Protocol of the Session on January 27, 2016

dem Pensionsfonds auch die Zukunftslasten zu sichern.

Zunächst einmal, was den Gesetzentwurf und auch den entsprechenden Änderungsantrag von RotGrün angeht: Die Versorgungsrücklage des Landes NRW und der Versorgungsfonds sollen zusammengeführt werden zum Sondervermögen Pensionsfonds des Landes NRW. Das ist eine positive Entwicklung, die wir vonseiten der Piratenfraktion durchaus begrüßen. Ich glaube, auch alle anderen Fraktionen sagen zumindest Ja zu diesem Aspekt, auch was die Transparenz betrifft.

Negativ allerdings – das hat die Anhörung ergeben, das haben die Sachverständigen dort geäußert – sind die jährlichen Zuführungen an den neuen Pensionsfonds in Höhe von – man höre und staune – lediglich 200 Millionen €. Es können auch – man höre und staune weiter – mal mehr und mal weniger sein, je nachdem, wie es die Haushaltslage gerade zulässt. Das soll ab 2018 gelten.

Das ist vonseiten der Sachverständigen als viel zu gering eingestuft worden. Man sprach davon, dass sinnvollerweise mindestens 500 Millionen € pro Jahr zugeführt werden sollten. Ich komme gleich zu dem Grund, warum selbst das, was die Sachverständigen außerordentlich moderat und konservativ angenommen haben, wahrscheinlich nicht ausreicht, um die Pensionslasten der Zukunft tatsächlich abzufedern.

Der im Gesetzentwurf gezogene Vergleich mit Bayern bezüglich der Höhe der Zuführungen – auch Kollege Abel hat das eben getan – ist wenig zielführend, da das Bundesland Bayern einen wesentlich geringeren Schuldenstand als NRW aufweist.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Was hat das denn mit diesem System zu tun?)

Das hat eine ganze Menge damit zu tun; das werde ich Ihnen gleich noch sagen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das glau- be ich nicht!)

Doch, das werde ich Ihnen noch sagen.

Generell gilt: Die Kosten für die Beamtenpensionen werden in den nächsten Jahren, wenn die Babyboomer aus dem Staatsdienst ausscheiden, zur enormen Belastung für die kommenden Generationen, insbesondere für die öffentlichen Haushalte, vor allem auch für den Haushalt NordrheinWestfalens. Für diese Belastungen werden heute nicht ausreichende Rücklagen gebildet, auch nach dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf nicht.

Die Pensionszusagen, um die es hier letztendlich geht, zeigen das wahre Ausmaß der Staatsverschuldung Deutschlands und auch des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Hans-Böckler-Stiftung hat ermittelt: Würde der Staat ernsthaft Vorsorge bis 2050 treffen, müsste er dafür rund 970 Milliarden €

zurücklegen – konservativ gerechnet. Für Nordrhein-Westfalen bedeutete dies nach der Berechnung ungefähr einen Betrag von 175 Milliarden € bis 2050. Hinzu kommen, was die Staatsverschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen angeht – das ergibt die wirkliche Belastung –, die rund 140 Milliarden €, die wir heute haben.

Rechnen wir das einmal zusammen. Damit möchte seit Jahren und Jahrzehnten niemand in der Politik konfrontiert werden, um dieses Problem tatsächlich einmal anzugehen und aufzugreifen. Dafür reichen weder die 200 Millionen €, die jetzt jährlich in den Pensionsfonds eingezahlt werden sollen, noch die 500 Millionen €, die die Sachverständigen empfohlen haben. Es wäre wahrscheinlich ein Betrag nicht unter einer Milliarde notwendig, um die Lasten der Zukunft ab dem Jahr 2050 und auch schon in dem Zeitraum zwischen 2030 und 2050 tatsächlich abzufangen.

