Protocol of the Session on April 20, 2016

Panama muss aus unserer Sicht sehr klar endlich das verabredete Abkommen unterzeichnen. Das kann nicht angehen. Da hilft es auch nichts, wenn Sie sagen, wir wollen es jetzt machen. Sie müssen es einfach tun.

Herr Minister, ich will Ihnen noch zwei Punkte sagen, bei denen Sie aus meiner Wahrnehmung heraus einfach unredlich argumentiert haben.

Sie haben auch heute wieder den Vorwurf erhoben, das Bundesfinanzministerium sei beim Thema „Verjährung“ untätig. Der Bundestag hat in der 17. und 18. Wahlperiode auch mit Stimmen der Großen Koalition inzwischen 36 Gesetze verabschiedet, bei denen es um die Missbrauchsbekämpfung im Bereich Steuern und Finanzmärkte geht. Dann Untätigkeit vorzuwerfen, ist schon ein bisschen hanebüchen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Allein im Bereich Finanzmarkt und Geldwäsche sind 23 Punkte umgesetzt worden.

Wenn Sie das Thema „Anlaufverjährung“ ansprechen, dann empfehle ich Ihnen, dass man Ihnen vielleicht mal den § 170 Abs. 6 der Abgabenordnung zeigt, in dem steht, dass für zusätzliche, für ausländische Kapitalerträge bereits seit dem Jahr 2014 eine solche Anlaufhemmung besteht.

(Zuruf von Minister Dr. Norbert Walter-Bor- jans)

Wir haben mit Sicherheit Möglichkeiten, noch einmal zu diskutieren, ob wir auch an anderen Stellen dazu kommen. Aber warum kritisieren Sie dann den Bundesfinanzminister dafür, dass es in Punkt 9 steht? Sie tun so, als wären Sie der Allererste gewesen, der solche Themen aufgebracht hat. Ich kann nur sagen: Ihr hessischer Kollege hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass sein eigener Vorgänger bereits 2008 im Bundesrat einen Antrag für ein zentrales Register gegen Steuertricks eingebracht hat. 2008!

2010 – da hatten Sie noch andere Aufgaben in der schönen Domstadt – hat die CDU-geführte Landesregierung hier die erste Steuer-CD angekauft. Wenn Sie sich in die Kontinuität derjenigen stellen und sagen: „Ich habe das noch intensiviert, was da schon gemacht worden ist“, dann ist das alles in Ordnung. Aber darzustellen, man sei der Einzige, der das betreibt, der Einzige, der das in der Konsequenz macht, wie man es tun muss, Herr Minister, ist falsch.

(Zuruf von Minister Dr. Norbert Walter-Bor- jans)

Das ist doch gerade wieder an diesem Rednerpult passiert. Lassen Sie das doch einfach sein! Lassen Sie uns doch gemeinsam den Bundesfinanzminister unterstützen! Lassen Sie uns die Ideen miteinander diskutieren, die man dafür braucht! Aber sorgen Sie endlich dafür, dass Sie Ihre Hausaufgaben machen! Sorgen Sie für eine redliche, eine solide mittelfristige Finanzplanung! Sorgen Sie dafür, dass die Kommunen die im Flüchtlingsaufnahmegesetz formulierten Beträge auch konkret im Nachtragshaushalt bekommen!

(Beifall von der CDU – Zuruf von der CDU: So ist es!)

200 Millionen € hat der Städte- und Gemeindebund da angemahnt. Das basiert auf den Zahlen nicht von irgendjemandem, sondern Ihres eigenen Innenministerkollegen. Also: Beschäftigen Sie sich mit den Themen, um die es geht, auch wenn sie unangenehm sind! Das ist im Grunde genommen nichts anderes, als dass Sie Haushaltsflucht betreiben aus Angst davor, kommunikativ in eine defensive Rolle zu geraten. Das ist genau der Grund dafür, dass Sie diese Unterrichtung hier machen.

Wir werden dem Antrag, den wir selbst zur Unterstützung des Bundesfinanzministers gestellt haben, natürlich zustimmen. Wir stehen auch weiterhin an Ihrer Seite, was die Bekämpfung der Steuerhinterziehung angeht.

