Und da kommen Sie, Herr Finanzminister, mit einer Liste mit 27 Staaten daher, die nach den Ermittlungen deutscher Steuerbeamter im Zusammenhang mit den Steuer-CDs in der Schweiz 93 Milliarden € gebunkert haben – Beträge, die Sie auf Steuerzahlers Kosten bis auf den Cent genau haben ausrechnen lassen, wobei Sie in der Aufstellung auch noch das Volumen des deutschen Vermögens in der Schweiz, welches Sie aus den Steuer-CDs hätten ablesen können, vergessen haben. Bis zur Stunde ist dieser Betrag nicht bekannt.
Auch in der HFA-Sitzung der letzten Woche konnten oder wollten Sie diesen Betrag nicht nennen. Warum verschleiern Sie das? Warum verschleiern Sie und sagen nicht den Bürgerinnen und Bürgern in öffentlicher Sitzung – wie es nämlich auch in den anderen Staaten geschehen ist –, wie viel Vermögen die deutschen Steuerbürgerinnen und Steuerbürger in der Schweiz angelegt haben bzw. was da auf den Steuer-CDs gefunden worden ist? Sie sagen es einfach nicht.
Offshorekonstruktionen bei staatlichen Unternehmen auf Bundesebene – nächstes Thema und ein wichtiges Thema auch im Zusammenhang mit den Panama Papers, mit den Offshoregesellschaften, mit den Steueroasen. Deutsche Regierungsstellen müssen zunächst einmal ihre Hausaufgaben machen, aber natürlich auch der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen.
In einem Interview mit den „Ruhr-Nachrichten“ vom 16. April 2016 fordern Sie, Herr Finanzminister, im neokonservativen Duktus eine „Achse des Guten“, um den weltweiten Steuerbetrug einzudämmen. Dabei sollten auch Sie, Herr Finanzminister, erst einmal vor der eigenen Haustür kehren.
Ich erwähnte es: So konnten Sie zum Beispiel in der HFA-Sitzung von letzter Woche auf meine Nachfrage hin nicht ausschließen, dass Landesbeteiligungen Offshorekonstruktionen unterhalten oder wiederum Beteiligungen unterhalten, die sich an Offshorekonstruktionen beteiligt haben, selbstverständlich auch in sogenannten Steueroasen, selbstverständlich auch in Steuerparadiesen, selbstverständlich auch in Staaten, von denen man sagen muss: Wer dort Beteiligungen oder gar Briefkastenfirmen unterhält, der muss doch einmal bitte schön erklären – im Sinne dessen, was hier gefordert worden ist, nämlich der Beweislastumkehr –, ob das noch alles mit rechten Dingen zugeht, ob das noch legal ist. Sie selbst haben auch schon vor laufender Kamera ausgeführt, Sie könnten sich kaum vorstellen, dass jemand eine Briefkastenfirma unterhält und damit lautere Ziele verfolgt.
Na, ja, ich sage Ihnen gleich, warum wir selbstverständlich einer Meinung sind, und ich hoffe, der Finanzminister wird das aufklären.
Schon am 17.03.2013 berichtete die „WirtschaftsWoche“, dass die Koelnmesse GmbH, die 80 % der Stadt Köln gehört und zu 20 % dem Land NordrheinWestfalen, Tochterfirmen in einer Reihe von Steueroasen hat, Steueroasen wie Hongkong, Singapur, Bangkok, Mumbay und – man höre und staune – Chicago. Nein, nicht Chicago! Chicago ist, glaube ich, nicht die Steueroase. Die Beteiligung, die da heißt „Koelnmesse Incoporated“, Chicago, ist gegründet in Delaware und unterhält ihren Sitz in Delaware, Herr Finanzminister. Das ist doch das Erstaunliche.
