Protocol of the Session on June 20, 2008

Ganztag: Sie fangen an, aber aus unserer Sicht muss der Ganztag systematisch aufgebaut werden, und wir müssen die Schule zu einem Lern- und Lebensort umgestalten, in dem nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch die Vertreter anderer Professionen arbeiten; denn man braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen, wie ein berühmtes Sprichwort sagt.

Dass wir neue und mehr Studienplätze schaffen müssen, ist eine Herausforderung in der Hochschulpolitik: Ingenieurmangel und doppelter Abiturjahrgang sind hier die Stichworte.

Entscheidend für eine intakte Umwelt und einen wegweisenden Klimaschutz sind vor allen Dingen energetische Gebäudesanierung, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und Steigerung der Energieeffizienz. Wir finden, dass das Land NordrheinWestfalen hier ganz konkret handeln muss. Frau Thoben, die Ziele, die Sie schön beschrieben haben, werden nicht erreichbar sein, wenn wir hier nicht einen maßgeblichen Beitrag leisten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann werden die Ziele der Bundesregierung auch nicht erreichbar sein Wir als Industrieland müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen. Das kann nicht oft genug gesagt werden, meine Damen und Herren.

Das sind nötige, wichtige Investitionen. Weitere sind in unserem Antrag beschrieben. Wir müssen den ländlichen Raum stärken. Wir müssen dem Bioboom auch in Nordrhein-Westfalen zu einem Durchbruch verhelfen. Es kann nicht sein, dass es dort schleppend oder gar nicht vorangeht.

Letzter Punkt, der ganz zentral ist: Wir müssen den ÖPNV wieder an die Zukunft anschließen, statt ihn abzukoppeln, wie es dieser Verkehrsminister macht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das sind wichtige Investitionen für ein zukunftsfähiges NRW, das für die heutigen und kommenden Herausforderungen durch erstklassige Bildung, durch einen Klimaschutz, der diesen Namen auch verdient, und durch die Bewahrung der Schöpfung, der Natur, die unser aller Leben gewährleistet, gerüstet ist. Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Klein das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich richtig gefreut, als ich den Titel dieses Antrags gelesen habe. Ich will ihn noch einmal vorlesen, weil er so schön ist: „In die Zukunft investieren – Bildungschancen und Lebensgrundlagen sicher finanzieren“. Das ist die Beschreibung der erfolgreichen Arbeit dieser Koalition.

(Beifall von der CDU – Widerspruch von SPD und GRÜNEN)

Umso mehr habe ich mich über das gewundert, was in dem Antrag steht, und über die Vorwürfe, die Frau Löhrmann uns gerade aufzutischen versucht hat.

Ich denke, bei der Arbeit an genau dem, was uns dieser Titel mit auf den Weg gibt, ist es für uns entscheidend, zwei Bausteine zu beherzigen. Der erste Punkt ist, die finanzielle Grundlage dieses Landes zu konsolidieren und nach vorne zu bringen. Dazu mache ich gleich noch einige Anmerkungen.

Der zweite Punkt ist, zusätzlich Geld freizuschaufeln, um es in die Zukunftschancen unserer Kinder investieren zu können. Dazu wird Ihnen der Kollege Norbert Post gleich noch einiges mitteilen, was Sie eigentlich schon längst wissen müssten.

Ein paar Sätze zu der Frage: Wie weit haben wir bei der Konsolidierungspolitik schon Erfolge erzielen können? Vielleicht ist der Kollege Groth heute Morgen extra nicht gekommen, weil er weiß, wie gut die Zahlen sind.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ja, er müsste hier vielleicht trotzdem noch kritische Worte finden, was ihm dann zuwider wäre.

Ich will noch einmal daran erinnern: In den letzten Jahren der rot-grünen Koalition wurden 6,6, 6,7 und wiederum 6,6 Milliarden € zusätzliche Kredite aufgenommen – eine Schuldenspirale, die unser Land in eine Lage gebracht hat, aus der wir es jetzt mühsam herauszuholen versuchen müssen. Das war die Ausgangsposition.

