Wenn Sie heute zum wiederholten Male die Behauptung aufstellen – Frau Freimuth hat das eben auch getan –, die Hochschulen hätten mit der Abschaffung der Studiengebühren weniger Finanzmittel zur Verfügung, dann ist das eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit.
Denn selbst ohne die 249 Millionen €, die wir den Hochschulen zur Verbesserung der Qualität zusätzlich zur Verfügung stellen, haben die Hochschulen pro Studierendem in 2012 gegenüber der Bezugsgröße im Jahr 2009 mehr Geld in der Tasche als vorher. Das ist die Realität.
Aber vielleicht hilft es, in diesem Zusammenhang die Stimmen der Hochschulen zu hören. Der Rektor der Universität zu Köln, der größten Hochschule in Nordrhein-Westfalen, hat am 24. Januar bei seiner Rede zum Jahresempfang gesagt – Herr Berger, ich zitiere –:
„Die Studienbeiträge wurden zwar abgeschafft; jedoch hat das Land sein Versprechen gehalten und sie durch sog. Qualitätsverbesserungsmittel ersetzt. Diese liegen für die Kölner Uni zwar etwas unter dem, was durch Studienbeiträge eingenommen wurde. Aber in der Gesamtschau kann man letztendlich doch feststellen: Im Vergleich zu 2006, als es noch keine Studiengebühren und Qualitätsverbesserungsmittel gab, hat sich der Haushalt der Uni Köln um ca. 20 Mio. p.a. für die Verbesserung von Studium und Lehre erhöht. Dies ist in vielen Bereichen deutlich spürbar und trägt erheblich zur Verbesserung der Situation in Studium und Lehre bei.“
Also: Was ist an Ihren Behauptungen zur Schlechterstellung der Hochschulen durch die Abschaffung der Studiengebühren dran?
Ich glaube, alles, was Sie hier von sich geben, ist heiße Luft. Sie suchen doch nur einen Grund, die Studiengebühren zu legitimieren, liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb. Das ist der Punkt. Das haben Sie beide heute wieder deutlich gemacht.
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen bundesweiten Entwicklung ist das doch lächerlich. Denn fast alle Länder, die jemals Studiengebühren eingeführt haben, treten gerade den Rückzug an bzw. sind den Rückzug schon angetreten, darunter mindestens zwei Länder mit CDU-Ministerpräsidenten. Ich bin mir sicher, Herr Berger: Die haben überhaupt nicht die Absicht, das Bezahlstudium wieder einzuführen.
Studiengebühren sind in Deutschland auf dem Rückzug. Das hat, wie wir kürzlich hören konnten, inzwischen auch Herr Seehofer verstanden.
Bemerkenswert ist auch, Frau Freimuth, wenn ich das noch anmerken darf, die Kehrtwende der FDP in Bayern. Ich zitiere:
„‚Studiengebühren abschaffen‘, forderte der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Andreas Fischer in der ‚Mittelbayerischen Zeitung‘ (Online-Ausgabe) : ‚Ich bin davon überzeugt, dass eine Mehrheit der Bürger gegen Studiengebühren stimmen wird.‘“
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Und Helmut Schmidt fordert Studiengebühren!)
Eigentlich müsste das bei Ihnen auch schon angekommen sein. Studiengebühren bauen zusätzliche soziale Hürden auf, Frau Freimuth, insbesondere für einkommensschwache Familien.
Was Sie behaupten, stimmt so nicht. In 2006 – das haben wir sehr genau berechnet und deutlich gemacht – ist die Studierendenquote in NordrheinWestfalen auf einen Tiefpunkt gesunken, und zwar bei Einführung der Studiengebühren durch Minister Pinkwart. Zurzeit haben wir einen Höhepunkt bei der Entwicklung der Studierendenzahlen. Im Vergleich zu allen anderen Bundesländern liegen wir über dem Durchschnitt. Deshalb ist die Wiedereinführung der Bildungsungerechtigkeit in NordrheinWestfalen für uns kein akzeptabler Weg der Haushaltssanierung.
Nein. – Dass wir mittelfristig weitere Investitionen tätigen müssen, um die steigenden Studienanfängerzahlen aufzufangen, die uns die neue KMK-Prognose vorrechnet, ist durchaus richtig.
Allerdings steht hier auch der Bund mit in der Pflicht. Der hat nicht nur seinen Teil zum Auffangen der Kosten für die zusätzlichen Studierenden beizusteuern, sondern endlich auch eine angemessene Masterkomponente im Hochschulpakt zu berücksichtigen. Ihre Fraktionen in Berlin, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, weigern sich bisher aber, ihre Mitverantwortung wahrzunehmen und bürden die Deckung der zusätzlichen Kosten allein den Ländern auf.
Da Sie diese Linie offensichtlich mittragen, Herr Berger, muss man sich wirklich fragen, welches Sparkonzept die CDU-Landtagsfraktion eigentlich verfolgt. Anstatt Frau Schavan endlich mit in die Pflicht zu nehmen, vernünftige Grundlagen beim Hochschulpakt zu schaffen, bewegen Sie sich hier auf hochschulpolitischem Glatteis.
Frau Ministerin Schulze hat, wie Sie wissen, im vergangenen Jahr eine Initiative gestartet, um den Bund dazu zu bewegen, die erforderlichen zusätzlichen Finanzmittel im Hochschulpakt bereitzustellen. Die Verhandlungen wurden im April dieses Jahres im Rahmen einer GWK-Sitzung aufgenommen und werden hoffentlich spätestens bei der nächsten GWK-Sitzung am 16. November mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass das Geld Anfang des kommenden Jahres fließen kann.
