Sekten verfolgen zumeist irgendein Ziel – auch dieses sehe ich bei Ihrem Kampf gegen die Windmühlenflügel nicht. Dennoch müssen wir mit Ihnen über die wirtschaftlichen Chancen der Windenergie und über Klimaschutz reden. Wir tun dies, obwohl wir in den letzten Jahren erlebt haben, dass Sie Sachargumenten in keiner Weise zugänglich sind.
Ich will es einmal mit einem einfachen Vergleich versuchen. Sie stehen mit einem Kollegen – ich nenne ihn mal B. – vor dem Aufzug und müssen in die 20. Etage. Die Lösung ist naheliegend: Sie nehmen den Aufzug. Sie erreichen risikofrei Ihr Ziel. Was Sie nicht wissen: Herr B. leidet unter Klaustrophobie. Deshalb steigt er nicht in den Aufzug. Er zieht es vor, ohne Absturzsicherung an der Fassade hochzuklettern. – Was für einen Mensch mit Klaustrophobie der Aufzug ist, ist für die Regierungskoalition die Windkraft.
Anstatt auf diese sichere Zukunftsenergie zu setzen, wird auf die Risiken der Atomenergie gesetzt – ohne die Absturzsicherung eines Endlagers.
eine Übergangslösung, um die Frage der Atommülllagerung zu klären. Nur zur Erinnerung: Seit 1973 suchen wir ein Endlager. Bis zum planmäßigen Ausstieg aus der Atomenergie werden dann 50 Jahre vergangen sein. An der Zeit scheint es dann doch nicht zu liegen.
Eines ist aber ganz klar: Ein Laufzeitverlängerung vergrößert das Atommüllproblem. Wieso mehr Müll helfen soll, das Endlagerproblem zu lösen, ist mit Logik nicht zu erklären.
Genau hier liegt das Problem: Mit Logik kommen Sie nicht weiter, weil nämlich Herr B. unter Klaustrophobie leidet. Ihm ist nicht zu erklären, dass es ungefährlich ist, in einen Aufzug zu steigen. Da kommt man auf der Sachebene einfach nicht weiter. Da ist Therapie erforderlich, denn eine Phobie ist eine krankhafte, unbegründete und anhaltende Angst vor bestimmten Dingen. Sie äußert sich im übermäßigen und auch unangemessenen Wunsch, den Anlass der Angst zu vermeiden. Eben deshalb steigen Menschen, die an Klaustrophobie leiden, nicht in Aufzüge.
Das, was wir in den letzten Jahren und auch gestern und heute gehört haben, kommt allerdings in die Nähe eines neuen Krankheitsbildes, einer neuen Phobie, ich nenne sie mal Vento-Phobie: eine unbegründete, fast krankhafte Angst vor der Windenergie und anderen erneuerbaren Energien.
Zur Behandlung von Phobien werden Selbsthilfegruppen empfohlen. Als Gründungsmitglieder einer Selbsthilfegruppe Vento-Phobie drängen sich mir die Kollegen Ellerbrock, Weisbrich und Brockes geradezu auf. Ein Tipp dazu: In den letzten Jahren wurde das Internet für die Hilfe Betroffener vielfältig genutzt. Vielleicht sollten Sie das auch tun.
Die Gründe Ihrer Phobie sind irrational – die Wirkungen leider ganz real. Die Auswirkungen sehen wir in Ihrem Antrag. Demütig bitten Sie die Landesregierung, auf Bundesebene den Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen zu schaden. Sie fordern längere Laufzeiten für Atomkraftwerke und behaupten, dies würde die Strompreise begrenzen.
Die tatsächlichen Wirkungen konnten Sie heute Morgen in der „Westdeutschen Zeitung“ nachlesen: E.ON plant den Abbau von bis zu 1.800 Stellen und von 40 der bislang 60 Servicestandorte. Höhere Preise für Strom und Gas hatten den Gewinn von E.ON um 9 % steigen lassen. Der berei
Die Wirklichkeit in diesem Land hat mit den realitätsfremden Reden und Anträgen von CDU und FDP nichts zu tun. Die Realität sieht wie folgt aus: explodierende Unternehmensgewinne, Arbeitsplatzabbau bei den großen Energiekonzernen und immer weniger Service für den Kunden. Die derzeit noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke haben dies alles nicht verhindern können. Sie zementieren vielmehr monopolartige Strukturen und blockieren mehr Wettbewerb und Innovation.
