Die Menschen haben Sorge. No-go-Areas und Familienclans sind in Nordrhein-Westfalen auf Expansionskurs. Auch das gehört hier zur Wahrheit hinzu.
(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Wo gibt es denn No-go-Areas? Wo denn? – Minis- ter Ralf Jäger: Salafismus und Extremismus! Nicht Kriminalität!)
Die Menschen haben Angst; das haben Sie eben zu Recht gesagt. Insofern muss die Antwort doch sein, dass staatliches Handeln wieder Vertrauen in den Rechtsstaat schafft. Diesem Anspruch werden Sie bisher nicht gerecht. Die Menschen haben Angst, und das liest man auch an der Anzahl der Kleinen Waffenscheine ab. Pfefferspray ist seit Monaten ausverkauft, und Rocker fühlen sich berufen, für die Sicherheit in diesem Land zu sorgen.
Insofern stellt sich die Frage, inwieweit das Gewaltmonopol durch den Staat in jedem Winkel und zu jeder Uhrzeit in Nordrhein-Westfalen ausreichend gesichert ist.
Herr Minister, Sie gestehen sich diese Probleme nicht ein, und dann legen Sie auch noch eine gewisse Arbeitsverweigerung an den Tag. Wir sind nicht bereit, das länger zu akzeptieren. Sie haben als Innenminister den Auftrag der Bürger, die Problemlage hinsichtlich Einbruch und Taschendiebstähle zu lösen, aber nicht permanent Ausflüchte zu suchen, über die Situation in anderen Bundesländern zu reden oder die Verantwortung auf andere abzuwälzen.
Ich möchte den Vergleich einmal anstellen; von München war hier gerade schon die Rede. München hat doppelt so viele Polizisten auf der Straße als Köln, und ein bayerischer Kripobeamter hat halb so viele Fälle auf dem Schreibtisch wie sein Kollege in Nordrhein-Westfalen.
Also, machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben. Werden Sie sich der Probleme bewusst! Nur dann werden wir in der Frage der inneren Sicherheit auch weiterkommen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lürbke, Herr Laschet, ich finde es wirklich ekelhaft, wie Sie hier Ängste schüren und eine Unsicherheit herbeireden. Das halte ich für absolut unangemessen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ar- min Laschet [CDU]: Mein Gott! Was soll das denn? Wo leben Sie denn? – Gegenruf von Jochen Ott [SPD]: In welcher Welt leben Sie denn?)
Ich hatte vorhin schon auf die Zahlen in der Polizeilichen Kriminalstatistik hingewiesen. Ja, es stimmt, es gibt eine Unsicherheit in der Bevölkerung. Aber ich finde, es liegt auch in unserer Verantwortung als Politik, genau das aufzunehmen
(Armin Laschet [CDU]: Genau! Wir haben Ver- antwortung für die Bürger! – Gegenruf von Jo- chen Ott [SPD]: Sie haben Verantwortung? – Gegenruf von Armin Laschet [CDU]: Dass Sie in Köln leben und die Probleme vor Ihrer Haustür nicht sehen, ist schlecht! Sie wissen es doch!)
und auch zu zeigen, dass dies nicht für alle Stellen gilt, und darauf hatte der Innenminister anhand der Zahlen hingewiesen. Die Zahlen in der Polizeilichen Kriminalstatistik belegen es.
Ja, ich gebe Ihnen recht: Wir haben ein Problem beim Thema „Einbruchskriminalität“. Das nehmen wir wahr, und das nehmen wir auch ernst. Deshalb gibt es Konzepte wie „Riegel vor!“ und „MOTIV“, die gut funktionieren. Dies gilt gerade für „Riegel vor!“: Wenn man sich die hohe Anzahl an versuchten Einbrüchen anschaut, die gerade im Versuchsstadium stecken bleiben, dann sieht man, dass dieses Präventivkonzept funktioniert.
