Schon in der Schilderung der Ausgangslage – jetzt muss ich einmal auf Ihren Antrag kommen, meine Damen und Herren von der Union; Sie haben ihn ja geschrieben – verfälschen Sie die Tatsachen oder verschweigen sie zumindest.
Im Zuwanderungsmonitor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom Dezember, das Sie ja auch zitieren, steht:
„Insgesamt ist der Trend der günstigen Arbeitsmarktentwicklung der ausländischen Bevölkerung … ungebrochen. Die Arbeitslosenquote ist im Vergleich zum Vorjahresmonat … gesunken.
Weiter wird ein starkes Beschäftigungswachstum bei Personen aus der EU festgestellt. Auch die Quote der erwerbsfähigen SGB-II-Leistungsbezieher bleibt, im Gegensatz zu Ihrer Aussage, konstant. Sie greifen sich eine bestimmte Aussage heraus, um eine bestimmte Richtung vorzugeben.
Es hätte aber Ihren Antrag rund gemacht und wäre diskussionsfähig, wenn Sie die Ergebnisse der Arbeitsmarkt-, Berufs- und Migrationsforschung insgesamt in Ihren Antrag aufgenommen hätten. Übereinstimmend stellen die Bertelsmann Stiftung, IAB, ZIW und DIW fest – das sind nicht nur Institute, die Rot-Grün nahestehen –, dass wir durch die Zuwanderung erhebliche Gewinne für den Sozialstaat haben. Jetzt hören Sie genau zu:
Trotz höherer Arbeitslosigkeit werden jedoch durch den Nettobetrag von Personen mit Migrationshintergrund zu dem umlagefinanzierten Rentenversicherungssystem und anderen Sozialversicherungssystemen mehr als kompensiert.
Sie können das einfach in der Bertelsmann Studie nachlesen. Ich nenne Ihnen auch noch die Seite, wenn Sie da Bedarf haben:
Je Ausländer fallen pro Jahr durchschnittlich 3.300 € mehr an Steuern und Sozialabgaben an als an staatlichen Transfers.
Meine Damen und Herren, deswegen muss man einfach noch einmal sagen: Einwanderung, auch die von Flüchtlingen, bietet Chancen. Es geht darum, die Chancen in den Vordergrund zu stellen und auch die Fehlentwicklungen zu benennen, aber unaufgeregt und zielführend, ohne damit die Fremden- und Menschenfeindlichkeit noch anzufachen. Sie dagegen befeuern mit dem Duktus Ihres Antrags und auch Ihres Wortbeitrags im Prinzip rechtspopulistische Positionen gegenüber der Einwanderung.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von der FDP: Das ist eine Unverschämt- heit! – Lutz Lienenkämper [CDU]: Jetzt geht das schon wieder los! Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)
Nein, nein, nein, das ist die klare Position. Sie können das noch so schön intellektuell formulieren, im Kern bleibt das davon übrig.
(Zuruf von der FDP: Nennen Sie einen einzi- gen Satz! Hetze! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Erbärmliche Hetze!)
Die Kommunen in diesem Land belastet insbesondere die Arbeitslosigkeit, und dies unabhängig von der Herkunft der Betroffenen. Die Großstädte sind davon mehr betroffen als zum Beispiel die Kreise. Die positiven Finanzeffekte, die ich eben angesprochen habe, schlagen sich gesamtstaatlich nieder und nicht auf der kommunalen Ebene. Sie müssen da aber ankommen, und darum fordern wir zum Beispiel vom Bund, die Mittel für die Jobcenter und für die Unterkunftsleistungen deutlich zu erhöhen. Daraufhin wiederholen Sie gebetsmühlenartig, wir würden Forderungen nur an den Bund adressieren.
Das Urteil des Bundessozialgerichts könnte die kommunalen Belastungen verstärken. Aber es liegt noch nicht einmal eine ausführliche Urteilsbegründung vor.
