Protocol of the Session on March 16, 2016

Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Schulze das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident!

Meine Damen und Herren! Ich bin den Koalitionsfraktionen wirklich dankbar für die deutlichen Worte,

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

die dieser Antrag hier gefunden hat. Ich bin dafür insbesondere angesichts der Widerstände dankbar, auf die ein so wichtiges Thema wie „Gute Arbeit“ immer wieder vor allen Dingen hier im Haus stößt. Das bestätigt mich noch einmal darin, wie wichtig es ist, dass wir uns mit den Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen auseinandersetzen, und es bestätigt auch noch einmal, was für einen Meilenstein wir da bundesweit gesetzt haben.

Die Erkenntnis, dass die Beschäftigungsbedingungen wichtig sind, hat sich inzwischen auch im Bund durchgesetzt. Sie hat sich in den anderen Bundesländern durchgesetzt. Auch dort gewinnt die Diskussion um die Beschäftigungsbedingungen an Fahrt.

Vielen ist inzwischen sehr klar geworden, dass gute Beschäftigungsbedingungen eine wesentliche Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Wissenschaftssystem sind, weil wir nur so die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler langfristig davon überzeugen können, an unseren Hochschulen und nicht an einem anderen Standort zu forschen und zu lehren. Die Hochschulen befinden sich schon lange in einem internationalen Wettbewerb. Ich bin sehr froh, dass wir in Nordrhein-Westfalen da jetzt Fakten schaffen konnten.

Der Vertrag über gute Beschäftigungsbedingungen wird sie in dem Wettbewerb ebenso stärken wie die auch von uns vorangetriebene Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, auch wenn wir uns bei diesem Gesetz aus nordrhein-westfälischer Sicht mehr gewünscht hätten.

Wenn man sich einmal klarmacht, worum es denn im Kern geht, dann mag man kaum glauben, dass man für so ein Thema so intensiv werben muss, wie wir das hier in Nordrhein-Westfalen getan haben.

Ein Abbau befristeter Beschäftigung beim wissenschaftlichen Personal gibt Nachwuchsforscherinnen und -forschern eine gewisse Planungssicherheit, soweit dies im Wissenschaftssystem überhaupt möglich ist. Dass sich hervorragend ausgebildete Menschen, die gar nicht mehr so jung sind, wenn sie im Wissenschaftssystem an diese Stelle kommen, wenn sie ihre Karriere beginnen, das wünschen, dürfte wohl jedem klar sein. Gleiches gilt natürlich für die Möglichkeit, zwischen den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen wechseln zu können, ohne Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

Meine Damen und Herren, wenn der DGB in einer Befragung zu dem Ergebnis kommt, dass viele Beschäftigte unzufrieden sind und ein Viertel der Befragten sogar den Arbeitsplatz Hochschule verlassen

will, dann können wir das nicht einfach so stehen lassen und infrage stellen, ob diese Untersuchung methodisch überhaupt korrekt ist. Wer unsere Geschichte ein wenig kennt, der weiß: „Gute Arbeit“ kommt nicht von alleine, und das gilt auch an den Hochschulen.

Deshalb ist dieser Vertrag für gute Beschäftigungsbedingungen ein richtiger und wichtiger Schritt in die Zukunft. Der aktuelle Stand heute ist, dass alle Hochschulen unterzeichnet haben, und dabei ist niemandem gedroht oder gepresst worden, wie Frau Freimuth hier eben behauptet hat. Diese Vertragungsunterzeichnungen sind von allen Hochschulen zusammen mit ihren Personalvertretungen freiwillig getätigt worden, und das ist ein sehr gutes Ergebnis.

Aber – das sage ich hier auch ganz deutlich – das ist nur eine weitere Etappe auf dem Weg, den wir konsequent fortsetzen werden. Wir werden das Thema in Nordrhein-Westfalen weiter voranbringen.

Wir werden mit den Beteiligten im Gespräch bleiben – mit Ihnen hier im Parlament genauso wie mit den Akteuren an den Hochschulen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir alle hier im Parlament davon überzeugen, wie wichtig gute Beschäftigungsbedingungen sind. Wir haben eine ständige Kommission mit allen Beteiligten ins Leben gerufen, die die Umsetzung des Vertrages begleitet und die Vereinbarung auch mit Leben füllen wird.

Dass die Rahmenbedingungen hier in NordrheinWestfalen sehr gut sind, haben wir bei den Haushaltsverhandlungen bzw. bei der Einbringung des Haushalts bereits darlegen können.

