Protocol of the Session on March 16, 2016

Welche strukturellen Maßnahmen ergreift der Finanzminister endlich zur Beseitigung der ökonomischen Schieflage bei WestSpiel?

Die Landesregierung hat uns, wie zu erwarten war, angekündigt, dass Herr Minister Dr. Walter-Borjans antworten wird. – Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Herr Witzel! Meine Damen und Herren! Es geht – es tut mir leid, das hier sagen zu müssen – wie so oft um eine Feststellung von Herrn Witzel, die man in einigen Punkten korrigieren muss.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das ist nichts Neues!)

Es geht auch nicht darum, dass hier ein Mitarbeiter des Managements von WestSpiel gegenüber einem Aufsichtsrat von WestSpiel Stellung nimmt. Diese Rollen haben wir beide nicht, aber das wird offenbar doch hierhin verlagert.

Ich möchte zunächst sagen, dass ich dies ebenso wie die wirtschaftliche Entwicklung WestSpiels und die ergriffenen Restrukturierungsmaßnahmen bereits in zahlreichen Antworten zu Kleinen Anfragen und Vorlagen für den Haushalts- und Finanzausschuss in jüngster Zeit dargelegt habe. Ich darf daran erinnern, dass es allein zu diesem Thema 2015 und 2016 vier Kleine Anfragen von Herrn Witzel sowie achtmal einen Tagesordnungspunkt im Haushalts- und Finanzausschuss gegeben hat. Wir haben somit eigentlich schon sehr viel dazu dargestellt.

Es ist nicht der Finanzminister, der grundsätzlich für strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage WestSpiels zuständig ist, sondern die Geschäftsführung, die unmittelbare Gesellschafterin und damit die NRW.BANK und der neu eingerichtete Aufsichtsrat. Diese Akteure arbeiten auch zurzeit an einem Restrukturierungsprozess.

Trotzdem berichtige ich Sie an dieser Stelle gern noch einmal. Herr Witzel, Sie stellen die wirtschaftliche Situation erheblich verkürzt und dadurch unzutreffend dar. Die Bruttospielerträge sind im Jahr 2015 im Vergleich zum Jahr 2014 nicht gesunken, sondern um 9 % auf 79,6 Millionen € gestiegen. Dies geschah nach einer langen Phase sinkender Erträge jetzt erkennbar durch das Wirken von Maßnahmen, die ergriffen worden sind. Damit lagen sie auch über den Planvorgaben von 77 Millionen €.

Abgesehen davon kann eine Bewertung der Profitabilität von WestSpiel nur unter Berücksichtigung der Abgaben nach dem Spielbankengesetz erfolgen. Ohne diese Abgaben – das haben wir auch oft genug besprochen – würde WestSpiel ein positives Ergebnis erzielen.

Ich bin auch hier falsch zitiert worden damit, dass ich für ein Jahrzehnt noch das Problem sähe, dass es keinen positiven Beitrag gebe. Man kann auch nicht sagen, es sei immer so, dass man nachsteuern bzw. sich die Abgaben anschauen müsse. In diesem Fall gibt es eine Besonderheit. Es gibt eine Abgabe auf

die Bruttospielerträge. Wäre es eine ertragsabhängige Abgabe, dann hätte WestSpiel kein Minus, sondern ein Plus zu verzeichnen.

Das ist gewollt. Das ist auch richtig so. Aber dadurch kommt ein Minusergebnis zustande, das sich nicht im Einzelnen aus dem Spielbetrieb ergibt.

Im Jahr 2015 hat WestSpiel rund 30 Millionen € an das Land abgeführt – auch das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr –; davon gingen 9,5 Millionen € an die Spielbankgemeinden. Mit über 20 Millionen € wird die Stiftung Wohlfahrtspflege gefördert.

