Protocol of the Session on June 19, 2008

Denn es ist klar: Die Rechnung, so einfach sie ist, ist in jedem Falle richtig: NRW braucht mehr Studierende, und mehr Studierende brauchen eben mehr studentischen Wohnraum. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Dr. Pinkwart.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist völlig unbestritten, dass die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Studiums ein bedeutsamer Faktor für die erfolgreiche Durchführung desselben ist. Im Hinblick auf die steigenden Studierendenzahlen werden wir in Zukunft auch mehr Wohnheimplätze schaffen, die wir bei rückläufigem Bedarf einer anderen Nutzung zuführen wollen.

Deshalb hat die Landesregierung auch nicht die Förderung des studentischen Wohnraums eingestellt, wie hier insinuiert worden ist, sondern von einer Förderung mit Investitionszuschüssen auf eine Darlehensförderung umgestellt. Dazu hat sie eine über die NRW.BANK laufende Schuldendiensthilfe für Neubau und Sanierung von Studentenwohnheimen, das sogenannte Förderprogramm Studentenwohnraumbau, eingerichtet. 2007 wurden damit zunächst zwei Pilotprojekte durchgeführt. Für das Jahr 2008 beträgt der Haushaltsansatz 2.249.000 €. Dieser Betrag ist auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2011 veranschlagt. Damit könnte ein Kreditvolumen von rund 10 Millionen € pro Jahr angeschoben werden.

Darüber hinaus bedarf es keines gesonderten neuen Programms für den Neubau und die Sanierung von studentischem Wohnraum. Auch die Frage einer anderweitigen Nutzung von studentischem Wohnraum nach Rückgang der Studierendenzahlen wird bei den jetzt anstehenden Neubauten bereits berücksichtigt.

Zur Umsetzung von höchsten Standards der Energieeffizienz und zum Einsatz regenerativer Energien darf ich die Beratungen zum Antrag der Fraktion der SPD mit dem Titel „Neue Energie für unsere Hochschulen“ in Erinnerung rufen. Dieses Handlungsfeld ist von der Landesregierung erkannt, wie seinerzeit schon dargestellt worden ist. Es wurde und wird weiterhin aktiv angegangen.

So haben wir im letzten Jahr ein energiepolitisches Konzept für Nordrhein-Westfalen vorgelegt. Es setzt sich aus den aktuellen energiepolitischen Bausteinen der Energieeffizienzoffensive Nordrhein-Westfalen, dem NRW-Konzept Erneuerbare Energien, der Biomassestrategie NordrheinWestfalen sowie dem Konzept Energieforschung NRW zusammen.

Die Landesregierung will auch bei der Mobilisierung von Energieeffizienzpotenzialen eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Die Landesregierung bekennt sich nicht nur zu energieeffizienten Kriterien bei Bau, Umbau und Sanierung der Hochschulbauten. Vielmehr wendet sie diese bereits an oder hat die Anwendung bereits initiiert.

Darüber hinaus haben das MBV und das MIWFT kürzlich verabredet, noch im Jahr 2008 zwei Neubauten von Studentenwohnheimen als Modellprojekte zu starten, die aus Mitteln des Wohnraumförderungsprogramms des MBV gefördert werden sollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle wissen, dass die Hochschulgebäude in Nordrhein

Westfalen einen großen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf aufweisen, dessen Überwindung für die zukunftsorientierte Positionierung und Profilierung der Hochschulen von hoher Bedeutung ist. Die Landesregierung hat den Landtag daher am 4. Juni – das heißt, erst vor wenigen Tagen – über ihren Beschluss zur Entwicklung der Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen bis zum Jahre 2020 unterrichtet und dabei ein Maßnahmenpaket angekündigt, das auch den Sanierungs- und Modernisierungsbedarf an den Hochschulen inklusive des Studentenwohnungsbaus aufgreift, sodass alle hier im Antrag angesprochenen Punkte längst erledigt sind. – Ich bedanke mich herzlich.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Pinkwart. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/6951 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie – federführend –, den Ausschuss für Bauen und Verkehr sowie den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

11 Teilabschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses I

gemäß § 25 UAG zu dem Auftrag

des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 20. März 2007 Drucksache 14/4011

Drucksache 14/6900

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Herrn Schmitz, für eine zusätzliche mündliche Berichterstattung das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Schmitz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 11. November 2006 töteten drei jugendliche Gefangene in der