Wenn seit 2010 die Mittel für die Hochschulen um 40 % steigen, dann, lieber Herr Berger, ist es mit den 270 Millionen € für die BAföG-Erhöhung nicht getan. Wenn der Finanzminister uns nur diese Erhöhung zugestanden hätte, dann hätten wir ein wirkliches Problem an den Hochschulen.

(Beifall von der SPD)

Wir haben weitaus mehr Mittel bekommen, die den Hochschulen zur Verfügung stehen. Das BAföGGeld ist in die Bildung geflossen, auch wenn Sie hier hundertmal etwas anderes behaupten. Schauen Sie einfach in den Haushalt! Die Zahlen müssen Sie doch lesen können.

Meine Damen und Herren, die Debatte um gute Beschäftigungsbedingungen ist wichtig. Wir werden sie weiter fortsetzen. Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter, und wir werden Vorreiter bleiben. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze. – Es sind keine weiteren Redebeiträge angemeldet.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen erstens über den Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/11428 ab. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Antrag so zu? – SPD und Grüne stimmen zu. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Piratenfraktion, der fraktionslose Kollege Schwerd sowie CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Es gibt keine Enthaltungen. Damit ist der Antrag Drucksache 16/11428 mit Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen.

Zweitens stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/11502 ab. Wer stimmt dieser Entschließung zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – SPD, Grüne, CDU, FDP. Wer enthält sich? – Es enthält sich der fraktionslose Kollege Schwerd. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/11502 bei einer Enthaltung mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe einen unserer Höhepunkte im Hohen Haus auf:

11 Fragestunde

Mündliche Anfrage Drucksache 16/11240

Dazu begrüße ich die beiden Stammgäste dieser Runde,

(Heiterkeit und Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herrn Kollegen Witzel und Herrn Finanzminister Dr. Walter-Borjans.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir freuen uns darauf. Mit der Drucksache 16/11240 liegt Ihnen die

Mündliche Anfrage 76

des Abgeordneten Witzel von der FDP vor. Das Thema lautet – und jetzt wird es sicher wieder ganz ernst –:

„Andauernde Probleme und Kapitalverzehr beim defizitären staatlichen Glücksspielanbieter – Welche strukturellen Maßnahmen ergreift der Finanzminister endlich zur Beseitigung der ökonomischen Schieflage bei WestSpiel?“

Der landeseigene Glücksspielanbieter WestSpiel macht bereits seit Jahren im operativen Geschäft beträchtliche Verluste. Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans sieht nach eigenen Bekundungen mindestens auch noch für die restlichen Jahre in

diesem Jahrzehnt keine Perspektive, wieder ein verlustfreies Betriebsergebnis zu erreichen.

Die Bruttospielerträge sind seit dem Jahr 2010 stark gesunken. Es ist für alle vier bestehenden Standorte in Nordrhein-Westfalen der Regelfall, dass auch die Planvorgaben nicht erreicht werden.

Infolge dieses Umsatzrückgangs ist ebenfalls die Spielbankenabgabe, mit deren Hilfe anteilig die Arbeit etlicher wohltätiger Organisationen finanziert wird, kontinuierlich zurückgegangen: von 39,9 Mio. Euro auf zuletzt 28,0 Mio. Euro. Der Planungsansatz für 2010 hat noch einen Betrag von 63,9 Mio. Euro vorgesehen. Aufgrund der anhaltend negativen geschäftlichen Entwicklung hat der Finanzminister unlängst sogar die Abgabensätze der Spielbanken abgesenkt, um seine staatlichen Casinos nicht zu überfordern. Als am stabilsten galt bislang der Standort Duisburg, doch auch dort hat sich allein zwischen 2012 und 2014 die Spielbankenabgabe von 26,6 Mio. Euro auf 12,7 Mio. Euro mehr als halbiert.

Der letzte verfügbare Jahresabschluss der WestSpiel GmbH für das Jahr 2014 weist nach dortiger Gewinnabschöpfung (§ 14 SpielbG NRW) einen Jahresüberschuss von 4,4 Mio. Euro aus. Der Überschuss vor Gewinnabschöpfung betrug 86,4 Mio. Euro. Obwohl das operative Ergebnis deutlich negativ gewesen ist (vgl. Vorlage 16/3294, S. 10), konnte der Überschuss formal durch den Verkauf zweier Warhol-Kunstwerke erreicht werden, die in der Summe einen außerordentlichen Ertrag von 111,3 Mio. Euro erbracht haben.