Nun untersteht eine Beteiligung der Koelnmesse der Aufsicht des Wirtschaftsministeriums. Aber es ist schon grotesk, dass im Aufsichtsrat der Koelnmesse nicht der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums sitzt und nicht vielleicht der Wirtschaftsminister selbst, nein, Ihr Staatssekretär, Herr Finanzminister, sitzt im Aufsichtsrat der Koelnmesse. Das ist doch ein erstaunlicher Vorgang, vor allen Dingen, wenn
man bedenkt, dass Sie von 2009 bis 2010 Kämmerer der Stadt Köln waren, der wiederum, wie ich eben sagte, zu 80 % die Köelnmesse gehört.
Man kann das machen, aber es hat einfach ein Geschmäckle. Und Sie müssen mal darlegen, was da eigentlich mit der Koelnmesse in Delaware passiert. Und was passiert denn in anderen Steuerparadiesen dieser Erde mit Geschäften der Koelnmesse, von der wir wissen, dass das Anlage- und Umlaufvermögen im Ausland ein Vielfaches dessen beträgt,
Auf unsere Bitte, Zahlungsströme zwischen der Koelnmesse und den Auslandsbeteiligungen einmal darzustellen, erhalten wir von der Koelnmesse eine Antwort: vor allem Vertriebsprovisionen aus Köln an die Auslandsgesellschaften und umgekehrt, Vertriebsprovisionen aus dem Ausland nach Köln für hier erbrachte Vertriebsleistungen. In geringem Umfang kommen Lizenzgebühren aus dem Ausland an die Koelnmesse dazu.
Wir fragen die Landesregierung in diesem Zusammenhang: Welche Tochtergesellschaften der Beteiligung der Stadt Koelnmesse GmbH und der Koelnmesse International GmbH haben Zahlungen an die Koelnmesse Incorporated in Delaware, USA, geleistet oder Zahlungen von dieser empfangen und welche genommen? Wo werden sie versteuert? Und, und, und!
Das ist ein Fragenkatalog, der noch größer wird. Sie können davon ausgehen, dass wir diese Fragen stellen müssen, weil nämlich eine Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen dadurch in dem Geruch steht, sich in irgendeiner Form an Steuervermeidungspraktiken originär zu beteiligen.
Und da braucht man sich nicht hier hinzustellen und die Weltfinanzpolizei zu spielen. Das ist purer blinder Aktionismus und ist Empörungskunst aufs Allerfeinste, die aber leider Gottes nicht verfängt.
Was brauchen wir, um Steuergerechtigkeit herzustellen? – Wir brauchen – unabhängig von dem neuen Zehnpunkteplan von Herrn Schäuble, von dem wir selbstverständlich einiges brauchen – in erster Linie ein Unternehmensstrafrecht. Ich nannte es.
Wir brauchen ein Transparenzregister für die Unternehmensbeteiligungen. Da gilt in der Tat: Es ist beim Staat anzugeben, was für Beteiligungen bestehen und wer personell dahintersteht. Dieses Register sollte nach Möglichkeit öffentlich sein. Denn alles, was nicht öffentlich ist, verfängt nicht. Das muss man einmal ganz klar sagen.
Und wir brauchen in Nordrhein-Westfalen Tausende von Finanzbeamten mehr – da bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Abel; Sie haben das schon im Februar gefordert –, insbesondere zur Stärkung der Betriebsprüfungen. Denn nur so wird es möglich sein, das herzustellen, was wir brauchen, nämlich Steuergerechtigkeit.
Bedauerlicherweise, Herr Finanzminister, haben Sie auf diese Forderung des Koalitionspartners der großen SPD bis heute nicht geantwortet. Jedenfalls ist diese Antwort nicht öffentlich geworden. Die Forderung von Herrn Kollegen Abel von Bündnis 90/Die Grünen steht im Raum. Diese Forderung haben auch wir bereits mehrfach gestellt, und wir unterstützen Sie ausdrücklich, Herr Kollege Abel, in diesem Vorgehen, dass in Nordrhein-Westfalen mehrere Tausend Steuerbeamtinnen und -beamte mehr benötigt werden.