Dennoch kursieren Prognosen über Finanzbelastungen und über die mehr als hunderttausendfache Inanspruchnahme. Am Ende des Tages wird es ausgehen wie bei der Prognose über die Arbeitsplatzverluste durch die Einführung des Mindestlohns.
Richtig ist: Das Urteil des Bundessozialgerichts verlässt die Gesetzessystematik der SGB II und III. Es ordnet sich auch erkennbar nicht in die Rechtsprechung des EuGH ein. Deswegen ergibt sich ein gesetzlicher Handlungsbedarf – in der Konsequenz sind wir da gar nicht so weit auseinander –,
Schlusssatz. – Mich wundert, dass die CDU das Zutrauen in die Bundesregierung dermaßen verloren hat. Sie hat nämlich gleich nach Vorliegen der Urteilsbegründung angekündigt, dieses Problem anzugehen. Von daher werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Vielen Dank. Herr Kollege Garbrecht, bevor Sie gehen: Herr Kollege Nettelstroth hat sich zu einer Frage gemeldet. Herr Kollege, wollen Sie die noch zulassen? – Ich vermute es.
Herr Garbrecht, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. In der Tat haben Sie zuletzt das angesprochen, worum es eigentlich geht. Es geht nämlich um Sozialhilfeleistungen.
Dazu meine Frage: Sie haben sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass es, erstens, drei Urteile des Bundessozialgerichts waren, die dazu ergangen sind, mit der ganz klaren Aussage, Sozialhilfe sollte ab dem sechsten Monat gezahlt werden, was zweitens – jetzt kommt es – den jeweiligen Sozialgerichten auf der unteren Ebene die Gelegenheit gibt, im Rahmen des Ermessens auch andere Entscheidungen zu treffen, was auf gut Deutsch heißt: Es kann also auch schon früher gezahlt werden.
Deshalb ist jetzt meine Frage an Sie: Stimmen Sie mit mir überein, dass es insofern eine gesetzliche Notwendigkeit gibt, darauf zu reagieren, weil das zur Folge hat, dass wir hier eine Einwanderung in die Sozialhilfe bekommen; denn dann lohnt es sich nämlich, ohne Arbeit zu suchen nach Deutschland zu kommen und diese Sozialleistungen zu kassieren? – Vielen Dank.
Zunächst einmal ist es aufgrund der Systematik des Rechts, auch bei uns in Deutschland, so – das müssten Sie als Jurist eigentlich wissen –, dass immer das oberste Gericht – und das ist das Bundessozialgericht – die Rechtsetzung vornimmt und von daher die widersprüchlichen Aussagen der Sozialgerichte vor Ort im Prinzip ihre Gültigkeit verloren haben.
Ich habe darauf hingewiesen, dass dieses Urteil nicht in der Gesetzessystematik des EuGH und auch nicht in der des Bundesverfassungsgerichts steht – auch aus meiner Sicht nicht – und dass wir von daher die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Danach wird zu entscheiden sein, welcher – möglicherweise auch gesetzlicher – Klarstellungsbedarf hier besteht, auch unter anderen Gesichtspunkten. Das prüft die Bundesregierung, und ich habe großes Vertrauen, dass diese Prüfung von der Bundesregierung sachgerecht vorgenommen wird.
Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin GrochowiakSchmieding.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da haben Sie, liebe Kollegen von der CDU – die FDP hat sich Ihrem Antrag auch noch angeschlossen – viele Buchstaben zu Papier gebracht. Sie schaffen es tatsächlich, in einem unterschwelligen Tenor – das haben Sie mit Ihren Redebeiträgen auch noch einmal unterstrichen – den Eindruck zu vermitteln, unser Land würde von EU-Ausländern überschwemmt werden
ich erkläre es Ihnen gleich; hören Sie einfach zu –, die es hauptsächlich auf Leistungen aus unserem Sozialsystem abgesehen haben, ohne natürlich eine Gegenleistung zu erbringen.