Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut ein Vierteljahrhundert nach ihrer Einführung stehen wir an dem Punkt, die sogenannte Gelbe Tonne in ihrer heutigen Form neu zu bewerten.
Das Bundesumweltministerium hat im Oktober dieses Jahres einen Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz vorgelegt, der aus unserer Sicht einige gute und wichtige Punkte enthält, darunter etwa die Umwandlung der sogenannten Gelben Tonne zu einer echten Wertstofftonne. Aber dieser Arbeitsentwurf ist nicht rund. In Teilen besteht dringender Änderungsbedarf, weil zum Beispiel nicht die richtigen
Mit dem vorliegenden Antrag haben wir als Koalitionsfraktionen dargelegt, welche Punkte aus unserer Sicht bei der Neufassung des Wertstoffgesetzes wichtig sind und was geändert werden muss. Das ist zum einen die kommunale Zuständigkeit. Die Kommunen sind die zentralen Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger bei der Abfallentsorgung. Abgesehen von der Erfassung des Verpackungsmülls sind sie schon heute für alle anderen Bereiche der Abfallentsorgung zuständig.
Die derzeit vorherrschenden Mischzuständigkeiten sorgen für Unübersichtlichkeit. Deshalb lehnen wir sie ab und setzen uns dafür ein, dass sie beim neuen Wertstoffgesetz vermieden werden. Das Ziel ist ein bürgernah organisiertes und transparentes Erfassungs- und Verwertungssystem, das Wertstoffe wie Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen gemeinsam erfasst. Wir fordern deshalb folgerichtig eine Ausweitung der Verantwortlichkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch für die Sammlung der Verpackungsabfälle. Bevor hier etwas missverstanden wird, füge ich noch hinzu: Die Privatwirtschaft soll weiterhin für die Sortierung und Verwertung des Abfalls zuständig sein.
Neben den organisatorischen Fragen bei den Zuständigkeiten geht es aus unserer Sicht bei der Neufassung des Wertstoffgesetzes vor allem auch um die Ressourceneffizienz. Ziel muss es sein, einen möglichst nachhaltigen Umgang mit Wertstoffen im Sinne der bekannten fünfstufigen Abfallhierarchie zu erzielen. Ich nenne die fünf Stufen in diesem Zusammenhang noch einmal: Vermeidung, Wiederverwertung, Recycling, sonstige Verwertung, zum Beispiel Verbrennung und Beseitigung.
Daher halten wir einen integrierten Ansatz für sinnvoll, der Ressourceneffizienz und damit einhergehend eine umfassende Ressourcenwirtschaft zum Leitgedanken hat, die alle Bereiche ambitioniert angeht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen mit dem Wertstoffgesetz auf Bundesebene nun vor der Möglichkeit, die Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu korrigieren. Denn machen wir uns nichts vor: Das bestehende Duale System hat versagt. Es funktioniert nicht und kommt dem Ziel der Verwertung von Verpackungsmaterialien überhaupt nicht nahe. Das ist alles andere als nachhaltig im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Daher ist als Konsequenz die Abschaffung des dualen Systems in einem neuen Entwurf des Wertstoffgesetzes absolut notwendig. Mit dieser Schlussfolgerung stehen wir nicht allein da. Der beschlossene Entschließungsantrag von CDU, SPD und Grünen im niedersächsischen Landtag vom 14.12. dieses Jahres zu einem Antrag der CDU, der – etwas verkürzt – lautete: „Duale Systeme abschaffen...“ geht
in die gleiche Richtung. Wir müssen nun gemeinsam mit anderen Bundesländern die Gelegenheit wahrnehmen, dieser Forderung das nötige Gewicht zu verschaffen, damit sie in das Bundesrecht einfließen kann.
