Protocol of the Session on January 28, 2016

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Das lassen wir nicht zu.

In Ihrem zweiten Wortbeitrag haben Sie gerade der Ministerpräsidentin wieder vorgeworfen, sie würde mit ihrer Aussage, nicht an Talkshows mit AfDVertretern teilzunehmen, die AfD stark machen. – Herr Kollege Laschet, das ist ein infamer, ein schlimmer Vorwurf, und den weisen wir zurück, meine Damen und Herren!

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich will Ihnen noch einmal das verdeutlichen, wozu Sie bisher keine Stellungnahme abgegeben haben.

(Zurufe von der FDP)

Ich habe im Übrigen – auch das will ich noch mal herausstellen – die CDU-Landtagsfraktion nicht mit

der AfD gleichgesetzt. Es ist mir auch wichtig, das zu betonen. Aber ich habe in meiner Rede darauf hingewiesen, dass es in Ihrer Fraktion Mitglieder gibt – Kollege Mostofizadeh hat das ebenfalls mit Zitaten belegt –, die mit ihren Aussagen den Rechtspopulisten in der AfD Vorschub leisten.

(Widerspruch von der CDU)

Deshalb will ich Sie noch einmal damit konfrontieren.

Meine Damen und Herren von der CDU, ich zitiere aus dem Landtagsprotokoll vom 19. März den Kollegen Theo Kruse zum Tagesordnungspunkt 4:

(Zuruf von der CDU: Das wird ja immer schlimmer!)

„Mit der Religion ist in Zukunft zu rechnen, das heißt also, auch mit dem politischen Sprengstoff, den sie in sich birgt. Für den Islam gibt es keine Unterscheidung zwischen Religion und Politik. Tatsächlich hat die Einheit von Politik und Religion einen alles überwölbenden Rahmen für das muslimische Selbstverständnis geliefert. Er tut es noch heute – ja, er wird mit neuer Energie betrieben.

Zum Verständnis der Weltordnung des politischen Islam empfehle ich das Interview mit dem vatikanischen Islamexperten Christian Troll vom 1. März 2015, nach dessen Einschätzung der Islam nach eigenem Selbstverständnis die einzig wahre Religion für alle Menschen weltweit ist und deswegen auch eine Unterwerfung aller Menschen verlangt.“

Dazu hätte ich eine Stellungnahme von Ihnen erwartet, Herr Kollege Laschet, weil damit der Unterstellung Vorschub geleistet wird, dass alle Muslime in Deutschland nicht mit unserem Grundgesetz übereinkommen würden. Das ist das Infame dabei, Herr Kollege Laschet.

(Anhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will Sie mit einem zweiten Zitat konfrontieren, weil das vorhin in Ihrem Gebrüll untergegangen ist. Ihr Fraktionsmitglied Werner Lohn sagte über die Kölner Silvesternacht:

„Während die Politik- und Polizeispitze im Urlaub weilte, hat man das Volk in Köln in einen Krieg geschickt, den es nicht gewinnen konnte.“

Ich wiederhole: Das ist die Sprache rechter Verschwörungstheoretiker und von Untergangspropheten. – Ich hätte mir gewünscht, Herr Kollege Laschet, dass Sie sich hier im Hohen Hause davon distanzieren. Das hätte der Tonlage in dieser Aktuellen Stunde gerecht werden können. Davon haben Sie keinen Gebrauch gemacht.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie die Ministerpräsidentin in Ruhe! Wir arbeiten hier. Wir regieren. Wir handeln, meine Damen und Herren, und Sie machen nichts anderes, als herumzukritteln und zu versuchen, die Ministerpräsidentin in ihrer politischen Integrität zu treffen. Das wird Ihnen nicht gelingen, schon gar nicht mit dieser Aktuellen Stunde.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von der CDU: Das war es? – Weitere Zu- rufe von der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Fortgesetzt Zurufe von der CDU)

Wir sind am Schluss der Aussprache. Ich schließe damit die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf:

2 Frühförderung in Nordrhein-Westfalen weiter

stärken

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/10786

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die SPDFraktion Frau Kollegin Dmoch-Schweren das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach einer so hitzigen Debatte ist es schwierig, sich wieder der praktischen Politik zuzuwenden, aber ich bitte doch um Ihre Aufmerksamkeit.

(Unruhe)

Frau Kollegin, machen Sie eine kurze Pause. Viele Kollegen verlassen etwas zu laut den Plenarsaal. – Ich bitte, wer den Plenarsaal verlässt, dies ruhig zu tun und im Übrigen der Kollegin die Aufmerksamkeit zu schenken.

Danke, Herr Präsident. – Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit, weil es sich um einen wichtigen Antrag handelt, den wir an den Ausschuss überweisen wollen. Es geht sich um die Kleinsten in unserer Gesellschaft, um unsere Kinder, und um unsere Zukunft. Insofern bitte ich Sie alle herzlich, drei Minuten zuzuhören.

Eines der wesentlichen Elemente unserer Politik in NRW ist – wir können es fast schon beten, und Sie haben es auch oft gehört –: Wir wollen kein Kind zu

rücklassen und setzen auf beste Förderung von Anfang an. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg sind der Ausbau und die Weiterentwicklung der Frühförderung.

