Protocol of the Session on June 18, 2008

Herr Becker, wir wissen, dass Ihr Antrag im Wesentlichen aus einer Resolution der Allianz pro Schiene vom 12. Dezember 2007 mit dem Titel „LKW-Maut muss Wegkosten decken“ abgeschrieben ist. Das macht ja nichts. An der einen oder anderen Stelle ist es aber auch sinnvoll, zu schauen, was derzeit schon passiert und was auch bereits unter Rot-Grün im Bund erreicht worden ist.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Der heutige Kabinettsbeschluss ist ein tragbarer, zukunftsfähiger Kompromiss. Wir haben viel erreicht. Damit sind wir auf einem guten Weg, verträglichen Ausgleich zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Interessen der Umwelt zu schaffen.

Wir werden uns bei diesem Antrag enthalten, sind jedoch für weitere Gespräche auf allen Ebenen offen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Jung.

(Minister Oliver Wittke begibt sich zum Red- nerpult.)

Herr Minister, ich freue mich ja immer, Sie hier vorne zu sehen. Sie werden mir aber sicherlich auch zustimmen, wenn ich zunächst dem Parlament und hier dem Kollegen Rasche von der Fraktion der FDP das Wort gebe.

(Minister Oliver Wittke: Da war ich der Zeit wieder voraus, tut mir leid! – Christian Möbi- us [CDU]: Schneller als die Eisenbahn! – Gegenruf von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Ob hier der Minister redet oder ich, wird vom Inhalt wahrscheinlich keinen großen Unterschied machen; denn wir sind uns auch in dieser Frage einig.

(Unruhe bei der SPD)

Die Grünen behaupten in ihrem Antrag, dass der LKW-Verkehr in Deutschland zulasten der Steuerzahler subventioniert werde. Das ist eine fundamentale Fehleinschätzung der tatsächlichen Situation.

Ich komme noch einmal auf den letzten Tagesordnungspunkt zurück und zitiere aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 18 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „LKW-Verkehr in Nordrhein-Westfalen“. Darin heißt es:

„Mit den spezifischen steuerlichen Leistungen des LKW-Verkehrs ,an den Staat/die Allgemeinheit‘ sind alle gemeinhin zur Diskussion gestellten ,Externen Kosten‘ des Güterkraftverkehrs mindestens abgedeckt, mit einiger Sicherheit ist sogar davon auszugehen, dass es sich beim LKW-Verkehr gewissermaßen um ein für die Allgemeinheit gewinnbringendes Geschäft handelt, ebenso wie es beim PKWVerkehr ganz offensichtlich der Fall ist.“

In Wahrheit – und das ist uns allen doch bekannt – geht es den Grünen also einzig und allein darum, das Transportgewerbe noch weiter abzuzocken, um so Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Diese Rechnung kann aber überhaupt nicht aufgehen. Die Schiene wird die in Zukunft stark steigenden Güterverkehre niemals aufnehmen können.

Von den Grünen ist hinlänglich bekannt, dass sie eine Politik der Verteuerung des Straßenverkehrs betreiben. Ob an der Tanksäule, bei der KfzSteuer oder eben bei der Maut – überall sollen die Verkehrsteilnehmer noch stärker, als das ohnehin schon der Fall ist, zur Kasse gebeten werden.

Bemerkenswert, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist jedoch, dass sich nun auch die schwarz-rote Bundesregierung dieser Politik anschließt. Heute ist die Mauterhöhung – wir haben es mehrfach gehört – in Berlin beschlossen worden. Unterschiedliche Zahlen geistern herum. Ich habe hier die Zahl 740 Millionen € stehen. In der Tat sollen diese zusätzlich in den Verkehrshaushalt fließen. Nur nach unseren Informationen soll es so gehandhabt werden wie in den vergangenen Monaten und Jahren. Jeder Cent und jeder Euro, der zusätzlich durch die Maut in den Ver

kehrshaushalt fließt, wird also bei den Aufwendungen im Verkehrshaushalt, die aus Steuereinnahmen resultieren, wieder reduziert. Unter dem Strich bedeutet das: Durch diese 750 Millionen € Mehrbelastung des Speditionsgewerbes kommt nicht ein Euro mehr für den Ausbau unserer Straßen heraus, genauso wie in den vergangenen Jahren. Das darf nicht der Fall sein.