Ich denke, es ist klar geworden, wie wir uns ein neues Wertstoffgesetz vorstellen und welche Bedingungen es unserer Auffassung nach erfüllen muss. Ich nenne hier noch einmal die für uns wesentlichen Punkte: a) die Einführung der Wertstofftonne, b) die Organisationshoheit der Kommunen bei Erfassung und Sammlung von Wertstoffen und damit verbunden die Abschaffung des dualen Systems, c) die Einrichtung einer zentralen öffentlichrechtlichen Stelle zu Vollzug und Kontrolle der Wertstoffsammlung; darüber hinaus eine Erhöhung der Recyclingquoten im Sinne der Ressourcenschonung mit einem integrierten Ansatz sowie eine Erweiterung der Produktverantwortung der Hersteller und Vertreiber.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, freue mich auf die weitere Beratung im Fachausschuss und wünsche Ihnen an dieser Stelle frohe Festtage. Kommen Sie gut ins neue Jahr. – Danke schön.
Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht ganz einfach, so kurz vor dem Grande Finale, kurz vor Weihnachten, bei einem etwas drögen Thema wie dem Wertstoffgesetz Begeisterungsstürme hervorzurufen.
Ich will zumindest versuchen, Ihnen die schwierige Materie ein bisschen nahezubringen. Zu Weihnachten ist es bei uns ein guter Brauch, Geschenke auszutauschen. Diese sind meistens aufwendig verpackt. Bei uns macht das meistens meine Frau, weil ich das nicht so gut kann.
(Jochen Ott [SPD]: Du gibst dir nur keine Mü- he! – Minister Johannes Remmel: Du willst es bloß nicht! – Lukas Lamla [PIRATEN]: Schatz, machst du das mal? Ich kann das nicht!)
Wenn man diese schönen Geschenke ausgepackt hat, sind sie in der Regel auch noch umverpackt, und Umverpackung ist meist ein schönes Wort für Kunststoffverpackung. Diese Kunststoffverpackungen fliegen dann in den Gelben Sack oder in die Gelbe Tonne.
Seit vielen Jahren sortieren wir nun schon in Deutschland unseren Müll, waschen unsere Joghurtbecher und werfen sie dann in den gelben Sack oder in die gelbe Tonne.
Anders aber als viele Bürgerinnen und Bürger und vielleicht auch einige von Ihnen denken, wandert der Großteil von dort aus nicht in die stoffliche Aufbereitung und Wiederverwendung, sondern zu einem überwiegenden Teil in die Öfen der Müllverbrennungsanlagen; thermische Verwertung heißt das dann im Fachjargon. Dabei sehen die europäischen Abfallrechtsvorgaben doch eine Stärkung der stofflichen Verwertung, also der Kreislaufidee, vor. Längst sind unsere Abfälle – gerade auch die Abfälle mit dem berühmten grünen Punkt – als Wertstoffe wertvolle Rohstoffe der Zukunft.
Umso gespannter – nicht nur vor Weihnachten – durfte nun das Ergebnis des langen Beratungsprozesses um ein neues Wertstoffgesetz des Bundes erwartet werden. Schon die im Sommer vorgelegten Eckpunkte der Großen Koalition in Berlin bestärkten jedoch diejenigen, die den Lobbyisten des dualen Systems großen Einfluss zumindest auf Teile der Bundesregierung bescheinigten. Und das Schlimme an diesem dualen System ist, dass es eigentlich gar nicht so wundervoll dual ist. Vielmehr ist es, was die Verteilung der Mittel und vor allem die Einnahmeseite angeht, ziemlich einseitig.
Was uns nun aber der Entwurf eines neuen Wertstoffgesetzes im Oktober offenbarte, bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.
Er ist als politisches Weihnachtsgeschenk völlig durchgefallen und eher ein Entwurf für die Altpapiersammlung.
Der Arbeitsentwurf der Bundesregierung treibt die einseitige Privatisierung der Wertstoffentsorgung voran. Gemäß dem Entwurf sollen Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen vollständig den Systembetreibern übertragen werden.
Den Kommunen, die gemeinsam mit ihren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern von den Bürgerinnen und Bürgern bei allen Fragen der Abfallentsorgung als zentrale Ansprechpartner gesehen werden, verbleiben nach dem Entwurf der Bundesregierung lediglich schwache und rechtlich kaum durchsetzbare Handlungsmöglichkeiten, und das Risiko steigender Müllgebühren liegt weiterhin bei den Bürgerinnen und Bürgern.