Stattdessen gibt es kluge Versorgungsberichte, aber nur wenige Konsequenzen, auch nicht im Lande Nordrhein-Westfalen, auch nicht durch das heute beratene Gesetz. Das gilt schleichend bis 2020, da haben wir noch das Problem der Schuldenbremse. Wie wir hörten, ist das ein Haushaltsproblem. Die Pensionen müssen aus dem Haushalt geleistet werden. Und der Pensionsfonds reicht eben nicht aus, um die Lasten dafür zu tragen, vielleicht für ein Jahr, vielleicht für anderthalb Jahre.

Abgesehen davon fehlt es noch – und auch das haben die Sachverständigen in der Anhörung eindeutig festgestellt – an einem Entnahmegesetz für diesen Pensionsfonds. Wir wissen heute gar nicht, was der Gesetzgeber, der dann 2019 oder 2020 am Schalthebel sitzt, mit diesem Pensionsfonds macht. Er könnte quasi ein Gesetz erlassen und den Pensionsfonds mit seiner Mehrheit auflösen und sagen, dass er dies für den laufenden Haushalt braucht, was möglicherweise aufgrund der dann gelten Pensionslasten des Landes Nordrhein-Westfalen vielleicht auch notwendig wird.

Insgesamt wird man sagen müssen: Weder das Gesetz ist aus Sicht der Piratenfraktion zustimmungsfähig noch der Entschließungsantrag der SPD, der heute vorgelegt wird. Da ist von Nachhaltigkeit die Rede. Da muss ich ganz einfach bei dem bleiben, was der Kollege Witzel gesagt hat: Von Nachhaltigkeit kann hier überhaupt keine Rede sein.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP] und Christian Möbius [CDU])

Das Jonglieren mit irgendwelchen Beiratsbesetzungen reicht auch nicht. Es wird auch nicht ausreichen, einen Versicherungsmathematiker in irgendein Gremium zu setzen. Die Hausaufgaben müssen gemacht werden, bevor ein solches Gesetz eingebracht wird, bevor ein Gesetz durchberaten ist und hier zur abschließenden Entscheidung ansteht.

Herr Kollege, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.

Hinsichtlich des Änderungsantrags der CDU werden wir uns enthalten, ebenso bezüglich des Entschließungsantrags der SPD. Das Gesetz wird die Piratenfraktion insgesamt ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Dr. Walter-Borjans.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zu Beginn dieser kurzen Debatte noch daran geglaubt, dass es hier und da vielleicht nur einen Denkfehler bei der Opposition gibt. Aber das, was heute gesagt worden ist, zeigt, dass hier auf die Denkfehler anderer oder das Denk-Unvermögen derer vertraut wird, die sich diese Argumente anhören sollen.

Ich versuche, das klarzustellen. Herr Witzel, ja, es stimmt. Man muss die Gesamtheit sehen. Deswegen ist es vollkommen uninteressant, ob Bayern durch das Weglassen der Zuführungen zu einem Fonds in den Tilgungsbereich kommt oder nicht. Jede Milliarde, jede 500 Millionen €, die man entweder tilgen kann oder nicht aufnehmen muss, haben die gleiche Wirkung, dass sie nämlich den Zinsaufwand entlasten. Deswegen ist es vollkommen egal, ob die damit unter die Nulllinie oder über dieser Linie sind. Alles andere ist Unsinn.

Es geht darum – und da haben Sie, was die Nachhaltigkeit angeht, recht –: So lange man Schulden hat, und zwar nicht neue, sondern bestehende – und die hat Bayern –, so lange ist das Aufnehmen von Krediten oder das Nichttilgen natürlich eine Verschiebung von Lasten in die Zukunft. Man legt damit aber auch etwas zur Seite, um Lasten der Zukunft zu mindern. Das ist wirklich „linke Tasche, rechte Tasche“, und zwar unabhängig davon, ob Sie an der Nulllinie sind oder nicht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das hören Sie nicht gerne. Deswegen ist nach den Kriterien des Stabilitätsrats die strukturelle Kreditaufnahme, auch um die Zuführungen zu den Rücklagen zu vermindern. Das bedeutet, dass Nordrhein-Westfalen schon heute nur noch wenige Hundert Millionen wirklich strukturelle Neuverschuldung hat statt der unverminderten Zahl, die Sie und auch wir bisher ausweisen. Das eine ist der Betrag, den wir vom Kreditmarkt nehmen – die strukturelle Neuverschuldung ist deutlich geringer.