Die Ertragssituation der WestSpiel-Gruppe kann man nicht isoliert betrachten. WestSpiel betreibt die Spielbanken in Nordrhein-Westfalen für das Land. Dabei gibt es auch andere Ziele des Spielbankgesetzes, etwa Spielsuchtbekämpfung, Anbieten eines begrenzten Glücksspielangebots, Jugendschutz

usw. Deshalb ist WestSpiel an den Zielen des Spielbankgesetzes NRW zu messen, und nicht nur an der Profitabilität.

Unabhängig davon gehen WestSpiel, die

NRW.BANK und die beteiligten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften davon aus, dass der WestSpiel-Konzern durch die veranlassten umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen wieder positive Jahresergebnisse erzielen kann. Zu diesen Maßnahmen gehören: Verschlankung der Gruppenstruktur, Aufgabe bzw. Veräußerung von Standorten, Verstärkung der gästeorientierten Attraktivität, Personalmaßnahmen, Revitalisierung des Standortes Aachen – im Übrigen mit einem so zunächst gar nicht erwarteten Erfolg –, Etablierung des neuen Spielbankstandortes in Köln.

Dass ein Unternehmen, das sich gerade in der Restrukturierung befindet, gelinde gesagt, etwas üppigere Weihnachtsfeiern veranstaltet, habe ich selbst deutlich als einen Schritt kritisiert, den man so nicht machen sollte. Ich gönne jedem Unternehmen und seinen Mitarbeitern Betriebsfeste. Diese Dinge sind in der gewerblichen Wirtschaft, aber auch im öffentlich-rechtlichen Bereich, bei Unternehmen durchaus üblich und nicht ungewöhnlich. Größenordnung und Art müssen aber schon in die Zeit passen. Sie müssen sich am wirtschaftlichen Ergebnis eines Unternehmens orientieren, und sie müssen auch einen gewissen Instinkt dafür zeigen, in welchen Zusammenhang das Ganze möglicherweise gesetzt werden kann.

Das hat man dann auch ausreichend getan, indem das mit Warhol verknüpft wurde, wofür es hier überhaupt keinen Anlass und überhaupt keine Ansatzpunkte gibt – erst recht nicht, wenn das nicht nur 2014, sondern auch 2015 geschieht. Ich habe das Unternehmen über die NRW.BANK um Sachverhaltsaufklärung gebeten.

Ich weise nur darauf hin, damit klar ist, welche Position ich selbst dazu habe: Auch in Ministerien gibt es

Zusammenkünfte anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes oder zu Karneval. Bei uns ist es ganz üblich, dass der Minister, der Staatssekretär und die leitenden Beamten durch ihren persönlichen Beitrag die Finanzierung sicherstellen und das Ganze nicht zu einem vom Unternehmen bezahlten Betriebsfest wird.

Dass es in der Wirtschaft auch andere Varianten und Versionen gibt und dass das dann sozusagen ein zusätzlicher Gehaltsbestandteil ist, der auch versteuert wird, kann ich nicht grundsätzlich von der Hand weisen und kritisieren. Aber noch einmal: Ich halte schon etwas davon, dass man sich immer über den Rahmen, in dem etwas passiert – und zwar zeitlich, wirtschaftlich sowie mit Blick auf die gesamten Umstände – ein paar Gedanken mehr machen sollte. – So viel zum Einstieg.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Witzel hat eine erste Frage. Bitte schön, Herr Witzel.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Dr. Walter-Borjans, vielen Dank für Ihre erste Antwort.

Meine Frage leitet sich genau daraus ab. Sie haben zuletzt dem Haushalts- und Finanzausschuss auch schriftlich mitgeteilt, dass Sie positive betriebliche Ergebnisse erst wieder im nächsten Jahrzehnt, nämlich in 2021 sehen. Nichts anderes habe ich wiedergegeben. Sie haben zugleich gesagt, die letzten verfügbaren Zahlen seien die des veröffentlichten Jahresabschlusses für das Jahr 2014; das sei daher die aktuelle Datenbasis, die dem Parlament vorliege.

