Da gab es also in diesem Jahr zum zweiten Mal eine zentrale Abiturprüfung in unserem Land. Die allermeisten Aufgaben waren, abgesehen von einigen Winzigkeiten, von zum Teil offensichtlichen Druckfehlern, makellos – zigmal chemisch gereinigt.
Sie mäkeln. Aber: makellos. – In einigen Fällen mussten die Abiturientinnen und Abiturienten einige Zeilen mehr lesen als im vergangenen Jahr, in einigen anderen weniger. Ob diese Mehrzeilen die Angelegenheit nun marginal erschwert haben oder ob sie sie sogar erleichtert haben, ist nur für jeden Einzelfall zu beurteilen. Im letzten Jahr jedenfalls war gefordert worden, die Aufgaben ausführlicher zu formulieren, um den Zugang zu vereinfachen.
Und dann war da noch die Sache mit dem „Oktaeder des Grauens“, eine von 750 – in Worten: siebenhundertfünfzig – Aufgaben. Sie bewegte sich im Rahmen des in den Lehrplänen vorgegebenen Stoffes. Aber, so scheint es, sie bediente eben nicht das Vorurteil, Aufgaben aus der Geometrie seien im Grundsatz einfacher zu lösen als solche mit Matrizen.
Wie auch immer. Jede Mathematiklehrerin, jeder Mathematiklehrer, der dieses Thema im Unterricht nicht genügend vorbereitet hatte, hätte den Prüflingen die Aufgabe ersparen können. Es gab eine Auswahl. So weit die Fakten.
Was da innerhalb kürzester Zeit an Gerüchten, an Halbwahrheiten – manchmal auch an Wahrheiten – und an Lügen auf den Markt kam, war geradezu unglaublich.
Um eine nicht unwichtige Zeitung zu zitieren: Da brachen die Leistungen der nordrhein-westfälischen Abiturienten dramatisch ein. – Im selben Publikationsorgan wurde wenige Tage später verkündet: Die Politik mache in der Sache in Hysterie. Noch ehe die ersten Ergebnisse bekannt waren, schwätzte jeder alles, ob mit oder ohne Professorentitel.
Mittlerweile verzieht sich der Pulverdampf. Es wird jeden Tag klarer, dass diejenigen Recht behalten, die von Anfang an gesagt haben, dass hier die Dinge maßlos übertrieben werden.
Zur tatsächlichen Situation können Sie das jetzt vorliegende Zahlenmaterial befragen. Sie können auch mit den Praktikern in den Schulen sprechen. Sie könnten auch mich fragen.
Dann würde ich Ihnen aus Gesprächen mit gut zwei Dutzend Schulen und nicht zuletzt mit unserer Tochter Julia, die in diesem Jahr ihr Abi gemacht hat, erzählen.
Es ist wie schon zu meiner Abiturzeit damals: Einige fanden dieses leichter, andere jenes schwerer. Dieser stöhnt über etwas, jene lacht über das. Unter dem Strich: Alles easy!
Sie könnten übrigens auch nach Berlin schauen, wo unter Rot-Rot 28.000 Schülerinnen und Schüler ihre Mathearbeiten für den mittleren Schulabschluss neu schreiben müssen. Wenn das bei uns passiert wäre, hätte mindestens der Ministerpräsident, wenn nicht sogar der Papst zurücktreten müssen.
Dennoch will ich die Vorgänge um das Zentralabitur 2008 nicht auf die leichte Schulter nehmen. Natürlich sind die Fachkommissionen, die die Aufgaben für 2009 vorbereiten, in der Pflicht, möglichst jeden, auch den allerkleinsten Fehler zu vermeiden. Natürlich muss sich auch die eine oder andere Schule mit der Frage auseinandersetzen, warum ihre Abiturientinnen und Abiturienten – anders als im Landesdurchschnitt – weniger gut abgeschnitten haben.
In Frankreich übrigens gingen 2005 die Oberschüler gerade aus sozial schwierigen Gegenden für zentrale Prüfungen auf die Straße. Die sorgen nämlich für Gerechtigkeit.
Jedenfalls sind das Problemkreise, die man im Interesse der Schülerinnen und Schüler ohne Hysterie sachlich und auf dem Boden der Fakten, der Wahrheit angehen muss.
Hier in diesem Hohen Hause aber und draußen in der organisierten Funktionärslandschaft gab es ganz spezielle Wahrheiten. Da waren Interessenvertreter unterwegs, die zur Wiederwahl anstanden. Sie glaubten, ihre Chancen dadurch zu verbessern, dass sie auf ihre für das Zentralabitur verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen, die meisten davon Praktiker aus den Schulen, einprügeln.
Es gibt auch noch die Betreiber von Internetseiten, die aus blankem wirtschaftlichen Interesse Meinung machen, eine Meinung wohlgemerkt, die sich in den Chatrooms auf diesen Seiten gar nicht spiegelt.
Hier im Hause sind wieder andere unterwegs, die verzweifelt nach irgendetwas suchen, irgendeinem Strohhalm, der es ihnen erlaubt, die giganti
Ich schaue ganz speziell Sie an, Frau Kollegin Schäfer. Ihre Schulpolitik war eine Politik des organisierten Nichtstuns. Sie kannten die Probleme, haben aber arg wenig angefasst, immer nach dem Motto: Wer nichts tut, der macht auch nichts verkehrt.
Sie haben, gerade was die Migrantenkinder angeht, so viele bildungspolitische Leichen im Keller, dass es heute immer noch bis unters Dach stinkt.
Da Sie nichts, aber auch gar nichts haben, was Sie bis zur nächsten Landtagswahl vorzeigen könnten, führen Sie einen geifernden Generalangriff durch: Zentralabitur muss weg! Schulzeitverkürzung muss weg! Gymnasium muss weg! – Das ist keine Politik, sondern das ist herbeigegrölte Hysterie. Das ist einfach nur primitiver Alarmismus.
Ihnen geht es darum, die Dinge an unseren Schulen nicht zu verbessern, sondern Ihnen geht es darum, die Spuren Ihrer eigenen Misswirtschaft zu verwischen.