Ich erinnere noch einmal daran, dass dies nicht die erste Belastung der Speditionsbranche ist. Im Zusammenhang mit der Einführung der LKWMaut und den damit einhergehenden Wettbewerbsnachteilen des deutschen Güterverkehrsgewerbes ist eine Kompensation von 600 Millionen € jährlich zugesagt worden. Ergebnis, meine Damen und Herren, ist: Dieses Versprechen wurde gebrochen. Es ist bei einer Harmonisierungslücke von mindestens 350 Millionen € geblieben.

Der Gipfel des Mautbetruges ist, dass die Einnahmen nicht – so wie dies im Autobahnmautgesetz vorgeschrieben ist – zusätzlich dem Verkehrshaushalt zugeführt werden. Stattdessen wird das Mautaufkommen in beträchtlicher Weise zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht. Dies führt dazu – das haben wir eben noch alle bis auf die Grünen beklagt –, dass der Bundesfernstraßenetat seit Jahren chronisch unterfinanziert ist.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Solange die Wettbewerbsbedingungen im europäischen Güterverkehr nicht harmonisiert sind, solange das deutsche Transportgewerbe nicht das vereinbarte Kompensationsvolumen von 600 Millionen € jährlich erhält und solange die Mauteinnahmen nicht vollständig in die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur fließen, darf es keine weiteren Mauterhöhungen geben. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Wittke das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Rasche, ich bin versucht zu sagen: Ich schließe mich den Worten meines Vorredners an. Da das aber wahrscheinlich Proteste bei SPD und Grünen auslösen würde, kommen wir nicht daran vorbei, dass ich doch einige Ausführungen zum Thema mache.

Überrascht und erfreut stelle ich fest, dass sich inzwischen auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen um eine angemessene und ausreichende

Finanzausstattung für den Bundesfernstraßenbau Gedanken macht. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Denn man muss ihre Vorschläge wohl so bewerten, dass der Straßengüterverkehr durch drastische Mauterhöhungen und -ausweitungen als Finanzierungsquelle herhalten soll. Dazu muss ich jedoch bemerken, dass schon die Einführung der LKW-Maut nicht – wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre – zu einer spürbaren und vor allem langfristig planbaren Erhöhung des Investitionsvolumens geführt hat. Das wird auch im Falle von Mauterhöhungen so bleiben, solange die Maut in den Bundeshaushalt einfließt und nicht zusätzlich zu Haushaltsmitteln und unmittelbar für Infrastrukturmaßnahmen eingesetzt wird.

Auch das gehört zum Prinzip der Nutzerfinanzierung. Der Nutzer darf nicht nur als Geldquelle betrachtet werden, sondern er muss auch erkennen können, dass seine Beiträge zweckentsprechend verwendet werden. Deshalb setze ich mich schon seit vielen, vielen Jahren gemeinsam mit den Kollegen aus der Verkehrsministerkonferenz dafür ein, dass das Aufkommen aus der LKW-Maut der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft direkt und ohne Umweg über den Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt wird und dass diese Mittel dann auch – wie im Übrigen gesetzlich vorgesehen – tatsächlich überwiegend oder sogar vollständig für den Bundesfernstraßenbau verwandt werden. Das ist der richtige Weg, um Finanzierungssicherheit zu erreichen. Das sind nicht abenteuerliche Vorschläge, wie man den Straßengüterverkehr weiter zur Kasse bitten kann.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Den sprichwörtlichen Vergleich von Äpfeln und Birnen haben wir alle bei den unterschiedlichsten Themen erlebt. Sie, Herr Becker, praktizieren jedoch diesen Vergleich. Worum geht es? – Die neue Wegekostenrechnung 2007 weist deutlich höhere Wegekosten aus als das vor der Einführung der LKWMaut erstellte Wegekostengutachten aus dem Jahr 2002. Daraus kann man aber nicht den Schluss ziehen, dass die LKW-Maut von Anfang an zu niedrig angesetzt war.