Deshalb frage ich Sie, gerade weil Sie sich – anders als zum Beispiel die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen – entschieden haben, bewusst diese staatliche Verantwortung mit einem staatlichen Unternehmen im Glücksspielbereich wahrnehmen zu wollen, ob Sie sich bei der Vielzahl der immer wieder neu aufkommenden Sachverhalte bei WestSpiel als zuständiger Minister hinreichend vom Unternehmen informiert fühlen.

Ich will diese Frage ausdrücklich so verstanden wissen, dass Sie natürlich nicht jedes operative Detail regeln können. Aber wenn man sich staatlich bewusst entscheidet, ein solches Unternehmen zu betreiben, darf man solchen Unternehmen eben auch nicht solche grenzenlose Freiheiten lassen, dass sie sich in einer Weise entwickeln, dass es dem Steuerzahler und der Allgemeinheit nicht guttut. Genau das ist meine Frage: Sehen Sie hier kommunikativen und informativen Verbesserungsbedarf des Unternehmens auch Ihnen als Eigentümer gegenüber?

Herr Minister, bitte schön.

Herr Witzel, ich bleibe dabei, dass es nicht zur operativen Tätigkeit eines Ministers gehört, einem Tochterunternehmen eines Unternehmens, das dem Land gehört, sozusagen die Hand bei jedem einzelnen Schritt zu führen, das es unternimmt.

Dass es offenbar so ist, dass operative Entscheidungen, wenn sie skandalisierungsfähig sind, unter anderem auch von Ihnen auf die politische Ebene hochgezogen werden, um sie damit zu verknüpfen, ist nicht zu leugnen. Das sehen wir. Insofern werde ich dann auch tätig.

Ich halte es nicht für meine Aufgabe, in jedem operativen Bereich nachzufragen, wo eine einzelne Entscheidung unter solchen Gesichtspunkten hinterher zu einer Nachricht zu machen ist oder nicht. Ich erwarte allerdings, dass man in diesem Unternehmen und auch bei der Beaufsichtigung dieses Unternehmens durch die dafür zuständigen Gremien und die Muttergesellschaft ein Stück weit darauf achtet, dass man unabhängig von festgelegten Regeln einen gewissen Instinkt dafür entwickelt, dass Missgriffe dieser Art nicht in dieser Weise öffentlich breitgetreten werden.

Deswegen bin ich natürlich tätig geworden, und deswegen habe ich die NRW.BANK in aller Deutlichkeit darum gebeten, diesen Sachverhalt aufzuklären. Inwiefern es immer wieder im täglichen Geschäft Sachverhalte geben kann, die in dieser Weise medial oder kommunikativ darstellbar sind, kann ich Ihnen nicht sagen.

Ansonsten kann ich dem Unternehmen bescheinigen, dass es in der letzten Zeit eine Reihe von Schritten unternommen hat, die die Perspektiven eindeutig verbessern. Das ist das, was mich interessiert. Ich schaue darauf, ob man den Aufgabenstellungen des Spielbankgesetzes auf Dauer gerecht werden kann. Was im Augenblick dort passiert, deutet in die richtige Richtung.

Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Schneider hat eine Frage.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Walter-Borjans, im Casino Hohensyburg steht wieder eine millionenschwere Restrukturierung an, nachdem bereits vor wenigen Jahren Beiträge in Millionenhöhe in die Revitalisierung dieses Standortes investiert worden sind.

Für wie betriebswirtschaftlich profitabel und für den Standort erfolgreich halten Sie die diversen Revitalisierungen inklusive der aktuellen Maßnahmen in Hohensyburg?

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Können Sie den Gesamtzusammenhang der Frage er- klären?)

Ich kann nur noch einmal sagen, dass sich WestSpiel mit den einzelnen Standorten auseinandersetzt und die Revitalisierung jetzt ganz offenbar Früchte trägt.