Die Forderung von CDU und FDP nach möglichen Laufzeitverlängerungen blockiert Investitionen in neue, hoch effiziente Kraftwerke, den Durchbruch der Kraft-Wärme-Kopplung sowie den stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien. NordrheinWestfalen ist vor Jahrzehnten aus guten Gründen aus der Atomenergie ausgestiegen. Eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atommeiler würde Nordrhein-Westfalen schwer schaden.
Gleiches gilt für die unsinnige Forderung nach einer Verhinderung der Vollauktionierung von Emissionszertifikaten während der 2013 beginnenden dritten Handelsperiode. Was soll das bringen?
Die Zertifikate sind doch längst eingepreist. Das Geld bleibt derzeit noch bei den Unternehmen. RWE begründet den Weiterbetrieb seiner uralten Blöcke in Frimmersdorf mit dem Emissionshandel. Ich zitiere aus einem Interview im „Kölner StadtAnzeiger“ vom 2. Mai 2008:
Auf die Frage „Hatte RWE nicht zugesagt, mit der Inbetriebnahme von BoA 1 alte Anlagen abzuschalten?“, antwortete Herr Lambertz, Vorstandsvorsitzender von RWE Power:
Statt des Emissionshandels … wollte die deutsche Industrie eine freiwillige Selbstverpflichtung eingehen. … In diesem Zusammenhang ist gesagt worden, für BoA 1 würden 150-MWBlöcke stillgelegt. Aber dann ist der Emissionshandel eingeführt worden, und das hat die Situation grundlegend verändert.
Auf die Nachfrage „Sie fühlen sich also an dieses Paket nicht mehr gebunden?“ kam die Antwort: „Richtig.“
Im Klartext heißt das: Mit dem derzeitigen Emissionshandel begründet der Vorstandsvorsitzende den Weiterbetrieb von Uraltanlagen. Das ist das Gegenteil dessen, was erreicht werden sollte. Alte Dreckschleudern bleiben am Netz. Hier hilft nur die Auktionierung.
Mit ihrem Antrag ist die Koalition deshalb auf einem Weg zurück in die Vergangenheit. Alte Atommeiler bleiben länger am Netz. Die Atommüllmenge würde weiter wachsen. Alte CO2Schleudern bleiben am Netz. Investitionen in neue Kraftwerke werden nicht getätigt. Keine Spur von mehr Wettbewerb!
Das alles richtet sich gegen die Interessen der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Mit unserem Entschließungsantrag, den Thomas Eiskirch gleich vorstellen wird, werden wir Ihnen den richtigen Weg zeigen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Weisbrich, als ich den Antrag zum ersten Mal gelesen habe, fiel mir die Witwe Bolte bei Wilhelm Busch ein, die sagt: „Wofür sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt.“
(Allgemeine Heiterkeit – Beifall von SPD und Rüdiger Sagel [fraktionslos] – Christian Weisbrich [CDU]: Das müssen Sie gerade sagen!)
Dann habe ich den Antrag gründlicher gelesen. Ich muss sagen: Das war nur der erste Schein. Der entscheidende Punkt ist: Aus meiner Sicht ist der Antrag ein dokumentiertes Stück Politikverweigerung. Klar ist: Ihnen von der CDU steht es völlig frei, im Rahmen der Gesamtdebatte eine Laufzeitverlängerung zu fordern. Das ist Teil der Debatte in Berlin. Ich teile die Position nicht, aber das kann man machen.
Aber Sie müssten an irgendeiner Stelle klar sagen, was es für ein Benefit für NordrheinWestfalen hat, wenn in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Niedersachsen die Reaktoren länger laufen. Das müssten Sie irgendwo erläutern.
Wir alle wissen: Es ist nicht realitätsnah, anzunehmen, dass es hier irgendeinen preislichen Benefit hätte. Der Strom ist in Baden-Württemberg oder in Bayern auch nicht billiger, obwohl es dort einen hohen Anteil Atomstrom gibt.
Wir kennen den Mechanismus der Merit-Order, nach dem das letzte ans Netz gehende Kraftwerk den Preis bestimmt. Der Profit bleibt bei den Unternehmen. Und Sie konnten keinen Beleg erbringen, dass das für uns in Nordrhein-Westfalen etwas bringt.
