noch sagen –, wie ich sie hier seit dem ersten Tag verfolge, heißt: nicht lange jammern, dass Opel zumacht, sondern es am ersten Tag danach abreißen, damit Neues entstehen kann; nicht warten, bis das letzte Fördergefäß auf Auguste Victoria über Tage und der letzte Schnaps getrunken ist, sondern weit vorausplanen, was mit der Fläche passiert. – Genau das haben wir getan.
Wir bewahren nicht das Vergangene vor der Zukunft, sondern wir geben den Innovationen Raum. Wir machen Wirtschaftspolitik an Fakten orientiert, nicht an Stimmungen und Interviews mit schlechter Laune.
Klar ist: Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen. Wir sind noch nicht da, wo NRW hingehört. Aber die Aufholjagd hat längst begonnen, und wir haben einen langen Atem. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Duin. – Herr Minister Duin hat seine Redezeit um zwei Minuten überzogen. Drei von fünf Fraktionsrednern hatten ihre Redezeit auch bereits überzogen, sodass wir in der zweiten Runde großzügig sind, aber nicht die gesamten zwei Minuten gewähren werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Wirtschaftswachstum stockt, aber wenigstens der alte Rhetorikminister ist wieder da.
Kraftvolle Worte, Herr Minister, aber Sie regieren nicht erst seit heute, sondern Sie regieren mit Ihrer Koalition bereits seit sechs Jahren. Deswegen ist dieser Aufbruch bestenfalls ein rhetorischer.
Gehen wir Ihre Punkte einmal durch. Sie sagen: Wir – und ich denke, wenn Sie hier stehen, sprechen Sie für die Landesregierung und nicht für die SPD –
setzen auch weiter auf Braunkohle und Zukunft. – Die Ministerpräsidentin hat vor einigen Wochen – ich glaube, es war im Januar – ein Interview im „Handelsblatt“ gegeben. Darin haben Sie erklärt, Frau Ministerpräsidentin, 2050 sei Ihre Zielmarke bei der Braunkohle. Am gleichen Tag – das kann man ja nicht immer so timen …