Es gab nach meiner Einschätzung sogar noch einen kritischeren Standort, nämlich in Aachen. Auch dieser Standort zeigt durch den Standortwechsel innerhalb der Stadt jetzt deutlich bessere Ergebnisse. Noch einmal: Selbst Aachen mit dem schwächsten Ergebnis ist in den schwarzen Zahlen, wenn man die Spielbankenabgabe nicht abzieht.

Wir wollen insgesamt eine Profitabilität, die uns in die Lage versetzt, das zu tun, warum wir unter anderem an dem Thema „Spielbanken“ festhalten. Damit werden ganz wesentliche Beiträge für einen wichtigen sozialen Bereich erwirtschaftet, eben auch für die Stiftung Wohlfahrtspflege. Natürlich bin ich daran interessiert, die Schritte zu unterstützen, die dazu führen, dass dieser Bereich von WestSpiel später wieder in einem stärkeren Maße unterstützt werden kann.

Die nächste Frage stellt Frau Kollegin Schmitz.

Vielen Dank für das Wort, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Minister, infolge des geschäftlichen Niedergangs bei WestSpiel kritisiert der Landesrechnungshof, dass in den Casinostandorten dauerhaft viel zu viele Finanzbeamte vor Ort sind. Der Landesrechnungshof fordert von der Finanzverwaltung eine Stellenreduktion um 50 Planstellen, die die Landesregierung bislang nicht umgesetzt hat.

Aus welchen Gründen folgt die Landesregierung nicht dem plausiblen Einsparvorschlag des Landesrechnungshofs, mehrere Dutzend Planstellen von Finanzbeamten in den Casinos abzubauen?

Weil sich so etwas nicht von heute auf morgen auf einen Schlag erledigen lässt, sondern das vielmehr zu dem Gesamtkonzept gehört, an dem WestSpiel arbeitet.

Noch einmal: Im Augenblick ist WestSpiel dabei, seine Ergebnisse deutlich zu verbessern. In diesem Zuge ist mit darauf zu achten, wie viel Personal das Unternehmen selbst benötigt und wie viel Personal

zur Beaufsichtigung benötigt wird. Wir werden die notwendigen Schritte daraus ziehen.

Herr Kollege Alda, bitte.

Danke, Herr Präsident. – Herr Minister, die Landesregierung schmückt sich gerne mit ihrer Imagekampagne „Gute Arbeit in NRW“, die einen wertschätzenden Umgang mit Beschäftigten und gute Arbeitsbedingungen propagiert. Beim Staatsunternehmen WestSpiel hingegen sind die Arbeitsbeziehungen – weit über Einzelfälle hinaus – mit am konfliktreichsten.

Herr Minister Walter-Borjans, wie bewerten Sie das WestSpiel-Personalmanagement mit seinen zahlreichen Arbeitsgerichtsprozessen und Rekordabfindungen vor dem Hintergrund der Erwartungen an sogenannte gute Arbeit, die die Landesregierung von privaten Arbeitgebern erwartet?

Herr Alda, zur guten Arbeit gehört es auch, dass in Leitungsbereichen ein anständiger Umgang herrscht und es dort ein leistungsbezogenes Arbeiten gibt. Bei dem, was Sie als „Rekordabfindungen“ beschreiben, geht es um Abfindungen in einem absolut üblichen Bereich. Diese beruhen im Übrigen auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen, die nicht von mir – jedenfalls nicht in allen Einzelteilen – und auch nicht in meiner Regierungszeit getroffen worden sind.

Ich kann nur sagen: Man kann in einem Unternehmen zu dem Ergebnis kommen, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht sinnvoll ist und sie weder dem Unternehmen dient noch der Zielsetzung folgt, gute Arbeit sicherzustellen. In diesem Zusammenhang hat es ganz offenbar einige Personalentscheidungen gegeben. Sie sprechen vermutlich auf die Personalentscheidung an, die von Ihnen oder jedenfalls von Ihrer Fraktion in der letzten Zeit hinreichend medial begleitet worden ist.