Protocol of the Session on April 21, 2016

Danke. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen. Wir haben noch weitere Redner, zum Beispiel Herrn Kollegen Rehbaum von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr London vom Ministerium! Schön, dass Sie auch dabei sind! Wie viele Große Anfragen hat die CDU-Fraktion in ihrer Regierungszeit 2005 bis 2010 gestellt? Die Frage kann ich beantworten: keine,

denn wir wissen, wie viel Aufwand eine große Anfrage für ein Ministerium bedeutet.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: So viel zum Recht der Abgeordneten! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das Parlament nicht überschät- zen!)

Es ist Ressourcenverbrauch, nicht nur Manpower, sondern auch Material. Ich habe das Ding noch einmal mitgebracht, 120 bedruckte Seiten mal 237 Exemplare sind 25.000 bedruckte Seiten. Das nur am Rande. Es ist das gute demokratische Recht, das zu tun. Ich möchte das nur einmal voranschicken.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Aber nicht für uns!?)

Es ist für jeden das demokratische Recht, eine Große Anfrage zu stellen. Aber was für Fragen sind denn gestellt worden? In der Landtags-Homepage kann man Aufschluss bekommen, wofür eine Große Anfrage vorgesehen ist, nämlich für Fragen außerordentlichen politischen Interesses.

Was wir hier feststellen, ist, dass dort Banalitäten, Nebensächlichkeiten und Unwichtigkeiten gefragt worden sind. Beispiele für Fragen:

Wie beurteilt die Landesregierung die gesundheitsfördernden Aspekte des Radverkehrs? – Was dabei wohl herauskommt! Natürlich sind das gute Aspekte.

Liegen der Landesregierung geschlechtsspezifische Daten zur Radnutzung vor? – Sehr interessant.

Betrachtet sich die Landesregierung selbst als fahrradfreundlichen Arbeitgeber? – Das wird jeder von sich behaupten wollen.

Wenn man sich also die Mühe macht, eine Große Anfrage zu stellen, dann muss man auch die entscheidenden Fragen stellen.

(Zuruf von der SPD: Dann stellt doch mal wel- che!)

Wo in Nordrhein-Westfalen fehlen an Landes- und Kommunalstraßen noch immer Radwege? Wie sollen Radschnellwege für 250 Millionen € finanziert werden? Wie werden die laufenden Kosten für Radschnellwege berechnet und gedeckt? Und warum wird der Topf für Landesstraßen innerhalb von vier Jahren mehr als halbiert, aber gleichzeitig die Aufgabe des Baus und des Erhalts von Radschnellwegen obendrauf gepackt?

Rot-Grün hat diese Fragen in der Großen Anfrage alle nicht gestellt, blockiert aber das Verkehrsministerium hier mit einem Wust von einfachen, nebensächlichen Fragen.

Samstag für Samstag stellen sich Bürger ehrenamtlich hin, mit der Schüppe in der Hand, und bauen sich selber Radwege, weil das Land kein Geld mehr hat.

Herr Kollege, entschuldigen Sie. Würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Klocke zulassen?

Nein, gerade nicht.

Okay.

Weil dem Land das Geld ausgegangen ist! Man muss an dieser Stelle ganz ausdrücklich den Bürger-Radwegevereinen danken für ihr großartiges Engagement. Sie sorgen dafür, dass Radwege gebaut werden – und das ist aller Ehren wert. Ich kann nur jede Initiative begrüßen, in der Bürger selber für den Radwegebau sorgen.

(Beifall von der CDU)

Sehr verwundert sind aber genau solche Initiativen, wenn plötzlich doch Geld da ist, wenn plötzlich 250 Millionen € da sein sollen für den Bau von Radwegschnellwegen. Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden: Im großstädtischen Umfeld, im Metropolbereich können Radschnellwege sinnvolle Bausteine sein. Aber ob ein Radschnellweg im ländlichsten Kreis Borken für 40 Millionen € gebaut werden muss, darüber kann man trefflich streiten.

Und was sagen die Bürger in Nordrhein-Westfalen, die überhaupt keinen Radweg vor ihrer Haustür haben, die sich täglich auf den gefährlichen Weg auf Landesstraßen, auf Kreisstraßen, auf Gemeindestraßen machen müssen, wo sie zwischen Lkws und Pkws mit dem Fahrrad mit dem Verkehr mitfließen müssen, wenn sie gleichzeitig hören: Für die großen Megaprojekte ist Geld wie Heu da. Das passt alles nicht zusammen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Radweg Deutsche Einheit!)

Radweg Deutsche Einheit. – Nordrhein-Westfalen braucht lückenlos ein vernünftiges Radwegenetz im ganzen Land, und zwar im besten Zustand. Erst wenn wir das geschafft haben, können wir uns mit Großprojekten wie den Radschnellwegen beschäftigen,

(Jochen Ott [SPD]: Was ist das denn für ein Unsinn!)

Die, wie gesagt, im Metropolbereich sinnvoll sein können. Aber wir müssen zunächst das Netz konventioneller Radwege vervollständigen und in Schuss halten.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Solange das nicht erreicht ist, müssen wir uns mit diesen Punkten mehr beschäftigen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Jochen Ott [SPD]: Das war ganz schwach, Herr Rehbaum!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rehbaum. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Dr. Stamp das Wort.

