Protocol of the Session on December 16, 2015

Herr Kollege Laschet, abgesehen davon ist dieser Vorwurf in der Sache schlicht falsch und im Stil einfach schlecht.

(Zurufe von der CDU)

Kaum sind Umfragen im Umlauf, die dem Vorsitzenden der NRW-CDU einen Mangel an Zustimmung und Vertrauen bescheinigen, kommen Sie mit diesem sogenannten Plan um die Ecke. Das kann man für Zufall halten, muss man aber nicht. In der nächsten Auflage des Politlexikons wird man Ihr Bild

finden, und zwar direkt neben dem Schlagwort „populistische Verzweiflungstat“, Herr Kollege Laschet.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich kann verstehen, dass Sie nicht immer „hinten sein wollen“, wie Sie es vorhin ausgedrückt haben. Ich kann verstehen, dass Sie nicht immer Letzter sein wollen. Alles das kann ich verstehen. „Will sich Armin Laschet jetzt mit der Methode Seehofer in die Offensive ledern?“ fragt die „Bild“-Zeitung. – Offensichtlich, Herr Kollege Laschet! Doch dieser Schuh ist Ihnen viel zu groß. Sie stolpern schon beim ersten Schritt.

„Blöd für Laschet, dass die zahlreichen Forderungen der CDU von der Landesregierung bereits umgesetzt werden“, stellt der WDR nüchtern fest.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Schön wäre das!)

Das zu Ihrem Plan.

Tatsächlich werden die Unterbringungskapazitäten für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive derzeit vervierfacht. Kein Bundesland hat im Jahr 2015 mehr abgelehnte Asylbewerber in ihre Herkunftsländer zurückgeführt als Nordrhein-Westfalen.

(Ralf Witzel [FDP]: In absoluten Zahlen! – Zu- rufe von der CDU)

Kein Bundesland konnte mehr Menschen zu einer freiwilligen Rückkehr bewegen als Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD)

Es kommt uns vor allen Dingen darauf an, die Menschen dazu zu bewegen, freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzukehren und dort beim Aufbau zu helfen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Freiwillige Rückkehr! Wenn du nicht freiwillig gehst, schiebe ich dich ab!)

Herr Kollege Laschet, Hand aufs Herz: Die Rolle eines Horst Seehofer passt doch gar nicht zu Ihnen. Sie wirken dabei weder authentisch noch glaubwürdig. Das können Sie jetzt ruhig als Kompliment auffassen; denn in der gesamten Flüchtlingsfrage gehörten Sie bisher zu den Stimmen der Vernunft innerhalb der Union. Es gibt nicht viele davon, aber immerhin; Sie gehörten dazu. Sie haben sich aus guten Gründen gegen Obergrenzen gewandt. Stattdessen haben Sie sich für ein Einwanderungsgesetz ausgesprochen. Auch das war und ist weiterhin richtig, Herr Kollege Laschet.

Als Ihre Parteifreunde das Taschengeld für Flüchtlinge streichen wollten, haben Sie das völlig zu Recht als reine Symbolpolitik kritisiert. Den CSUPlan für die sogenannten Transitzonen fanden Sie so überzeugend, dass er Ihnen in unserer Debatte zu diesem Thema nicht einmal eine Erwähnung wert war. Aber jetzt verfallen Sie selbst in diese po

pulistische Symbolpolitik. Ihre neun Punkte sind kein Plan zur Lösung eines echten Problems – aber ich gehe davon aus, das sollten sie auch gar nicht sein.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Was Sie vorgestellt haben, ist das Libretti für ein Possenspiel, das Ihre Parteifreunde unterhalten soll. Ihr rechter Parteiflügel will jetzt Brot und Spiele. Sie müssen dem Drängen nachgeben, weil Ihnen ansonsten Ihre eigenen Leute von der Fahne gehen, Herr Kollege Laschet. Das ist der eigentliche Grund für diesen Plan.

(Beifall von der SPD)

Ausnahmsweise – ich verspreche es: nur diesmal und sonst nicht – kann ich zustimmend Ihren innenpolitischen Sprecher Theo Kruse zitieren: Wir haben überhaupt keine Strategie. – Das hat er Ihnen in Ihrer Fraktionssitzung in der vergangenen Woche an den Kopf geworfen. Treffsicherer kann man es nicht auf den Punkt bringen, meine Damen und Herren!