Herr Finanzminister, da müssen Sie handeln, weil Sie seit Jahren wissen, dass Steuern hinterzogen werden, wie sie hinterzogen werden und vor allen Dingen, dass sie in Nordrhein-Westfalen hinterzogen werden. Sie müssen also handeln. Dafür müssen Sie Personal einstellen. Tun Sie es! Sie hätten das schon 2016 in Ihren Haushaltsplan aufnehmen können. Das haben Sie aber nicht gemacht. Warum eigentlich nicht?
Das Thema „Steuerbeamte“ ist eine wichtige Angelegenheit. Selbstverständlich brauchen wir auch ein Unternehmensstrafrecht, um all diesen Tricks und Tücken beizukommen. Vor allem brauchen wir all das relativ schnell. Denn das Geld fehlt in den nordrhein-westfälischen Kommunen an allen Ecken und Kanten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von CDU und FDP, das heutige Thema ist für Sie nicht sonderlich ergiebig. Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Denn eines ist klar: In der Bundesrepublik und darüber hinaus ist die Wertschätzung für das, was Nordrhein-Westfalen in Richtung Steuerhinterziehungsbekämpfung macht, bekannt und respektiert. Das mag Ihnen nicht gefallen, und
das ist nicht schön für eine Opposition. Das verstehe ich. Aber deswegen muss man nicht mit solch hilflosen Argumenten anfangen, die sich auch noch selber auflösen.
Nein, da kann ich mal auf das zurückgreifen, was durchaus kritische Begleiter und Chronisten zu diesem Punkt sagen.
Zunächst fragt Herr Optendrenk, was das eigentlich hier überhaupt mit Landespolitik zu tun hat – als Teil einer Fraktion, die in diesem Landtag einen Antrag stellt, um die Landesregierung aufzufordern, etwas zu tun.
Danach weist er auf das hin, was der hessische Finanzminister macht – es ist offenbar nichts für Nordrhein-Westfalen, aber in Hessen ist das anders –, und sogar darauf, was sein Vorgänger gemacht hat.
Anschließend kommt, ich hätte nicht alles gesagt, zum Beispiel, dass die erste CD noch von der schwarz-gelben Regierung gekauft worden ist. – Ich habe das nie irgendwo bestritten. Im Gegenteil, es gibt genügend Interviews und Gespräche, in denen ich darauf hingewiesen habe.
Aber wenn Sie so einen Sinn für Vollständigkeit haben, muss man natürlich auch fragen: Wie haben Sie denn reagiert, als wir ernst gemacht und wirklich Datenträger gekauft haben? – Was war das wieder für ein Skandal! Sie haben selbst im Haushalts- und Finanzausschuss gesagt: Wir haben das mal gemacht, weil wir dachten: Dann kommt was, und danach muss aber auch Schluss sein; es war eine einmalige Aktion.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Armin Laschet [CDU] – Gegenruf von Stefan Zimkeit [SPD] – Weitere Zurufe von der CDU)
Und wie hat vor allem der Bundesfinanzminister agiert, der an dieser Stelle alles andere als gradlinig war, wenn man zurückblickt!
Deswegen sind die zehn Punkte, die er jetzt vorlegt, der Ausfluss des Auftrags ins Haus hinein: Schreibt
Ich könnte noch weitergehen und sogar fragen: Soll ich denn dann auch nicht verschweigen, wer alles auf den CDs gestanden hat? – Das können wir dann auch noch zum Thema machen. Ich habe bislang gesagt: Gut, wir reden darüber, dass es richtig ist. – Sie haben sich also in diesem Punkt sicher nicht nur mit Ruhm bekleckert.
Dann müssen Sie sich ein weiteres Thema raussuchen: Wie machen wir das mit der WestLB? Fünf Jahre haben Sie Verantwortung getragen, und da kam nicht ein einziges Mal die Frage: Wie muss ich das machen, dass die WestLB keine Offshorefirmen hat?