Ihre zweite Hoffnung auf einen Denkfehler bei anderen ist, dass Sie sagen: Die merken gar nicht, dass die Versorgungsrücklage für etwas völlig anderes

da war als der Versorgungsfonds. Die Versorgungsrücklage endet 2017, und zwar nicht, weil wir das so beschlossen haben, sondern weil es das Bundesgesetz so vorgesehen hat. Sie ist da, weil aus ihr von 2017 an Geld entnommen werden kann. Weil das die Länder mittlerweile selber entscheiden dürfen, machen andere Länder das auch jetzt schon, wir eben nicht. Wir machen weiter auf der Linie, wie die Bundesgesetzgebung es vorgegeben hat, und zahlen sogar noch ein.

Jetzt gehen wir hin und übertragen diesen gesamten Bereich mit einem Volumen von 6 Milliarden € in den Versorgungsfonds und machen daraus einen Pensionsfonds mit der Folge, dass nicht mehr 4 Milliarden € zur Verfügung stehen, um spätere Pensionen haushaltstechnisch abzudecken, sondern 10 Milliarden; die Garantie haben die Beamten aus der Verfassung und nicht aus dem Versorgungsfonds. Damit wird dieser Versorgungsfonds von 4 auf 10 Milliarden € erhöht; das ist das Fünffache von Bayern. Es werden jährlich 200 Millionen € hinzugefügt; das ist das Doppelte von dem, was Bayern macht. Und das beschreiben Sie als nicht nachhaltig. Ich denke, das spricht alles für sich selbst.

(Beifall von der SPD und von Martin- Sebastian Abel [GRÜNE] Ich finde in Ordnung, dass es eine Erweiterung, ei- ne Ergänzung dahin gehend gibt, dass man erstens sagt: Ja, natürlich hat das auch etwas mit Haus- haltsbuchungen zu tun. – Wenn wir in einem Jahr Ermächtigungen, die wir haben, nicht ausschöpfen müssen und solche Belastungen auf uns zukom- men sehen wie im nächsten Jahr, und wir die Mög- lichkeit schaffen, das, was wir für die Beamten zu- rücklegen wollen, schon ein Jahr vorher zurückzu- legen, frage ich mich, was denn das Verwerfliche daran ist. Das ist doch völlig in Ordnung, das zu machen. Natürlich können wir das im nächsten Jahr weniger einzahlen. Das ist sinnvoll. Dass man jetzt hingeht und auf den Beirat verweist, der mit darauf achtet, wie das Geld, das da zurück- gelegt worden ist, angelegt wird, ist auch in Ord- nung. Aber ich möchte noch einmal darauf hinwei- sen, dass es sich hier nicht um einen Fonds zur Ga- rantie der Pensionen für Beamtinnen und Beamte handelt, sondern es geht darum, die Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, um sie zu späterer Zeit dämpfend abrufen zu können. Dazu noch eine Klei- nigkeit: Wenn Sie die später abrufen, dann dürfen Sie die auch nicht von der Nettokreditaufnahme ab- ziehen. Deswegen ist es auch so, dass die Rückla- gen zur strukturellen Kreditaufnahme gar nicht da- zugehören. Wir sorgen damit für Transparenz. Wir sorgen damit dafür, dass aus der Versorgungsrücklage nichts entnommen wird, dass wir mehr zuführen als Bay- ern und dass wir einen fünfmal so hohen Betrag für unsere Beamtinnen und Beamten zurückgelegt ha- ben. Ich meine, dazu muss man nichts Weiteres sagen. – Ganz herzlichen Dank. (Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Sie bleiben bitte am Pult. Wie Sie schon an unserer Anzeige gesehen haben, gibt es eine vom Herrn Kollegen Witzel von der FDP-Fraktion angemeldete Kurzintervention. Herr Kollege Witzel, Sie haben nun eine Minute und 30 Sekunden.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Dr. Walter-Borjans, zu zwei Dingen müssen Sie noch etwas sagen. Zum einen haben Sie eben auf ökonomische Zusammenhänge rekurriert. Es gibt schon etwas, was in den letzten Jahren geglückt ist – Sie können das gerne „ökonomisches Paradoxon“ nennen –, nämlich dass in Zeiten, als es noch einen Zinsmarkt gab, durch den Pensionsfonds Geld verdient worden ist. Da ist Kapital gemehrt worden, denn obwohl das Geld vom Kapitalmarkt aufgenommen wurde, war es für den Staat aufgrund der Verzinsung rentierlicher, es anzulegen.

