Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat daraufhin auf der Grundlage unseres hier beschlossenen Antrags über den Bundesrat gegenüber der Europäischen Kommission die Sicherung der bewährten Berufszugangsregelung in Deutschland eingefordert und nutzt alle Möglichkeiten, sich für den Erhalt der Kammern sowie der bestehenden Kosten- und Honorarordnungen zu engagieren, um negativen Entwicklungen für die Freien Berufe entgegenzuwirken.
Vor dem Hintergrund, dass die anerkannt hohe Qualität der Freien Berufe in Deutschland und der Verbraucherschutz im europäischen Binnenmarkt erhalten bleiben und nicht geschwächt werden dürfen, beobachtet die Landesregierung ebenfalls gemeinsam mit dem Verband der Freien Berufe Initiativen auf europäischer Ebene, die das Fremdkapitalverbot und das System der Kosten- und Honorarordnungen der Freien Berufe infrage stellen, um frühzeitig zu reagieren.
Da die Bedeutung einer schnellen Internetverbindung für die Erbringung der freiberuflichen Dienstleistungen bereits heute wichtig ist und zukünftig noch zunehmen wird, haben wir im vergangenen Jahr mit Freude vernommen, dass das Land Nordrhein-Westfalen Mittel in Höhe von insgesamt einer halben Milliarde Euro für den Breitbandausbau zur Verfügung stellen wird. Dies kommt auch den Freien Berufen im Land Nordrhein-Westfalen zugute.
Als SPD-Fraktion unterstützen wir ausdrücklich das Engagement der Landesregierung bei der Sicherung der Freien Berufe. Die Beantwortung der Großen Anfrage macht aber deutlich, dass in Nordrhein-Westfalen gute Voraussetzungen für eine positive Entwicklung der Freien Berufe bestehen und dass sich die Landesregierung für die Freien Berufe engagiert. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftspolitik muss die besondere Stellung der Freien Berufe berücksichtigen. Mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von jährlich 4 % verfügen sie über eine ausgesprochene Gründungsdynamik. Angesichts dieser Bedeutung ist es auch ein Armutszeugnis der rot-grünen Landesregierung, dass die Freien Berufe ihr offenbar nicht so wichtig sind, was wir an der Dünnheit der Beantwortung unserer Großen Anfrage ja gesehen haben.
Dabei sind die Freien Berufe – wie der Kollege Bombis deutlich ausgeführt hat – durch staatliche Regulierungen beaufschlagt – wie auch der gesamte Mittelstand. Wer von Ihnen hat schon einmal die Unterlagen für ein VOF-Bewerbungsverfahren ausgefüllt? Wer das gemacht hat, wird ganz klar wissen, was ich damit meine, glaube ich.
Meine Damen und Herren, Freie Berufe sind auch ein Job- und Konjunkturmotor. Sie sind auch persönliche Arbeitgeber, die direkt für die Arbeitnehmer ansprechbar sind. Freie Berufe wie zum Beispiel beratende Ingenieure stellen der Wirtschaft flexibel und kostengünstig Know-how auf höchster Stufe zur Verfügung.
Was auch noch einmal ganz besonders hervorzuheben ist: Die Verbindung zwischen Hochschulen und Freien Berufen scheint für die Landesregierung in NRW auch überhaupt noch nicht im Blickfeld zu liegen. Hier werden Chancen verpasst, um Synergien zwischen Lehre und Praxis zu schaffen. Die damit verbundene praxisorientierte und anwendungsnahe Arbeit ist ohne diese Zusammenarbeit überhaupt nicht zu denken. Der Wandel und der Austausch zwischen Berufswelt und Hochschule werden vielfach erst durch die Freien Berufe gewährleistet. Aber das ist bei Ihnen anscheinend noch nicht angekommen.
Freie Berufe integrieren den Verbraucherschutz von vornherein mit in das Berufsbild. Das ist hier auch schon einmal deutlich geworden. Von der Qualität der freiberuflichen Arbeit hängt dabei sehr viel ab. Das ist mehr als ein nur mit Geld zu bemessender Wert. Es geht um Gesundheit, Recht, Freiheit, Kunst und Werte, die sich nicht in barer Münze aufrechnen lassen. Freiberufler erbringen zum Teil Dienstleistungen in unmittelbaren und höchstpersönlichen Lebensbereichen. Das erfordert ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Freiberuflern, Klienten, Patienten oder auch Mandanten. Die Werte wie Qualität, Vertrauen und Verbraucherschutz sind hier nicht wegzudenken.
