Denn leider gibt es neben dem Staat auch noch kriminelle Privatpersonen, die Zugriff auf die Daten haben wollen. Wir sind ja erst wieder Zeugen geworden. Gestern ist der Fall der Krankenhäuser debattiert worden. Das Vertrauen der Patienten in die sichere Speicherung ihrer sensiblen Daten wird dadurch sicher erschüttert. Darüber hinaus fragen
sich auch viele Freiberufler, wie sie IT-Sicherheit gewährleisten können. Dazu gibt es, Herr Minister, einige Informationsangebote der Landespolitik. Ich denke aber, die müssten in ihrer Qualität und in ihrem Umfang noch deutlich ausgeweitet werden. Die Digitalisierung macht ja auch vor den Freien Berufen nicht halt.
Das Thema ist für mich durchaus auch emotional besetzt, weil ich von 1994 bis 1998 selbst zu dieser Berufsgruppe gehört habe: erfolgreiche Selbstständigkeit im Bereich IT-Beratung, Buchautorenschaft usw. Ich möchte Ihnen einmal durch ein Beispiel verdeutlichen, was dort los ist, gerade in diesem Kreativbereich. Da fragt mich ein potenzieller Kunde: Herr Dr. Paul, kennen Sie sich aus mit der norwegischen Simulations-Software Powersim? Ich möchte ein Managementseminar auf der Grundlage dieses Simulators anbieten. Ich habe dann geantwortet: Nein, aber wenn Sie das möchten, kenne ich mich morgen damit aus.
Viele agieren auch so in diesem Markt. Also: Nachts wird gelernt, tagsüber wird gearbeitet, und geschlafen wird kaum. Das ist gerade im Kreativbereich, im IT-Bereich ein unglaublicher Durchsatz an Information, die immer wieder umgewälzt wird, die in einigen Fällen – ich hatte damals Kurse zum Thema Multimedia gegeben; das Wort benutzt heute kaum jemand mehr – irgendwann wieder in den gesellschaftlichen Orkus fällt, weil andere Dinge in den Vordergrund treten.
Also, die Nachfrage nach hochqualifizierten Dienstleistungen, gerade durch die digitale Revolution, wo die Kernleistung oft in der Lösung von kreativen und komplexen Fragestellungen liegt, die sich eben nicht algorithmisieren lassen, wird in Zukunft steigen. Auch andere Faktoren wie beispielsweise der demografische Wandel, der die Bereiche Pflege und Gesundheit beeinflusst, wirken sich sicher positiv aus.
Die wachsende Bedeutung der Freien Berufe lässt sich bereits aus den Daten der Großen Anfrage absehen – wohlgemerkt, aus den dünnen Daten. Wie gesagt: Vorsicht mit den Zahlen! Eine Zunahme von selbstständigen Rechtsanwälten von 110 % seit 1991 ist nicht automatisch eine positive Entwicklung. Sie kann ebenso bedeuten, dass die Gesellschaft mehr Mittel für Rechtsangelegenheiten aufwenden muss oder es weniger angestellte Rechtsanwälte gibt. Ich will mit dem Beispiel nur sagen, dass es zu Verschiebungen auf den Tätigkeitsmärkten kommt. Da muss die Politik die Zahlen einfach kennen. Das noch einmal als Aufruf.
Übrigens wird auch in manch anderen Bereichen der Wirtschaft der angebliche Fachkräftemangel bemüht, um vor den selbstgemachten unattraktiven Rahmenbedingungen abzulenken.
Ich bin aber überzeugt, dass wir die Sorgen um den Fachkräftenachwuchs bei einigen der Freien Berufe ernst nehmen müssen.
Alles in allem liegen die Freien Berufe im Trend der heutigen Wissensökonomie. Es gibt aber auf internationaler Ebene noch einige Irritationen. Zum einen geht es um die Transparenzinitiative der Europäischen Union. Wir Piraten stehen der derzeit laufenden Überprüfung der Regulierungsfragen nicht pauschal ablehnend gegenüber, die Qualität der Dienstleistungen muss aber gesichert bleiben.
Zum anderen wird das Freihandelsabkommen TTIP auch von den Freien Berufen mit großer Sorge betrachtet, und das zu Recht. Die Auswirkungen des geplanten Abkommens auf die Dienstleistungsbranche sind nach wie vor nicht absehbar. Die mangelnde Transparenz mit ihrer neuesten Verbesserung mit diesen Leseräumen für einzelne Abgeordnete, die danach den Text des Abkommens tanzen können, ist nach wie vor ein Schandfleck für unsere Demokratie.