Wenn das Modell in der jetzigen Niedrigzinsphase nicht mehr so funktioniert, könnten Sie sich verpflichten, den Schuldenberg in der Höhe abzubauen, in der Sie nicht mehr durch den Pensionsfonds Vorsorge treffen. Aber auch solche Verpflichtungen für die nächsten Jahre wollen Sie nicht eingehen. Warum nicht?

Zum Zweiten möchte ich Sie mit dem Urteil namhafter Sachverständiger konfrontieren. Wenn Ihnen der Landesrechnungshof sagt, es fehlt in Ihrem Gesetzentwurf die Konkretisierung für zukünftige Mittelverwendungen, und es um eine Bedarfsspitzenabdeckung in der Gesamtheit beider Fonds im Jahr 2027 geht; wenn der Landesrechnungshof dringend empfiehlt, erst dann größere Entnahmen zu tätigen und bis dahin weiter adäquat aufzubauen; und wenn das Institut der deutschen Wirtschaft – IW – sagt, die Versorgungslasten im Jahr 2027 seien bereits nach heutigen Erkenntnissen sehr viel höher, als es bei der Prognosegrundlage für die Daten zu erwarten ist, die Sie heute zugrunde legen, frage ich Sie:

Wie soll das alles mathematisch reichen, damit die eigentlich versprochene Haushaltsentlastung auch bis 2027 noch wirkt?

Ich kann nur bei dem ansetzen, was ich am Anfang gesagt habe: Bei jeder Milliarde, die Sie einzahlen und die Sie deshalb als Kredit aufnehmen müssen oder nicht tilgen, ist das nur eine Umbuchung von der einen in die andere Größe. Es geht nicht darum, ob Sie im Tilgungsbereich sind oder nicht. Dann wer

den die Zinsgewinne auf der einen Seite durch die Zinsverluste auf der anderen Seite aufgefressen.

Deswegen ist es ehrlicher und klarer, zu sagen: Wir verzweieinhalbfachen jetzt den Umfang dessen, was wir zurückgelegt haben. Wir entnehmen es nicht, wie andere Länder, der Versorgungsrücklage, und wir führen zu. – Ich glaube, das ist der richtige Weg. Das ist der Weg, den wir hier vorgeben und für den wir uns auch eine Zustimmung erhoffen.

Danke schön, Herr Minister. – Damit sind wir am Ende der Beratung zu diesem Punkt.

Wir kommen zur Abstimmung. Zuerst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/10887 ab. Wer stimmt diesem Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu? – Die CDUFraktion. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die Piratenfraktion und die FDP-Fraktion. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 16/10887 mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Zweitens stimmen wir über den Gesetzentwurf Drucksache 16/9568 ab. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Drucksache

16/10432, den Gesetzentwurf in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Kommen wir also zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung in Drucksache 16/10432. Wer stimmt dem so zu? – SPD und Grüne stimmen zu. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und Piraten stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen die Beschlussempfehlung Drucksache 16/10432 angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 16/9568 in der Fassung der Beschlussempfehlung in zweiter Lesung verabschiedet.

Drittens stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/10891. Wer stimmt dieser Entschließung zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Es enthält sich die Piratenfraktion. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/10891 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

Wir rufen auf:

11 Gesetz über die klinische und epidemiologi

sche Krebsregistrierung sowie zur Änderung des Gesundheitsdatenschutzgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/9518

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Drucksache 16/10812

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/10903