Und dabei geht es nicht darum, den Bürgerinnen und Bürgern die Verantwortung für die Sicherheit anzulasten, sondern darum, wirksam gegen Einbruchsdelikte vorzugehen. Ich finde, die Forderungen, die auch von Kollegen der Piratenfraktion gestellt wurden, sind sehr bedenkenswert. Soweit ich weiß, gibt
es eine Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft, im Rahmen derer man gemeinsam schaut, wie man den Einbruchsschutz von Wohnungen gewährleisten kann.
Ich sage Ihnen auch noch einmal: Sie haben Köln angesprochen. Ja, wir arbeiten Fehler beim Einsatz in der Silvesternacht in Köln sauber ab. Aber das unterscheidet uns eben auch: Wir arbeiten Fehler, die passiert sind, und auch das Thema „Einbruchskriminalität“ sauber ab.
Sie machen es aber nicht. Sie versuchen, auf populistische Weise Geländegewinn zu erzielen. Ich finde es unverantwortlich, was Sie hier betreiben.
Herr Laschet, Sie haben gerade in Ihrer Rede einen Kurswechsel gefordert. Das haben Sie hier mehrfach gesagt. Sie haben aber nicht gesagt, wie ein solcher Kurswechsel aussehen soll. Sie liefern keine Antworten.
Nein, das machen Sie nicht. Sie haben hier keine einzige Antwort geliefert. Wie lautet denn Ihre Antwort?
Sie sagen, wir bräuchten eine Ausweitung der Videoüberwachung. Sie sagen, wir sollten alle Grenzen, die es im Polizeigesetz gibt, über Bord werfen. Das bringt doch nur Scheinsicherheit. Ja, wir arbeiten das Thema „Videobeobachtung“ sauber ab. Wir prüfen Standorte daraufhin ab, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung vorliegen, allerdings eingebettet in ein Gesamtkonzept mit Beamtinnen und Beamten, die am Bildschirm sitzen und tatsächlich für mehr Sicherheit sorgen, wenn sie ihre Kolleginnen und Kollegen zu Einsatzorten lotsen können.
Was Sie wollen, ist eine anlasslose, flächendeckende Videoüberwachung in ganz Nordrhein-Westfalen, die außer Scheinsicherheit gar nichts bringt. Auch das unterscheidet uns: Wir reden darüber, wie
wir die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen stärken können, statt nur über Scheinsicherheit zu diskutieren.
Ich möchte mich auch an die FDP wenden. Sie reden immer vom Sparen. So hat Herr Witzel in der letzten Haushaltsdebatte Einsparungen von 700 Millionen € im Landeshaushalt gefordert. Das geht aber nur, wenn man auch beim Personal spart, und das würde bedeuten: auch bei Polizei.
Sie wollen also bei der Polizei sparen, und wir stellen mehr ein – das will ich hier noch einmal festhalten –, und zwar allein in diesem Jahr 1.920 neue Polizeibeamtinnen und -beamte!
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Die FDP geht zur Kasse, will aber nicht bezahlen! Das ist das Problem!)
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich möchte nur noch einmal auf die einzelnen Dinge eingehen, die hier geäußert wurden, zum einen von Herrn Kollegen Laschet. Er sagte – ich sage es sinngemäß, denn ich habe mir das Zitat nicht wortwörtlich aufgeschrieben –, es sei nicht die Kritik, die Menschen in die Hände der Populisten treibe, sondern es sei die Politik.
Ich gebe Ihnen nur zum Teil recht; denn es ist weder das eine noch das andere. Es ist vielmehr die Art und Weise, in der das geschieht. Es ist die Art und Weise der Kritik, und es ist die Art und Weise der Politik. Beides machen Sie hier falsch, und zwar schon seit Jahrzehnten.
Herr Biesenbach hat Baden-Württemberg und Bayern als Beispiele angeführt. Ja, dort gibt es insgesamt mehr Einwohner als in Nordrhein-Westfalen. Das mag sein. Vielleicht gibt es dort trotzdem weniger Kriminalität. Aber vergleichen Sie doch einmal die Fläche: Baden-Württemberg und Bayern sind zusammen dreimal so groß wie Nordrhein-Westfalen. Die Einwohnerzahl ist geringfügig höher, aber Bayern und Baden-Württemberg haben eine wesentlich größere Fläche.