Deshalb sind die Freien Berufe ein verlässlicher Partner für Verbraucher und Wirtschaft. Aber wo bleibt die Unterstützung vonseiten der Landesregierung gerade bei solchen Themen wie zum Beispiel der Altersversorgung durch die Versorgungswerke?
Meine Damen und Herren, die Ziele der Politik für die Freien Berufe müssen formuliert werden. Das wäre die Chance gewesen, die in der Beantwortung der Großen Anfrage gelegen hat.
Das bestehende System – um einmal einige Ziele vorzuformulieren – der Kosten- und Honorarordnungen der Freien Berufe darf nicht infrage gestellt werden, da sie eine qualitativ hochwertige Leistungserbringung zu bezahlbaren Preisen sicherstellen.
Die Landesregierung ist hier in der Pflicht, sich auf Bundesebene und gegenüber der Europäischen Kommission dafür einzusetzen, dass diese Sicherung eines hohen Qualitäts- und Leistungsniveaus erhalten bleibt. Dazu gehört auch der Einsatz für den Erhalt einer qualifizierten Berufsausbildung, zum Beispiel auch im Rahmen des dualen Systems. Zusätzlich müssen die bewährten berufsständischen Regelungen für den Zugang zu bestimmten Berufen wie Steuerberater, Architekt und Rechtsanwalt erhalten bleiben.
Das alles spiegelt sich leider nicht in der Beantwortung wider, obwohl ich sagen muss, Herr Minister: Bei Ihrer Antwort konnte man zumindest – das können Sie notfalls auch einmal als Lob auffassen – sehen, was in der Beantwortung der Anfrage möglich gewesen wäre.
Der Kollege Wüst hat es angesprochen: Dass das noch einmal im Ausschuss aufgegriffen wird und dass gerade diese Themen, die Sie zumindest mündlich ja hier angeschnitten haben, noch einmal mit in die Betrachtung einfließen, ist durchaus eine realistische Chance, um hier ein Bild zu korrigieren, das durch diese – ich darf es wiederholen – Wurstigkeit in der Beantwortung entstanden ist.
Dieses Bild muss unbedingt korrigiert werden; denn die Freien Berufe haben es verdient, dass wir uns hier auf politischer Ebene ernsthaft und sinnvoll mit der Zukunft der Freien Berufe auseinandersetzen und diese Themen, von denen ich einige angeschnitten habe, auch mit einer klaren Stellungnahme beantworten, damit diejenigen, die hier Freie Berufe ergreifen, auch wissen, dass die Politik hinter ihnen steht und dass sie ihr Berufsleben auf ihre Berufsbilder vernünftig gründen können. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Hausmann. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache.
Ich stelle fest, dass die Antwort auf die Große Anfrage hier zur Kenntnis genommen und debattiert wurde und die Große Anfrage 18 damit dann auch erst einmal erledigt ist.
Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat für die antragstellende Fraktion der FDP Frau Kollegin Schneider das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist in Art. 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzes verankert. Deshalb ist es für mich unbegreiflich, dass es in der heutigen Zeit noch immer verboten ist, dass Männer als Gleichstellungsbeauftragte arbeiten. Hiermit wird doch unterstellt, dass es Männern an Objektivität und Einfühlungsvermögen fehlt, was aber Frauen aufgrund des Geschlechts automatisch zugestanden wird. Dabei ist es doch unsere Pflicht, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen des öffentlichen Lebens durch geeignete Maßnahmen zu fördern und zu sichern.
Männer durchleben und erleben derzeit einen Wertewandel – in etwa so, wie wir Frauen dies bereits seit Jahrzehnten spüren und erfahren. Dafür muss jeder für sich persönlich, aber auch die Gesellschaft eine Antwort finden. Mit anderen Worten: Moderne Gleichstellungspolitik muss nicht nur die geschlechterspezifischen Probleme von Frauen berücksichtigen, sondern gleichermaßen auch die von Männern. Deshalb stellen wir heute diesen Antrag.
Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe. Der öffentliche Dienst kann auch dabei helfen, dass wir die einzementierten Rollenzuschreibungen überwinden. Mit einer echten Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen der Landesgleichstellungsgesetznovelle kann die öffentliche Verwaltung in NRW eine besondere Vorbildfunktion einnehmen und damit sogar ein Zeichen zum Beispiel für die freie Wirtschaft setzen.
Schneider, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Es gibt bei Herrn Kollegen Rüße den Wunsch nach einer Zwischenfrage.
Entschuldigung; das war unser Fehler, dass wir nicht erst hingeguckt haben. Offensichtlich hat jemand den Knopf gedrückt; vielleicht mit einer Mappe, die hingelegt wurde. Wir haben die Zeit für Sie noch nicht angehalten; aber Sie bekommen sie selbstverständlich obendrauf, Frau Kollegin Schneider.
Das jetzige Landesgleichstellungsgesetz ist über 17 Jahre alt und bedarf dringend einer Novellierung, die dem gesellschaftlichen Status quo entspricht. Das heißt: keine einseitige, nur auf Frauen ausgerichtete Gleichstellungspolitik. Es bedarf einer Politik für alle Geschlechter, bei der jegliche Diskriminierung verhindert wird.
Die FDP-Landtagsfraktion möchte natürlich auch einen frauenpolitischen Ansatz. Aber wir verstehen hierunter nicht, wie die Landesregierung das tut, die Gleichstellung als Gleichmacherei, sondern wir haben eine chancengerechte Gleichberechtigung im Sinn.
Sehr geehrte Damen und Herren, missbrauchen Sie die Gleichstellungspolitik nicht als Verteilungskampf zwischen den Geschlechtern! Machen Sie Schluss damit! Die anstehende Überarbeitung des Landesgleichstellungsgesetzes ist die Gelegenheit für Sie, sich neu und zeitgemäß aufzustellen.
Unser Antrag zielt auf eine Gleichstellungspolitik der gerechten Chancen von Frauen und Männern ab. Da dies nicht automatisch passiert, müssen in der Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes drei Leitplanken eingezogen werden.
Erstens ist das die Anreicherung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten mit Aufgaben, die zu einer tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern führt.
Das Land Niedersachsen hat in seiner Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit in den Zielkanon aufgenommen. Regelungen zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit gelten für Frauen und Männer gleichermaßen. Aufgabe von Gleichstellungsbeauftragten ist es nun, beide Geschlechter in ihrem Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe und auf Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit zu unterstützen. Die Dienststellen sind im Interesse der
Verbesserung der Verwaltungsentscheidungen verpflichtet, männliche und weibliche Sichtweisen und die Erfahrungen aus einem Leben mit Kindern in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Das ist innovativ und würde auch Nordrhein-Westfalen weiterbringen.
Zweitens. Auch Männer müssen für das Amt des Gleichstellungsbeauftragten zugelassen werden. Das wäre aus unserer Sicht zeitgemäß;
denn der Vierte Bericht zur Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes zeigt ganz deutlich, dass von unseren Landesbeschäftigten bereits jetzt mehr als die Hälfte Frauen sind.
Drittens. Wir brauchen zur Stärkung der Funktion der oder des Gleichstellungsbeauftragten ein Wahlrecht für alle Bediensteten in allen öffentlichen Einrichtungen und Gebietskörperschaften. Damit würden wir mehr Demokratie zulassen und eine bessere Identifizierung mit dem Gleichstellungsbeauftragten erreichen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen die Gleichberechtigung aller Geschlechter in allen öffentlichen Einrichtungen des Landes und der Kommunen fördern.
Wir wollen für alle öffentlichen Landeseinrichtungen und Gebietskörperschaften eine große Gestaltungsfreiheit zum Wohle der Menschen in Nordrhein-Westfalen.
Wir wollen eine Gleichstellungspolitik, die Männer und Frauen nicht gegeneinander ausspielt, sondern Männern und Frauen gleichermaßen Chancen bietet.
Nehmen Sie das als Hausaufgabe für die dringend notwendige Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes mit. – Ich danke Ihnen.