Die Ermittler müssen heute bei gleichem Personal fast 18.000 Wohnungseinbrüche und gut 14.000 Taschendiebstähle mehr bearbeiten als im Jahr 2010, und das bei gleichem Personal. Eigentlich ist die Lage sogar noch schlimmer: Durch interne Verlagerungen, beispielsweise zur Terrorbekämpfung, steht sogar weniger Personal zur Verfügung.
Nur 14% der Einbrüche im Land werden aufgeklärt; örtlich sind es gar nur 5 %. Nur einer von 100 Wohnungseinbrechern in Nordrhein-Westfalen geht für seine Taten ins Gefängnis. Fahndungsdruck und Kontrolldruck im Zusammenhang mit Wohnungseinbrüchen ist in Nordrhein-Westfalen also faktisch nicht vorhanden.
Nicht ohne Grund haben die Kripobeamten – und zwar zu Recht – endlich massiv aufbegehrt und kundgetan, dass sie mit diesem Kurs des Innenministers nicht mehr zufrieden sind und sich auch nachhaltig im Stich gelassen fühlen. Der Bund der Deutschen Kriminalbeamten – der BDK –, die Praktiker der Kripo, sie sagen in Ihre Richtung, Herr Minister: Die Ursachen der hohen Wohnungseinbrüche kann man beheben, wenn man will.
Die Wahrheit in Nordrhein-Westfalen ist folgende: Der Wach- und Wechseldienst ist am Limit, die Kripo ist hoffnungslos überlastet. Die MEKs wurden zum LKA abgezogen, SEKs wurden aufgelöst. Die Hundertschaften sind vielfach ausgebrannt. Das ist ein eklatanter Schiefstand! Die Gleichung muss doch vielmehr lauten: Wir brauchen motivierte Ermittler und frustrierte Täter.
Herr Minister, ebenso erschreckend wie die aktuellen Zahlen ist Ihre Reaktion darauf. Das mit diesen hohen Einbruchszahlen zeitgleich präsentierte Einbruchsradar verdeutlicht doch im Grunde Ihre ganze Hilflosigkeit.
Sie raten den Bürgern zu mehr Sensibilität, aber im Grunde liefern Sie den Kriminellen die Daten gleich mit. Die Polizeibehörden Aachen, Düren, Heinsberg werten dieses Polizeiradar als Planungshilfe für Banden, für künftige Einbrecher.
Wenn es nur das wäre – obwohl es ja schon schlimm genug ist –: Hinzu kommt, dass die Polizeibehörden noch nicht einmal von Ihnen erfahren haben, dass sie jetzt auf dieses Mittel setzen sollen; vielmehr haben sie das offenbar aus der Presse erfahren. Herr
Minister, bei allem Respekt – das will ich will ganz deutlich sagen –: Das ist nur noch unprofessionell und wird der Lage ganz sicher nicht mehr gerecht.
Sie vermitteln den Bürgern die, wie ich finde, fatale Botschaft: Die Regierung passt nicht auf das Land auf; deshalb müssen die Bürger auf ihr Zuhause selbst aufpassen. – Das ist ein Offenbarungseid. Sie laufen der Lage im Grunde nur noch hinterher, anstatt mal wieder vor die Lage zu kommen.
Wirksame Gegenkonzepte? – Weiter Fehlanzeige! Stattdessen haben Sie in den letzten Jahren vor allen Dingen Konzepte gestrickt, die mehr für die Öffentlichkeit gedacht waren statt sich gegen die Täter zu richten. Sie haben sich mehr um die Vermarktung der Überschriften statt um die tagtägliche Umsetzung der Maßnahmen gesorgt. Nicht ohne Grund fühlen sich die Polizeibeamten in diesem Land jetzt von Ihnen im Stich gelassen.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: NordrheinWestfalen braucht ein Innenministerium, das seinen Polizeibehörden den Rücken stärkt, das die Expertise der Führungskräfte nutzt, das sensibel führt, steuert und reagiert. Herr Minister, legen Sie dazu endlich überzeugende Konzepte vor. Setzen Sie diese um, weisen Sie endlich Erfolge auf, und geben Sie den Menschen im Land Sicherheit. Das wäre Ihr Job. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben sich in den letzten Wochen wieder einmal sehr bemüht, medial ein Spitzenvokabular der Verunsicherung zu verbreiten. Da war von „Scheitern“, vom „Eldorado“, von „Vertuschen“, von „Entgleiten“ die Rede. Ich möchte mit Ihnen gerne zurück auf eine sachliche Ebene der Auseinandersetzung, wo ich ja weiß, dass auch Sie gerne auf diese Ebene gehen.
Die Kriminalitätsbilanz des letzten Jahres und der gesamten letzten Jahre ist sowohl positiv als auch negativ. Die Bilanz zeigt ein Absinken weitestgehend im
Bereich der Gewaltdelikte, der Umweltdelikte, der Sachbeschädigung und der Jugendkriminalität. Sehr erfreulich ist die Entwicklung, dass immer weniger Kinder und Jugendliche Opfer von Straftaten werden. Unsere Kinder leben in NRW in einer für sie immer sicherer werdenden Region.
NRW ist insgesamt eine der sichersten Regionen der Welt. An wenigen anderen Stellen der Erde gibt es einen vergleichsweise hohen Schutz besonders der körperlichen Unversehrtheit und Integrität.