Übrigens – Kolleginnen und Kollegen von der FDP sind ja auch noch da – lehnen auch viele private Entsorgungsunternehmen die Fortschreibung des bisherigen Systems der Verpackungsverordnung ab. Sie fordern eine einfache und effiziente Weiterentwicklung der Wertstofferfassung und setzen auf
die Kooperation mit den Kommunen. Gemeinsam ließe sich auch die verpflichtende Einführung einer Wertstofftonne zur Sammlung aller wichtigen Wertstoffe unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten bewerkstelligen. – So die privaten Entsorger.
Die Regelungen zur Stärkung der Produktverantwortung in diesem Gesetzentwurf sind bei Weitem nicht ausreichend und haben nur appellativen Charakter. Durch die weitgehende Unbestimmtheit der Definition der stoffgleichen Nichtverpackung werden Fehlanreize gesetzt, und das Setzen von Rechtsfolgen wird erschwert. Das Festhalten am dualen System bzw. sogar dessen Stärkung macht eine zukunftsfähige und damit nachhaltige Wertstoffbehandlung unmöglich. Dieses System ist nicht reparaturfähig.
Eine stoffliche Verwertung von Verpackungsmaterialien in Verantwortung der Systembetreiber findet de facto nicht statt. Noch immer werden über 90 % der Verpackungsmaterialien thermisch behandelt. Insofern ist der Gesetzentwurf schon jetzt ökologisch gescheitert.
Fazit, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir brauchen ein neues Wertstoffgesetz mit einem integrativen Ansatz, der Ressourceneffizienz und eine umfassende Ressourcenwirtschaft zum politischen Leitgedanken bei Siedlungs- und Gewerbeabfällen macht, mit der Einführung einer Wertstofftonne, um hohe Erfassungsmengen und qualitativ anspruchsvolles Recycling sicherzustellen, mit einer Erfassung und Sammlung von Wertstoffen, mit einer Organisationshoheit, die bei den Kommunen liegt, mit der Einrichtung einer zentralen öffentlich-rechtlichen Stelle auf Bundesebene zum Vollzug und zur Kontrolle der Wertstoffsammlung unter Beteiligung der Bundesländer, mit der Abschaffung des dualen Systems und einer damit einhergehenden Entbürokratisierung sowie die Erweiterung der Produktverantwortung der Hersteller und Vertreiber mit dem Ziel, dass Lizenzentgelte gestaffelt nach ökologischen Kriterien unter dem Gesichtspunkt der Recyclingfähigkeit und Nachrangigkeit der thermischen Verwertung erhoben werden.
So lauten unsere Ziele in unserem Antrag. Damit werden wir in die Fachausschussberatung gehen. Ich freue mich, im neuen Jahr mit Ihnen über diese Themen diskutieren zu können.
(Beifall von den GRÜNEN – Jochen Ott [SPD]: Und deiner Frau, dass du dir ein biss- chen mehr Mühe gibst dieses Jahr!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Wertstoffgesetz verfolgt die Bundesregierung im Grundsatz das richtige Ziel, das stoffliche Recycling zu verbessern. Insofern ist es interessant, wie zumindest die Kollegen der SPD über ihre Bundesumweltministerin sprechen.
Bevor ich weiter auf dieses Thema eingehe, möchte ich einen Vorgang aufgreifen, der hier gestern und heute Morgen eine Rolle gespielt hat. Meine Damen und Herren, es geht um die Bemerkung unseres Fraktionsvorsitzenden Armin Laschet zum Klimaschutzplan und zur Kampagne „Mein Wäschetrockner ist eine Leine“. Heute Morgen hat der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Herr Remmel,
„Herr Laschet, zu Ihrer wiederholten Nummer mit den Wäscheklammern: … Zum einen ist diese Maßnahme längst nicht mehr im Klimaschutzplan enthalten. Das war ein Vorschlag aus der Zivilgesellschaft. Das zeugt doch davon, dass Sie sich mit der Sache überhaupt nicht beschäftigt haben.“
Herr Remmel, dieser Vorwurf war falsch. Ich möchte Ihnen hier auch darstellen, wie sich das entwickelt hat.
Die ersten größeren Maßnahmen – wir haben die verschiedenen Themen ja im Ausschuss lange beraten – wurden am 10. März 2014 aufgeführt.