Ich kann Ihnen nur empfehlen: Tragen Sie dazu bei, dass es zu einer fairen und gemeinsamen Lösung kommen wird.
Herr Berger, Sie sprachen die Wohnsituation der Studierenden an. Erfreulich ist doch, dass nach Jahren der Kürzungen durch die schwarz-gelbe Vorgängerregierung die Studentenwerke nun endlich mehr Geld erhalten, um ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen.
Wir haben doch aufgestockt, was Sie in den vergangenen Jahren unter Pinkwart abgebaut haben. Das ist doch die Realität beim Wohnungsbau.
Auch der Bearbeitungsstau beim BAföG an einzelnen Hochschulstandorten muss dabei selbstverständlich in den Blick genommen werden.
Mehr als abenteuerlich, geradezu anachronistisch ist der bereits zum zweiten Mal eingebrachte Vorschlag von der CDU, hier die zusätzlichen Mittel aus der Frauenförderung zu verwenden. Das zeigt auch noch einmal, was für ein überkommenes Frauenbild die CDU hat. Die gesamte Wissenschaftscommunity redet über die unzureichende Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen an Hochschulen und in Forschungseinrichtungen. Nur Sie, Sie scheinen dies komplett auszublenden.
Gleichstellung ist eine Frage der Qualität. Wir investieren deshalb in den kommenden drei Jahren 5,4 Millionen € jährlich, um hier endlich einen entscheidenden Schritt in Nordrhein-Westfalen voranzukommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sicherung ausreichender Finanzmittel für unsere Hochschulen ist ein Schwerpunkt der Landespolitik. Hochschulbildung ist und bleibt ein elementarer Bestandteil der Bildungskette. Jeder zusätzliche Studienabschluss hat positive Wirkungen für den Arbeitsmarkt, reduziert damit Kosten für den Staat und bringt die gesamte Wirtschaftsleistung voran.
Das Land steht hier in der Tat in der Verantwortung. Aber auch der Bund muss sich angemessen beteiligen. Daher ist es erfreulich, dass die Debatte um das Kooperationsverbot nun an Fahrt gewonnen hat und wir nicht mehr alleine über Finanzspritzen für Eliteuniversitäten, sondern dass Bund und Länder endlich auch über eine gemeinsame Verantwortung und Finanzierung der Bildung und der Hochschulen in der Breite reden.
Vor diesem Hintergrund sollten Sie Ihre politische Strategie noch einmal überdenken, liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb. Die „Privat vor Staat“-Politik hat in der Gesellschaft nämlich deutlich an Akzeptanz verloren. Das zeigen alle relevanten Umfragen der letzten Monate. Insofern bewegen Sie sich mit Ihren Sparvorschlägen, die zulasten der jungen Menschen und der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft gehen, auf ganz, ganz dünnem Eis. – Herzlichen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Tribüne! Liebe Menschen im Stream! Frau Ministerin Schulze, Sie haben bei Ihren Ausführungen zum Einzelplan 06 im Ausschuss deutlich darauf hingewiesen, dass die Gesamtmittel mit 6,65 Milliarden € die höchsten aller Zeiten sind.
Das ist in absoluten Zahlen betrachtet natürlich richtig. Der entscheidende Punkt ist aber: Die Finanzierung der Hochschulen bleibt weit hinter dem Nötigen zurück.
Schauen wir uns mal die Auslastungsquoten einiger Hochschulen aus dem Jahr 2010 an: Die RheinischWestfälische Technische Hochschule Aachen vermeldet 114 %, die Ruhr-Uni Bochum 116 %, die TU Dortmund 110 %, die Fachhochschule Aachen 146 %, die Fachhochschule Köln 125 %. Man kann das so fortsetzen.
Die Studierendenzahlen für 2011 und 2012 werden wegen der doppelten Abiturjahrgänge, von denen Sie ja alle gewusst haben, natürlich noch höher sein.
Die Unterfinanzierung hat daher auch voraussehbar klare Folgen: überfüllte Hörsäle, höhere Numeri clausi, steigende Belastungen für Lehrende und Lernende, Qualitätseinbußen an jeder Ecke, Streit um Seminarbelegungen usw. usf.
Dennoch muss man die Hochschulen loben für ihre Bemühungen. Die tun wirklich alles, was sie können. Für ihre Anstrengungen ist ihnen ausdrücklich zu danken.
Die Landesregierung sagt: Wir wollen möglichst alle Bildungspotenziale erschließen und kein einziges Talent zurücklassen. – De facto werden aber Talente zurückgelassen. Alle Anstrengungen sind bisher Investitionen in die Grundsubstanz unserer Hochschulen und nicht On-Top-Ausgaben. Sie werden aber gerne so dargestellt.
Die Landeshochschulrektorenkonferenz der Universitäten hat eine Forderung geäußert nach einem Mehrbedarf zur Schaffung einer auskömmlichen Kapazität von insgesamt 800 Millionen €. Für uns Piraten heißt das: Da hat jemand mit den Auslastungszahlen wirklich mal gerechnet.
Es gibt die Aussage, dass den Hochschulen noch nie so viele Mittel zur Verfügung gestellt wurden wie in diesem Jahr. Überprüfen wir das einfach mal. Bei den Maßnahmen wird von einer Steigerung der Mittel um 433 Millionen € gesprochen. Davon sind 148 Millionen € Mittel, die gemäß der Vereinbarung aus dem Hochschulpakt 2020 sowieso fällig werden, sowie 124 Millionen € für die Kompensation der Studiengebühren.