Wenn Sie, Herr Becker, die in der Wegekostenrechnung 2007 errechneten Wegekostensätze für die Jahre bis 2012 zitieren und mit denen aus dem Jahre 2002 vergleichen, dann hätten Sie dem Gutachten auch gleich die Begründung für die Kostenerhöhung entnehmen können. Neben den tatsächlich höher als erwartet gestiegenen Fahrleistungen liegen nämlich die Hauptursachen in der Umsetzung der aktualisierten EU-Wegekostenrichtlinie in der Fassung aus dem Jahre 2006. Danach sind gegenüber dem Jahre 2002

neue Kostenbestandteile eingerechnet worden, nämlich Meisterei- und Rastanlagen- und insbesondere Planungsleistungen. Das heißt, die Ergebnisse der beiden Gutachten, obwohl ihnen dieselbe Methodik zugrunde liegt, sind nicht ohne Weiteres miteinander zu vergleichen.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Erst recht unverständlich ist mir, dass die von der Bundesregierung jetzt geplante Erhöhung der LKW-Maut die Wegekosten nach Ansicht von Bündnis 90/Die Grünen nicht decken soll. Ich weiß auch nicht, woher Sie den durchschnittlichen Mautsatz von 15 Cent pro Kilometer haben, auf den die Maut angeblich erhöht werden soll. Der gilt ja, wenn man die derzeitige Absenkung der Maut zur Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen außer Betracht lässt, schon heute.

Es ist richtigerweise festgestellt worden, dass das Bundeskabinett heute die Änderung der LKWMaut-Verordnung auf den Weg gebracht hat. Der Änderung liegen drei zentrale Ziele zugrunde:

Erstens. Die Schaffung von Anreizen zur Stärkung der Nutzung emissionsarmer Fahrzeuge.

Zweitens. Die Förderung von Partikelminderungssystemen mit Ziel einer Einstufung in eine günstigere Mautkategorie.

Drittens. Schließlich die Anpassung der Mautsätze an das Wegekostengutachten 2007. Die Ergebnisse der neuen Wegekostenrechnung fließen somit in die neuen Mautsätze ein.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich will nicht verschweigen, dass es durch die Änderung zu einem Vermittlungsproblem kommen wird. Denn nach der neuen Mauthöheverordnung müssen selbst diejenigen, die in die Anschaffung neuester umweltfreundlicher Fahrzeuge investiert haben und in der günstigsten Schadstoffklasse S 5 liegen, mehr zahlen als heute.

Darum zum Abschluss zwei aus Sicht der Landesregierung ganz, ganz wichtige Punkte:

Erstens. Einer Erhöhung der Mautsätze stimmen wir nur unter der Voraussetzung zu, dass das zugesagte Harmonisierungsvolumen in Höhe von 600 Millionen € pro Jahr vollständig gewährleistet wird.

Zweitens. Wir stimmen darüber hinaus nur zu, wenn weitere einseitige Belastungen des Straßengüterverkehrs ausgeschlossen werden.

Meine Damen und Herren, ich danke herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Kürze der Zeit nur wenige Feststellungen zur Richtigstellung:

Erstens. Sie drücken sich an der Problematik externe Wegekosten völlig vorbei. Das habe ich eben in einer anderen Debatte schon ausgeführt.

Zweitens. Sie sagen, die tatsächlichen Wegekosten würden annähernd erreicht, weil Sie genau wissen, dass sie unterhalb von 17 Cent, bei 16 und paar zerquetschten Cent pro 100 km liegen. Deswegen: Es sind nicht die tatsächlichen Wegekosten.

Drittens. Das verschärft sich in der Tendenz zusätzlich durch die zwar richtige Spreizung in Richtung Euro 5 und Euro 6, die in den nächsten Jahren aber zu folgenden Einnahmesätzen führt – ich will Ihnen kurz die offiziellen Finanzplanansätze sagen –: 5,07 im Jahr 2009, 4,87 im Jahr 2010, 4,67 im Jahr 2011 und ebenfalls 4,67 Milliarden im Jahr 2012. Das heißt, trotz steigender gefahrener Kilometer nehmen die Einnahmeansätze bei der Maut ab. Das ist selbstverständlich nicht wegekostendeckend, von externen Wegekosten völlig abgesehen. Deswegen bleiben wir dabei, dass insbesondere der Transitverkehr höher belastet werden muss und der Weg der progressiven Maut beschritten werden sollte. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind und zur Abstimmung kommen können.

Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen deshalb zu derselben, und zwar über den Inhalt des Antrages in der Drucksache 14/6963. Wer dem Inhalt des Antrages zustimmen möchte, bitte mit der Hand aufzeigen! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP bei Enthaltung der Fraktion der SPD und des fraktionslosen Abgeordneten Sagel gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe auf:

6 Gesetz über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2008 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2008)