Da werden gewählte Volksvertreter von der Rezeption der Verträge ausgeschlossen oder eingeschränkt. Für uns Piraten ist sicher, was diese Standards angeht: Einem „Race to the bottom“ der Qualitätsstandards zwischen den Kontinenten werden wir uns nicht anschließen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man Zuschauerinnen und Zuschauern und Zuhörern erklären will, warum Herr Wüst am Anfang hier so reagiert hat, wie er das auf die Beantwortung der Großen Anfrage getan hat, muss man das wie folgt erläutern: Wenn Herr Wüst mich fragt, wie spät es ist, dann schaue ich auf die Uhr und sage ihm: Es ist 14:16 Uhr. – Dann entgegnet Herr Wüst: Das mag ja alles sein, aber du hast nicht gesagt, wie viele Sekunden. – Wenn du ihm die Sekunden auch noch nachlieferst, dann sagt Herr Wüst: Jetzt weiß ich aber immer noch nicht, wie spät es in New York, Rio, Tokio ist. – Es geht hier offensichtlich nur noch um Kritik um der Kritik willen.
Da Sie ja Wert darauf gelegt haben, dass Sie hier richtig zitiert werden, möchte ich darauf hinweisen, dass Sie eines gesagt haben – und da möchte ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministe
rium ausdrücklich im Schutz nehmen –: Die Beantwortung Ihrer Fragen war alles andere als „wurschtig“, sondern ist nach allen fachlichen Kriterien ordentlich gemacht worden. Wenn etwas mittlerweile in diesem Hause wurschtig ist, dann ist es der Umgang der CDU mit wirtschaftspolitischen Fragestellungen. Das kann man meines Erachtens festhalten, das haben wir gestern auch erlebt.
Zurück zu den Freien Berufen, die eigentlich der Anlass dieser Debatte sind und die wenig Anlass geben, sich in einen parteipolitischen Streit zu begeben. Darauf komme ich zum Schluss noch einmal zurück. Klar ist, diese Große Anfrage hat zunächst einmal einen nicht zu unterschätzenden symbolischen Wert. Denn mit so einer Debatte über die Freien Berufe kann man als Parlament und als Landesregierung zeigen, dass die Freien Berufe nicht nur aus wirtschaftlicher Perspektive, sondern insbesondere wegen gesellschaftlicher, wegen gesundheitspolitischer, rechtspolitischer und vieler weiterer Aspekte zu schätzen sind.
Aber man kann natürlich sachliche und politische Schlüsse ziehen. Einer der zu ziehenden Schlüsse ist – und damit müssen wir uns abfinden –, dass die Freien Berufe teilweise ein ziemlich unbekanntes Wesen sind, das sich der Erfassung durch die amtliche Statistik manchmal entzieht. Es gibt, wenn man sich damit befasst, eine ganze Reihe von Einzelpublikationen zu den Freien Berufen, aber es gibt eben keine Erfassung im Sinne eines statistischen Gesamtwerkes. Und an diese Grenze ist auch die Beantwortung der Großen Anfrage 18 geraten, die nur auf die Daten zurückgreifen konnte, die den einzelnen Ressorts der Landesregierung auch zur Verfügung stehen.
Man kann sich an dieser Stelle die Frage stellen, ob man, eventuell auch gemeinsam, noch einen weitergehenden Untersuchungsauftrag formulieren sollte. Ich denke da beispielsweise, Herr Bombis, an die intensive Arbeit der Enquetekommission „Handwerk“ des NRW-Landtags, von der uns allen ja viele positive Eindrücke berichtet werden. Aber ob der Erkenntnisgewinn zum Thema Freie Berufe auch im Verhältnis zum Aufwand dann deutlich höher wäre als bei der vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage, da habe ich meine Zweifel.
Ich hoffe, dass wir uns in einem einig sind, weil das gerade ja noch einmal thematisiert worden ist: Wir sollten die Antworten auf die Große Anfrage nicht als Anlass dazu nehmen, noch mehr amtliche Statistik bei den Freien Berufen einzufordern. Ich denke, dass hier überhaupt nicht irgendein politisches Steuerungserfordernis liegt, das noch mehr Bürokratie rechtfertigen würde, um noch ein paar Daten mehr zu haben. Ich hoffe, dass wir uns in diesem Punkt einig sind.
Wir haben gerade gesehen, dass Herr Bombis von dem Thema Bürokratie nur so eine ungefähre Ahnung hat, weil er bei der ersten Nachfrage schon so blank war wie nie.
