Der Minister hat es schon gesagt: 2001 haben wir in diesem Haus fraktionsübergreifend die Integrationsoffensive beschlossen. Seitdem herrscht in diesem Haus Konsens, in welchen Feldern Integration politisch vorangebracht werden muss.
Damals wie heute sind es die gleichen fünf Felder – diese finden sich auch in unserem Antrag wieder –: Ankommen und erste Maßnahmen, Sprache und Bildung, Arbeit und Weiterbildung, Quartiere und Wohnen, gesellschaftlicher Zusammenhalt und da – das ist damals so gewesen und auch heute so – vor allen Dingen die Frage: Mit welcher Religion kommen die Menschen zu uns, und wie können wir es ermöglichen, dass die Freiheit der Religionsausübung, ein wichtiges Prinzip unseres Staates, auch für diese Menschen uneingeschränkt gilt?
Zur Umsetzung dieser Handlungsfelder brauchen wir die Kommunen. Das ist ohne Zweifel wichtig und richtig.
Zunächst will ich aber noch einmal etwas über unser Leitbild bei der Integration sagen. Integration ist für uns ein Prozess auf Gegenseitigkeit. Wir verlangen keine Assimilation, noch nicht einmal Anpassung, sondern unser Prinzip ist ein abgewogenes Konzept von Fördern und Fordern.
Wir haben aus den Fehlern der 90er-Jahre gelernt. Wir setzen so schnell und so früh wie möglich an. Kinder erhalten so schnell wie möglich Zugang zu Kita und Schule. Der Zugang zu Ausbildung und Ar
beit wurde durch das Asylpaket I erleichtert. Das Angebot an Sprachkursen wurde, was die Zahl und die Palette angeht, erhöht und erweitert. Natürlich ist da Luft nach oben. Aber Grundvoraussetzung für alles, was wir weiterhin diskutieren, ist, dass insbesondere – der Minister hatte es schon gesagt – die die Registrierung und damit den Zugang zu bedarfsgerechten Angeboten für die Menschen, die bei uns leben, verbessert und beschleunigt werden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, für uns ist aber auch klar: Wer bei uns dauerhaft leben will, muss sich zum Grundgesetz, zu unserer Demokratie und zu unseren Werten bekennen. Wir erkennen die Leistung der Migranten in unserer Gesellschaft, ihren Platz zu finden, an. Sie haben einen individuellen Anspruch darauf, dass man ihnen Chancen bietet und dass sie in unserer Gesellschaft teilhaben können. Aber sie müssen bereit sein, ebendiese Leistung auch zu erbringen.
Klar ist: Wir sind uns sicher, dass gelingende Integration ein Gewinn für die aufnehmende Gesellschaft werden kann, aber vor allen Dingen für die Menschen, die Schutz und eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien bei uns suchen.
Wir wissen aber auch: Integration ist eine lange Wegstrecke, auf der es immer wieder zu Problemen und auch zu Missverständnissen kommen kann und wird – auf beiden Seiten übrigens. Auch das muss klar sein. Deshalb sind gerade die Angebote, die erklären und darstellen, was unsere Grundwerte sind, was unsere kulturprägenden Angebote sind und wie unsere Gesellschaft funktioniert, so wichtig für die Menschen, die zu uns kommen.
Aber der größte Fehler wäre es, sich nicht auf diese Wegstrecke zu machen. Das ist der Anspruch, den wir an uns als Politikerinnen und Politiker stellen sollten und den wir auch an die Menschen in unserem Land stellen sollten. Den Menschen die Angst zu nehmen, dass es nicht gelingen könnte oder dass es sich nicht lohnen könnte, die Menschen, die zu uns kommen, in unsere Gesellschaft zu integrieren, ist aus meiner Sicht eine unserer wichtigen Aufgaben. Wir müssen Teilhabechancen für alle Menschen in unserem Land bieten.
„Ohne Angst und ohne Träumerei“: Dieser Ausspruch von Johannes Rau sollte das Markenzeichen für die Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen werden.