Wir haben den damaligen jährlichen Schuldenzuwachs drastisch reduziert, nämlich um 70 %, und in den drei folgenden Jahren, also in den Jahren 2006, 2007 und 2008, zusammen etwa die gleiche Summe an neuen Schulden machen müssen, die Sie in der Vergangenheit in jedem einzelnen Jahr verursacht haben.

Darüber hinaus haben wir aber zusätzliche Konsolidierungserfolge erzielt. Jetzt endlich haben wir es geschafft, zumindest rund 2 Milliarden € an

Pensionsrückstellungen zu bilden – fast die Hälfte davon ist im letzten Jahr zusammengekommen –, damit wir den riesigen Berg an Pensionsverpflichtungen für Arbeit, die die Beamten dieses Landes schon in der Vergangenheit erledigt haben, unseren Kindern nicht noch zusätzlich auftischen. Auch das ist wichtig für die Zukunft.

Wenn der Vorwurf gemacht wird, die Steuereinnahmenzuwächse lägen höher als die Reduzierung der Nettokreditaufnahme, muss ich sagen: Meine Damen und Herren, das ist schon deswegen eine banale Erkenntnis, weil aufgrund des Gemeindefinanzierungsgesetzes und unseres Wunsches, unsere Städte und Gemeinden gut zu dotieren, gewissermaßen automatisch ein deutlicher Anteil dieser zusätzlichen Steuereinnahmen in das Gemeindefinanzierungsgesetz fließt. Das Ergebnis ist: Im Jahr 2008 wird über das Gemeindefinanzierungsgesetz mit 7,6 Milliarden € ein nie da gewesener hoher Betrag an die Kommunen unseres Landes überwiesen. Das ist auch richtig so.

Rund 5 Milliarden € Zinsen müssen jedes Jahr gezahlt werden. Trotzdem schaffen wir in diesem Jahr eine Neuverschuldung von nur 1,7 Milliarden €. Es gibt also einen Primärüberschuss, einen Landeshaushaltsüberschuss, wenn man Zinszahlungen und Kreditaufnahmen herausrechnet, von rund 3,3 Milliarden €. Wenn Sie das mit den Zuständen vergleichen, die früher in diesem Land geherrscht haben, ist das ein riesiger Fortschritt, denn früher hatten wir ein Primärdefizit. Deswegen liegt Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die Entwicklung der Primärsalden im Vergleich der Länder auf dem ersten Platz.

Vielleicht haben Sie vor zwei Wochen eine andere Vergleichsstudie zur Kenntnis genommen. Das Bankinstitut UniCredit hat in seiner Analyse der bundesdeutschen Länderfinanzen gute Noten verteilt. Die drittbeste Note hat Nordrhein-Westfalen bekommen. Deshalb empfiehlt das Bankinstitut seinen Kunden sogar, mehr als bisher in den Anleihenmarkt der Länder und damit auch Nordrhein-Westfalens einzusteigen. Lesen Sie sich das doch einmal durch. Dann sehen Sie auch, wie positiv die Finanzen dieses Landes von außen begutachtet werden.

Es ist eine Zukunftsaufgabe, bei der wir auch bereit sein müssen, harte Entscheidungen zu treffen und uns Gegenwind entgegenzustemmen. Es ist nicht leicht, diese Konsolidierungserfolge zu erzielen. Aber es ist im Interesse unserer Kinder wichtig. Das ist genauso eine Zukunftsaufgabe, wie über diese Konsolidierungserfolge hinaus weitere Mittel freizuschaufeln, um sie in die Bildung ste

cken zu können. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. – Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Groschek das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen enthält eine Beispielsammlung, wo Fehlinvestitionen der Landesregierung zu buchen und Hinweise zu geben sind. Er bietet aber auch Gelegenheit, einmal zu bilanzieren, wie eigentlich die Zukunftsentwürfe der verschiedenen Parteien und Fraktionen aussehen und zu bewerten sind.

Die CDU hat uns zum Glück ein gutes Beispiel gegeben: Wir können sie an ihrem Landesparteitag aus der jüngsten Vergangenheit messen. Die Botschaft der CDU in Nordrhein-Westfalen lautete: Das ganze Land wird schwarz, wird RüttgersLand. – Ihr Landesparteitag war doch nicht mehr als eine Messe der Eitelkeiten, nicht mehr als die Zurschaustellung arroganter Macht und nicht mehr als der Nachweis, dass bei Ihnen Semantik statt Substanz herrscht.