(Jochen Ott [SPD]: Oh, das ist mal was Neues jetzt hier!)

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch von unserer Seite einen herzlichen Dank an das Ministerium für die enorme Arbeit bei der Beantwortung dieser Großen Anfrage. Es ist alles sehr ausführlich. Ich glaube, es ist auch immer wichtig, zu solchen Themen entsprechendes Datenmaterial zusammenzubringen.

Meine Damen und Herren, die Bedeutung des Radverkehrs – ich glaube, das ist unbestritten – ist zweifellos gewachsen, besonders in den Bereichen Umwelt, Gesundheit und Tourismus. Wir erleben es alle im Alltag in den Städten, wenn wir verstärkte Stausituationen haben, dass das Fahrrad für viele eine zusätzliche Alternative wird und es durch die E-Bikes auch neue Möglichkeiten gibt.

An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen – ein Aspekt aus der Vergangenheit –, dass Minister Groschek in der vergangenen Woche die Bürgerradwege als Erfolgsgeschichte bezeichnet hat. Meine Damen und Herren, die Bürgerradwege waren eine Initiative von CDU und FDP. Deswegen wollen wir das an der Stelle noch einmal herausarbeiten.

(Jochen Ott [SPD]: Herr Rehbaum wusste das nicht mehr!)

Ich spreche jetzt für uns. Herr Rehbaum spricht für die Union.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE] – Jochen Ott [SPD]: Jetzt weiß er das!)

So ist es in diesem Hause gute Gepflogenheit, dass jeder für seine Fraktion spricht. Deswegen lasse ich das hier einfach so stehen.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass wir uns nicht auf den Standpunkt stellen können, wie es Herr Klocke eben getan hat, indem er gesagt hat, das Fahrrad sei jetzt das Verkehrsmittel der Zukunft.

Vielmehr werden auch andere Verkehrsmittel in der Zukunft eine ganz besondere Rolle spielen. Wir wissen alle, was durch die Digitalisierung im Individualverkehr, auch im motorisierten Individualverkehr, an neuen Möglichkeiten entstehen wird. Deswegen wird es gerade in einem Industriestandort wie NordrheinWestfalen darauf ankommen, dass man zu einem intelligenten Verkehrsmix kommt.

Wir dürfen nicht den Fehler begehen – das ist mein Appell an die Regierungsfraktionen –, aus dem Fahrrad jetzt eine Ideologie zu machen, sondern der Mix wird entscheidend sein. Entscheidend wird sein, wie man miteinander mit den verschiedenen Verkehrsmitteln umgeht. Bitte, keine Ideologie des Fahrrads am Ende zulasten des Industriestandorts NordrheinWestfalen! – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Des- halb brauchen wir auch keine sechs Meter breite Linksabbiegerspur!)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Stamp. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Bayer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Klocke, das dritte Mal nach Ihnen heute. Verehrte Radfahrende, der Radverkehr ist als emissionsfreie Mobilitätsform herausragend wichtig für eine nachhaltige Mobilitätspolitik vor Ort und in der Region.

Es wäre schön, wäre das auch im Bundesverkehrsministerium bekannt. Dann hätten wir nämlich den Radschnellweg 1 vielleicht auch im Vordringlichen Bedarf im Bundesverkehrswegeplan, über den wir heute schon gesprochen haben. Denn das Fahrrad ist nicht nur für sich wichtig, sondern sowohl für den Freizeit- als auch für den Berufsverkehr. Gerade vor dem Hintergrund wachsender Anteile elektrisch unterstützter Fahrräder werden sie, die entsprechende Infrastruktur natürlich vorausgesetzt, zu einer ernstzunehmenden Alternative für den Pkw-Verkehr.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Das Auto belastet und gefährdet die Städte und das Land und vor allem natürlich die Menschen auf vielen Ebenen. Das Auto gefährdet aber nicht nur die Gesundheit der Menschen, es wirkt sich nicht nur negativ auf die Lebensqualität gerade in den großen Ballungsräumen aus, es ist darüber hinaus auch sündhaft teuer, und zwar für die Halter und für die öffentlichen Haushalte, die den Löwenanteil der Kosten tragen.

Die notwendige Infrastruktur für den Radverkehr allerdings ist für einen Bruchteil dessen zu haben, was für den Pkw- und erst recht für den Lastverkehr aufgebracht werden muss. Schon die Errichtung der notwendigen Wege ist vielfach günstiger, die Wartung, Instandhaltung macht aber den Betrieb über Jahre und Jahrzehnte zu einem wahren Schnäppchen – von der Volksgesundheit, weniger Flächenbedarf und erhöhter Attraktivität der Städte mal ganz abgesehen.

Darüber hinaus ist eine gute Fahrradinfrastruktur geeignet, die Kapazitätsengpässe auch bei Bus und Bahn abzufedern. Experten der ÖPNV-Branche und

auch aus anderen Gebieten von Verkehr und Wirtschaft sagen uns immer wieder: Verpassen Sie den Radverkehrstrend nicht, passen Sie auf, hinken Sie da nicht politisch hinterher! Kurz: Investitionen ins Rad sind eine Investition in eine Zukunft mit hoher Lebensqualität.