Deshalb stellen wir heute unseren Integrationsplan vor und bringen ihn in die Diskussion ein. Das Wichtigste für die Bürgerinnen und Bürger in NRW, aber auch für die nach NRW Flüchtenden ist, dass wir deutlich machen: Wir gehen planvoll vor.
NRW eben die Erfahrungen damit, was für gelingende Integration notwendig ist. Vieles ist schon auf den Weg gebracht worden. Der Minister hat es gesagt. Das wird auch in unserem Antrag deutlich.
Der 15-Punkte-Plan für mehr innere Sicherheit sieht vor: 20 Millionen € für die Betreuung der Kinder in Flüchtlingsfamilien, Verbesserung der Versorgung der unbegleiteten Minderjährigen, weiterer Ausbau bei U3 und Ü3, 5.700 Lehrerstellen, 1.300 Willkommensklassen, mehr Plätze in der offenen Ganztagsschule, flächendeckender Ausbau der Integration Points zur Verbesserung der Vermittlung in Arbeit, Fachberatung zur Verbesserung der im Ausland erworbenen Abschlüsse, Förderprogramme zur Schaffung von Wohnraum, Städtebausonderprogramme in Höhe von rund 72 Millionen € pro Jahr, Stärkung und Unterstützung des Ehrenamts bei der Flüchtlingshilfe und, und, und.
Wir lehnen uns nicht zurück, sondern sagen: Das ist ein Anfang. Aber es ist noch mehr nötig – nicht nur, aber eben auch monetär.
Natürlich gibt es insbesondere aus den Reihen der Oppositionsfraktionen immer wieder die Diskussion, dass alles nicht reicht und nicht schnell genug geht. Das ist in Ordnung. Es natürlich auch ein Teil Ihrer Rolle, uns anzutreiben und zu sagen, das müsse besser oder schneller werden. Aber ich bitte Sie, in der Diskussion – auch mit Blick auf die Tradition hier im Hause – nicht allzu schnell in parteipolitische Reflexe zu verfallen.
Wir laden alle Fraktionen und alle Abgeordneten ein, sich an der Entwicklung dieses Integrationsplans für NRW zu beteiligen. Dabei können wir an die Integrationsoffensive aus dem Jahr 2001 anknüpfen. Ich war damals persönlich daran beteiligt. Wir können auch an den Aktionsplan aus dem Jahr 2006 anknüpfen, an dem ich auch persönlich beteiligt war. Ich habe die Hoffnung, dass wir auch diesmal gemeinsam für die Menschen einen Schritt weiterkommen.
Es ist klar, dass wir die Kommunen als Partner für den Erfolg der Integration in Nordrhein-Westfalen brauchen. Deshalb werden wir die Kommunen auch weiterhin bei der Entwicklung der kommunalen Integrationskonzepte unterstützen. Wir sehen eine Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Land und Kommunen. Nur so kann Integration gelingen.
Herr Dr. Stamp, ich sehe in Ihrem Entschließungsantrag viele Punkte, bei denen ich glaube, dass wir sehr positiv an das anknüpfen können, was in dieser Diskussion inhaltlich auch notwendig ist. Lassen Sie uns konkret werden. Das sehe ich in Ihrem Antrag. Das hilft den Menschen und den Geflüchteten in NRW. Lassen Sie uns sagen: Wir in NRW können Integrationspolitik. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie, meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen, legen heute hier einen groß angekündigten Antrag vor. Sie nennen ihn „Integrationsplan“, „einzigartig in Deutschland“ und „fortschrittlich“; so meinen Sie. Das mag vielleicht von der Überschrift her so sein. Andere Länder benennen es bescheidener, haben ihre Integrationskonzepte oder Maßnahmenpakete aber zum Teil schon länger als ein halbes Jahr fertig und sind in der Umsetzung, sodass Gesetze sogar endgültig beschlossen sind. Das heißt, sehr geehrte Damen und Herren der Landesregierung und von SPD und Grünen: Sie sind wieder einmal spät dran.