Diese Gewinnabschöpfung – die durch eine stille Beteiligung der NRW.BANK zum überwiegenden Teil wieder an deren Beteiligungsunternehmen WestSpiel zurückgeflossen ist – hätte offenkundig jedoch noch größer ausfallen können, wenn die Personalaufwendungen nicht von rund 32,2 Mio. Euro im Jahr 2013 um 40 Prozent auf 45,4 Mio. Euro im Jahr 2014 angestiegen wären (+13,2 Mio. Euro). Insbesondere wuchs dabei der Aufwand für Altersversorgung um 6,5 Mio. Euro. Die Ursachen für diesen rasanten Anstieg des Personalaufwands bleiben auch durch die Erläuterungen in diesem Jahresabschluss unklar.

Darüber hinaus wird auch eine Veränderung der Darstellungsweise der Beschäftigtenstruktur (vgl. Vorlage 16/3294, S. 24) nicht erläutert. Während die ausgewiesene Anzahl der Beschäftigten in der Unternehmenszentrale und im Management steigt, sinkt sie beim Automatenspiel deutlich. Jedoch gibt es seit dem Jahr 2014 eine neue Kategorie für „Rezeption/Automatenspiel/Kasse“ mit immerhin 50 Beschäftigten. Der Hintergrund für die neue Darstellungsweise der Beschäftigtenstruktur bleibt im Jahresabschluss unkommentiert

und ist daher ohne weitere Angaben nicht nachvollziehbar.

Ein Vergleich mit den Casinogesellschaften in den anderen Bundesländern legt die Folgerung nahe, dass die Unternehmenszentrale von WestSpiel personell überbesetzt ist und dies die strukturellen Kosten ebenfalls unnötig in die Höhe treibt.

Ferner hält WestSpiel einen überdimensionierten Fahrzeugpool mit mehreren Dutzend Fahrzeugen vor, die Beschäftigten häufig auch für rein private Nutzungen zur Verfügung gestellt werden. Auch dies ist im bundesweiten Vergleich völlig unüblich.

Auch Freistellungen, die jeweils mit beträchtlichen Abfindungszahlungen verbunden sind, existieren bei WestSpiel in weit überdurchschnittlichem Maß. Nach Aussagen verschiedener Beschäftigter sind personelle Seilschaften bei WestSpiel wichtiger als die gemeinsame Orientierung am Betriebserfolg.

Negativ ist auch die Entwicklung in der WestSpielGastronomie, deren Erlöse im Jahr 2014 um rund ein Drittel zurückgegangen sind. Die für WestSpiel typische Reaktion hierauf hat einmal mehr in der kostenträchtigen Neubesetzung und Ausweitung von Führungspositionen gelegen, ohne dass in diesem Bereich eine ökonomische Verbesserung bislang bekannt geworden wäre.

Es stellt sich ferner die Frage, ob die zahlreichen oft millionenschweren Restrukturierungen an den einzelnen Casinostandorten sich bislang auch nur ansatzweise finanziell gerechnet oder zumindest bei den Besucherzahlen als erfolgreich erwiesen haben. Aus Unternehmenskreisen werden hierzu gegenüber der Politik eher verschiedene Beispiele teurer gescheiterter Restrukturierungen benannt.

Wenn sich die Ertragslage in staatlichen Casinos offenbar so verlustreich darstellt wie in den letzten Jahren praktiziert, stellt sich berechtigterweise die Frage, warum gerade die Ausweitung der Anzahl von Standorten die richtige betriebswirtschaftliche Reaktion auf diese Problematik darstellen soll.

Angesichts der nun bereits seit zahlreichen Jahren aufgetretenen Verluste bei WestSpiel und der noch für etliche Jahre vom Finanzminister erwarteten fortgesetzten Schieflage ist das bei WestSpiel in mehrerlei Hinsicht fragwürdige Finanzgebaren nicht länger akzeptabel und bedarf schnellstens einer eingehenden Prüfung und Erörterung. Der Finanzminister sollte das Parlament aus all den zuvor genannten Gründen umfassend informieren, welche Konsolidierungsstrategie er nun verfolgt.

Welche strukturellen Maßnahmen ergreift der Finanzminister endlich zur Beseitigung der ökonomischen Schieflage bei WestSpiel?