(Beifall von der SPD)

Durch die Heftigkeit ihrer Kritik versucht die Opposition, zu ersetzen, was ihr an Wahrhaftigkeit, an eigenen Ideen und an Führungskraft fehlt. Sie haben vorhin keine eigene Idee präsentiert – angekündigt, ja; es kam aber kein Vorschlag.

Dabei enttarnt sie nur ihren Hang zum Opportunismus. Woran kann man Opportunisten erkennen? Der Schauspieler Ernst Schröder wusste es: „Opportunisten sind Leute, die den Zug erst auf der Endstation besteigen.“ – CDU und FDP beschweren sich dann auch noch über vermeintliche Unpünktlichkeit.

Als wir unsere Ziele für die Reform des Länderfinanzausgleichs formulierten – mehr Fairness, mehr Transparenz –, da lehnten Sie diese Ziele erst einmal ab.

(Lachen von Christian Lindner [FDP])

Als klar wurde, dass wir sie erreichen würden, sprangen Sie auf den Zug auf. Jetzt, nachdem wir am Ziel sind, fangen Sie an zu nörgeln, behaupten, die 1,5 Milliarden €, die NRW behalten wird, seien nicht genug. Das ist nicht nur falsch, das macht Sie auch unglaubwürdig, meine Damen und Herren. Das zeigt einmal mehr, wie schwer es Ihnen fällt, die Interessen unseres Landes zu vertreten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Von ganz besonderer Finesse – ich gebe das gerne zu – ist Ihre Kritik an unseren Reformen des achtjährigen Gymnasiums und an der Kitafinanzierung. Sowohl G8 als auch die Kitapauschale sind Ihre Erfindungen. Wir haben Sie damals vor den Folgen Ihrer schlechten Gesetze gewarnt – leider ohne Erfolg. Jetzt müssen wir Schritt für Schritt in Ordnung bringen, was Sie damals angerichtet haben.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Lutz Lienen- kämper [CDU])

Und wofür kritisieren Sie uns?

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Für alles!)

Dafür, dass wir schwarz-gelbe Gesetze verändern? – Nein, das tun Sie nicht. Sie werfen uns vor, dass wir Ihre Gesetze nicht schneller und nicht gründlich genug verändern.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Ja, so ist das!)

Das ist wahrlich bemerkenswert, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich wiederhole es noch einmal: CDU und FDP kritisieren uns dafür, dass wir nicht schnell genug reparieren, was sie in ihrer eigenen Regierungszeit vermasselt haben.

(Zurufe von der CDU)

Das können Sie sich doch nur erlauben, weil sich außerhalb dieses Landtags kein Mensch mehr daran erinnert, dass Sie jemals Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen hatten.

(Minister Johannes Remmel: Unmöglich!)

Aber wir lassen Sie nicht raus. Hier im Landtag erinnern wir Sie daran.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von der CDU: Was sagt denn Gabriel?)

Es gibt übrigens noch einen Zug, in den unsere Oppositionsparteien erst eingestiegen sind, als er schon seine vorläufige Endstation erreicht hatte. Im Mai dieses Jahres haben sich die Europäische Union und die Schweiz auf den Austausch von Bankdaten über Steuerpflichtige ab 2018 geeinigt. Für alle ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist diese Einigung eine Genugtuung; denn sie ist ein Meilenstein im Kampf gegen die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung.

Was hat dieses Abkommen möglich gemacht? – Es waren die rot-grün regierten Länder, die unter der Führung von Nordrhein-Westfalen, unter der Führung von Finanzminister Norbert Walter-Borjans, ein Vorgängerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz verhindert haben. Das waren rot-grün regierte Länder.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Warum haben wir dieses Abkommen verhindert? – Weil das ein Hilfsprogramm für Steuerhinterzieher und ihre Helfershelfer war. Das war der Grund, warum wir es verhindert haben. Unser Finanzminister hat sich damals nicht beirren lassen, schon gar nicht durch die lautstarken Proteste von CDU und FDP auch hier im Plenum, sondern er hat diesen Steuerhinterziehern beharrlich nachgestellt. Das macht er bis heute. Der Erfolg gibt ihm recht.

Im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit in Deutschland und Europa wird mit dem neuen Abkommen Zeitgeschichte geschrieben. – Herr Finanzminister, die Öffentlichkeit vergisst allzu leicht, welch großen Anteil Sie an diesem Erfolg hatten. Wir vergessen das nicht. Wir sind stolz auf Ihre Leistung, Herr Finanzminister.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Weil der Kollege Laschet vorhin ja wieder versucht hat, das Land schlechtzureden,

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Sie regieren das Land schlecht! Das ist viel schlimmer!)