Wenn man nach dem Warum fragt, hat man schnell eine Erklärung. Sie haben die Integration nämlich deshalb so lange vernachlässigt, weil Sie immer noch damit beschäftigt sind, Ihr Organisationsversagen bei der temporären Erstaufnahme der Flüchtlinge zu beseitigen und aus dem Notfallmodus herauszukommen.
Zum Beispiel ließen Sie die Flüchtlinge im letzten Jahr zuerst in völlig überlastete Erstaufnahmeeinrichtungen in Dortmund und Bielefeld bringen, holten sich dann die fehlenden Landesplätze per Ordnungsverfügung von den Kommunen, verteilten die Flüchtlinge monatelang ohne jede Ersterfassung in Notunterkünften und bauten dann Registrierungsstraßen zur Nachregistrierung auf, die wiederum nach Monaten durch sogenannte Ankunftszentren verdrängt wurden. Nun planen Sie ab dem Sommer eine Landeserstaufnahme in Bochum, die wieder nur vorregistriert. Sie haben weiterhin mehrere 10.000 Plätze in Notunterkünften der Kommunen und kommen mit dem Ausbau Ihrer eigenen Einrichtungen nur schleppend voran.
Weiterhin versemmeln Sie eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge im Land. Einige Kommunen erfüllen ihre Aufnahmequote nur zu 59 %, während andere zum Beispiel bei 115 % sind und damit deutlich über 100 % liegen.
Last, but not least: Während Sie beim FlüAG nach außen eine einheitliche Kostenerstattung von 10.000 € je Flüchtling vermarkten, wird aufgrund Ihrer zu 90 % pauschalen Verteilung nach Einwohnern eine nicht zu akzeptierende ungerechte Verteilung an die Kommunen bewirkt. So beträgt bei Ihrer Kostenerstattung je Flüchtling beispielsweise die Spreizung im Kreis Soest zwischen 5.500 € und 77.000 €.
Meine Damen und Herren, solange kein vernünftiges Aufnahmeverfahren besteht und solange Tausende kommunaler Unterbringungsplätze vom Land belegt werden,
wird es für unsere Kommunen schwierig werden, sich endlich vollends und ganz auf die Daueraufgabe der Integration der hier bleibenden Menschen zu konzentrieren.
Es gilt, zu bedenken, dass unsere Kommunen – wie bei vielen anderen gesellschaftlichen Aufgaben – aufgrund ihrer Bürgernähe die Handlungsebene sind, auf der Integration vor allem stattfindet.
Deshalb gilt es, für die Zukunft zwei zentrale Handlungsfelder der kommunalen Integrationsarbeit zu definieren.
Das zweite und mindestens genauso bedeutende, wenn nicht noch entscheidendere Handlungsfeld ist die Aktivierung und Koordinierung von Bürgerschaft, Wirtschaft und Ehrenamt für die Integration. Integration ist das A und O des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Dabei ist die Frage, wie die Gesellschaft funktioniert und der Zusammenhalt auch in Zukunft gesichert werden kann, von zentraler Bedeutung.
Gleichzeitig geben Entwicklungen wie die Ereignisse der Silvesternacht in Köln aber auch Anlass zur Sorge. Die Auswirkungen solcher Vorkommnisse für unsere Ansprüche an Integration müssen intensiv diskutiert werden. Wir brauchen eine deutlich stärkere Auseinandersetzung über das, was Integration leisten kann,
Dabei geht es um das eben angesprochene Fördern und Fordern in Richtung der Zuwanderer, sich als Teil einer Wertegemeinschaft zu begreifen und auch einen Willen zur Teilhabe zu entwickeln. Fundamente sind die Werte unseres Grundgesetzes, aber
auch die Anerkennung der spezifischen kulturellen Aspekte unseres Landes wie zum Beispiel Verständnis und Respekt vor der leidvollen deutschen Geschichte und daraus resultierender Verantwortung.