Justizvollzugsanstalt Siegburg auf schreckliche Weise einen Zellengenossen. Das Landgericht Bonn hat die geständigen Täter zu Freiheitsstrafen von zehn, 14 und 15 Jahren verurteilt. Aus den Urteilsgründen ergibt sich minutiös die Leidensgeschichte des Opfers. Das hat uns alle tief berührt. In Gedanken sind wir – ich darf da sicher für alle Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses sprechen – deshalb bei der Familie des Opfers und fühlen mit ihr.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie uns diese Brutalität, begangen von drei jungen Männern, erschreckt hat. Wie konnte es dazu kommen? Was war in der Jugendhaftanstalt in Siegburg passiert? Aber ebenso wichtig ist die Frage: In welchen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen waren die Täter aufgewachsen? Spiegelt sich in dem schrecklichen Vorfall vom 11. November 2006 eine gesellschaftliche Wirklichkeit? Warum hatten offensichtlich alle Erziehungsmodelle und Erziehungshilfen versagt? Welche Maßnahmen sind notwendig, um Gewalt in- und außerhalb der Haftanstalten zu bekämpfen?

Einen Teilaspekt dieser Überlegungen hat der Landtag auf Antrag der Kolleginnen und Kollegen der SPD vom 20. März 2007 aufgegriffen. Er hat die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen, der sich in einem ersten Teil mit Missständen und Mängeln der Justizvollzugsanstalt Siegburg, den organisatorischen und tatsächlichen Verhältnissen im Justizvollzug NordrheinWestfalen und den Reaktionen des Justizressorts befassen sollte.

Zu diesem ersten Teil des Untersuchungsauftrags hat der Untersuchungsausschuss seine Beweisaufnahme beendet und den Ihnen vorliegenden Teilabschlussbericht gefertigt, der sich eingehend mit dem Phänomen der Gewalt in Jugendhaftanstalten, der Haftplatzsituation, der Personalausstattung und den auf jugendliche Strafgefangene abgestimmten Erziehungs- und Behandlungsmaßnahmen auseinandersetzt.

Es entspricht der politischen Natur des Untersuchungsverfahrens, dass die tatsächlichen Feststellungen des Berichtes eine unterschiedliche Bewertung erfahren. Hierauf möchte ich als zur Neutralität verpflichteter Vorsitzender nicht weiter eingehen. Wichtig ist mir aber, die Tätigkeit des Ausschusses darzustellen, um deutlich zu machen, in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen der Ausschuss gearbeitet hat.

Nachdem der Landtag die Mitglieder des Untersuchungsausschusses in der Plenarsitzung am 30. April 2007 bestimmt hatte, konstituierte sich

der Ausschuss in seiner ersten Sitzung bereits am 16. Mai 2007. In dieser Sitzung verabschiedete der Ausschuss sofort ein anspruchsvolles Beweispaket, das neben einer umfangreichen Zeugenliste die Anforderung von ca. 500 Akten aus der Staatskanzlei, dem Innenministerium, dem Justizministerium, dem Landesjustizvollzugsamt, der Justizvollzugsanstalt Siegburg, der Staatsanwaltschaft Bonn und des Landgerichtes Bonn zum Gegenstand hatte. Alle beteiligten Institutionen lieferten die angeforderten Akten binnen der ihnen gesetzten Frist von vier Wochen.

Die danach beginnende Sommerpause konnten die wissenschaftlichen Mitarbeiter nutzen, die Aktenbestände zu sichten, zu strukturieren und für die weitere Beweisaufnahme aufzuarbeiten.

Unmittelbar nach der Sommerpause begann der Ausschuss seine Beweisaufnahme am 20. August 2007 mit der ersten Ortsbesichtigung der Justizvollzugsanstalt in Siegburg.

Vom 31. August 2007 bis zum 10. März 2008 vernahm der Ausschuss insgesamt 32 Zeugen, um die ihm vom Plenum vorgegebenen Untersuchungsfragen beantworten zu können.

Der Ausschuss hat daher binnen zehn Monaten und zehn Tagen 500 Akten gesichtet und ausgewertet, 32 Zeugen befragt, die Justizvollzugsanstalt Siegburg aufgesucht und in insgesamt 24 Sitzungen knapp 100 Stunden getagt.