Sie wissen, dass ich Sie als häufigen Redner hier auch zu den wirtschaftspolitischen Fragen schätze. Aber so blank wie bei der Nachfrage der Kollegin Müller-Witt habe ich Sie noch nie erlebt. Bei aller Liebe, über das Wassergesetz können wir ja lange streiten, aber wenn Sie eine Debatte über eine Große Anfrage zu den Freien Berufen zum Anlass nehmen müssen, um das Wassergesetz heranzuziehen, würde ich Ihnen empfehlen, alle Freien Berufe einzuladen, um mit denen über das Wassergesetz zu diskutieren. So neben der Sache habe ich selten etwas erlebt.
Kommen wir zurück zu den Antworten. Denn einige Einzelerkenntnisse sind dann doch wichtig und erfreulich. Ich will jetzt gar nicht auf die Themen Justiz, Gesundheit oder Bauen, weil das die Kolleginnen und Kollegen machen können, eingehen.
Für mich als Wirtschaftsminister steht die Frage im Vordergrund, welche Bedeutung die Freien Berufe in ihrer Gesamtheit haben. Da ist zunächst einmal die grundsätzliche Eigenschaft der Freien Berufe, der Gesellschaft einen Mehrwert durch die kompetente, durch die persönliche Leistung zu erbringen für die oftmals sehr individuellen Fragen der Menschen, der Unternehmen und auch der Verwaltung und der Landesregierung.
Deswegen ist es sehr erfreulich, dass die Zahl der selbständigen Freiberuflerinnen und Freiberufler zwischen 1991 und 2015 deutlich zugenommen hat. Ein Plus von 153 % ist ein beeindruckender Wert nicht nur für die Freiberufler selbst, sondern auch für die Gesamtwirtschaft.
Es ist in der Debatte gerade schon betont worden, dass Nordrhein-Westfalen weiterhin ein Land der Industrie ist, was gerade in den letzten Jahren sehr deutlich hervorgetreten ist, dass man mit einem so hohen Anteil sehr besser durch die wirtschaftlichen Krisen kommt. Der Zuwachs bei den Freien Berufen ist jedoch ein wichtiger Hinweis darauf, dass wir eben auch einen starken Dienstleistungssektor haben, der insbesondere durch Neugründungen sehr belebt wird. Diese Dienstleistungen unterstützen dann eben auch die Industrie.
Herr Dr. Paul hat ja gerade ein ganz konkretes Beispiel dazu im Bereich der Kreativwirtschaft bzw. der IT-Wirtschaft genannt, um diese vermeintlich konventionelle Industrie dann auch im Bereich der Transformation entsprechend in Stellung zu bringen.
Es freut mich auch, dass wir feststellen konnten, dass Nordrhein-Westfalen im Bundesvergleich sehr attraktiv für Freie Berufe ist. Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn weist für 2014 nach, dass von den 81.100 freiberuflichen Gründungen 21.700 in NRW erfolgten. Das sind rund 27 %, also ein deutlich überproportionaler Anteil. Entsprechend liegen wir bei der Anzahl freiberuflicher Gründungen auf 10.000 Einwohner hinter Berlin und Hamburg auf dem ersten Platz unter den Flächenländern.
Diese Werte sehe ich als deutlichen Beleg für die große Bedeutung der Freien Berufe in NRW. Mit Freude sehe ich, dass deren Entwicklungsdynamik in Verbindung mit dem Strukturwandel erfolgt und diesen befeuert. Freie Berufe entwickeln sich dort am besten, wo große Unternehmen und Verwaltungen, aber auch herausragende öffentliche und private Einrichtungen für Forschung, Medien und Kultur sind. Deshalb sind die Freien Berufe in NRW besonders stark in den Metropolregionen an Rhein und Ruhr vertreten; ich nenne hier Bonn, Köln und Düsseldorf.
Welche Schlüsse ziehen wir aus der Bedeutung der Freien Berufe? Auch hier will ich nicht auf die einzelnen Aspekte der Fachkolleginnen und Fachkollegen in der Landesregierung eingehen. Aber ich will noch einmal sehr klar untermauern, dass wir in Fragen der Freien Berufe in diesem Parlament einen Konsens hatten: Wir halten Kurs beim Schutz der Freien Berufe gegen Deregulierungsinitiativen aus Brüssel, zum Beispiel die Transparenzinitiative. Der Landtag hat hierzu – Frau Dr. Beisheim und andere haben darauf hingewiesen – mit dem Antrag „Europäisches Semester kritisch begleiten – Freie Berufe in Nordrhein-Westfalen unterstützen“ im vergangenen Jahr ein klares Zeichen gesetzt.