(Beifall von der SPD)

Wie fing das Schauspiel vor drei Jahren an? Der neue Ministerpräsident stand hier und sagte: Ab jetzt gilt „Privat vor Staat“ und „Freiheit vor Gleichheit“. – Heute sagt derselbe Ministerpräsident: Neoliberalismus darf nicht sein. Turbokapitalismus muss bekämpft werden. – Er schämt sich nicht einmal, Anleihen bei Johannes Rau und Willy Brandt zu machen. Aber auch das wird zum Scheitern verurteilt sein, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie uns einmal zusammenfassen, was sich hier gestern und vorgestern abgespielt hat. Wir haben zur Kenntnis nehmen können, dass die Steuereinnahmen um 20 % gewachsen sind. Damit haben Sie überhaupt nichts zu tun; Sie können sie vereinnahmen. Im gleichen Zeitraum sind aber Zukunftsinvestitionen im Land um 20 % abgesenkt worden. Das ist ein Missverhältnis.

Herr Kollege Groschek, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Klein von der CDU-Fraktion?

Nein, später bei der zweiten Runde. Wir freuen uns gleich zunächst

einmal auf den Kollegen Post, der erklären kann, warum er gegen das Sparkassengesetz in Mönchengladbach gestimmt hat und wie er sich wohl hier im Plenum verhalten wird.

(Beifall von der SPD – Volkmar Klein [CDU]: Zur Sache haben Sie gar nichts zu sagen?)

Die Sparkommission von Rüttgers hat zu Beginn der Legislaturperiode erklärt: Wir zeigen Rot-Grün mal, wie Personalkosten gespart werden. 34.000 Stellen werden wegrationalisiert. Jetzt lautet die Ankündigungsbilanz: Wir werden wohl 2.500 schaffen. Nebenbei werden insgesamt 97 „schwarze Filzstifte“ verbeamtet.

(Lachen von CDU und FDP)

Bei den Lehrerstellen werden wir mit abenteuerlichen Rechnungen abgespeist. Gestern erst haben wir zur Kenntnis nehmen können, dass angeblich 1.831 neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer geschaffen werden. Wenn Sie genau hinschauen, entlarvt sich das als Schimäre: Von diesen 1.831 Stellen kommen doch real nur 130 neue Lehrerstellen dem Unterricht zugute. Der Rest fließt in die Ganztagsbetreuung sowie in die Betreuung über Mittag und hat mit Unterrichtsversorgung überhaupt nichts zu tun. Diese Milchmädchenrechnung lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall von der SPD)

Apropos Milchmädchen: Kommen wir zur Ministerin Sommer. O-Ton Jürgen Rüttgers: Bildung ist Menschenrecht. Alle Talente müssen gefördert werden. – Originaltat der Landesregierung: Statt eines Sommermärchens wie im Fußball wird uns Woche für Woche ein Schauermärchen geboten – demnächst sogar in Propagandaform: Schulzeit in Druckformat heißt das neue Magazin.

Für die erste Ausgabe möchte ich ein paar Hinweise geben. Wir schlagen Ihnen vor, über Folgendes zu berichten: Frau Ministerin Sommer im Zentralabi durchgefallen. – Wir richten Kopfnotensalat an. -Jürgen Rüttgers allein zu Haus. Hauptschule hat nur noch bei der CDU Zukunft, weil sich die FDP auf den Marsch zu einer vernünftigeren Bildungspolitik macht.

Originalton Jürgen Rüttgers auf dem Landesparteitag im März 2005:

Ich traue mir in zehn Jahren zu, eine Million neue Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen zu schaffen.

Originaltat: Nordrhein-Westfalen wird beim Ranking der Wirtschaftsdynamik aller Bundesländer –

auch der ostdeutschen – auf den vorletzten Platz durchgereicht. Statt Wirtschaftsdynamik kommen wir hier nicht vom Fleck. Sie sagen, das ganze Land wird schwarz, wir sagen, NordrheinWestfalen kann es besser, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)