Auf dieser Grundlage wurde der Entwurf eines Teilabschlussberichtes erstellt, der, ergänzt um die teilweise differenzierenden Bewertungen der Fraktionen, im Wesentlichen unverändert verabschiedet wurde. Der Ausschuss hat damit in kurzer Zeit ein enormes Arbeitspensum absolviert.

Das wäre nicht möglich gewesen ohne einen reibungslos arbeitenden Stenografischen Dienst. Mein aufrichtiger Dank gilt deshalb allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stenografischen Dienstes und ganz besonders Frau Niemeyer, die uns von der ersten Minute an zuverlässig begleitet hat.

(Beifall von der FDP)

Ja, das ist schon einen Applaus wert. In welcher Zeit die Protokolle gefertigt wurden, das war schon phantastisch.

(Allgemeiner Beifall)

Mein Dank gilt des Weiteren meinem Ausschussbüro mit Frau Basfeld und Frau Peters, die die Akten verwalteten, die Schreibarbeiten erledigten und die Einsicht in vertrauliche Akten gewährleis

teten, Herrn Arnold, der auf alle organisatorischen Fragen die richtige Antwort fand und seine langjährige Erfahrung im Bereich der Vollzugskommission einbrachte, und Herrn Dr. Jurgeleit, der die Akten aufarbeitete, rechtliche Zweifelsfragen klärte und den Berichtsentwurf erstellte.

Die im Teilabschlussbericht niedergelegten Ergebnisse zu den Untersuchungsfragen, die ich Ihnen zur Kenntnisnahme anempfehle, geben aber nur ein unvollständiges Bild über die von uns gewonnenen Erkenntnisse wieder. Zwei Aspekte sind für mich von ganz besonderer Bedeutung:

Erstens. Wir haben viele Zeugen vernommen, die seit Jahren im allgemeinen Vollzugsdienst, in den Fachdiensten der Justizvollzugsanstalten, als Personalräte und in den Aufsichtsbehörden tätig sind. Es war beeindruckend, dem persönlichen Zeugnis und der allgemeinen Schilderung der Arbeit vor Ort das über die reine Pflichterfüllung hinausgehende besondere Engagement der Bediensteten entnehmen zu können. Die persönliche Betroffenheit über den schrecklichen Vorfall und die Selbstzweifel waren förmlich zu greifen. Ich möchte es deshalb ganz deutlich formulieren: Die Frauen und Männer, die im Strafvollzug tätig sind und sich in besonderer Weise engagieren, verdienen nicht, an den Pranger gestellt zu werden, sondern verdienen unseren Respekt, unsere Solidarität und unsere Hilfe.

(Allgemeiner Beifall)

Zweitens. Die Herausforderungen im Strafvollzug sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Die ungehemmte Gewaltbereitschaft eines Teils der Jugendlichen nimmt ebenso zu wie die Drogenbelastung. Der Migrationshintergrund der Jugendgefangenen umfasst ca. 40 Nationen. Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen sind oft unterentwickelt. Die Bediensteten des Vollzuges finden damit eine nur schwer zu meisternde Situation vor, deren Ursachen allgemeingesellschaftlicher Natur sind.

Bereits in der Debatte um die Einsetzung des Untersuchungsausschusses am 28. März 2007 hatten Redner von CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gefordert, statt eines Untersuchungsausschusses eine Enquetekommission einzusetzen, die sich grundlegend mit dem Problem der Gewalt beschäftigt. Ich begrüße es deshalb sehr, dass der Untersuchungsausschuss einstimmig beschlossen hat, das Plenum des Landtags zu bitten, den Ausschuss von weiteren Untersuchungen nach Ziffer II. 5 des Einsetzungsbeschlusses zu entbinden. In Verbindung mit der Einsetzung einer Enquetekommission zum Thema Präventionspoli

tik, die wir unter dem nächsten Tagesordnungspunkt diskutieren werden, ist das der richtige Weg, um nachhaltig der Jugendgewalt allgemein und im Justizvollzug im Besonderen entgegenzuwirken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich kann deshalb nur befürworten, der Bitte des Untersuchungsausschusses zu entsprechen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitz. – Uns liegen weitere Wortmeldungen vor. Für die CDU-Fraktion ist Herr Kollege Giebels an der Reihe. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist in der politischen Auseinandersetzung ein klassisches Kampfinstrument der Opposition.