Ich will das Beispiel, das ich damals benutzt habe, gerne noch einmal aufgreifen, damit die Zuhörerinnen und Zuhörer verstehen, worum es geht. Stellen Sie sich einen Patienten mit einem schräg liegenden Weisheitszahn auf dem Weg zum Zahnarzt vor. Mit geschwollener Wange ist nicht mehr viel zu verhandeln.
Es geht eben nicht um den Kauf eines Haushaltsgerätes, für das ein Preis-, ein Qualitätsvergleich möglich ist, auf deren Grundlage man dann noch bei verschiedenen Händlern vielleicht verhandeln kann. Der Patient mit dem Weisheitszahn muss davon ausgehen können, dass Preis und Leistung stimmen, aber auch davon, dass jemand auf die Fortbildung des Zahnarztes achtet, dass es bei einem möglichen Kunstfehler, den man ja nicht ausschließen kann, Schlichtungs- und Haftungsmechanismen gibt. Er muss vor allem wissen, dass er es mit jemandem zu tun hat, der einem Berufsethos der persönlichen und
qualifizierten Leistungserbringung unterliegt. Das haben wir damals in einem großen Konsens im Landtag zum Ausdruck gebracht. Dazu stehen wir Gott sei Dank ohne Zahnschmerzen auch weiterhin.
Ich bin sicher, dass uns die Debatte, die im Ausschuss angestoßen worden ist, weitere Erkenntnisse bringen wird, wenn wir mit den einzelnen Gruppen aus den Freien Berufen diskutieren.
Ich bin ebenfalls fest davon überzeugt, dass sich die Unterstützung der Freien Berufe in Nordrhein-Westfalen wenig für großen Streit eignet, sondern dass wir gut daran tun, wenn wir so wie vor einem Jahr bei dem Antrag gegen die Transparenzinitiative seitens der EU einen möglichst breiten Konsens zur Unterstützung von Freien Berufen in Nordrhein-Westfalen haben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Freiberufler sind als Ärzte, als Altenpfleger, als Dozenten, als Journalisten oder als Künstler tätig. Das zeigt die Vielfalt. Mit ihren Tätigkeiten tragen die Menschen in Freien Berufen zur Entwicklung und zur Sicherung unseres Gemeinwesens bei und versorgen die Bevölkerung mit notwendigen Dienstleistungen von hoher Qualität.
Die Freien Berufe haben eine lange Tradition und folgen den festen Prinzipien der Eigenverantwortung, Gemeinwohlverpflichtung, Unabhängigkeit, Professionalität und Selbstkontrolle, die sie bei aller Unterschiedlichkeit verbindet.
Die Freien Berufe stellen in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor dar, der in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat. Deutschlandweit sind in den Freien Berufen aktuell über 4,6 Millionen Erwerbstätige als Selbstständige, Beschäftigte oder Auszubildende tätig.
Der Antwort auf die Große Anfrage ist zu entnehmen, dass in Nordrhein-Westfalen mehr als 270.000 Menschen als Freiberufler tätig sind. Hinzu kommen noch einmal knapp 600.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die im Bereich der Freien Berufe in NRW angestellt sind. Dementsprechend stellen die Freien Berufe einen wichtigen Faktor für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen dar, aber auch für das Leben aller Bürgerinnen und Bürger.
Wie der Antwort auch zu entnehmen ist, ist sich die Landesregierung ihrer wichtigen Rolle bei den Freien
Der Minister hat es gerade schon erwähnt: Die Europäische Kommission hatte analysiert, dass in Deutschland die politischen Maßnahmen zur Belebung des Wettbewerbs in den Freien Berufen und das Produktionswachstum bei den freiberuflichen Dienstleistungen zu gering seien und entsprechend Spielraum bestehe, um die Entwicklung der Beschäftigung in den Freien Berufen zu verbessern. So seien insbesondere Architekten, Ingenieure und Anwälte zu stark reguliert, und der Preiskampf durch die entsprechenden Gebührenordnungen eingeschränkt. Im Hinblick auf die Zutrittsschranken zu den verschiedenen Berufen seien zudem die Pflichtmitgliedschaften in Berufsverbänden bzw. in Kammern zu überdenken oder die Zulassungsvoraussetzungen zu lockern.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat daraufhin auf der Grundlage unseres hier beschlossenen Antrags über den Bundesrat gegenüber der Europäischen Kommission die Sicherung der bewährten Berufszugangsregelung in Deutschland eingefordert und nutzt alle Möglichkeiten, sich für den Erhalt der Kammern sowie der bestehenden Kosten- und Honorarordnungen zu engagieren, um negativen Entwicklungen für die Freien Berufe entgegenzuwirken.