Frühförderung ist der Oberbegriff für Hilfsangebote verschiedener Art, die in Anspruch genommen werden können, wenn sich Eltern über die Entwicklung ihres Kindes Sorgen machen oder wenn tatsächlich bereits eine Entwicklungsbeeinträchtigung oder eine erkennbare Behinderung des Kindes vorliegt. Diese ist seit der Einführung des entsprechenden Gesetzes eine große Hilfe für alle Betroffenen geworden, die aber aus den nunmehr langjährigen Erfahrungen mit dem Gesetz, die wir alle, die in dieser Arbeit tätig sind, gemacht haben, nach Anpassung an die Lebenswirklichkeit ruft.

Das ganzheitlich orientierte Angebot der Frühförderung besteht aus einem ganzen Bündel aus sorgfältig und gewissenhaft aufeinander abgestimmten medizinischen, psychologischen, pädagogischen und sozialen Hilfen. Die Familien und das gesamte soziale Umfeld des Kindes werden im Rahmen dieser Komplexleistungen einbezogen.

Auffälligkeiten oder Beeinträchtigungen sollen möglichst früh erkannt werden, um das Auftreten von Behinderungen, falls möglich, zu vermeiden bzw. Behinderungen und ihre Folgen zu mildern oder zu beheben. Dem Kind soll die bestmögliche Hilfe und Unterstützung für die Entfaltung einer selbstbestimmten Persönlichkeit geboten werden.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle eine ganz persönliche Anmerkung: Ich betreibe selber eine sechsgruppige integrative Einrichtung und weiß, wovon ich rede. Wenn ich die Entwicklung der Kinder verfolgen kann, die frühzeitig Unterstützung erhalten, dann stelle ich fest, dass es wirklich eine lohnenswerte Sache ist.

Alle Akteure haben sich dank der erfolgreichen Novellierung der Landesrahmenempfehlung 2005 – angefangen beim Städtetag, dem Landkreistag, der Freien Wohlfahrtspflege, den gesetzlichen Krankenkassen bis hin zu den Verbänden der Menschen mit Behinderungen – gemeinsam auf den Weg gemacht und sich auf verbindliche Standards verständigt.

An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, zu erwähnen, dass dies die erste bundesweite Rahmenvereinbarung war, bei der alle Wohlfahrtsverbände mitgezogen haben. Hierfür möchte ich heute meinen ganz besonderen Dank aussprechen. Diese Verständigung ist wirklich eine großartige Leistung, zeigt doch die Entwicklung, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dieser Weg muss jetzt zum Wohle der betroffenen Kinder und Eltern zu Ende gegangen werden.

Daher muss es unser Ziel sein, die Rahmenempfehlung in eine für alle Beteiligten verbindliche Rahmenvereinbarung zu überführen, damit alle Fami

lien – unabhängig von ihrem Wohnort – immer darauf vertrauen können, das beste Leistungsangebot für ihr Kind zu bekommen: mobile aufsuchende Hilfen, die nun auch Erzieher und Eltern beraten; Hilfe für Kinder, die aufgrund ihrer Behinderung eine Elternförderung benötigen; Sichern des Übergangs vom Kindergarten in die Schule, einheitliche Standards bei allen Beteiligten, Qualitätssicherung und nicht zu vergessen der Wirksamkeitsdialog.

Dies sind nur einige der wichtigen Leistungen im Rahmen der Frühförderung, die wir für unverzichtbar halten. Wir sind davon überzeugt, dass mit den in unserem Antrag aufgelisteten Forderungen an die Landesregierung das Erfolgsmodell „Frühförderung“ in NRW die Kinder, die es brauchen, auf ihrem Weg ins Leben bestmöglich begleiten wird. Das macht uns zufrieden, und ja, auch ein wenig stolz.

Ich hoffe sehr, dass Sie uns in der fachlichen Diskussion im Ausschuss auf diesem Erfolgsweg begleiten werden. Die Frühförderung ist ein wichtiger Schritt in eine inklusive Gesellschaft. – Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Grochowiak-Schmieding.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Inklusion bedeutet, Barrieren abzubauen, besser noch, sie möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen. Natürlich gehören dazu auch unterstützende Maßnahmen, die Teilhabe und mehr Selbstbestimmtheit ermöglichen, indem sie persönliche Potenziale identifizieren und fördern.

Nach intensiver Diagnostik erfolgt die gezielte individuelle Förderung mittels medizinischer Therapie, Physio-, Ergo-, Logotherapie und vieles mehr. Die Palette der Angebote ist hier sehr breit. Ein geeignetes Instrument hierzu ist, wie die Kollegin DmochSchweren auch schon gesagt hat, die interdisziplinäre Frühförderung als Komplexleistung für Kinder mit Behinderung oder für von Behinderung bedrohte Kinder. Umfang und Inhalt der Leistung zur Früherkennung und Frühförderung sind im SGB IX geregelt. Es ist also eine bundesgesetzliche Regelung, die im Jahr 2003 geschaffen wurde. Danach muss medizinische Rehabilitation und heilpädagogische Leistung als Komplexleistung erfolgen.

Wie ebenfalls schon erwähnt, wurde bereits im Jahr 2005 in Nordrhein-Westfalen eine Landesrahmenempfehlung festgeschrieben mit dem Ziel, einerseits Vertragspartner zusammenzubringen, andererseits die Komplexleistung in einer interdisziplinären Einrichtung zu erbringen. Hier wurden Standards zur Leistungsausführung und auch beim Personaleinsatz konkretisiert.