Ich sage nur einen Satz noch zum Thema „Steuerstrafrecht“. Wenn Sie eine Veränderung wollen insbesondere im Unternehmensstrafrecht, dann müssen Sie auch mit Ihrem Justizminister gemeinsam eine Lösung finden, wie das Schuldprinzip, das Prinzip der individuellen Verantwortung, bei einer Gesellschaft umsetzbar ist. Dieses Schuldprinzip ist ein konstituierendes Element des deutschen Strafrechts und des deutschen Rechts. Finden Sie eine Lösung. Wenn Sie die nicht finden, muss ich davon ausgehen, dass das reiner Populismus ist.

Wir müssen möglicherweise die Wege der KWG konsequenter nutzen, aber dann müssen wir das auch alle gemeinsam angehen. Dann ist Ihre Forderung an der Stelle richtig. Ich habe aber immer das Gefühl, es geht mehr um die Selbstdarstellung des Norbert Walter-Borjans als um die Lösung der Probleme.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Zimkeit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es erschreckend, in welcher Art und Weise die CDU diese Problematik soeben bagatellisiert hat.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die CDU hat mit ihren üblichen Ausführungen begonnen, hat selbst die Frage des Kavaliersdelikts, die wir jedes Mal in diesem Zusammenhang gehört haben, zitiert und kommt anschließend zum Aber, um von der eigentlichen Problematik abzulenken und über andere Dinge zu sprechen. Ich finde das mittlerweile äußerst erschreckend.

Wir reden hier über organisierte Kriminalität, wir reden über organisiertes Verbrechen. Ich würde mir von der CDU wünschen, dass sie organisierte Steuerkriminalität einmal genauso hart und deutlich angeht, wie sie das vermeidlich bei anderen Verbrechensarten tut. Die Tatsache, dass Sie auf der einen Seite die Law-and-Order-Partei sind, sich bei der Frage der Steuerkriminalität aber immer zurückhalten, ist aus unserer Sicht nicht mehr hinnehmbar, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Den Finanzminister dafür zu kritisieren, dass er die Bekämpfung der Steuerkriminalität als eine seiner Hauptaufgaben sieht, ist aus meiner Sicht absurd. Es ist vollkommen richtig, dass wir hier diesen Schwerpunkt setzen. Es geht hier unter anderem um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, aber es geht auch um wichtige Einnahmen, die wir für Nordrhein-Westfalen erzielen müssen.

Der Finanzminister ist mit seiner Bekämpfung der Steuerkriminalität finanziell erfolgreicher, als Sie es wären, wenn Sie die Kindergartengebühren wieder einführen würden. Hier müssen wir doch einmal die Zusammenhänge erkennen. Alles, was uns an gerechten Steuereinnahmen fehlt, muss irgendwo anders eingespart werden. Das schadet unserer Infrastruktur und unserer Bildung. Darum geht es in der Debatte, und darum ist es richtig, dass der Finanzminister das in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt.

(Beifall von der SPD)

Sie von der CDU stellen sich mit Ihren Pressemitteilungen an die Seite von Bundesfinanzminister Schäuble sowie des bayerischen Finanzministers Söder. Wenn Sie vorne sein wollen bei der Bekämpfung der Steuerkriminalität, dann kommen Sie an die Seite von Norbert Walter-Borjans. Dann sind Sie nämlich vorne und nicht hinten.

(Zurufe von Armin Laschet [CDU] und Chris- tian Möbius [CDU])

Ich fange an, das an der Frage von Herrn Söder festzumachen. Sie haben gesagt, Herr Söder sei unser Vorbild und ihn müsse man unterstützen. Herr Söder

ist doch selbst Finanzminister einer Steueroase mitten in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall von der SPD – Armin Laschet [CDU]: Er schreibt doch Briefe mit Söder!)

Herr Söder sorgt dafür, dass …

(Armin Laschet [CDU]: Er schreibt doch Briefe mit Söder! – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ja, er schreibt aber in einem anderen Zusammenhang Briefe. Herr Laschet, Sie machen immer Bayern zum Vorbild. Vorbildlich in der Steuerhinterziehungsbekämpfung in Bayern sind 1.600 freie Stellen bei der Steuerfahndung in den Finanzämtern. Dazu sagt ein bayerischer Steuerfahnder, das sei bewusstes Handeln. Das ist Wirtschaftsförderung à la Bayern: Damit die Firmen bei uns weniger Steuern zahlen, prüfen wir nicht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Das ist Ihr Vorbild in der Steuerpolitik. Herr Laschet, schämen Sie sich!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Ar- min Laschet [CDU]: Söder ist nicht mein Vor- bild!)