Natürlich stellt sich dann die Frage, warum Sie das machen. Man könnte vermuten, Sie wollten die Akzeptanz der Atomkraftwerke erhöhen. Herr Pinkwart fordert offen neue Reaktoren. – Sie sagen das ja nicht offen. Ich glaube auch nicht, dass Sie das in den nächsten zehn Jahren schaffen könnten. Insofern wird es auch keine Relevanz für Nordrhein-Westfalen in absehbaren Zeiträumen geben.
Was soll dann diese Debatte? Ich komme jetzt auf Ihren zweiten Punkt zu sprechen: gegen die Vollauktionierung. Dabei ist völlig klar: Wir reden über die Vollauktionierung der Emissionsrechte im Strombereich. Ich teile Ihre Argumentation, was die Stahlindustrie und andere Industriebereiche angeht.
In der ersten Periode haben RWE und andere die Rechte komplett umsonst bekommen, da es eine Phase des Ausprobierens war. In der zweiten Periode haben sie 10 % bezahlt und 90 % umsonst bekommen. Sie haben aber 100 % preislich eingestellt. Das haben sie gemacht, weil die Rechte einen gewissen Wert hatten. Der Profit blieb bei ihnen.
Insofern hat die CDU-Landesregierung von Baden-Württemberg Recht. Letzte Woche habe ich eine Antwort von ihr auf die Anfrage eines grünen Kollegen gelesen. Die CDU-Landesregierung sagt, die Unternehmen hätten es eingepreist. Also ist es richtig, das jetzt vollzuauktionieren. Die Frage ist doch: Bleibt das Geld bei den Aktionären oder kommt es zum Staat, damit er es positiv einsetzt?
Ich finde das, was Sie in diesem Punkt – ich komme gleich noch auf einen zweiten Punkt zu sprechen – machen, strategisch fatal für NordrheinWestfalen, weil Sie damit einen Prozess anlegen. Wir reden über Vollauktionierung. Die Bundesregierung will das. Der Bundestag hat das beschlossen. Die EU will es. Das Emissionshandelssystem wird Zug um Zug andere Bereiche ergreifen. Sie positionieren Nordrhein-Westfalen strategisch katastrophal.
Doch die Position ist deswegen so schwierig, weil Nordrhein-Westfalen aufgrund seiner hohen Kohlenstoffhaltigkeit 44 % des Emissionshandels tra
gen muss. Normal liegen wir bei 21 % der Republik, Stichwort: Königsteiner Schlüssel. Beim Emissionshandel zahlen wir 44 %. Allein in diesem Jahr bringt der Emissionshandel dem Bund 1 Milliarde €. Davon kommen 440 Millionen € aus NRW. Die Frage ist: Wie viel kommt zurück? Diese Summe richtet sich nicht nach dem Königsteiner Schlüssel, sondern beträgt 66 Millionen €, knapp 7 % von 1 Milliarde €.
Die Landesregierung, die gewählt worden ist, um für NRW zu handeln, müsste sich aufstellen und sagen: Ein überproportionaler Anteil dessen, was in Berlin ankommt, müsste nach NordrheinWestfalen fließen, weil wir größere Probleme haben.
Wir haben einen erheblichen Gebäudebestand aus den 50er- und 60er-Jahren durch die großen Wiederaufbauleistungen nach dem Kriege. Er ist schlechter als der Bundesschnitt. Daher haben wir mehr Sanierungsbedarf als andere Länder. Zudem haben wir eine hohe Kohlenstofflastigkeit. Deswegen müssen wir die Verschmutzungsabgabe zahlen. Also brauchten wir auch mehr Geld als andere Länder, um die energetischen Modernisierungsprozesse einzuleiten.
Alle anderen – die werden sich ja wehren – werden jetzt sagen: Ihr bekommt nicht das wieder, was aus NRW kommt. Aber als Strategie gegenüber Berlin müssten Sie sagen: Wir brauchen davon einen länderspezifischen Teil, um diese negativen Strukturen abzubauen. Den brauchen Sie dringend, weil Sie ja für Gebäudesanierung keine eigenen Haushaltsmittel einsetzen können. Wir wissen ja alle, wie der Haushalt aussieht.
An der Stelle rühren Sie sich aber nicht. Sie kämpfen um die eine Position: Wir sind gegen die vollständige Auktionierung – gegen alle anderen. Das beinhaltet ja auch der Antrag.