(Unruhe von der CDU und der FDP – Hans- Willi Körfges [SPD]: Dass Sie das nicht hören wollen, ist klar!)
Daran ändern auch die scheußlichen Übergriffe in der Silvesternacht nichts. Kaum woanders ist die körperliche Unversehrtheit derartig geschützt wie in Nordrhein-Westfalen.
Und kaum woanders verfügen Sie über eine derart kompetente und fleißige Polizei. Dort beschäftigt man sich nämlich nicht mit Abheften und Abhaken – wie Sie es bezeichnen –, sondern dort stellt man sich den Aufgaben, und zum Glück sind es bald wieder deutlich mehr Polizisten. Verunsichern Sie also nicht die Bürgerinnen und Bürger mit der Behauptung, dass sie hier in NRW nicht sicher leben würden – das Gegenteil ist der Fall!
Die Kriminalitätsbilanz des letzten Jahres ist aber auch negativ. Das vertuscht übrigens niemand. Gerade einmal die Hälfte aller anderen Länder hat bisher ihre Statistik für 2016 vorgelegt. Die Statistik in NRW zeigt für das letzte Jahr einen Anstieg, ja, auch einen schnellen und erheblichen Anstieg im Bereich der Wohnungseinbrüche und des Taschendiebstahls. Diese Deliktsbereiche beunruhigen uns in der Tat sehr. Ich werde darauf später noch genauer eingehen. Aber auch hier bitte ich um eine angemessene Einordnung in einen zeitlichen Gesamtzusammenhang. Den gebe ich Ihnen ebenfalls gerne:
Seit 2002 gibt es keine wesentlichen Ausreißer im Bereich der Gesamtkriminalität und auch der Aufklärungsquote. Die Zahl der Gesamtdiebstähle ist leider wieder so hoch, wie sie es bereits in den Jahren 2006 und 2007 war. Die Zahl der Diebstähle unter erschwerten Bedingungen – also inklusive der Wohnungseinbrüche – ist in 2015 übrigens immer noch niedriger als in den Jahren 2006, 2007 und 2008.
Die Zahl der Ladendiebstähle ist ebenfalls niedriger als im Jahre 2006. Der deutliche Anstieg bei den Taschendiebstählen trifft seit 2007 zu, vorrangig in den Städten Köln, Düsseldorf, Dortmund, Wuppertal und
Münster. Das kann uns an dieser Stelle nicht beruhigen, das soll es auch gar nicht; aber es stellt die Realitäten über die verschiedenen Regierungskonstellationen dar.
Das sehen Sie auch bei einem Gesamtblick auf die Bundesrepublik. Bei diesen Delikten haben wir es in NRW beileibe nicht mit Sonderfällen zu tun. In NRW haben wir hingegen anderweitige Sondersituationen, nämlich eine hervorragend ausgebaute und nutzbare Infrastruktur, zahlreiche Großstädte mit fehlender Sozialraumkontrolle.
Leider entwickeln sich die Delikte hier so wie im gesamten Bundesgebiet. Bayern hatte 2015 beispielsweise noch einen deutlichen Zuwachs von über 38 % im Jahr zuvor zu vermelden. Die aktuellen Zahlen für Bayern für das Jahr 2015 kennen wir leider noch nicht; die Statistik liegt noch nicht vor.
Für Sachsen- Anhalt – da wurde gerade gewählt; daher nenne ich dieses Land, gerade auch, weil dort ein CDU-Ministerpräsident und ein CDU-Innenminister tätig sind – schreibt der Innenminister Holger Stahlknecht im Zusammenhang mit Wohnungseinbrüchen:
„Seit dem Jahr 2009 setzt sich damit ein kontinuierlicher Anstieg fort, der auch bundesweit feststellbar ist.“
Im letzten Jahr sank in Nordrhein-Westfalen die Anzahl der Wohnungseinbrüche, in diesem Jahr steigt sie wieder an – sogar deutlich. Leider entwickeln wir uns nicht gegen den jährlichen bundesweiten Trend; leider liegen wir ziemlich genau in diesem bundesweiten Trend. Es gibt also keine länderspezifischen Besonderheiten, mit Ausnahme solcher Faktoren wie Grenznähe, Infrastruktur, Besiedelung und Verstädterung.
Sie sehen über die Jahre, dass verschiedene Länder jahresweise unterschiedliche Entlastungen zu verzeichnen haben, andere hingegen Belastungen. Das scheint sehr deutlich auf die Tatsache hinzuweisen, dass wir es nicht mehr mit regional ansässigen Tätern zu tun haben, sondern mit Tätergruppen, die das gesamte Bundesgebiet als Beschaffungsort betrachten.
Sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, wir brauchen mehr Polizisten; darin sind wir uns immer wieder einig. Aber: Wir sind gerade wieder dabei, personell nachzurüsten. Ich darf Sie daran erinnern: Von 2000 bis 2005 haben wir ca. 7.000 Polizisten eingestellt, von 2005 bis 2010 – die Zeit wird Ihnen in Erinnerung sein – haben wir 3.500 Polizisten eingestellt und von 2010 bis 2015 wiederum ca. 7.000 Polizisten.
Wir haben in den letzten beiden Jahren mehr Polizisten eingestellt als Sie in Ihrer gesamten Legislaturperiode.