Protocol of the Session on June 19, 2008

(Beifall von CDU und FDP)

Sie wollen die Schülerinnen und Schüler, die Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer verunsichern. Sie suchen den Skandal, wo keiner ist. Damit werden Sie nicht durchkommen. Die Menschen in unserem Land lassen sich nicht für dumm verkaufen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das stimmt, und darauf setzen wir!)

Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Solf. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Löhrmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Solfs Beitrag hat aus einem Grund für sich gesprochen: Das war gar nicht der Herr Solf, wie wir ihn sonst kennen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Damit enttarnt er sich selbst. Es ist schön, dass Sie sich so mannhaft vor Ihre Ministerin werfen. Aber, Herr Solf, durch manche Beiträge macht man die Dinge schlimmer. Dafür war Ihrer ein gutes Beispiel.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zwei Zitate:

„Das Ganze ist eine Katastrophe.“

„Noch so einen solchen Klops kann sie sich nicht erlauben.“

Gemeint ist mit „sie“ Frau Ministerin Sommer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind keine Zitate von uns, von der Opposition, sondern von führenden Vertretern der Koalition, die anonym bleiben wollen,

(Zurufe von CDU und FDP: Oh!)

aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 7. Juni und der „WAZ“ vom 10. Juni 2008. Das nur zu Beginn, damit Sie nicht gleich wieder – wie Sie es gerade macht haben – sagen, das komme von der Opposition, die Opposition bausche Dinge auf. Das waren Zitate von Kollegen aus der CDU: Klops und Katastrophe!

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat mit ihrem stümperhaften Agieren ein Instrument diskreditiert, das bildungspolitisch sinnvoll ist und vor allem – das ist in der Bildungspolitik nicht selbstverständlich – parteipolitisch unumstritten ist. Das steigert den Schaden um ein Mehrfaches: Sie diskreditieren etwas, mit dem wir vom Grundsatz her alle einverstanden sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das Instrument ist beschädigt, und die jungen Menschen im Land müssen es ausbaden. Den Lehrerinnen und Lehrern wird der Schwarze Peter zugeschoben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die vielen Details der Pannen sind hinlänglich bekannt, und offensichtlich ist auch ein Ende immer noch nicht abzusehen. Frau Schäfer hat schon auf die Panne mit dem Bewertungsraster hingewiesen.

Aber mir geht es heute nicht im Wesentlichen um diese Fehler. Es geht darum, wie Sie, Frau Sommer, Ihr Haus und die Regierungsfraktionen mit diesen Fehlern umgehen. Das alles ist fatal. Es lässt für die Umsetzung künftiger bildungspolitischer Reformen nichts Gutes erwarten.

Wie schrieb der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am 7. Juni? Er schrieb:

„Barbara Sommer hat in dieser Woche weitere Schulreformen angekündigt. Das kann getrost als Drohung aufgefasst werden,“

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

„sind doch die in Arbeit befindlichen – von Turbo-Abitur bis Ganztagsschule – längst nicht bewältigt.“

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sehr gute Zei- tung!)

Meine Damen und Herren, Schulreformen werden unter dieser Ministerin zur Drohung. Frau Sommer, Sie haben gesagt: Man kann sich nur für etwas entschuldigen, wenn man bewusst einen Fehler gemacht hat.

Frau Ministerin Sommer, fast 1.900 Schülerinnen und Schüler haben nachgeschrieben. So viele hatten Sie nicht erwartet. Die Präsidentin wollte sogar wetten. „Die Wette gilt, nicht mehr als vier Dutzend Abiturienten schreiben ihre Klausur neu.“ – So laut „Westfalenblatt“. Verehrte Frau Präsidentin, diese Wette haben Sie aber dick verloren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was heißt das denn für die Schülerinnen und Schüler? Es heißt: noch einmal Prüfungsdruck, noch einmal pauken. Und wegen Ihrer viel zu späten Reaktion haben sie für den gesamten Stoff gerade mal eine gute Woche zur erneuten Vorbereitung. Die Schülerinnen und Schüler mussten nachsitzen. Sie haben versucht, das auszusitzen, Frau Ministerin!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie ganz allein sind dafür verantwortlich, weil Sie Ihre Arbeit nicht ordentlich machen.

(Zuruf von der CDU)

Frau Sommer, Sie sind den Schülerinnen und Schülern, den Eltern sowie den Lehrerinnen und Lehrern eine Entschuldigung für diese Stümperei schuldig. Dem Parlament und der Öffentlichkeit sind Sie auch etwas schuldig, nämlich aufzuzeigen, wie Sie erreichen wollen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert.

Nachdem alles angeblich überhaupt kein Problem war, fordert der stellvertretende Ministerpräsident jetzt – man höre und staune –, externen Sachverstand hinzuziehen. Also hat ihn seiner Meinung nach im Ministerium offenbar keiner mehr. Und Sie, Frau Ministerin, sagen, personelle Konsequenzen seien nicht erforderlich!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Doch, Frau Sommer, anders als Sie glaube ich, dass es auch auf personelle Konsequenzen ankommt. Wer sich als Ministerin vom eigenen Pressesprecher – sicherlich im Auftrag des Staatssekretärs – derart abbügeln lässt und dann nicht reagiert, hat auch im eigenen Haus die letzte vorhandene Autorität verspielt. Jetzt ist dem Letzten klar: Staatssekretär Winands hat seine Ministerin längst in Manndeckung genommen.

Ja, Frau Ministerin, Teamarbeit ist wichtig. Sich als Team zu verstehen ist gut. Aber Teamorientierung braucht Ziele, ein klares Konzept und Führung. Sie verstecken sich hinter dem Team, statt es zu führen, Frau Ministerin.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was für ein Scherbenhaufen und was für ein Chaos, mit dem Sie jetzt in die Sommerferien gehen! Wegreden, aussitzen, schönreden, panisch reagieren, sich gegenseitig widersprechen, die Schuld anderen zuschieben und die Opposition beschimpfen, statt die Dinge von Anfang an lernfähig, problemorientiert und offensiv anzugehen!

Erst in letzter Sekunde haben Sie angesichts der verheerenden Presseberichte reagiert; denn der vermutlich fassungslose Ministerpräsident hat gemerkt, dass es so nicht weitergehen kann.

(Michael Solf [CDU]: Sie haben Probleme!)

Ja, Herr Ministerpräsident, so kann es nicht weitergehen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Sie haben der Öffentlichkeit versprochen, keine Experimente auf dem Rücken der Kinder durchzuführen. Ihr Experiment „Ministerin Sommer“ ist gescheitert!

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Indem Sie nicht personell und strukturell darauf reagieren, tragen Sie, Herr Ministerpräsident, weiterhin ganz persönlich für dieses und jedes weitere Desaster an den Schulen die Verantwortung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)