Lassen Sie uns auf den Zehn-Punkte-Plan zu sprechen kommen, der bereits angesprochen worden ist. Man könnte jetzt viel aus der Presse zitieren, wie dieser bewertet worden ist. Dort hieß es: „Experten nehmen Schäubles Steueroasen-Plan auseinander“. Andere sprechen davon, dass das Ganze heiße Luft sei.

Klar ist aber doch eines: Der Bundesfinanzminister versucht, die ganze Problematik nach Europa zu verschieben und das Handeln gegen Steueroasen und Steuerhinterziehung in der Bundesrepublik hinten anzustellen. Das geht nicht, und das ist mit uns nicht zu machen. Wir müssen Steueroasen bei uns bekämpfen.

Ein Finanzminister der Bundesrepublik, der auch einmal Ministerpräsident dieses Landes war, hat einmal von der Kavallerie gesprochen, die zu satteln sei. Ich glaube, da ist etwas dran, aber diese Kavallerie müssen wir zunächst einmal nach München und Berlin schicken.

Lassen Sie uns doch endlich das Unternehmensstrafrecht verschärfen. Wo bleibt denn die Unterstützung dafür vonseiten der CDU? Lassen Sie uns die notwendigen Sanktionen gegen Banken, die Beihilfe leisten, verhängen. Lassen Sie uns endlich Mindeststandards für Steuerprüfungen einführen. Lassen Sie uns endlich das Geldwäschegesetz verschärfen. Und lassen Sie uns ein öffentliches Transparenzregister einführen. Das sind nationale Maßnahmen, vor denen sich der Bundesfinanzminister, an dessen

Seite Sie stehen, Herr Laschet, drückt, indem er das Problem nach Europa verschiebt. Das kann doch keine Lösung sein.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir schlagen vor, eine andere Diskussion zu führen. Wir schlagen vor, einen Aktionsplan gegen Steuerhinterziehung zu diskutieren und auf den Weg zu bringen, der unterschiedlichste Maßnahmen auf unterschiedlichsten Ebenen bündelt.

In Nordrhein-Westfalen haben wir bereits viel getan. Wir kaufen zum Beispiel Steuer-CDs. Ja, damit ist unter Herrn Linssen begonnen worden. Ob es aber schlau ist, im Zusammenhang mit den Panama Papers das Wissen und Handeln von Herrn Linssen zu loben, darüber lässt sich streiten. Das will ich aber gar nicht tun.

Ich kann mich aber auch daran erinnern, dass Sie sich in Debatten von dem Kauf solcher Steuer-CDs ein Stück weit distanziert und abgesetzt haben. Sie haben gesagt, das solle kein regelmäßiges Mittel der Bekämpfung der Steuerhinterziehung sein.

Selbstverständlich stehen wir dazu, und wir stehen auch zum Landesfinanzminister, der weiter dafür zur Verfügung steht, weil es eines der effektivsten Mittel ist, zumindest solange es Herrn Schäuble nicht gelungen ist, den internationalen Datenaustausch wirklich weitgehend durchzusetzen.

Lassen Sie uns auf Landesebene, auf Bundesebene und auf europäischer Ebene die entsprechenden Maßnahmen bündeln. Der Weg, den Sie in Ihrem Antrag beschreiben, nämlich alles nur auf europäischer Ebene zu lösen, wird nicht funktionieren. Wir wissen genau, dass es dort viele Interessen gibt, die dagegen stehen. Ja, internationale Lösungen sind besser, ja, wir müssen für europäische Lösungen kämpfen, aber wir dürfen deshalb doch nicht die nationalen Lösungen aus dem Blickfeld verlieren, sondern hier muss gehandelt werden.

Wir wollen, dass Steuerhinterziehung konsequent bekämpft wird – in Deutschland und international. Wir wollen Steuerschlupflöcher schließen, damit sich niemand mehr der Verantwortung entziehen kann. Es kann doch nicht sein, dass große internationale Unternehmen sich damit rühmen, keine Steuern in Europa zu zahlen und damit keinen Beitrag zur Entwicklung unseres Gemeinwesens zu leisten.

Lassen Sie uns für gerechte Steuergesetze eintreten, die die Steuerlasten gerecht verteilen und bei denen starke Schultern wieder mehr tragen als schwache. Dies Ganze muss zu einem Paket für Steuergerechtigkeit zusammengefasst werden, weil dies für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft wichtig ist.

Wir brauchen die finanziellen Mittel dringend für Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Wir können es nicht länger hinnehmen, dass Steuerflüchtlinge